Unwort des Jahres 2015: „Gutmenschen“-Bashing wieder in Mode

Abb. zu einem der neoliberalen Propaganda-Artikel der Neid-Kampagne

Theodor Marloth

Biologisten verbreiten ihren Blödsinn, alle plappern es nach: “eine bemerkenswerte und methodisch saubere Untersuchung”. Wissen die überhaupt, was das bedeuten könnte? Angebliches Ergebnis: Sozialismus basiert auf Neid. Wirklich was Neues?  Logisches Problem dieser Studie: Der „Gutmensch“, der gegen Kinderschänder kämpft -ist der auch bloß neidisch? Fazit: Ein Wissenschafts-Fake und ein neoliberales Propaganda-Netzwerk zur lawinenartigen Weiterverbreitung von Lügen.

Biologisten verbreiten ihren Blödsinn, alle plappern es nach: „eine bemerkenswerte und methodisch saubere Untersuchung“. Wissen die überhaupt, was das bedeuten könnte? Fragt da einer nach genauen Belegen von Objektivität, Reliabilität, Validität? Hat einer nachrecherchiert, wer hinter der Studie steckt? Nein. (Ein gewisser Prof. McCullough von der nicht einmal in den USA renommierten Universität von Miami) Aber alle wollen das Ergebnis verstanden haben: Sozialismus basiert auf Neid. Wirklich Neues? Das schreien die Rechtsradikalen doch spätestens seit Nietzsche. Logisches Problem dieser Studie: Der „Gutmensch“, der gegen Kinderschänder kämpft -ist der auch bloß neidisch?

Ideologische Schlammschlacht

Das dümmlich-ideologische Gefasel von „Gutmenschen“ allein wäre schon mal eine Studie wert -zur Psychologie der neoliberalen „Gutmenschen“-Basher.  Sie sind schon mal sehr schlicht bei ihrem Bashing. Denn dabei bauen die Neoliberalen sich ihren Pappkameraden „Gutmenschen“ als völlig altruistisch mindestens bis zur Selbstaufgabe -wehe, wenn sie ihn einmal ohne Sack und Asche erwischen: Aber es gibt keinen Grund, warum Ethik nicht auch mit Eigeninteresse verbunden sein dürfte -nur eben mit ethisch vertretenem Eigeninteresse. Der Begriff hat es zur Top-Propaganda-Floskel des Neoliberalismus gebracht, weil er so billig ein ethisches Verhalten diffamiert. Er wirft nämlich den Heuchler, der nur so tut als ob er Gutes tun würde, mit dem in einen Topf, der sich wirklich ethisch verhält, der wirklich Gutes vollbringt. Da die Neoliberalen einem tumben Sozialdarwinismus folgen, ist ihnen letzteres verhasst wie die Pest. Jeder, der andere nicht schindet, die Natur und seine Umgebung nicht ausbeutet, so wie sie, die Neoliberalen es tun, der muss ein Heuchler sein, ein „Gutmensch“ eben. Und nun wollen sie eine „wissenschaftliche“ Bestätigung dafür gefunden haben.

Pseudowissenschaft aus den Biosciences

Die allseits umjubelte Neid-Untersuchung soll in den Proceedings of the Royal Society B: Biological Science erscheinen, also einer biowissenschaftlichen Zeitschrift. Allzu genaue Details kennt noch keiner, aber die Vorabinformationen werden weidlich ideologisch ausgeschlachtet. Wenn Sozialpsychologen mit ihren Labormethoden losziehen, um ihre Ideen, Fantasien oder Ideologien über menschliches Verhalten „wissenschaftlich“ zu beweisen, kommen sie immer wieder auf absonderliche Einfälle. Oft liegen die „Experimental-Designs“ irgendwo zwischen heimtückischer Täuschung, tendenziöser Manipulation oder gar purem Sadismus (googlen Sie „Zimbardo“ oder sehen sie sich den Film „Das Experiment“ dazu an).

Reaktionäre Menschenbilderhaben sich schon immer ihren Segen aus pseudowissenschaftlichen Studien geholt: Frauen sind gefühlige Dummchen, Schwarzafrikaner triebhafte Wilde, die Schädelform der Westeuropäer beweist ihren edlen Charakter -das alles galt einst als naturwissenschaftlich bewiesen.

