Lissabon und Madrid: Proteste gegen Sparkommissare

Galindo Gaznate 16.10.2012

Wie in Spanien hat auch in  Portugal die Bekanntgabe von  Sparplänen für das nächste Jahr wieder heftige Proteste ausgelöst, kein Wunder: es geht weiter mit räuberischen Sozialabbauplänen und Steuererhöhungen. Bei der Kundgebung vor dem Parlament in Lissabon kam es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten. Offizielle Bilanz vom Dienstag: elf Verletzte, darunter zehn Beamte. Der Gewerkschaftsdachverband CGTP verkündete vor ein paar Tagen einen Generalstreik am 14. November. Die Zeichen stehen weiter auf Sturm in Lissabon.

Nach den Massenkundgebungen der vergangenen Wochen forderten am Montagabend vor dem Parlament in Lissabon wieder Tausende den Rücktritt der Regierung. Sogar die oppositionellen Sozialisten hatten den Kurs des sozialdemokratischen Ministerpräsident Pedro Passos Coelho (PSD) lange mitgetragen, doch jetzt scheint der gesellschaftliche Konsens tiefgreifend gestört.

Die Demonstranten  protestierten gegen die Sparkommissare der Troika aus EU, EZB und IWF, deren unsozialer und ökonomisch irrsinniger Sparkurs in Rezession und Massenarbeitslosigkeit füheren kann (derzeit 15,9 Prozent). Neben Gewerkschaften, Opposition und katholischen Priestern hatten auch Unternehmer und sogar Politiker der Regierungspartei PSD  das neue Sparprogramm als abgelehnt. Die portugiesischen Grünen nannten den von der Mitte-Rechts-Regierung im Parlament vorgelegten Sparetat 2013 ein „Massaker an den Familien“. Auch Wirtschaftsexperten, Unternehmerverbände und Vertreter der Regierungskoalition äußerten Zweifel.

Die Ängste der Bevölkerung seien verständlich, aber es gebe keinen Handlungsspielraum, beschwichtigte Finanzminister Vítor Gaspar. Lissabon will die Einkommenssteuer stark erhöhen und eine allgemeine Steuerzuschlagzahlung von vier Prozent des Brutto-Einkommens einführen. Auffällig ist die unsoziale Schlagseite der Steuerpläne:  Der niedrigste Einkommensteuersatz soll um drei Prozent von 11,5 auf 14,5 steigen, der Spitzensteuersatz wird nach diesen Plänen aber nur um 1,6 von 46,4 auf 48 Prozent heraufgesetzt. Die Hauptnutznießer der Krise, die Reichen wollen sich mal wieder auf Kosten der Allgemeinheit vor ihrer Verantwortung drücken. Dies löst berechtigten Zorn aus, zumal unter einem Regierungschef, der sich sozialdemokratisch nennt. Dazu passt der Griff nach den Groschen der Ärmsten: die Renten sollen um bis zu zehn Prozent und die Ausgaben für Arbeitslosen- und Krankengelder um jeweils sechs und fünf Prozent fallen. Barbarisch sind auch die Eingriffe in den Gesundheitssektor, der mit 17 Prozent weniger Geld auskommen soll: Arme, Alte und Kranke sollen zu Gunsten der parasitär lebenden Klasse von Reichen geschröpft werden -wie überall in der westlichen Welt des gnadenlosen Markt-Totalitarismus.
Desweiteren will man die die Tabak-, Immobilien-,  die Kfz- und die Mineralölsteuer erhöhen. Mit Einnahmen von gut 70 Milliarden Euro und Ausgaben von rund 78 Milliarden soll ein Defizit von höchstens 4,5 Prozent erzielt werden. Die stärkste Oppositionsbewegung, die Sozialistische Partei (PS), die noch bis vor kurzem die Sparprogramme mitgetragen hatte, will diesmal gegen den Haushaltsentwurf stimmen. Das Parlament schreitet am 30. Oktober zur Abstimmung -bis dahin wird das Volk der Portugiesen seiner politischen Kaste weiter Dampf machen, die asoziale Raubbau-Politik an den Ärmsten noch einmal zu überdenken. Wie in Madrid werden die Proteste weitergehen, auch wenn die harte Linie von Berlin seit dem Wochenende endlich einzubrechen beginnt. Die Frage nach dem Warum der Gängelung von Griechen, Spaniern, Portugiesen durch die internationale Finanzmafia steht weiter im Raum. Billionen abzocken? Aber vielleicht geht es auch um hartes Gold, das die kanadische Firma Astur Gold über den Kopf der Spanier hinweg schürfen will?

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