Apple iPhon5: Erneut Probleme in China

Neue Unruhen bei Foxconn?
Gerd R. Rueger 07.10.2012

Die Konsumwut der Apple-Gemeinde wurde in unseren Medien viel beachtet: Die tagesschau zeigte Warteschlangen vor Applestores und interviewte konsumselige Käufer mit ihrem neuen iPhon5. Doch die Arbeiter in Apples Fabriken mussten  dafür noch mehr schuften als gewöhnlich. Der Auftragsfertiger Foxconn  für Apples neues iPhone 5 hatte jetzt scheinbar erneut Probleme: Der immense Produktionsdruck hat möglicherweise wieder zu Unruhen geführt. Ca. 4000 Arbeiter im Foxconn-Werk Zhengzhou (Zentralchina) sollen gestreikt haben. Foxconns Pressestelle dementiert, es wäre nur  zu „zwei isolierten Vorfällen“ gekommen und die Produktion lief planmäßig weiter“.

Einem Bericht der NGO  China Labour Watch (New York) zufolge streikten jedoch letzte Woche bis zu 4000 Arbeiter in Zhengzhou wegen schikanöser Kontrollen und weil sie die Urlaubswoche in China durcharbeiten mussten. Es wurde berichtet, dass die Foxconn-Fabrikleitung und Apple trotz einiger Designmängel die strengen Anforderungen an die Arbeitnehmer erhöht hätten. Apples wichtigster Zulieferer Foxconn (Hauptsitz in Taiwan) ist der weltgrößte Auftragsfertiger von Elektroteilen und war  schon mehrfach wegen mieser Arbeitsbedingungen in den Schlagzeilen. Im September kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Schließung der Apple-Fabrik, was das saubere Image von Apple und seiner hippen User-Gemeinde angekratzt hat. Neben Protesten und Streiks kam es zu  Selbstmorden mehrerer Angestellter.

Apple und Foxconn sicherten zu, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Die Fair Labor Association (zu deren Mitgliedern unter anderem Firmen wie Adidas, Puma, H&M, Nestlé und natürlich Apple zählen) attestierte Foxconn zwar zuletzt Fortschritte, aber selbst diese industrienahe NGO mahnte weitere Anstrengungen bei Apple an.
Die im Jahr 2000 gegründete NGO China Labor Watch ist nach eigenen Angaben eine unabhängige Non-Profit-Organisation und überwacht Arbeitsbedingungen von Fabriken in China, die Spielzeug, Fahrräder, Schuhe, Möbel, Kleidung und Elektronik für einige der größten Unternehmen produzieren. Das New Yorker Büro erstellt Berichte zu diesen Untersuchungen und übt Druck auf die Unternehmen aus, um  zur Verbesserung der Situation der Arbeitnehmer beizutragen. Apple dürfte die bedeutendste Firma sein, die ins Blickfeld der China Labor Watch geraten ist, nicht nur ökonomisch. Für die Netzkultur war Apple von enormer Wichtigkeit, weil der erste Kleincomputer-Hersteller der Welt nicht nur avancierte Technologie und Design, sondern auch eine Lebensphilosophie verkörperte -den Traum der „Digerati“: „Computer for the people“.
Wikileaks geriet einst in Misskredit, weil ein angeblicher Aids-Test der Apple-Ikone Steve Jobs voreilig geleakt wurde; ein zweifelhafter Eingriff in die Privatsphäre, selbst eines weltberühmten Mannes. Freunden von Apple und Fans von Steve Jobs bleibt sein Andenken in der inzwischen erfolgreichsten Firma der Welt, den Apple-Produkten -hoffentlich mit einer hohen Firmenethik, an die wohl die Applianer die Firmenleitung gelegentlich erinnern müssen- und einem Auftritt von Steve Jobs im Wachsfigurenkabinett von Mme.Tussod.
Die Bertelsmann-Postille „SPIEGEL“ (sonst bekannt für ihr notorisches Griechen-Bashing) berichtete übrigens ebenfalls über die Vorfälle, dank einer Reporterin vor Ort sogar ganz authentisch, aber leider völlig nichtssagend -nur ein Teaser online, um zum Kauf des Papierheftes zu verlocken, wer den Fehler machte, die 4,20 Euro dafür hinzulegen wurde enttäuscht: Die Ausarbeitung der Reportage von Sandra Schulz, vorgenommen offenbar durch einen Redakteur des klangvollen Namens Wieland Wagner, überzeugt weder inhaltlich noch sprachlich.
Auf die Idee, die Hintergründe der „Fair Labor Association“ zu recherchieren, ist beim weltberühmten Wochenblatt scheinbar keiner gekommen: dass Apple selbst in dieser unternehmernahen NGO sitzt verraten dem investigativen Analysten ja auch nur geheimste Internetquellen (Wikipedia), die natürlich nicht jeder kennen kann (oder will, wenn sein Käseblatt Millionen an Anzeigen von Apple verdient).
Ansonsten brilliert das papierschriftliche Machwerk durch einen ellenlangen Bericht über Hörensagen eines angeblich Dabeigewesenen, der aber auch nicht viel mehr wusste und als gutbezahlter Vorarbeiter eigentlich auf der Seite von Foxconn steht sowie durch sprachliche Highlights wie: „Für dieselbe Arbeit müssten die Chinesen auch künftig härter und länger arbeiten als Beschäftigte in entwickelten Industrieländern.“ (SPIEGEL 40/2012, S.87)
Neoliberale Kapriolen turnen ideologisch durch das Bertelsmann-Redakteursgehirn, da lacht die Industrie, mehr und härter arbeiten, nicht nur für weniger Geld -nein für dieselbe Arbeit… Aber wie kann das gehen? Das erklärt der Textschmied am Ende des Sermons: „Wie gut, dass Foxconn-Boss Berry Gou schon vor einem Jahr angekündigt hat, bis 2012 in seinen Fabriken eine Million Roboter einsetzen zu wollen.“ (ebd.)
Die Bertelsmann-Botschaft nicht nur an chinesische Arbeiter und Unternehmer: Ausbeuten, ausbeuten, ausbeuten! Und ihr Malocher sollt das Maul halten, sonst holt euch der Roboter, ach was, eine Million Roboter! Und wenn ein Big Boss das sagt, dann müssen wir es auch drucken, wo wir doch schon seitenweise gedruckt haben, was sein williger Vorarbeiter über die aufrührerische Jugend in China zu meckern hat…
Für 4,20 Euro am Kiosk oder wenn Ihnen das zu teuer ist, eine Woche später in Ihrem nächsten Altpapiercontainer (Nachtrag, eine Woche später, GRR;)