Theodor Marloth 5.2.2013
Magdeburg. Das Jobcenter Magdeburg weiß offenbar nichts vom Jaulen der deutschen Industrie über den „Fachkräftemangel“, den die Journaille derzeit begeistert aufnimmt -besonders fehlen bekanntlich Naturwissenschaftler und Ingenieure. In Magdeburg wollte das Jobcenter einen Ingenieur zum Toilettenputzen abkommandieren, unter Einsatz von Zwangsmaßnahmen wie der Kürzung unter das Existenzminimum. Eine Praxis, die als Verletzung der Menschenrechte zu bewerten ist. So werden Hochqualifizierte hierzulande kaputtgemobbt -die Zuweisung von Aufgaben für geringer Qualifizierte ist bekanntlich eine klassische Mobbing-Methode, mit der Arbeitgeber unbequeme Untergebene terrorisieren, um sie zur Kündigung zu nötigen. Vom Jobcenter ausgeübt soll dieses Mobbing offenbar Menschen brechen, die als potentiell gefährliches Protestpotential gelten.
Der Ingenieur schlägt sich derzeit als aufstockender Kleinunternehmer nebst mitarbeitender Ehefrau durch. Die deutsche Industrie ist augenscheinlich unfähig, seine Kompetenzen für ihre Zwecke zu erschließen -doch das Jobcenter setzte noch einen drauf: De-fakto-Zwangsarbeit (so bewertet die UNO das Agieren deutscher Behörden gegen Arbeitslose) in demütigend unterqualifizierter Tätigkeit wurde angeordnet.
Der Betroffene klagte, aber wurde vom Sozialgericht Magdeburg abgemeiert. Zu entscheiden war im Eilverfahren, ob Sanktionen und Leistungskürzungen um jeweils 30 % rechtmäßig waren. Drei Tage vor dem Gerichtstermin toppte das Jobcenter seine Schikanen noch mit zusätzlicher 60 %-Leistungskürzung, so die Initiative Gegen-Hartz.de. Dabei ging es um die Weigerung des Ingenieurs, sich als „Klomann“ auf dem Weihnachtsmarkt dem Gespött in s20.000-Seelen-Gemeinde auszusetzen und obendrein die Abkehr der Kunden von seinem Dienstleistungsbetrieb zu riskieren. Noch am selben Tag reichte der Hochqualifizierte auch dagegen Eilklage ein. Doch das Sozialgericht Magdeburg sagte den Gerichtstermin für den übernächsten Tag ab.
Die Behauptung, die Jobcenter wären für Arbeitsvermittlung zuständig und nicht zur Drangsalierung ihrer „Kunden“, wird dadurch nicht glaubwürdiger. Die derzeitige Jaulerei in allen Medien von FAZ über SZ bis tagesschau, die deutschen Behörden wären zu unflexibel, ausländische Fachkräfte ins Land zu lassen entpuppt sich angesichts solcher Skandale als Farce. Den Unternehmen geht es bei ihrer Forderung nach Know-How-Import vermutlich nur um Lohndrückerei auch im Bereich beschäftigter Hochqualifizierter bzw. darum, ihre Inkompetenz zu vertuschen: Man hat das asoziale Hire-and-fire immer mehr ausgedehnt und eine vorausschauende Pflege des Personalbestandes vernachlässigt.
So konnten schnelle Profite für ein paar schmarotzende Manager und Aktionäre gemacht werden. Angemessene Investitionen in die Ausbildung von Nachwuchs sind bei Unternehmen schon gar kein Thema mehr: Dafür soll der Staat herhalten. Und wenn nicht der Staat kommt, weil er wegen Steuersenkungen für Reiche und Unternehmen kein Geld mehr hat, dann schreien die sogenannten Verantwortungsträger nach „dem Einzelnen“… Der soll natürlich freiwillig seine Selbstunterwerfung voranbringen, und sich nicht etwa als Whistleblower oder Widerstandskämpferin gegen die Unmenschlichkeit zur Wehr setzen.