Theodor Marloth 27.3.2013
Wiesbaden. Schon wieder hat das Statistische Bundesamt uns mit schönen (oder auch schönenden oder womöglich geschönten) Zahlen versorgt. Mit 15,8 Prozent lag 2010 der Anteil der Armen in Deutschland (im Behördenjargon „armutsgefährdeten Menschen“) knapp unter dem EU-Durchschnitt von 16,9 Prozent. Ein recht erbärmliches Ergebnis für die kraftmeiernde teutonische Wirtschaftsnation, die einst auf ihre soziale Marktwirtschaft stolz war.
Aber so wird eine Nation eben Export-Weltmeister oder (nach dem Aufstieg Chinas) jetzt wenigstens noch EU-Exportmeister. Die hemmungslose Lohndrückerei der letzten Jahrzehnte machte es möglich: Mit der Agenda 2010 und vor allem Hartz IV wurde im ehemals wohlhabenden Sozialstaat ein brutaler Ausbeutungs-Sektor geschaffen: Leiharbeit, Niedriglöhne, Mini-Jobs, 1-Euro-Zwangsarbeit machen heute deutsche Exportwaren billiger als die unserer Nachbarländer. Und sie machen viele Deutsche ärmer, damit wenige reicher und noch reicher werden können.
Damit nicht genug: Nicht die ausbeuterischen Reichen, die Armen sollen sich anscheinend schämen -daher nennt man sie nicht mehr so (offiziell): Als „armutsgefährdet“ gilt eine Person, wenn deren Einkommen mit allen staatlichen Transferleistungen weniger als 60 % des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung eines Landes beträgt. Unter 11 426 Euro im Jahr galt ein Deutscher 2010 als „armutsgefährdet“, so das Bundesamt (im reichen und vor allem gerechter teilenden Dänemark erst unter 15 837, in der EU-Steueroase Luxemburg sogar erst unter 19 523 Euro).
Deutlich weniger Arme gab es in der Tschechischen Republik (9,8%), aber auch in den Niederlanden (11%) oder Österreich (12,6%). In den Armenhäusern des Balkans Bulgarien und Rumänien sowie den mittels „Finanzkrise“ voausgeplünderten Mittelmeerländern Spanien und Griechenland lag der Anteil jeweils über 20 Prozent. Die Staaten mit einem hohen Anteil von „Armutsgefährdeten“ weisen logischerweise eine hohe Einkommensungleichheit auf.
Wie täuscht man eine nicht ganz so große Ungerechtigkeit vor?
Man misst abwiegelnd die Differenz zwischen dem einkommensstärksten und dem einkommensschwächsten Fünftel der Bevölkerung: Würde man das reichste mit dem ärmsten Zehntel vergleichen, wäre die Ungerechtigkeit viel offensichtlicher, ganz zu schweigen von den 1% sehr Reichen. Das rotgrüne Agenda-Ausbeutung-Modell scheint mit seiner Verschärfung unter Merkel jetzt jedoch an seine Grenzen zu stoßen: Die Reichen haben in Deutschland die Bevölkerung ausgepresst, um billig zu produzieren, hauptsächlich für den profitablen Export in die EU-Partnerländer. Deren Wirtschaft wurde damit aber ruiniert und sie in die Schuldenfalle getrieben -diese Schulden, die ruinierte Länder bei unseren Reichen haben, sollen nun teilweise auch noch dem deutschen Staat aufgebürdet werden. Damit könnten die deutschen Reichen sich ein weiteres Mal an unserer Bevölkerung schadlos halten: Durch Sparmaßnahmen an allen, insbesondere wohl mal wieder an den Ärmsten, im Schuldendienst für „die Banken“. Die Banken haben aber das Geld größtenteils nur weitergereicht, an die parasitäre Gruppe der Superreichen.
Das jetzige Merkelsche „Lösungsmodell“, die Niedriglohn-Ausbeuterei europaweit vorzuschreiben, kann aber logischerweise nicht funktionieren. Es können nicht alle auf Kosten der Nachbarn ihre Waren nach draußen pumpen. Ungerecht ist es allemal und gerade in Deutschland auch verfassungswidrig: Es gibt bei uns bekanntlich ein Sozialstaatsgebot und auch ein Verbot von Zwangsarbeit -hätten wir eine Rechtsprechung, die diesen Namen verdient, wären diese sozialen Ausplünderungen der Bevölkerung zugunsten einer schmarotzenden Minderheit von Reichen und Superreichen schon lange verboten.
Eine echte Lösung kommt aber um eine kräftige Besteuerung der globalen Finanzelite einfach nicht herum -so sehr diese sich auch mittels korrupter Medien, Parteien und Regierungen dagegen zu wehren versucht.