Hungern in den USA: Wie im Krieg

Theodor Marloth & Prometheus 9.3.2013 USAflag

Ältere Bundesbürger kennen sie noch aus dem letzten Weltkrieg, die Essensmarken. In den USA, dem immer noch reichsten Land der Welt,  sind Bezugsmarken für überlebensnotwendige Güter heute Alltag.  Noch nie waren so viele US-Bürger auf Essensmarken angewiesen wie heute: Knapp 50 Millionen Amerikaner, soviel wie die Bevölkerung Frankreichs, leben wie im Krieg.

Weltwirtschaftskrise 1929

Am letzten Tag jedes Monats stehen Hunderttausende Amerikaner nachts Schlange für Lebensmittel, denn der Magen knurrt und erst ab Mitternacht gelten die neuen Essensmarken -dies meldete schon im letzten Jahr Springers WELT in: „Trauriges Hunger-Schauspiel“.  Die WELT ist ein kaum des Antiamerikanismus verdächtiges Blatt, das stramm auf Neoliberalismus und treu an der Seite Washingtons steht. Und die Lage der USA hat sich seitdem noch verschlimmert.

Obamas „Sozialpolitik“

Obama gilt vielen bei uns als ein sozialer oder gar „linksorientierter“ US-Präsident, nach dem Motto: Die US-Republikaner entsprechen der CDU, die US-Demokraten der SPD. Doch weder eine SPD- noch eine CDU-geführte Regierung könnten sich hierzulande ein derartiges Sozialdesaster erlauben. Über 46 Millionen Menschen hatten schon im letzten Oktober das Programm der Regierung zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmittel (SNAP) in Anspruch genommen. Das entspricht rund 22 Millionen Haushalten, so das amerikanische Landwirtschaftsministerium (Department of Agriculture). Betrachtet man den Trend der letzten fünf Jahren, so zeichnet sich ein düsteres Bild von Obamas Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Seit 2007 sind 4,5 Millionen Jobs verloren gegangen, dabei wuchs die Zahl der Anträge für Essensmarken und Leistungen für Behinderte um noch nie da gewesene 21 Millionen. Obamas Demokraten sind politisch links, aber nur im Vergleich zu den US-Republikanern des Bush-Clans und der rechtsextremen „Tea Party“.

Die angeblichen Patrioten der rechtsradikalen Bush-Partei haben jetzt auch DollarWashingtonnoch ihr geliebtes „Amerika“ (die USA) über die Haushaltsklippe plumpsen lassen -nur um Obama finanziell in die Enge zu treiben. Was wird mit den Ärmsten und Wehrlosen der Slums geschehen? Die sozialdarwinistischen Rechtsextremen finden nichts dabei, Menschen in der Gosse verhungern zu lassen. Dahinter steckt eine Mischung von übel pervertiertem Calvinismus und nazi-artigem Rassenhass, denn die Opfer sind meist US-Latinos oder Schwarze.

Das das US-Wirtschaftswachstum liegt derzeit noch bei  (schöngerechnet) 1,6 Prozent,  offiziell arbeitslos sind heute 13,2 Millionen US-Amerikaner. 47,7 Millionen Bürger würden ohne Essensmarken Hunger leiden, der Anteil der Staatsschulden verglichen mit dem Bruttoinlandsprodukt BIP ist auf über 100 Prozent (16,4 Billionen Dollar/ 12,5 Billionen bzw. 12500 Milliarden Euro) gestiegen, bilanziert Rainer Rupp in der jW.

Obama will zumindest zunächst  die schlimmsten Verletzungen sozialer Menschenrechte vermeiden: Die US-Staatsausgaben sollen 2013 mit pauschalen Kürzungen zwar um 85 Milliarden Dollar (rund 65 Milliarden Euro) schrumpfen. Aber einige große Sozialposten im Staatshaushalt, die Pensionen, die Armen-Krankenversicherung Medicaid und die Essensmarken, sollen wenigstens vorerst unangetastet bleiben.  Das Militärbudget soll dagegen um acht Prozent gekürzt werden, hoffentlich auch im mörderischen Drohnenkrieg, den die USA in Pakistan führen -andere Haushaltstitel sollen um fünf Prozent schrumpfen. Was dies alles konkret für die Bürger bedeuten wird, bleibt unklar. Es ist aber zu erwarten, dass die Einschnitte die ohnehin mickrige US-Konjunktur abwürgen. Abstürzende USA würden natürlich auch der Weltwirtschaft und zuerst den westlichen Ländern schaden. Für die plutokratischen Machteliten der USA scheint das wichtigste Problem leider weiterhin zu bleiben, dass die Milliarden der Superreichen sich jedweder sozialen Verantwortung entziehen können.

