Sarkozy und die Millionärin

Jean-Jamb du Bois-Champolion  22.03.2013 France.svg

Sarkozy –ein Ex-Staatschef steht seit langem unter Korruptionsverdacht und musste sich schon im letzten November endlich, nach Ende seiner Immunität, der Justiz stellen. Im Mittelpunkt des Korruptions-Skandals standen Liliane Bettencourt, die Erbin des edlen L’Oréal-Imperiums, geschätztes Vermögen 17 Milliarden Euro, und der französische Arbeitsminister Eric Woerth, früher Haushaltsminister der Grande Nation unter Sarkozy. An der greisen und angeblich senilen Multimillionärin Bettencourt soll Sarkozy sich als Witwen-Ausräuber betätigt haben: Die dicken Umschläge voller Euro-Banknoten soll er der alten Frau durch List unter Ausnutzung einer beginnenden Demenz entlockt haben. Glaubhaft? Oder Schutzbehauptung der Millionenerbin?

Sarkozy durfte -schon im November 2012- nach einer zwölfstündigen Vernehmung damals noch als “verdächtiger Zeuge” durch Untersuchungsrichter den Justizpalast in Bordeaux wieder verlassen: Alles deutet daraufhin, dass Indizien für die Beteiligung von Sarkozy an einer Straftat vorliegen, die aber noch nicht für ein Anklageverfahren genügen. Über Verlauf und Inhalt der Vernehmung machte die Justiz keine Angaben, dabei geht es möglicherweise um den Verdacht, Sarkozy könnte seinen erfolgreichen Wahlkampf 2007 mit illegalen Bargeldspenden aus dem Milliardenvermögen des Bettencourt-Milliardärsclans finanziert haben. Jetzt ist das Verfahren gegen ihn eingeleitet worden.

Korpus delicti waren u.a. Tonbandaufzeichnungen, die ein Bediensteter dem französischen Internetmagazin Mediapart übergeben hatte. Das komplexe Beziehungsgeflecht zwischen Bettencourt und ihren Günstlingen führte bis zu Sarkozys engerer Umgebung und zu ihm selbst, was die Angelegenheit zu einer Staatsaffaire machte. Sarkozy soll nach Angaben von Mediapart schon in seiner Zeit als Bürgermeister in Neuilly und später als Präsidentschaftskandidat gut gefüllte Briefumschläge von Mme. Bettencourt erhalten haben. Im Mittelpunkt der Debatte stand damals aber nur der frühere Haushaltminister Eric Woerth, dessen Frau Florence bei einem Unternehmen Bettencourts in leitender Position bei der Vermögensverwaltung tätig war. Eine Korruption durch personelle Verstrickung lag in der Luft.

395724886Besonders verdächtig waren in diesem Zusammenhang die 30 Millionen Steuerrückzahlung vom Mai 2008, die Liliane Bettencourt erhielt – zu Zeiten als Woerth als Haushaltsminister für die französischen Finanzen und Frau Gemahlin Woerth für Bettencourts Finanzen zuständig war. Woerth, dessen Zustimmung als Minister für eine derartige Rückzahlung nötig war, versuchte sich seinerzeit mit großer Mühe herauszureden. Deutsche Beobachter fragten damals ironisch, ob nicht die Oberschicht die einzige Klasse sei, die noch wirklich kollektiv und solidarisch funktioniert… Die politischen Folgen dieser Affäre konnten Sarkozy leider nicht gefährlich werden, erst jetzt wird geklärt, ob der kleine Führer der Grande Nation nicht die Arbeit der Justiz in seinem Sinne beeinflusst hatte. Derzeit ist die Justiz wieder aktiv und verhörte den Ex-Präsidenten in Sachen Korruption -jetzt im Rahmen des eingeleiteten Verfahrens. Die bunte Familiengeschichte der Sarokzys wird damit noch um einiges bunter.

Sarkozys Vater stammt aus einer ungarischen Familie (Sárközy de Nagybócsa), die 1628 in Wien von Kaiser Ferdinand II. in seiner Funktion als König von Ungarn geadelt wurde.Die Familie besaß in Alattyán (Kleingebiet Jászberény, Komitat Jász-Nagykun-Szolnok), ca. 100 km südöstlich von Budapest, ein Schloss und Ländereien. 1944 war Sarkozys Vater vor dem Einmarsch der Roten Armee in Ungarn über Österreich nach Deutschland geflohen. Nach dem Krieg ließ er sich in Baden-Baden von einem französischen Rekrutierungsbüro für die Fremdenlegion anwerben. Nach dem Abschluss seiner Rekrutenzeit in Sidi bel Abbès (Französisch-Algerien) sollte er ursprünglich in Indochina eingesetzt werden. Durch ein medizinisches Attest konnte er jedoch bereits 1948 nach Marseille ziehen. 1949 traf er in Paris Andrée Mallah. Pal Sarkozy, der insgesamt viermal verheiratet war, tritt auch als Maler öffentlich in Erscheinung. So berichtete El País im Dezember 2011 von der bevorstehenden Ausstellung seiner Bilder im uruguayischen Badeort Punta del Este in der dortigen Galería de las Misiones.

Sarkozys Mutter ist eine Nachfahrin sephardischer Juden aus Thessaloniki. Ihr Urgroßvater, der jüdischen Glaubens war, hieß Mordechai Mallah und war ein wohlhabender Juwelier aus Thessaloniki. Zusammen mit seiner Ehefrau Reina hatte Mallah sieben Kinder. Aaron Benico Mallah – der Großvater Sarkozys – war das jüngste der Kinder. Aaron Benico Mallah heiratete 1917 die Katholikin Adèle Bovier und konvertierte zum Christentum. Das Ehepaar hatte zwei Töchter namens Suzanne und Andrée. Nicolas Sarkozy hat zwei Brüder, Guillaume (* 1951) und François (* 1958), sowie zwei jüngere Halbgeschwister, Caroline und Pierre-Olivier (* 1970), die aus der dritten Ehe seines Vaters mit Christine de Ganay stammen. Als diese Ehe 1977 scheitert, heiratet seine Stiefmutter Frank Wisner jun. und siedelte in die USA um. Nicolas Sarkozy hat enge Beziehungen zu seinen Stiefgeschwistern und zu Frank Wisner in den USA, und ein Mitglied der Familie Wisner unterstützte Sarkozy im Wahlkampf. Die dicken Schmiergeld-Umschläge der L’Oreal-Erbin dürften jedoch mehr zu Sarkozys Wahlkampf beigetragen haben: Die französische Oberschicht hat sich ihren Präsidenten gekauft  -wirklich nur ein Akt der Übertölpelung einer senilen Greisin?