Politik der Einkerkerung: Die Wikileaks ‚Detainee Policies‘

Gerd R. Rueger 26.10.2012

WikiLeaks hat damit begonnen, die “Detainee Policies” freizugeben: mehr als 100 als vertraulich eingestufte oder anderweitig geheimgehaltene US-Dateien des Department of Defense (DoD) über Verfahren für den Umgang mit Häftlingen in Militär-Gewahrsam. Standard Operating Procedures der Gefangenenlager, etwa Camp Bucca im Irak und auch Dokumente, die im Zusammenhang mit europäischen US-Army-Gefängnissen sowie Abu Ghraib und Guantanamo gelten.
WikiLeaks hat damit begonnen, die  „Detainee Policies“ freizugeben: mehr als 100 als vertraulich eingestufte oder anderweitig geheimgehaltene Dateien  der United States Department of Defense (DoD) über Regeln und Verfahren für den Umgang mit Häftlingen in militärischem US-Gewahrsam. Im Laufe der nächsten Monate wird WikiLeaks in chronologischer Reihenfolge Dateien freigeben, welche die Politik der USA bezüglich militärischer Inhaftierung über mehr als einem Jahrzehnt dokumentieren. Die Dokumente enthalten die Standardarbeitsanweisungen (Standard Operating Procedures, SOP) der Gefangenenlager in Irak und Kuba, Verhör-Handbücher und Fragmentary Orders (FRAGOs), also Änderungen an Richtlinien und Verfahren. Eine Reihe der Inhaftierungs-Richtlinien beziehen sich auf Camp Bucca im Irak, aber es gibt auch generell gültige DoD-Richtlinien und -Dokumente, die im Zusammenhang mit europäischen US-Army-Gefängnissen, Abu Ghraib und Guantanamo gelten.

Die ersten fünf Dokumente stellte Wikileaks am Donnerstagabend online. Mit ihren Richtlinien zum Umgang mit Gefangenen haben die   USA einen rechtsfreien Raum geschaffen, in dem das amerikanische Militär Verdächtige von der Bildfläche habe verschwinden lassen kann -oft ohne weitere Spuren zu hinterlassen, so Julian Assange. Es sei inhaftierten Verdächtigen oft absichtlich keine Gefangenennummer zugewiesen worden, damit sie in keinem offiziellen Dokument auftauchen können. Solche Praktiken stellen eklatante Verletzungen der international und auch für die USA geltenden Menschenrechte dar.

Die USA scheinen darüber hinaus ihre Gewalt über die angeblich freien westlichen Medien heimtückisch ausgenutzt zu haben, um diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verbergen und die Medienkonsumenten im Glauben zu lassen, alles sei in bester Ordnung. Die Menschenrechte sind in den westlichen Medien fast immer nur bei anderen in Gefahr -vorzugsweise bei Ländern, deren Regime westlichen Geldeliten den finanziellen Zugriff auf Rohstoffe, Arbeitskräfte oder Märkte erschweren, wie etwa Russland, China, Libyen oder Iran.

Doch die Realität der Menschenrechte im Westen sieht anders aus: Zum Beispiel im Gefangenenlager Guantanamo, dem US-Militärstützpunkt auf Kuba, hielten die USA bis zu 780 mutmaßliche Taliban und Al-Qaida-Mitglieder in rechtswidriger Haft. Zuletzt waren dort immer noch 167 Menschen in Gefangenschaft, obgleich  Obama im Wahlkampf die Schließung des Lagers versprochen hatte. Neben Guantanamo betrieben die USA mehrere Verhörzentren in befreundeten Staaten, in denen Verdächtige nach Angaben von Menschenrechtsgruppen auch gefoltert wurden. G.W.Bush gab im September 2006 selbst die Existenz eines solchen CIA-Verhörprogrammes zu -oder brüstete sich damit, schließlich hatte er die US-Bevölkerung durch Terror-Krieg und Islamisten-Hysterie in einen Zustand permanenter Panik versetzt, in deren Schutz er seine Politik der unverschämten Bereicherung der Öl- und Rüstungsmafia betrieb. Einzelheiten zu geheimen CIA-Gefängnissen wird man jetzt hoffentlich endlich von Wikileaks erfahren können.

Bislang stehen auf der Website wikileaks.org unter dem Titel „Detainee Policies“ neun Dokumente aus der Ära des Halliburton und Pentagon-freundlichen US-Präsidenten George W. Bush, sog. SOP (Standard Operating Procedures) zur Behandlung von Militärgefangenen.

Main SOP for Camp Bucca (working draft)
SOP for Rules of Engagement at Camp Bucca
References for urban operations manual
MOU between U.S. U.K. And Australia for transfer of detainees
Main SOP for Camp Delta, Guantanamo
SOP for conducting visits to confined inmates and detainees
SOP for disorder emergency plan
SOP for apprehending and returning escaped detainees
DoD directive for program for enemy prisoners of war and other detainees (reissued 2004)

Wikileaks  verfügt auch über ein Handbuch, das kurz nach der Gründung des Lagers Guantánamo im Jahr 2002 herausgegeben wurden. „Dieses Dokument ist von großer historischer Bedeutung. Guantánamo Bay wurde zu Recht zu einem Symbol für die systematische Verletzung der Menschenrechte im Westen“, erklärte Julian Assange dazu. Bei der Lektüre der SOPs darf selbstverständlich nicht vergessen werden, dass dies nur die bürokratische theorie der Folter darstellt und dass die tatsächliche Behandlung der Gefangenen weit inhumaner abgelaufen sein könnte -oder bis heute abläuft. Die Enthüllung rechtswidriger Machenschaften selbst ist den verantwortlichen Machthabern in US-Eliten natürlich ein weit größeres Verbrechen als ihre eigenen Schandtaten gegen die Menschlichkeit: Wikileaks wird daher verfolgt, Julian Assange gilt als Staatsfeind Nr.1 und der mutmaßliche Whistleblower Bradley Manning macht seit Jahren die leidvolle Erfahrung der Menschenrechtsverletzung in US-Militärhaft.

Siehe auch zu Wikileaks/Assange:

Wikileaks und Anonymous

Assange kritisiert Obama

Hexenjagd auf Assange -London im Abseits

Kritik an Anti-Assange-Hetzfilm

Whistleblower in Folterhaft: Bradley Manning

Finanz-Terror gegen Wikileaks

 

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