Heute treffen reaktionäre Menschenbilder in einem von Medien und Geldgebern aufgeblasenen, eigentlich sehr dürren Zweig der Forschung weiterhin auf banalste Vorstellungen der Gesellschaft, oft nahe an plattem Sozialdarwinismus, zuweilen ohne die geringsten Kenntnisse aus Sozial- und Geisteswissenschaften. Der Mensch als Neuro-Maschine, als von Neid und Gier getriebenes Tier, als Homo Ökonomikus vulgo: wandelnde Registrierkasse. So kann man forschen und heute bekommt man gerade dafür sehr leicht viel Geld, denn es dient denen die Geld haben. Wissenschaftliche Autorität wird gerne an Stelle von ethischer Integrität akzeptiert, auch im Netz:

Die Website Recentr weiß in ihrem Artikel „Wissenschaftliche Studie: Sozialistisches ‚Gutmenschentum‘ basiert auf Neid„, publiziert unter einem Bild des Grünen Trittin, der wirklich sehr neidisch, fast diabolisch zu grinsen scheint (Photoshop?):

„Eine bemerkenswerte und methodisch saubere Untersuchung von Eric J. Pedersen, Robert Kurzban und Michael E. McCullough, die in der Mai-Ausgabe der Proceedings of the Royal Society B: Biological Science erscheinen wird, räumt massiv mit dem Mythos der altruistischen Bestrafer, ja mit dem Mythos des sozialen Menschen als solchem auf.“

Eine andere Website, die sich „Kritische Wissenschaft“ nennt, ventiliert in ihrem völlig unkritischen, aber hoch ideologischen Artikel „Untersuchung zeigt die wahre Motivation der Gutmenschen„:

„Eine bemerkenswerte und methodisch saubere Untersuchung von Eric J. Pedersen, Robert Kurzban und Michael E. McCullough, die in der Mai-Ausgabe der Proceedings of the Royal Society B: Biological Science erscheinen wird, räumt massiv mit dem Mythos der altruistischen Bestrafer, ja mit dem Mythos des sozialen Menschen als solchem auf. In drei verschiedenen Experimenten mit 315 Studenten, 538 Bürgern und abermals 394 Studenten, können die Autoren nicht nur zeigen, dass es kaum altruistische Bestrafung gibt, sondern sie können auch zeigen, dass die wenigen Personen, die Dritte bestrafen, ohne dass sie etwas davon haben, von einem ganz eigenen Motiv getrieben sind: Neid. Wenn die Probanden in den Experimenten der drei Autoren mit einer Situation konfrontiert waren, in der sie eine ungerechte Behandlung von O durch D beobachteten und ihnen anschließend die Möglichkeit gegeben wurde, die ungerechte Behandlung von O durch eine altruistische Bestrafung von D zu “revidieren”, dann zeigte sich, dass nur ein sehr kleiner Teil der Probanden ein Interesse daran hatte, zu bestrafen: “…humans do not impose meaningful amounts of third-party punishment on behalf of absolute strangers. The nominal and statistically non-significant amount of punishment we did observe was apparently motivated by envy because of a comparatively unfavourable personal outcome rather than by moralistic anger” (6-7).“

Damit sei bewiesen, so völlig unkritisch die „Kritische Wissenschaft“-Site, was hinter dem „Gutmenschentum“ stecke: „…blanker Neid, Neid, weil die nämlichen Gutmenschen im Hinblick auf Ressourcen, die sie sehr hoch einschätzen, schlechter abgeschnitten haben, als ihr Opfer, das Sie zum Feinde der Gemeinschaft stilisiert haben, um ihren Neid auszuleben.“

Neoliberale, Neid und Kinderschänder

Erstmal ist dieses Design sehr ungenau beschrieben. Dahinter könnte eine tendenziöse Versuchsanordnung stecken oder ein Science-Fake. Doch selbst wenn nicht, ist schon die Fragestellung offenkundig ideologisch motiviert. Man will es „den Gutmenschen“ mal so richtig zeigen, dass sie auch nur neidisch sind. Die Schlussfolgerung, die aus dem dubiosen Forschungsdesign gezogen werden, wirken viel zu weit verallgemeinert (es ging ja nur um Laborspiele) und zugleich ideologisch eingeschränkt: Warum sollen nur jene „Gutmenschen“ von Neid getrieben sein, die Reiche als „Feinde der Gesellschaft“ enteignen wollen? Warum nicht auch jene „Gutmenschen“, die etwa Mörder oder Kinderschänder als „Feinde der Gesellschaft“ stoppen und bestrafen wollen? Sind die alle nur neidisch, selber niemanden ermordet oder keine Kinder missbraucht zu haben?

