Am 5.April 2010 berichteten die Hauptnachrichten der Tagesschau über ein Kriegsverbrechen der US-Truppen in Bagdad. Es ist ein grausiger Bericht über Soldaten, die willkürlich Jagd auf unschuldige Zivilisten gemacht hatten. Damit hat es die Whistleblower-Website erstmals in die deutschen Hauptnachrichten geschafft, mit einem Videoclip, der Geschichte machen wird:
Für nähere Details zu WikiLeaks war der Tagesschau ihre Zeit zwar zu schade, aber sie zeigte die bemerkenswerten Aufnahmen, die den bisherigen Eindruck vom Irakkrieg auf den Kopf stellten.
Bislang hatte man durch die Zieloptik von US-Kampfhubschraubern hauptsächlich präzise, saubere Luftschläge gesehen, angeblich chirurgische Angriffe auf militärische Ziele, Panzer, Brücken, gefährliche Taliban und Terroristen. Nur gelegentlich entschuldigte sich die Führung für Kollateralschäden an Zivilisten, für „collateral damage“, meist mit dem Hinweis, die feigen Islamisten hätten sie leider als menschliche Schutzschilde missbraucht.
Anders im Video von WikiLeaks, hier schossen US-Soldaten unleugbar vorsätzlich auf wehrlose Gegner, von denen man kaum glauben konnte, dass sie wirklich für feindliche Kämpfer gehalten wurden. Man sah einen Verwundeten, der sich mit letzter Kraft in Deckung schleppt, derweil der Hubschrauber weiter über ihm lauert. Ein Kleinbus, dessen Fahrer ihm zu Hilfe eilen will, wird ebenfalls unter Beschuss genommen. Kinder waren darin, wie man erfährt, und unter den Massakrierten befanden sich zwei Reuters Journalisten. Zynische Kommentare der Schützen, „Kill the bastards“, zerstörten endgültig das bisherige Bild vom sauberen Krieg und den edlen Friedensbringern der NATO. WikiLeaks hat sich mit einem Paukenschlag ins Bewusstsein der westlichen Öffentlichkeit katapultiert.
Die Weltmacht USA wurde bloßgestellt und in den Mainstream-Medien machte WikiLeaks 2010 (endlich) mit seinen Enthüllungen von sich reden: Es wurde auch Zeit, denn dies war keineswegs der erste Leak. Zunächst schwiegen die Medien, dann verschwiegen sie ihre Quelle, Dokumente seien „im Internet aufgetaucht“, aber zuletzt, nach „Collateral Murder“ mussten sie Farbe bekennen: Alle erfuhren von der Whistleblower-Plattform WikiLeaks.
Auch bei uns, obwohl es in besonders stark von Untertanengeist und Obrigkeitshörigkeit durchdrungenen Ländern wie Deutschland nicht einmal ein Wort für den Begriff „Whistleblower“ gab, abgesehen von diffamierenden Begriffen. Solche Verunglimpfungen wie Petze, Nestbeschmutzer, Verräter, Denunziant, die von den Medien auch ausgiebig genutzt wurden, spiegeln die hasserfüllte Sicht der Machthaber, die von einem Enthüller –die einzig treffende Übersetzung des Wortes Whistleblower ins Deutsche– bei ihren Schandtaten erwischt wurden. Diese Sichtweise, die Identifikation mit den Herrschenden des herrschenden Regimes prägt Wahrnehmung und Denken des Gros der deutschen Journalisten.
Doch WikiLeaks war so ein Medienereignis geworden, dass Ignorieren nicht half und die platte Diffamierung nicht mehr wirkte. War eine neue Art von Internet-Aktivismus geboren? Mussten die Mächtigen jetzt wieder vor den Medien zittern? Das Ansehen der Medien hatte in dieser Hinsicht in den letzten Dekaden stark verloren –unter jungen Menschen glaubt nur noch eine Minderheit, dort wirklich informiert zu werden. Man hält Journalisten zunehmend für korrupt und manipulativ, also für eine PR-Truppe der Macht- und Geldeliten, denen sie größtenteils ja auch direkt gehören bzw. unterstehen. WikiLeaks kann jetzt vielen als Hoffnungsschimmer am Horizont einer beginnenden Netzkultur erscheinen sein, als Signal zum Aufbruch in ein neues Medienzeitalter.
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Release date
April 5, 2010
Summary
5th April 2010 10:44 EST WikiLeaks has released a classified US military video depicting three airstrikes from a US Apache helicopter on July 12, 2007 in New Baghdad, Iraq. At least eighteen people were killed in the airstrikes, including two journalists working for Reuters, Saeed Chmagh and Namir Noor-Eldeen.
The video was recorded by the gunsight camera on the Apache helicopter, identified as Crazyhorse 18, and is accompanied by the radio communications of the helicopter gunmen as they communicate with their commanders and troops on the ground.
When the video begins, the helicopter is circling above the city. It then focuses in on a group of men walking in the street, including the Reuters journalists. The soldiers in the helicopter state that they see members of the group carrying weapons, ask their commanding officers for permission to engage (fire), and fire upon the group with 30mm rounds.
The camera then follows Chmagh as he crawls along the road, and the soldiers can be heard urging him to pick up a weapon. A van, which was later learned to be carrying two children to school along with their father, arrives and several men pick Chmagh up and begin to carry him toward the van. The helicopter requests and is given permission to fire upon the van as it tries to leave. They fire upon the van with 30mm rounds.
The video then shows ground troops arriving at the area. A soldier can be seen running as he carries one of the children wounded in the attack on the van.
In the third attack depicted in the video, the Apache helicopter fires upon a building with Hellfire missiles. The video shows several armed and unarmed people entering the building, which is described as abandoned or under construction. The building was later learned to be occupied by three families. The helicopter requests and receives permission to fire upon the building, and shoots three Hellfire missiles. A man can be seen walking in front of the building as the first missile is shot, and several people helping the wounded are visible around the building as the second and third missiles hit.
After the incidents, Reuters filed a Freedom of Information Act request for the video, without success. Several scenes from this video were described by the Washington Post reporter David Finkel in his book „The Good Soldiers“. The Washington Post later stated that they never had the video.
https://wikileaks.org/wiki/Collateral_Murder,_5_Apr_2010