Join the Army: Vergewaltigung als „Military Sexual Assault“

Nora Drenalin 08.10.2012

Vergewaltigung im Militärdienst wird in den USA zum Thema -aber erst jetzt, wo immer mehr Frauen betroffen sind. Im aktiven Dienst der US-Truppen nimmt das weibliche Personal inzwischen etwa 14,5 Prozent ein: Es sind bereits 207.308 Frauen unter mehr als 1,4 Millionen Angestellten der US-Streitkräfte so zitiert die Huffington Post das Department of Defense. Eine von drei militärisch tätigen Frauen hat sexuelle Gewalt erlebt, im zivilen Leben ist es nur eine von sechs Frauen. Soldatinnen geben zehnmal häufiger an, vergewaltigt worden zu sein als Soldaten -die Dunkelziffer dürfte hoch sein.
Der sexuelle Übergriff seitens eines anderen Armeeangehörigen heißt im Militärjargon „military sexual assault“ (MSA).  Zwischen Oktober 2010 und September 2011 seien 3.192 solcher gewaltsamer sexueller Übergriffe gemeldet worden, zitiert Telepolis die Huffington Post. die Dunkelziffer werde auf 19.000 geschätzt, denn die Abteilung „Sexual Assault Prevention and Response Office“ des US-Verteidigungsministeriums geht davon aus, dass nur 14 Prozent der Übergriffe gemeldet werden. Die meisten Opfer sind jüngere Frauen und die Täter kommen zumeist aus der Armee, häufig sind es ältere Vorgesetzte.
Dass auch Frauen als Vergewaltigerinnen auftreten können, wurde spätestens durch die Folterbilder aus Abu Ghuraib plastisch: Lynndie England dürfte die berühmteste Vergewaltigerin der Geschichte geworden sein.
Ein Grund für steigende Aufmerksamkeit für die Problematik ist simpel: Der Anteil der Frauen im Militär und in den Reihen der Veteranen wächst. So berichtet das US-Department of Labor zu einem Trauma-Guide, der weibliche Truppenanteil stieg von 41.000 Frauen noch im Golfkrieg auf mehr als 200.000 Frauen in der „Operation Enduring Freedom“ und „Iraqi Freedom“. Frauen dienen inzwischen in allen Zweigen des Militärs, dabei aber am ehesten in der Armee und am wenigsten vermutlich in der Küstenwache. In der militärischen Geschichte der USA begrenzten verschiedene Regeln und Vorschriften die offizielle Beteiligung, den erreichbaren Dienstgrad und die zugewiesenen Aufgaben. Aber heute sind mehr Frauen bei Kampf-bezogenen Aufgaben anzutreffen, häufig neben ihren männlichen Kollegen -in krassem Gegensatz zu früher zugewiesenen Aufgaben in der Etappe bei ihrer klassischen Geschlechtsrolle der Versorgung von Verwundeten etc.
Der Kampf gegen Vergewaltiger wird beim US-Militär ernst genommen, so scheint es, zumindest wenn ihre eigenen Soldatinnen betroffen sind. Wenn US-Behörden den Vergewaltigungs-Vorwurf aber als Vorwand nehmen, um politische Gegner zu verleumden und verfolgen zu lassen, wie im Fall Julian Assange, dann haben wir es mit dem Missbrauch des Missbrauch zu tun.

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Steinbrück-Nominierung: SPD und Grüne in der Bilderbergerfalle

Steinbrück: „Transparenz gibt es nur in Diktaturen“

Gerd R. Rueger 08.10.2012

Gestern abend bei Jauch wiederholte Steinbrück seinen unverschämten Schlachtruf gegen eine offene Demokratie: „Transparenz gibt es nur in Diktaturen“. Wohlmeinende Beobachter hatten schon von einem falschen Zitat geredet, aber auf Jauchs Nachfrage bestätigte der SPD-Kanzlerkandidat diese Aussage. Den Bilderbergern wird die Aussage gefallen, sie halten sich seit 1954 weitgehend vor der Öffentlichkeit versteckt. 2011 luden sie Steinbrück ein, 2012 den Grünen Trittin -vor ihnen viele andere Politiker, die danach in höchste Ämter gelangten (auch Merkel, Schmidt und Kohl waren geladen, bevor sie in ihr Amt gewählt wurden).

Der SPD-Spitzenmann muss sich derzeit wegen seiner 7000-Euro-Plus Honorare rechtfertigen (bei den derzeit gültigen Transparenzregeln gibt es als höchste Kategorie nur „mehr als 7000“). Bezweifelt wird, ob diese Vorträge ihr Geld wert waren oder ob man sich damit die Gunst des künftigen Top-Sozis erkaufen wollte: Die Korruptionsforschung spricht vom „Anfüttern“. Steinbrück sieht da keine Probleme, außer der Transparenz, die jetzt von ihm gefordet wird. Aber gibt es in Diktaturen wirklich Transparenz? Hat Hitler seine Vortragshonorare veröffentlicht oder Pinochet? Auch Generalisimo Franko, Marshall Pétaine oder der Schah von Persien hielten sich bei transparenter Außendarstellung doch eher zurück. Sicher war dies ein Seitenhieb Steinbrücks gegen die Piraten, die neue Netz- und Transparenzpartei, aber vielleicht auch ein Kniefall vor den Dunkelmännern der Hochfinanz, den Bilderbergern, die ihn 2011 nach St.Moritz einluden. Aus Deutschland mit dabei waren 2011:

· Ackermann, Josef, Deutsche Bank
· Enders, Thomas, CEO, Airbus SAS
· Löscher, Peter, President and CEO, Siemens AG
· Nass, Matthias, Chief International Correspondent, Die Zeit
· Steinbrück, Peer, Member of the Bundestag; Former Minister of Finance

Wer sind diese Bilderberger eigentlich und warum kennt man sie nicht? Obwohl  immer auch Größen aus der deutschen Medienwelt mit dabei waren, namentlich von Burda und der „ZEIT“? Auch wenn das Medienkartell, das die jährlichen Treffen der westlichen Finanzelite mit Größen aus Politik und Medien über Generationen hinweg geheimhielt, in den letzten Jahren unter dem Druck des Internet etwas bröckelte: Immer noch ist die Selbstzensur der journalistischen Klasse enorm.