Oder anders gesagt: Mit der platten Argumentation der Biologisten kann man jede Gesellschaftskritik auf Neid zurück führen. Echte Ungerechtigkeit existiert demnach nicht (obwohl andere Biologisten erschüttert feststellen musste, dass sogar Affen wütend über ungerechte Verteilung werden können -also es einen „biologischen Trieb zur Gerechtigkeit“ geben müsste, nach deren absurder Weltsicht). Für eine gerechte Welt dürfte dann nur noch der Reiche kämpfen, ohne mit dem Neidvorwurf konfrontiert zu werden. Auch der gerade eben von einem bewaffneten Räuber Ausgeplünderte dürfte sein Geld nicht mit ethischer Begründung zurück fordern -er ist ja bloß neidisch, dass der andere jetzt sein Geld hat.

Fazit: Diese Art von „Wissenschaft“ ist Geldverschwendung und Vergeudung wissenschaftlicher Kompetenz (falls vorhanden). Keiner der Professoren, die hier ihre billigen Brötchen beim neoliberalen Mainstream abholen, wird je einen Nobelpreis abstauben, wie die Herren Friedman & Co. von der Wirtschaftswissenschaft. Die Biologisten und Homo-Ökonomikus-Psychologen produzieren akademisches Fastfood für die Stammtisch-Fraktion der neoliberalen Propaganda-Trommler. Deren Aussagekraft bei ihren Kolportagen liegt auf dem Niveau eines Kleinkindes, das den anderen keine Bonbons abgeben will: „Du bist ja bloß neidisch!“

Island-Piraten: Der Geist von Beppe Grillo über den Gletschern

Gerd R. Rueger 30.04.2013 flagisland

Wie Beppe Grillos 5-Sterne-Piraten in Italien wollen sich auch die Piraten in Reykjavik der Zusammenarbeit mit den Altparteien verweigern. Piraten-Kapitänin Birgitta Jónsdóttir sagte, ihre Partei wolle nicht in die Regierung. Auch auf der Wikingerinsel scheint die Kluft zu groß zu den alten Mächten, die keine grundlegende Änderung des derzeitigen Systems zwischen Plutokratie, Finanzdiktatur und Medienherrschaft wollen.

Nach dem Rechtsrutsch bei den Wahlen vom Wochenende, der für die Piraten nach einer Zitterpartie doch noch ein glückliches Ende nahm: Die Regierungsbildung läuft jetzt an, unter Vermittlung durch Islands beliebten Präsidenten Ólafur Ragnar Grímsson, der mehrfach Milliarden-Zahlungen der Regierung an Finanzfirmen stoppte, die im Verein mit heimischen Bankstern das isländische Volk ausplündern wollten. In Italien kam bekanntlich mit Mario Monti (Goldman Sachs) sogar ein Vertreter der Banken an die Macht, was Beppe Grillos Verweigerung noch unumgänglicher machte. Italien werde im Herbst Neuwahlen erleben, prognostizierte Grillo, weil das Weitertreiben des maroden Systems aus Spekulationsblasen auf Kosten der Staatskassen und Sozialabbau zu Lasten der Armen, Alten und Kranken der westlichen Gesellschaften dann endgültig am Ende sei.

Piraten wollen keine Komplizen der Plutokratie sein

Diesen Weg wollen Islands Piraten nicht mitlaufen, im Gegensatz zur rotgrünen Regierung, die sich zwar weit besser schlug als andere linke oder pseudolinke Parteien Europas, aber letztlich keine wirklich grundlegenden Änderungen zuließ. Gestern gab es in Reykjavik den ganzen Tag Treffen mit jedem einzelnen Vorsitzenden der sechs Parteien, die ins Parlament einziehen konnten.  Die letzte Vorsitzende, die der Präsident eingeladen hatte, war Birgitta Jónsdóttir, die Kapitänin der  Piratenpartei .

