Prometheus 23.02.2013


Prometheus 23.02.2013
Tunesien befindet sich weiterhin in einer schweren politischen Krise. Anfang Februar war der linke Oppositionspolitiker Chokri Belaid ermordet worden, was landesweite Proteste und Generalstreik gegen die herrschende Ennahda-Partei auslöste. Von Belaids Umfeld wurden die Islamisten für dessen Tod verantwortlich gemacht.
Innenminister Ali Larayedh, Ennahda
Das höchste Gremium der Ennahda entschied sich jetzt für die Nominierung des 58-jährigen Innenministers Ali Larayedh, Mitglied der islamistischen Ennahda-Partei, für das Amt des Ministerpräsidenten und Staatspräsident Moncef Marzouki stimmte dem Vorschlag zu.
Sein just zurückgetretener Vorgänger Jebali war mit seinem Plan zur Bildung einer „Experten“- soll heißen Technokratenregierung an seiner eigenen Partei gescheitert. Larayedh war in der Zeit des Diktators Ben Ali, der Anfang 2011 durch die zweite Jasminrevolution gestürzt wurde, im Widerstand. Er war 15 Jahre lang inhaftiert, davon 10 Jahre in Isolationshaft, und gefoltert worden -was damals kein westliches Medium weiter interessierte. Larajedh gilt sowohl als Pragmatiker wie auch als Hardliner. Er lehnt verständlicherweise jegliche politische Beteiligung von Parteien ab, die schon unter Ben Ali mitmischten -also seinen ehemaligen Folterknechten nahestanden.
Ali Larayedh gelobte am Freitag in seiner ersten Rede nach der Nominierung wenig originell eine neue Regierung „für alle Tunesier und Tunesierinnen“. Sein Kabinett wolle alle Bürger vertreten, denn „Männer und Frauen haben die gleichen Rechte und Pflichten“, sagte Larayedh und gab sich damit versöhnlich in der umstrittenen Genderfrage. Denn in der Verfassunggebenden Versammlung hatte die Ennahda versucht, in das neue tunesische Grundgesetz anstelle der „Gleichheit“ von Mann und Frau deren gegenseitige „Ergänzung“ zu schreiben, was aber durch Proteste und Unruhen verhindert werden konnte.
Larayedh hat zwei Wochen Zeit, um eine neue Regierung zu konstituieren, dann muss noch die Nationalversammlung zustimmen. Die Ennahda wird mit ihren 89 Abgeordneten auf die nötige Stimmenzahl kommen, versprach jedoch, eine grösstmögliche Koalition zu bilden, um durch Kompromissbereitschaft einen Ausweg aus der politischen Krise Tunesiens zu suchen -was nach der brutalen Ermordung von Chokri Belaid die einzige Lösung sein dürfte.
Privacy Day 2013
Gerd R. Rueger 23.02.2013
Berlin. Anonymous kämpft gegen momentan schwaches Medien-Interesse für Internet-Themen: „Mit den Aktionen zum International Privacy Day sollen die Menschen auf die zunehmende, bereits alltäglich gewordene Überwachung im öffentlichen Raum und gegen eine Ausweitung der Sicherheitsgesetzgebung in unserem Land aufmerksam gemacht werden. Wir wollen gegen die präventive Überwachung vorgehen, mit der „die Unschuldsvermutung als wichtige Schutzregel schrittweise ausgehöhlt“ wird.“
Miesestes Beispiel ist die Vorratsdatenspeicherung, die eine totale Kontrolle der Netzkommunikation vorbereitet. Weltweit kommt es daher heute, am Samstag den 23.02, zu Demonstrationen. Anlass ist der erste Internationale Tag für Datenschutz und Privatsphäre, kurz IDP. Zu diesem hat Anonymous in zahlreichen deutschen Städten aufgerufen. Die Demonstrationen finden jedoch weltweit statt -hierzulande sind immerhin Aktionen in über vierzig Städten angemeldet, obwohl die Medien das Thema vernachlässigen und eine Mobilisierung daher schwierig ist.
Anons Activists
Aktivisten erklären laut gulli.com zu ihrer Motivation: „Zu diesem Zweck wurde #OpBigBrother durch Anonymous ins Leben gerufen: Um weltweit gegen diese staatlichen Werkzeuge der Bevölkerungsüberwachung und gegen bestehende (sowie zukünftige) freiheitsberaubende Projekte zu demonstrieren, aufzuklären und zu kämpfen. Ein weiteres Ziel warnt vor der Erarbeitung neuer Pläne, die unsere persönliche Freiheit einzuschränken versuchen. OpBigBrother setzt hier auf Aufklärung“ Wieso sich die Aktivisten in der aufklärerischen Rolle sehen, führen sie weiter aus: „Das Ziel von #OpBigBrother ist es, die Bevölkerung selbst darüber entscheiden zu lassen, ob sie die die Umsetzung solcher Systeme, befürwortet oder ablehnt. Durch Aufklärung und Transparenz soll die Bevölkerung volle Kenntnis über den Umfang und die Folgen von Überwachung auf ihr tägliches Leben erlangen.“
Zuletzt hatten Anonymous-Aktivisten zum Protest via DDoS-Demo gegen die Homepage der GEMA gegen aufgerufen. Die Webseite der Verwertungsgesellschaft Gema war tagelang nicht zu erreichen. Laut einem YouTube-Video übernahm Anonymous die Verantwortung für die Attacke und nennt darin als aktuellen Anlass den Streit zwischen YouTube und der Gema. Ob die Rechte-Verwerter was daraus gelernt haben?