Fifty-Shades-Leak: Anonymous hackt Constantin

Gerd R. Rueger 09.03.2013

Vergeltung für Polizei-Attacke auf Drei.bz? Durch einen Hack drangen in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag dieser Woche Hacktivisten von Anonymous und Team Medusa in Computer von Constantin Film ein. “Brisante” Infos zum SM-Hausfrauenporno “50 Shades of Grey” wurden geleakt. Hintergrund waren netzpolitische Gefechte um das Urheberrecht, konkret: die Schließung einer Filmtausch-Website durch die Staatsanwaltschaft Paderborn. Anonymous empfahl: „Fuck the Contentmafia!“

Durch einen offenbar nicht allzu komplizierten Hack drangen in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag den 07.03.2013 Haktivisten von Anonymous und Team M3du5a (Medusa) in das Firmennetzwerk von Constantin Film ein. Die Filmrechte- und Filmproduktions-Firma macht derzeit mit dem Kampusch-Reißer „3096 Tage“ Schlagzeilen. Constantin Film hat eine bewegte Geschichte hinter sich, gehörte einst zum Bertelsmann-Konzern, dann dessen Konkurrenten Leo Kirch und heute der Schweizer „Highlight Communications AG“.

50 Shades of Chicken: Satire auf den Hausfrauenporno von Sadomaso mit dem Millionär

Bei dem Hack handelte es sich anscheinend um eine Vergeltungsaktion für die Abschaltung der Warez-Seite drei.bz, an der auch die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) beteiligt war. Am 26. 02.2013 war die Staatsanwaltschaft Paderborn mit einer Durchsuchungsaktion gegen den mutmaßlichen Betreiber der illegalen Portale „Drei.bz“ sowie „Freedownloadz V2“ vorgegangen. Beamte der Kripo Flensburg zogen in einem örtlichen Rechenzentrum Sicherungskopien der Websites. Das illegale Portal „Drei.bz“ wurde abgeschaltet. Die Kripo Bielefeld konfiszierte in den Privaträumen des Beschuldigten im Kreis Höxter die vollständigen Datenbanken des Portals „Drei.bz“ sowie schriftliche Unterlagen, es hieß: „Der Beschuldigte war geständig.“

Fuck the Contentmafia

anondisplayAuf anonpaste.me hieß es: „Fuck the Copyright Lobby and Contentmafia„. Die Passwörter für Film- und Budgetdatenbank ließen nicht auf eine besondere Netzsicherheit der Filmindustrie schließen, sie waren angeblich beleidigend einfach gewählt: Das beliebte „1234“ und wenig einfallsreiche Wörter wie „constantin“ und „constantinfilm“ sollen dabei gewesen sein (nicht, das raffiniertere Passwörter viel geholfen hätten).

Emma Watson in 50 Shades of Grey?

Angelina Jolie, Shades of Grey Favoritin vieler Fans

In der Liste finden sich auch Benutzernamen sowie die dazu gehörigen Passworthashes, so gulli.com. Die Konkurrenz von ConstantinFilm dürfte aber eine Liste mit Filmen mehr interessieren, die für die nähere Zukunft geplant sind -es gab Details zu Besetzung, Handlung und Budgets von um die 180 Filmprojekten. Für die Verfilmung des Bestsellers „50 Shades of Grey“ soll etwa Emma Watson im Gespräch sein, obwohl sie eine Rolle in dem berühmten SM-Hausfrauenporno noch 2012 abgelehnt haben soll.

Weniger attraktiv: Cumberbatch, Brühl

Netzpolitik.org bezeichnet die Liste als „digitalen Einkaufszettel  -wohl für  cineastische Shareworker im Netz. Vergesst aber nicht, ab und zu mal ins Kino zu gehen, das hat doch viel mehr Stil und Atmosphäre.  Constantin Film arbeitet auch am WikiLeaks-Film THE FIFTH ESTATE mit Sherlock-Darsteller  Benedict Cumberbatch als Julian Assange und dem deutschen Sternchen Daniel Brühl als deutschem CCC-Hacker Domscheit-Berg (warum müssen eigentlich immer Deutsche den deutschen Zwielichtigen spielen?). Constantin will den vermutlich recht mainstreamig-reaktionären Film Ende 2013/Anfang 2014 in die deutschen Kinos bringen.

