Schavan-Plagiate: Mal wieder Jagd auf einen Whistleblower?

Haltet den Daten-Dieb? Mein lieber Schvan!

Nora Drenalin 16.Oktober2012

Düsseldorf. Uni stellt Strafanzeige gegen Whistleblower, der das Schavan-Gutachten leakte: Aber hatte die Öffentlichkeit nicht das Recht, möglichst schnell von den gravierenden Zweifeln an der Ehrlichkeit und/oder Sorgfalt der Ministerin zu erfahren? Der Vroniplag-Liebling Prof. Dannemann sprach von knapp über 10 Prozent Plagiatsseiten bei Schawan.

Gutachter für die Dissertation unserer Bildungsministerin Annette Schavan ist der Düsseldorfer Judaist Stefan Rohrbacher. Nach fünf langen Monaten hat er endlich  eine 75 Seiten umfassenden Zusammenfassung vorgelegt, die am vergangenen Wochenende geleakt wurde -sehr zum Ärger der Uni, die Strafanzeige gegen unbekannt stellte.

Rohrbacher fand 60 Beanstandungen auf 351 Seiten der Dissertationsschrift ausgerechnet mit dem Titel „Person und Gewissen. Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung“. Das Gewissen der Ministerin wird derzeit stark unter Anspannung stehen, stellt man sie doch zunehmend in eine Reihe mit anderen prominenten Plagiatoren wie Guttenberg und Koch-Mehrin, die auffällig häufig dem Lager der Schwarz-Gelben Koalition zu entstammen scheinen.

Ein anonymer Blogger, der sich  „Robert Schmidt“ nannte, verwies  auf zwei Textpassagen in Schavans 1980 eingereichter Doktorarbeit, bei der die Formulierungen „durch die sehr spezielle Wortwahl eindeutig einer Quelle zugeordnet werden“ könnten. Es war eine Quelle, die in der ganzen Arbeit nicht erwähnt worden sei. Es drehe sich dabei um die  Deutung der klassischen Thesen Sigmund Freuds über Eros, das Streben nach Lust und die Vermeidung von Unlust durch den wenig bekannten Psychologen Ernst Stadter. Heute würde man sagen, Word hat eine Fußnote verschluckt, aber Schawan arbeitete damals mit Karteikarten und handschriftlichen Exzerpten…

Peinlich sollte dies der Politprominenz vor allem deshalb sein, weil die Plagiatoren einer Politik der gnadenlosen Jagd auf Raubkopierer nahestehen. Vor diesem Hintergrund, den die Vroniplag-Netzbewegung genüsslich weiter auszubauen scheint, kann man nur von Heuchelei und Korruption sprechen: Denn die Politik vertritt hier die Interessen der großen Medienindustrie gegen den kleinen Mann im Netz 😉

Soweit sie sich dafür lautstark in die Brust wirft und der „Jugend von heute“ mangelndes Rechtsbewusstsein vorwirft, mus sie sich fragen lassen, warum sie nicht zuerst einmal vor ihrer eigenen Tür kehrt. Union und FDP könnten ja alle Turbo-KarrieristInnen mit Schnellstudium im Huschipfuschi-Modus (Schavan promovierte schon mit 25) zuerst die Frage nach dem Abschreiben stellen…

Lissabon und Madrid: Proteste gegen Sparkommissare

Galindo Gaznate 16.10.2012

Wie in Spanien hat auch in  Portugal die Bekanntgabe von  Sparplänen für das nächste Jahr wieder heftige Proteste ausgelöst, kein Wunder: es geht weiter mit räuberischen Sozialabbauplänen und Steuererhöhungen. Bei der Kundgebung vor dem Parlament in Lissabon kam es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten. Offizielle Bilanz vom Dienstag: elf Verletzte, darunter zehn Beamte. Der Gewerkschaftsdachverband CGTP verkündete vor ein paar Tagen einen Generalstreik am 14. November. Die Zeichen stehen weiter auf Sturm in Lissabon.