Birgitta Jónsdóttir, member of parliament for the Pirate Party„Wir wollen nicht in der Regierung sein „, sagte Birgitta Jónsdóttir am Abend, kurz nach ihrem Treffen mit Präsidenten Grímsson. Dies ist nicht das erste Mal, dass die isländische Piratenpartei sich zu diesem Thema äußert. Birgitta deutete es vor den Wahlen mehrfach an, dass es keine Priorität für die Piratenpartei sei, in der isländischen Regierung Ämter zu übernehmen. Birgitta sagte: „Wir glauben, wir können viel mehr Einfluss im Parlament haben, wenn wir weiter daran arbeiten, wie die Bewegung es während der letzten Zeit getan hat.“
Birgitta und ihre Kollegen wollen sich für eine bessere Zusammenarbeit in der Politik einsetzen und auch versuchen mehr Macht für das Parlament zu erstreiten. „Und ich hoffe, dass die Verhandlungen mit der Regierung jetzt zu einer anderen Form der Machtausübung führen, als wir sie bislang gewohnt waren“.
Auf die Frage, wen man am besten mit der Regierungsbildung beauftragen könnte, soll Birgitta empfohlen haben, zunächst die agrarisch-reaktionäre Fortschrittspartei ihr Glück versuchen zu lassen. Diese Partei vertritt traditionell die Fischer und Bauern Islands, was einen allzu schnellen Rückfall in den neoliberalen Irrsinn der Unterwerfung unter das Diktat der globalen Finanzmafia erschweren könnte.  Es ist noch nicht klar, wem und wann der Präsident das Mandat erteilen wird, aber eine Entscheidung wird bald fallen, vermutlich schon morgen.
Ausbeuter-Modell „Finanzoase“ krachte zusammen
Vor vier Jahren krachte das neoliberal-rechtspopulistische Modell von Island Icelandic Pirate Partyals Finanzoase spektakulär zusammen.  Unter dem Schock eines drohenden Staatsbankrotts lernten die stockkonservativen Isländer plötzlich zu demonstrieren und jagten die alte korrupte Regierung zum Teufel. Wikileaks hatte die kriminellen Machenschaften ihrer Bankster aufgedeckt und Julian Assange durfte im Isländischen Fernsehen seine Ideen von einer transparenten Demokratie im digitalen Zeitalter erklären. Ins Parlament zog die piratenhafte Protestpartei “Die Bewegung” mit Birgitta Jónsdóttir -damals Mitstreiterin von Julian Assange, jetzt bei den Piraten Islands. Doch nicht genug, Island sollte mit der IMMI (Islandic Modern Media Initiative) zur Datenoase werden, eine neue Verfassung wurde per Crowdsourcing erarbeitet, aber kam zuletzt doch nicht ganz durch. Die Wikinger stellten am Ende sogar ihren Ex-Premierminister vor Gericht: Geir Harde, der mit den Bankstern gekungelt hatte. Jetzt bekam seine neoliberale Rechtspartei mit ein paar jüngeren Gesichtern doch wieder Oberwasser bei den Isländern -vor allem auch, weil diese nicht mit der rotgrünen Linksregierung in die von Lakaien der Finanzmafia dominierte EU wollten. Aller Wahrscheinlichkeit nach kommen die Wikinger mit ihrem Rechtsruck jetzt jedoch vom Regen in die Traufe.

Finanzmafia verliert gegen Wikileaks

Gerd R. Rueger 30.04.2013 flagisland

Reykjavik. Wikileaks errang vor dem Supreme Court einen bedeutenden juristischen Sieg. Das Gericht verurteilte den Finanzboykott gegen Wikleaks  als illegal. Im Einklang mit der US-Regierung hatten Finanzfirmen sich 2010 geweigert Spenden weiterzuleiten, um WikiLeaks in die Enge zu treiben. Julian Assange war damals von den USA zum Staatsfeind Nr.1 erklärt  und mit Sex-Beschuldigungen extremer Stigmatisierung ausgesetzt worden. Jetzt könnte es um Schadensersatz in Millionenhöhe gehen.

JAWikiLeaks konnte letzte Woche, im medialen Windschatten des Wahl-Endspurts,  auch vor dem höchsten isländischen Gericht einen weiteren bedeutenden juristischen Sieg erringen. Das Gericht verurteilte den Finanzboykott von 2010, als  sich mutmaßlich in vorauseilendem Gehorsam gegenüber der US-Regierung etliche Finanzdienstleister weigerten, Spenden an WikiLeaks weiterzuleiten, als illegal. Julian Assange war zu dieser Zeit von den USA zum Staatsfeind Nr.1 erklärt worden und zudem mit sexuell begründeter Strafverfolgung aus Schweden extremer Stigmatisierung ausgesetzt -zu der dann auch noch Geldnot kam.