Nach Chavez Tod: USA zufrieden, Börsen hüpfen

Galindo Gaznate 9.3.2013 

Weltweit Trauer um Chavez. Aber aus der US-Administration kamen hämische Töne, man sei froh, den Staatschef von Venezuela los zu sein, Obama war nur wenig diplomatischer. Die westlichen Börsen von Nasdaq bis Dax frohlockten: Öl- und Machthunger trieben die Werte hoch. Kann das Pendel in Lateinamerika jetzt zurückschlagen zum neoliberalen Kapitalismus?

Ob Venezuela auf dem Weg des Chavismus weitermacht oder das Land sich wieder den westlichen Kapitalinteressen unterwirft, entscheidet sich bei den kommenden Wahlen. Werden die Chavisten sich über den richtigen Weg zum Sozialismus zerstreiten? Hat die CIA in altbekannter Manier schon ihre Bluthunde für einen Militärputsch in Stellung gebracht? Vieles scheint möglich, doch  die Errungenschaften des Chavismus sind nicht zurück zu drehen. Lateinamerika hat sich aus dem „Hinterhof der USA“ heraus gekämpft, auch dank Öl aus Venezuela. Seine sozial gerechte Politik machte ihn zum Liebling des Volkes, der die Wahlen nie zu fürchten hatte und sie -im Gegensatz etwa zu US-Präsident Bush- auch nie manipulieren musste, um zu gewinnen. Unsere Mainstream-Medien mussten sich Propaganda-Märchen gegen Chavez aus den Fingern saugen, um ihre antikommunistischen Hetzpflichten zu erfüllen -ähnlich funktionieren anscheinend die Wikipedia-Manipulationen gegen Chavez‘ Verbündeten Ecuador.

Chavez war ein neuer Bolivar, ein Befreier Lateinamerikas. Dabei blieb Chavez ein Mann des Volkes, gab den Ärmsten nicht nur Brot, sondern auch Bildung, zeigte Humor und Herz -was von giftigen Ideologen der westlichen Journaille natürlich als „Populismus“ verteufelt wurde. Hunderttausende nahmen heute in Caracas Abschied von Amerikas bedeutendstem Staatsmann, Delegationen von 55 Ländern gedachten Hugo Chavez‘ Vermächtnis. Mehr als 30 Staaten hatten höchste Repräsentanten entsandt, für die Merkel-Regierung bequemte sich nur der BRD-Botschafter in Caracas zur Trauerfeier. Anders als Staatschefs in den USA, Europa und anderen kapitalistischen Ländern, die oft nur als „Getriebene der Märkte“ bzw. Marionetten der Großkonzerne und Banken agieren, hat Chavez Geschichte im Sinne einer humanistischen Demokratie gemacht: Ein Bolivarischer Weg in den Sozialismus.

Hugo Chavez

Venezuela (amtlich Bolivarische Republik Venezuela, spanisch República Bolivariana de Venezuela)  unter Chavez hat Maßstäbe gesetzt: Nicht unbedingt ökonomisch, aber hinsichtlich sozialer Gerechtigkeit. Öl lässt sich auch ohne westliche Konzerne zu Geld machen und wenn keine reichen Schmarotzer von Wallstreet & Co. ihre Fangzähne in den Adern Lateinamerikas haben, bleibt mehr für das Volk. Venezuelas Stärke gab auch kleineren Nationen wie Ecuador Rückhalt gegen den Neokolonialismus etwa von London zu protestieren. Chavez hat die Ölmafia Milliarden gekostet -die von Chavez-Mitstreiter und Übergangspräsident Nicolas Maduro aufgeworfene Frage nach der „natürlichen Todesursache“ Krebs erscheint berechtigt. Die CIA macht kein allzu großes Geheimnis aus ihrer Fachkundigkeit als globaler Killer. CIA-Aussteiger berichteten von Anfragen ihrer Führung bezüglich nicht nachweisbarer Gifte oder herbeigeführter Herzinfarkte. Maduro ließ verlauten, es gebe entsprechende „Spuren“, denen nachgegangen werde und er verwies  den US-Luftwaffenattaché David Del Monaco des Landes, so RiaNovosti; auch Boliviens Präsident Evo Morales soll der Vergiftungs-Theorie zuneigen.

Die Linke trauert um Chavez

In Deutschland hat sich vor allem die Linkspartei mit Chavez solidarisiert, während die CDU im Kalten Krieg feststeckt und antikommunistische Parolen stammelt und die FDP in Lateinamerika mit ihrer Parteistiftung Putschisten und Diktaturen bejubelt. Der Chavismus spaltet auch hierzulande die Gemüter.