Nach den Massenkundgebungen der vergangenen Wochen forderten am Montagabend vor dem Parlament in Lissabon wieder Tausende den Rücktritt der Regierung. Sogar die oppositionellen Sozialisten hatten den Kurs des sozialdemokratischen Ministerpräsident Pedro Passos Coelho (PSD) lange mitgetragen, doch jetzt scheint der gesellschaftliche Konsens tiefgreifend gestört.

Die Demonstranten  protestierten gegen die Sparkommissare der Troika aus EU, EZB und IWF, deren unsozialer und ökonomisch irrsinniger Sparkurs in Rezession und Massenarbeitslosigkeit füheren kann (derzeit 15,9 Prozent). Neben Gewerkschaften, Opposition und katholischen Priestern hatten auch Unternehmer und sogar Politiker der Regierungspartei PSD  das neue Sparprogramm als abgelehnt. Die portugiesischen Grünen nannten den von der Mitte-Rechts-Regierung im Parlament vorgelegten Sparetat 2013 ein „Massaker an den Familien“. Auch Wirtschaftsexperten, Unternehmerverbände und Vertreter der Regierungskoalition äußerten Zweifel.

Die Ängste der Bevölkerung seien verständlich, aber es gebe keinen Handlungsspielraum, beschwichtigte Finanzminister Vítor Gaspar. Lissabon will die Einkommenssteuer stark erhöhen und eine allgemeine Steuerzuschlagzahlung von vier Prozent des Brutto-Einkommens einführen. Auffällig ist die unsoziale Schlagseite der Steuerpläne:  Der niedrigste Einkommensteuersatz soll um drei Prozent von 11,5 auf 14,5 steigen, der Spitzensteuersatz wird nach diesen Plänen aber nur um 1,6 von 46,4 auf 48 Prozent heraufgesetzt. Die Hauptnutznießer der Krise, die Reichen wollen sich mal wieder auf Kosten der Allgemeinheit vor ihrer Verantwortung drücken. Dies löst berechtigten Zorn aus, zumal unter einem Regierungschef, der sich sozialdemokratisch nennt. Dazu passt der Griff nach den Groschen der Ärmsten: die Renten sollen um bis zu zehn Prozent und die Ausgaben für Arbeitslosen- und Krankengelder um jeweils sechs und fünf Prozent fallen. Barbarisch sind auch die Eingriffe in den Gesundheitssektor, der mit 17 Prozent weniger Geld auskommen soll: Arme, Alte und Kranke sollen zu Gunsten der parasitär lebenden Klasse von Reichen geschröpft werden -wie überall in der westlichen Welt des gnadenlosen Markt-Totalitarismus.
Desweiteren will man die die Tabak-, Immobilien-,  die Kfz- und die Mineralölsteuer erhöhen. Mit Einnahmen von gut 70 Milliarden Euro und Ausgaben von rund 78 Milliarden soll ein Defizit von höchstens 4,5 Prozent erzielt werden. Die stärkste Oppositionsbewegung, die Sozialistische Partei (PS), die noch bis vor kurzem die Sparprogramme mitgetragen hatte, will diesmal gegen den Haushaltsentwurf stimmen. Das Parlament schreitet am 30. Oktober zur Abstimmung -bis dahin wird das Volk der Portugiesen seiner politischen Kaste weiter Dampf machen, die asoziale Raubbau-Politik an den Ärmsten noch einmal zu überdenken. Wie in Madrid werden die Proteste weitergehen, auch wenn die harte Linie von Berlin seit dem Wochenende endlich einzubrechen beginnt. Die Frage nach dem Warum der Gängelung von Griechen, Spaniern, Portugiesen durch die internationale Finanzmafia steht weiter im Raum. Billionen abzocken? Aber vielleicht geht es auch um hartes Gold, das die kanadische Firma Astur Gold über den Kopf der Spanier hinweg schürfen will?