Sydney/Stockholm. Der Fall Assange-Wikileaks bringt die europäische Justiz immer mehr ins Zwielicht. Der Verdacht einer politischen Anklage in einem als Sex-Skandal inszenierten Prozess gegen einen Regimekritiker erhärtet sich weiter. Die Assange-Anklägerin Marianne Nye gibt auf, die Schwedin Anna Ardin feuert ihren Anwalt und ein Verfassungsrichter tingelt in Sachen Assange durch Australien. Julian Assange protestiert gegen die politische Ausbeutung seines Falles durch Schwedens Elite.
Der Sydney Morning Herald meldet neue Justiz-Querelen um den Fall Assange, der eigentlich ein Fall Wikileaks ist. Die australische Fairfax Media hat von der schwedischen Justiz offenbar erfahren, dass die schwedische Staatsanwältin Marianne Nye ihre Anklagevertretung überraschend niedergelegt hat. Gegen Julian Assange vertritt jetzt die Staatsanwältin Ingrid Isgren die Anklage. Die Gründe für den Wechsel wurden noch nicht bekannt gegeben.
Auch bei einer der Assange-Anklägerinnen, der politischen Aktivistin Anna Ardin, gibt es eine Änderung: Sie will ihren umstrittenen Anwalt Claes Borgstrom ersetzen. Ardin soll sich darüber beschwert haben, dass Anwalt Borgstrom zu viel Zeit im Gespräch mit den Medien verbrachte und zu wenig mit ihrer Vertretung. Ihre neue Rechtsanwältin soll Elisabeth Massi Fritz werden.
Die aktuellen Turbulenzen in der schwedischen Staatsanwaltschaft bei ihren Bemühungen um die Auslieferung von Julian Assange kommen nicht allein: Der schwedische Verfassungsrichter Stefan Lindskog will am kommenden Mittwoch an der University of Adelaide (Australien) einen Vortrag über „Die Assange-Affäre und freie Meinungsäußerung, aus schwedischer Sicht“ halten. Richter Lindskog ist nicht irgendein Verfassungsrichter, sondern Vorsitzender des höchsten schwedischen Gerichts, vor dem auch der Fall Assange eines Tages landen könnte.
Julian Assange protestiert gegen schwedische Attacken
Julian Assange selbst protestierte gegen die öffentlichen Auftritte schwedischer Polit-Prominenz aus Staat und Justiz als systematische unstatthafte Eingriffe in das gegen ihn laufende Verfahren und politische Propaganda: Es hätten schon der schwedische Regierungschef, der Außen- sowie der Justizminister öffentlich über seinen Fall doziert und dabei ihn und Wikileaks öffentlich attackiert.
Auch Greg Scheunen, Sprecher der australischen Rechtsanwalts-Allianz, mahnte gegenüber Lindskog das rechtliche Grundprinzip an, dass Richter nicht öffentlich zu Fragen sprechen sollten, die sie wahrscheinlich vor Gericht zu entscheiden haben werden. Richter Lindskog soll sich gegenüber der Australian Financial Review über die Ironie des Falles Assange amüsiert gezeigt haben, wo die Frage nach Lügen über ein Condom und angebliche Sexualdelikte der Frage nach Publikation geheim gehaltener Information gegenüber steht: „…amusing how the Assange case offers possibilities of sharp turns when it comes to topics to be discussed. From, on the one hand, whether lies about condoms can result in a sexual crime to, on the other, the question of if telling the truth, by publishing classified information, can amount to a crime permitting extradition to the state that claims being harmed.“
Ein humoriger Richter? Oder zynische Arroganz der Macht angesichts der schweren Drohungen, denen Julian Assange ausgesetzt ist. Immerhin sind es Drohungen, die durch die unglaubhaften Beschuldigungen zweier Schwedinnen und das einmalig emsige Vorgehen angeblich wegen „sexueller Belästigung“ exekutiert werden: Von der schwedischen und britischen Polizei bis hin zu Europol, die im Fall Assange erstmals einen internationalen Haftbefehl wegen derartiger Delikte ausstellte.
Europas Justiz wird es nicht leicht haben, sich je wieder vom üblen Geruch der politischen Verfolgung eigener Regimekritiker des ach so freien Westens zu befreien. Schweden lässt sich als US-Büttel gegen Wikileaks instrumentalisieren, London fällt in Kolonialismus zurück und drangsaliert Ecuador wegen Assange. Die USA haben ihren Ruf als Rechtsstaat ebenfalls untergraben: Im Fall des Wikileaks-Whistleblowers Bradley Manning durch die Verfolgung, Inhaftierung, Folterung und drohende Verurteilung zum Tode oder lebenslanger Haft eines Kritikers, der nur US-Kriegsverbrechen ans Licht bringen wollte. Die freie Presse des freien Westens (z.B. der Guardian) macht auch keine allzu gute Figur -sie plappert die Vorgaben der US-Regierung, US-Militärs und US-Dienste nach und stempelt den Wikileaksgründer ab und viele Journalisten und Journalistinnen gebärden sich wie Hofberichterstatter eines totalitären Regimes, die wie eine Meute kläffender Köter auf den Gegner ihres Diktators losgehen.
…und viele Journalisten und Journalistinnen gebärden sich wie Hofberichterstatter eines totalitären Regimes, die wie eine Meute kläffender Köter auf den Gegner ihres Diktators losgehen.
Dazu das hier :
https://brdakut.wordpress.com/2013/03/24/ein-statement-zur-unabhangigen-presse-1880-so-passend-wie-heute/