„Mit Hugo Chávez verlieren Venezuela, Lateinamerika und die Linke in aller Welt einen unerschrockenen Verfechter für eine neue, gerechtere Welt“ , schreiben Katja Kipping und Bernd Riexinger. Gemeinsam mit Gregor Gysi, dem Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei im Bundestag, haben die Vorsitzenden der Linken eine Erklärung zum Tod des venezolanischen Präsidenten verbreitet, die reaktionäre Politfunktionäre vor Wut spucken ließ. Ruprecht Polenz, der für die Union den Auswärtigen Ausschusses im Bundestag leitet, wütete gegen ein angebliche „Bruderschaft von Chávez mit Ahmadinedschad“ und seine „Feindschaft gegenüber den USA“.

Der CDU-Außenpolitiker Polenz hat scheinbar wenig außenpolitisches GespürCover: Die offenen Adern Lateinamerikas und auch keine Kenntnisse der Geschichte Lateinamerikas -ihm sei Eduardo Galeanos Standardwerk Die offenen Adern Lateinamerikas ans Herz gelegt (Las venas abiertas de América Latina), die leider von Wikipedia zu Venezuela auch nicht erwähnt werden -wenn man das berühmteste Buch über den Kontinent auch nicht völlig verschweigen konnte.

Andere wissen Chavez zu würdigen. Die Linke-Abgeordnete Sevim Dagdelen und ihre Vize-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht   forderten: „Die bolivarische Revolution ist zu verteidigen.“ Chávez habe für „den Kampf um Gerechtigkeit und Würde“ gestanden. Wolfgang Gehrcke, Außenexperte der Linksfraktion, lobte Chávez als „Politiker, Praktiker, Theoretiker, Aufklärer, Lehrer“. Die deutsche Mainstream-Journaille wird sich dem kaum anschließen -sie ergeht sich weiter in der Hexenjagd auf vermeintliche Kommunisten und „Populisten“ (für den Reaktionär ist ein „Populist“ nicht jemand, der das Volk belügt und in die Irre führt, sondern ein „Populist“ ist jemand, der tatsächlich etwas für die Mehrheit des Volkes tut -also eigentlich ein Demokrat), wie die Hetze gegen Chavez oder Correa in Ecuador belegt.

Westerwelle und Naumann-Putschisten

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte eine Portion Kreide gefressen, als er zum Tod von Chavez kondolierte. Aber die FDP-nahe Naumann-Stiftung organisiert mit Stiftungen von CDU und CSU einen neuen Rechtsruck in Lateinamerika und über ihre Verwicklung in einen neoliberalen Militärputsch in Honduras 2009 besteht wenig Zweifel: Nach dem blutigen Putsch gegen den gewählten Präsidenten stellte die FDP-Stiftung den Putschisten als Opfer dar, weil der linke Präsident sich dem ALBA-Bündnis sozialer und sozialistischer Länder Lateinamerikas hätte annähern wollen.

Der Militärputsch gegen die Regierung von Manuel Zelaya in Honduras wurde weltweit einhellig verurteilt. Aber neo- bzw. wirtschaftsliberale Feinde der sozialen Reformen in Lateinamerika versuchten hartnäckig einen Diskurs zu etablieren, der den Putsch schönredet: Sie stützten die Position der Putschisten-Regierung unter Roberto Micheletti, wonach der rechtsmäßig gewählte Zelaya angeblich verfassungsgemäß seines Amtes erhoben wurde, so die Lateinamerika Nachrichten.

Beobachter der US-Strategie sehen Chavez als Angelpunkt der Dominanz in Lateinamerika: „Chavez evokes strong feelings in the American mind. The Republicans on the Hill gloated that it is a good thing that Chavez died. Both the Democrats and the Republicans visualize that a chance has turned up to put behind the long period of strained US-Venezuelan ties and open a new page. (...)

Suffice to say, oil will remain a key factor in the US policies toward Venezuela. But at the end of the day, Chavez’s legacy cannot be reduced to that of an oil salesman. The point is, he hurt core US interests regionally and globally in a profound – and possibly enduring – way that makes it difficult for Washington to forgive him easily.“ So die Strategic Culture Foundation: Why the USA can not forgive Chaves easily.

Der Dichter Hartmut Barth-Engelbart zu Chavez (MI5 ist der britische Geheimdienst, Verbündeter der CIA):

Du bleibst
egal ob dich der Krebs besiegt
egal ob dich die CIA
der Mossad
oder MI 5
vergiftet
hat
Du bleibst
Du hast uns Mut gemacht
Du gabst uns Hoffnung
noch im Sterben
Hoffnung die nicht unterliegt…
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