In Athen wütet die Finanzkrise, die EZB spricht zum EU-Parlament. Wenn Mario Draghi eine Rede hält, hören wir die EZB mit einer Stimme sprechen, die früher Goldman Sachs diente. Was er gestern zu sagen hatte, widersprach nicht den Interessen der mächtigsten US-Bank mit dem nach Edelmetall klingenden Namen. Es geht Draghi um die Installierung einer gesamteuropäischen Bankenaufsicht, die Schaffung eines Bailoutfonds nur für Banken und die Etablierung eines europäischen Einlagensicherungsfonds.
Die Geldmächtigen der EU lauschen Draghi
In seiner Rede vor dem Währungsausschuss des Europäischen Parlaments machte Draghi darauf aufmerksam, dass die EZB ab 01. Januar 2013 die Aufsicht über die größten Banken in der Eurozone übernehmen will. Die vollständige Kontrolle über die ca. 6.000 europäischen Banken soll ab Januar 2014 erreicht sein. Dazu kommt die zusätzliche Forderung eines neu zu schaffenden Bailoutfonds ausschließlich für Banken.
EZB-Chef Mario Draghi: „It is a pleasure to be back here in Parliament“
- As you know, the European Central Bank (ECB) has recently taken important decisions to address severe distortions in government bond markets. The ECB stands ready to undertake, under appropriate conditions, what we have called outright monetary transactions (OMTs). These provide a fully effective backstop to avoid destructive scenarios that might threaten price stability in the euro area.
- Our OMT announcements have helped to support financial market confidence. The ECB’s actions can help to build a bridge. But the bridge must have a clear destination.
- Reaching that destination involves three processes: first, full implementation of fiscal consolidation and structural reforms to enhance competitiveness; second, full implementation of financial sector reform; and third, completion of a genuine economic and monetary union. The establishment of a Single Supervisory Mechanism (SSM) is a key step in these processes.
Draghi will also drei Ziele erreichen: 1. Die volle Umsetzung der Haushaltskonsolidierung und strukturelle Reformen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit; 2. Eine vollständige Umsetzung der Reform des Finanzsektors; 3. Die Fertigstellung einer echten Wirtschafts- und Währungsunion-Union, dabei sei die Einrichtung eines einzigen Kontroll-Mechanismus (SSM) ein wichtiger Schritt.
Der erste Punkt ist trivial: Umstrukturieren heißt für Banker immer, die arbeitende Bevölkerung mehr schuften zu lassen für weniger Geld; wer als arm, alt oder krank nicht auszubeuten ist, kann froh sein, wenn man seine Lebensgrundlagen über dem Existenzminimum lässt (Griechenland zeigt, dass auch darum schon gekämpft werden muss). Punkt zwei ist ebenso trivial: Die Finanzsysteme haben total versagt und stehen vor dem Zusammenbruch -sie müssen reformiert werden, aber unter Draghi wird dies im Sinne der zentralen Finanzmächte geschehen, statt zu ihrer Entmachtung. Der dritte Punkt ist interessant:
Sollten die von Draghi geforderten Maßnahmen realisiert werden, würde den europäischen Regierungen praktisch die Kontrolle über ihre nationalen Bankensysteme entzogen. Die Entscheidungsbefugnis, was mit bankrotten Finanzinstituten künftig zu geschehen hat, würde sich bei der EZB konzentrieren. Draghi hätte Zugriff auf alle wichtigen Banken und es ist kaum anzunehmen, dass er vergessen hat, woher er kommt und wem er seine Position verdankt: Goldman Sachs, einer in dubiose Geschäfte verstrickten Großbank. Die Banker von Goldman gelten als elitärer, aufeinander eingeschworener Haufen. Die EZB wird unter dem Regime Draghi bis hinein in Personalentscheidungen aller Euro-Banken wirken können. Eine Invasion der Goldmänner wäre vorprogrammiert und Meldungen wie diese hier von LobbyControl werden wir dann wohl öfter lesen müssen:
„Die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament haben den Verbraucherschutz beim Thema Finanzberatung torpediert. Eigentlich gab es im Wirtschaftsausschuss einen Kompromiss, dass Provisionen für Finanzprodukte in Zukunft an die Kunden weitergeleitet werden müssen. In letzter Minute brachten die Sozialdemokraten einen mündlichen Antrag ein, der diese Neuregelung aushebelte. Konservative und Liberale stimmten diesem Antrag zugunsten der Banken zu. Das Ganze hatte etwas von einer Nacht-und-Nebel-Aktion und man fragt sich, welche Lobbyisten da im letzten Moment ihre Finger im Spiel hatten.“
Die Nähe von Sozialdemokraten zur Welt der Hochfinanz zeigt sich in Deutschland besonders deutlich in der Person des SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück. Seine derzeitig etwas lautstarken Äußerungen zur Finanzbranche, speziell in Richtung Schweiz, kann man wohl als Überkompensation seines Bilderberger-Image werten. Wieviel solche Versprechungen nach der Wahl wert sein dürften, ist leicht zu ermessen.