Verbündete von Wikileaks
Die Justiz ging in letzter Zeit härter gegen Anon-Aktivisten, in der tunesischen Jasminrevolution noch hochgelobt vom Westen, vor: Der britische Anonymous-Aktivist Jake Birchall (18) wurde am 01.02.2013 verurteilt, weil er vor zwei Jahren Wikileaks im Rahmen von ” Payback” zu Hilfe eilte. Unter dem Namen Anonymous verteidigten Hacktivisten Wikileaks gegen die Finanzmafia (Operation Payback). Damals hatten US-Finanzfirmen auf Drängen der US-Regierung Wikileaks rechtswidrig Konten gesperrt, um die Plattform finanziell zu töten. Die Rechtswidrigkeit wurde später von einem isländischen Gericht bestätigt, leider erst in einem Fall und nach langwieriger Verhandlung.
Ilse Aigner füllt ein Dirndl aus,
aber kaum ihr Amt
Theodor Marloth 23.2.2013
Eine unfähige Unions-Ministerin machts möglich: Übelste reaktionäre Parolen kochen am rechtspopulistischen Rand unserer Gesellschaft -also in der Bundesregierung. Jetzt sollen Hartz-IV-Opfer auch noch an der „Tafel-Armenspeisung“ das teilweise vergiftete Pferdefleisch aufgezwungen bekommen. Vergiftet ist das Fleisch mit Dopingdrogen aus dem Reitsport, einem Milieu der reichen Schmarotzer, aus dem die Schmiergelder und Parteispenden für unsere Regierungsparteien kommen.
Im Verlauf des seit Wochen andauernden Pferdefleisch-Skandals war in Millionen von Fertiggerichten Pferdefleisch gefunden worden. Supermärkte wie Aldi, Lidl oder der Tiefkühl-Heimlieferservice Eismann mussten Lasagne, Tortelini, Gulasch oder Ravioli zurückziehen. Verbraucherverbände und auch die eigentlich dafür verantwortliche Ministerin Aigner fordern bessere Kontrollen und eine schonungslose Aufklärung.
Als zynischer Höhepunkt meldete sich CDU-MdB Hartwig Fischer mit einer, so Gegen-Hartz.de, schier unglaublichen Forderung. Statt die Produkte zu entsorgen, sollten diese an die „Tafeln“ (so der zynische Euphemismus für Armenspeisung mit abgelaufenen Nahrungsmitteln) ausgeliefert werden.
„Es handelt sich bei den in Deutschland gefundenen Artikeln um qualitativ hochwertige und nicht gesundheitsgefährdende Lebensmittel“, sagte der CDU-Funktionär in einem Interview -die Bildzeitung lud ihn inzwischen zu einem angeblichen Pferdefleisch-Essen. Glaubwürdig? Und wenn schon -CDU-Fischer muss das Zeug nur einmal im Leben kosten, die aufgrund auch seiner Politik verarmten H4-Opfer will er damit bis an ihr Lebensende füttern (ein Lebensende, das auch dank der miesen Ernährung etliche Jahre früher kommt als bei seinen reichen Parteispender-Freunden).
Die aus dem Verkauf genommenen Produkte mit Pferdefleisch sollten nach CDU-Funktionär Fischer einfach neu deklariert und an die „Tafeln“ ausgegeben werden. Weil der geringe Hartz IV Regelsatz vor allem in Familien nicht ausreicht, um eine vollwertige Mahlzeit jeden Tag zu garantieren, sind vor allem Hartz IV Bezieher oder verarmte Rentner auf die „Tafeln“ angewiesen. Laut UNO begeht die deutsche Bundesregierung der sog. „Christlichen Parteien“ damit eine Menschenrechtsverletzung. Die Lebenserwartung der unteren Einkommensschichten liegt in unserem Land bereits heute um rund zehn Jahre unter jener der selbsternannten „Leistungselite“. Die besagten „Leistungen“ bestehen in gnadenloser Ausbeutung, Abzocke und Vorschlägen wie jenen des CDU-Funktionärs. Auch FDP-Funktionär Dirk Niebel (Bundesminister für weitere Knechtung der südlichen Hemisphäre) hat sich dem CDU-Plan inzwischen angeschlossen, so die Zeitung Neues Deutschland.
Hunde essen ?
Gegen-Hartz.de meint: Der Vorschlag zeigt mal wieder eindringlich, welche Grundhaltung einige Politiker in Deutschland einnehmen. Das was unverkäuflich und von vielen Menschen als „nicht akzeptabel“ angesehen wird, sollen also die Menschen zum Fraß vorgesetzt bekommen, die ohnehin schon die Opfer einer unfairen Wirtschaftsordnung wurden. Das ist das Elend des Neoliberalismus, den wir schnellstens abwählen müssen -allen Medienlügen zum Trotz. Sonst sollen H4-Opfer demnächst nach Pferdefleisch-Abfällen wohl bald auch noch ihre Hunde essen -vom kargen H4-Armengeld ist ein Haustier sowieso kaum zu finanzieren. Das kaltschnäuzige Verhalten von Funktionären der schwarzgelben Parteien gegenüber den ärmsten und wehrlosesten Mitgliedern unserer Gesellschaft ist wirklich kaum noch erträglich.