Jahrzehntelang wurden die Treffen schlicht geleugnet, wer von ihnen sprach wurde als paranoider Verschwörungstheoretiker diskreditiert. Bis die Bilderberger vor ein paar Jahren still und heimlich in der Realität erschienen, mit einer Bilderberger-Homepage, einem Eintrag im Brockhaus (Wikipedia kannte sie schon lange, das Holzmedium Lexikon konnte sich wohl nicht länger dummstellen), sogar in einigen seriösen Medienberichten, etwa im Deutschlandfunk -aber natürlich nicht als Schlagzeile. Die hätte auch lauten müssen: „Hoppla, wir haben das wichtigste Jahrestreffen der Westeliten seit 50 Jahren für eine Verschwörungstheorie gehalten!“

Nun wird der geordnete Rückzug der teilweise dumpf-desinteressierten, teilweise heuchlerisch verlogenen Journaille eingeleitet, ein nahtloser Übergang von „gibt es nicht“ zu „das haben wir doch schon immer gewusst, da ist doch nichts Aufregendes dabei“. Aber auch das ist eine Lüge: Die bei den Bilderberger-Konferenzen gehaltenen Vorträge mögen langweilig und unbedeutend sein -allein der Millionen-teure Sicherheitsaufwand ist ein Skandal. Immerhin wollen ein paar reiche Leute dort ihre Spezis treffen und unsere gewählten Politiker briefen, dafür könnten sie auch selber zahlen. Und zumindest das „Politiker briefen“ dürfte in einer fließenden Grauzone zur Korruption stattfinden.

Es ist kein Wunder, wenn Rechtsintellektuelle wie Prof. Herfried Münkler lauthals gegen Wikileaks und für ein Staatsgeheimnis plädieren -was vermutlich die Bilderberger-Geheimloge und Steinbrücks Honorare mit einschließen dürfte.  Die Leute hinter den Bilderbergern und anderen Machtzirkeln, etwa dem Bohemian Grove oder der Mont Pelerin Society,  sind genau jene Machteliten, mit denen sich die Power Structure Research befasst und die in der heute immer mehr sich etablierenden Postdemokratie die Fäden ziehen: Finanzmächtige, die Medien und Politik kontrollieren und an der Zerstörung von Wikileaks arbeiten. Demokratie ist was anderes.

Venezuela: Hugo Chávez knapper Wahlsieg

Gerd R. Rueger 08.10.2012

Caracas. Hugo Chávez ist höchstwahrscheinlich mit 55 Prozent, also nur knapp zehn Prozent Vorsprung vor seinem Herausforderer Capriles, als Präsident Venezuelas bestätigt worden (bei 90 Prozent ausgezählten Stimmen). 2006 gegen Manuel Rosales hatte Chávez noch mit 63 gegen 37 Prozent vorn gelegen.

Große Enttäuschung für Konservative in aller „Welt“ (Springer), wo schon jubiliert wurde, „Chávez verliert an Boden“. Der Nationale Wahlrat (CNE) Venezuelas gab bereits wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale am gestrigen Sonntagabend (Ortszeit) das Ergebnis bekannt: Hugo Chávez kommt demnach auf 54,42 Prozent der Stimmen (7.444.082) und kann bis 2019 das Amt weiterführen, meldet amerika21.de. Henrique Capriles Radonski, der Kandidat des rechtsgerichteten Bündnisses „Tisch der Demokratischen Einheit“ (MUD) kommt auf 44,97 Prozent (6.150.544 Stimmen).

Capriles  hat seine Niederlage anerkannt und verlautbart: „Eine andere Option hat mehr Stimmen als wir erzielt -so funktioniert eben die Demokratie.“ Immerhin habe er mehr als sechs Millionen Stimmen erhalten. Während des Wahlkampfes hatte Capriles weder  dem Wahlrat noch dem Wahlsystem sein Vertrauenausgesprochen, weshalb bei ihm Pläne für eine Nichtanerkennung der Wahlergebnisse vermutet wurden. Doch es scheint, dass die teilweise gewalttätigen Auseinandersetzungen im Verlauf der Wahlen nun ein friedliches Ende genommen haben.

Wahlsieger Chávez wandte sich am späten Abend mit einer Balkonrede aus dem  Präsidentenpalast Miraflores in der Hauptstadt Caracas an das Volk Venezuelas. Er bedankte sich nach Politikerart für das Vertrauen seiner Wähler und für die hohe Wahlbeteiligung (ca. 80%). Die sozial oder sozialistisch orientierten Länder Lateinamerikas können aufatmen: Günstige Erdöllieferungen sind für sie vermutlich die nächsten sechs Jahre gesichert, auch wenn z.B. Ecuador wohl weiterhin keine gute Presse in Deutschland bekommen wird -alleine schon deshalb, weil Quito Julian Assange Asyl gewährt.