Weihnachtsgruß von Wikileaks

Gerd R. Rueger 24.12.2012 JA

London. Der Asylant Julian Assange hielt aus der ecuadorianischen Botschaft heraus eine Fensterrede, in der er unter dem Beifall seiner Unterstützer für 2013 wichtige Leaks ankündigte:  Wikileaks werde eine Million Dokumente publizieren und jedes Land der Welt damit beeinflussen.

Assange, der seit 6 Monaten in einem kleinen Raum der Botschaft gefangen ist, solidarisierte sich in seiner Rede mit diversen inhaftierten Hacktivisten: So mit dem bahrainischen Menschenrechtsaktivisten Nabeel Rajab, dem schwedischen Pirate-Bay-Founder Gottfried Svartholm Warg, dem LulzSec-Hacker Jeremy Hammonds (Stratfor-Leak) und insbesondere mit dem US-Gefreiten Bradley Manning, der als mutmaßlicher Wikileaks-Informant in rechtswidriger Folterhaft der US-Justiz vegetiert, während er weltweit als mutmaßlicher Whistleblower von US-Kriegsverbrechen geehrt wird.

Das Jahr 2012 sei für Wikileaks eine Erfolgsgeschichte gewesen, betonte Julian Assange. Als Beispiel für Erfolge von Wikileaks nannte er die Syria-Files und das Urteil des europäischen Menschenrechts-Gerichtshofes im Fall von El Masri. Wikileaks habe sich juristisch gegen die Blockade von Gerichten und gegen das Europäische Parlament durchgesetzt. Spenden an Wikileaks seien wieder steuerlich absetzbar –so meldete die Wau-Holland-Stiftung am 08.12.2012.

Assange_(Norway,_March_2010)

Julian Assange
Verfolgt als Kämpfer für eine transparente Netzkultur

Für 2013 versprach Julian Assange weitere spektakuläre Leaks und betonte deren kulturelle Bedeutung für die künftige globale Netzgesellschaft. Die Publikation geheimgehaltener Dokumente soll den Weg freimachen, eine offene Zivilisation aufzubauen. Eine transparente Kultur dürfe nicht auf Lügen und Betrügereien von Regierungen und Konzernen basieren, die eine Verschwörung gegen die Völker der Welten betreiben.

Auch politische Ambitionen wurden deutlich: Sein lange erwartetes Vorhaben, mit einer Wikileaks-Partei 2013 bei  Wahlen in Australien anzutreten, formulierte Assange optimistisch: „And in Australia an unelected Senator will be replaced by one that is elected.“

Portugal setzt auf Whistleblower für den Fiskus

Galindo Gaznate 02.12.2012

Die unsägliche Troika hat endlich eine gute Idee umgesetzt: Man gab der Lissabonner Regierung den Rat zur Rekrutierung von mehr als 1.000 neuen Steuerinspektoren, welche die staatliche Finanzbehörde im nächsten Jahr bei der Eintreibung von Steuern unterstützen werden. Als Anreiz soll deren Entlohnung aus einem Grundgehalt plus Erfolgsprämie bestehen. Anfang dieses Jahres wurden von Lissanbon bereits 350 neue Steuerinspektoren eingestellt, deren Erfolgsquote jedoch bislang bescheiden blieb. Portugals Arbeitende sollen als Whistleblower den Fiskus künftig auf kriminelle Machenschaften ihrer Firmen hinweisen können.

Steuern ernsthaft erheben? Wäre diese Idee schon den Deutschen vor Jahren gekommen, die Berliner Staatsquote wäre nicht so weit abgesackt und der deutsche Binnenmarkt hätte durch soziale Leistungen belebt werden können -Südeuropa wäre dann gar nicht erst unter die Panzerketten der Exportweltmeister-Lokomotive geraten und in Krise und Generalstreik getrieben worden. Von der ab dem kommenden Jahr bereitgestellten Verstärkung verspricht sich Lissabon eine beschleunigte Überprüfung  möglicher Steuerhinterzieher durch die höchste Anzahl an Steuerinspektoren, die das Land jemals gesehen haben dürfte. Dass man es ernst meint, zeigt sich auch darin, dass der Fiskus jetzt mit der paramilitärischen Polizeitruppe Brigada Fiscal zusammenarbeiten soll. Das Finanzministerium betont, dass diese Kooperation dazu führen soll, kriminelle Unternehmer aufzuspüren. Es gibt in Portugal zu viele Firmen, die sich der Pflicht zur Zahlung von Sozialabgaben für ihre Mitarbeiter entziehen. So werden Firmen ab Januar dazu verpflichtet sein, die Sozialbeiträge monatlich an die Finanzbehörden abzuführen, anstatt das Geld wie bislang über längere Zeiträume auf eigenen Konten zu behalten.

Prinzip Wikileaks: Whistleblower für den Fiskus

Um die Steuerehrlichkeit und die Bereitschaft zur Abführung der Sozialbeiträge ihrer Firmen zu erhöhen, werden die Arbeitnehmer ab Januar zudem die Möglichkeit haben, kriminelle Chefs auch online bei den Behörden anzuzeigen. Dazu wird es zur Einrichtung einer neuen Plattform kommen, was vermutlich vom Beispiel Wikileaks inspiriert worden sein dürfte. Es geht um eine Regierungs-Website über die Arbeitnehmer ihre Firmen anonym bei der Justiz anzeigen und sich somit als Whistleblower betätigen können. In Zeiten, wo die Bosse ohne Rücksicht auf ihre Arbeiter Gewinne einsacken und nicht daran denken, Arbeitsplätze zu sichern, auch wenn das Geld ihnen in die Taschen sprudelt, ist so ein Ansatz sicher aussichtsreich. Faire Chefs, die sich ehrlich um den Erhalt der Arbeitsplätze in ihren Unternehmen bemühen, werden dagegen kaum von solchen Anzeigen betroffen sein -die Whistleblower würden sich ins eigene Bein schießen.

Im vergangenen Dezember protestierten Demonstranten  gegen die Sparkommissare der Troika aus EU, EZB und IWF, deren unsozialer und ökonomisch irrsinniger Sparkurs immer tiefer  in Rezession und Massenarbeitslosigkeit führte (15,9 Prozent). Neben Gewerkschaften, Opposition und katholischen Priestern hatten auch Unternehmer und sogar Politiker der Regierungspartei PSD  das neue Sparprogramm als abgelehnt. Die portugiesischen Grünen nannten den von der Mitte-Rechts-Regierung im Parlament vorgelegten Sparetat 2013 ein „Massaker an den Familien“. Sogar Wirtschaftsexperten, Unternehmerverbände und Vertreter der Regierungskoalition äußerten Zweifel. Kommt die Troika jetzt zur Vernunft?