Die Kreditkartenfirmen Visa und MasterCard hatten sich während der Cablegate-Veröffentlichungen Ende 2010 plötzlich geweigert, weiterhin Spenden weiterzuleiten. Zeitweise war die deutsche Wau-Holland-Stiftung die letzte Geldquelle der von Hunderten US-Agenten gehetzten Whistleblower. Später dafür polizeilich verfolgte Hacker von Anonymous hatten damals in der „Operation Payback“ zu Netzattacken gegen Finanzfirmen gegriffen, um auf die rechtswidrige Drangsalierung hinzuweisen. WikiLeaks betonte, der illegale Boykott habe zu einem Rückgang der Spenden um 95 Prozent geführt. Dies ist zwar eine Angabe, die aus Sicht der Finanzfirmen angeblich nicht zu verifizieren ist, die sich jedoch sehr leicht aus vorherigen Monaten hochrechnen lässt -im Geschäftsleben ein übliches Verfahren, um das Ausmaß einer Geschäftsschädigung zu beziffern. Wenn für ein paar Stunden via DDOS aus dem Netz genommene Onlinefirmen so ihre angeblichen Verluste beschreien, wird das von Medien auch gerne so hingestellt -obwohl die z.B. Buchkäufer höchstwahrscheinlich später ihre Bestellung nachholen dürften. Im Fall Wikileaks verweisen viele Journalisten merkwürdigerweise abJAssangeBobbyer ausdrücklich darauf, wie schwer solcher Schaden doch zu verifizieren sei. Und das, obwohl bei monate- und jahrelanger Blockade ein tatsächlicher Schaden kaum abzuleugnen ist.

„We thank the Icelandic People“

Julian Assange wandte sich nicht nur an die Richter, sondern an die ganze 400px-Iceland_relief_mapBevölkerung Islands und bezeichnete das Urteil als einen Sieg für die Meinungsfreiheit:

Wir danken dem isländischen Volk dafür, dass es uns gezeigt hat, dass es sich nicht von mächtigen, von Washington unterstützten Finanzdienstleistern wie Visa einschüchtern lässt… Und wir schicken eine Warnung an die anderen Firmen, die in diese Blockade verwickelt sind: ihr seid die Nächsten„. (gulli)

Mit seinem Richterspruch bestätigte der „Supreme Court“ in Reykjavik  das Urteil eines Bezirksgerichts, dem zufolge MasterCards lokaler Partner Valitor seinen Vertrag mit WikiLeaks‘ Finanzdienstleister DataCell rechtswidrig kündigte. Valitor hat jetzt binnen einer Frist von 15 Tagen das WikiLeaks-Spendenkonto wieder zu eröffnen. Für jeden weiteren Tag droht der Firma eine Konventionalstrafe von 800.000 Isländischen Kronen (gut 5200 Euro).

WikiLeaks ist jetzt guter Hoffnung, dass das isländische Urteil einen Präzedenzfall für weiter laufende Klagen in anderen Ländern schaffen wird. Besonders im ebenfalls der skandinavischen Rechtskultur verpflichteten Dänemark ist durchaus eine ähnliche Rechtsprechung zu erwarten. Die Strategie, das von WikiLeaks als Finanzblockade eingeschätzte Verhalten der Finanzfirmen lokal zu bekämpfen, hat sich bisher als zwar mühsam und langwierig, aber dennoch als soweit erfolgreich bestätigt. Jetzt bleibt nur noch abzuwarten, ob von den Finanzbütteln der US-Regierung auch ein angemessener Schadensersatz für die angerichteten Einbußen einzuklagen ist. Auch dagegen werden sie sich vermutlich mit allen juristischen Tricks zur Wehr setzen, die man mit viel Geld von teuren Anwälten bekommen kann.

Der tatsächliche Schaden wird jedoch kaum wieder gut zu machen sein: WL_LogoWikileaks wurde von den Bankstern in der Stunde höchster Not im Stich gelassen, was sicher zur Zerstörung der damaligen Hacker-Tafelrunde beigetragen hat. Und das, nach allem was die Netzaktivisten für die Finanzbranche getan hatten: Mit aufklärenden Leaks wollte Wikileaks den Grundstein für eine künftig ehrliche Betriebsführung mit sauberen Methoden legen. Doch dieses noble Projekt war wohl nichts, was Bankster sich gewünscht hatten. Sollten eines Tages wieder ein paar ehrenhafte Bankkaufleute in diesem heute dubiosen Metier in Spitzenpositionen gelangen, werden sie Julian Assange vielleicht sogar die Bilderberger-Rockefeller-Rothschild-Medaille für Verdienste im Kampf gegen dunkle Finanzkriminelle  und dreiste Schwarzgeldschieber verleihen müssen.

Shooting Sugarboy: Facebook und die Waffenlobby

Gerd R. Rueger 29.04.2013 https://i0.wp.com/marketingsocialmedia.de/wp-content/uploads/2010/12/mark-zuckerberg-cover-time.png

Es war ein Amoklauf zuviel. Obama stand unter Druck, endlich die US-Waffengesetze zu verschärfen. Die US-Waffenlobby mit Charlton Hestons NRA und anderen traten an, dies zu verhindern. Viele erhöhten im letzten Quartal ihre Ausgaben für Lobbyarbeit beim Waffenthema. Merkwürdigerweise machte auch Facebook, das weltweit größte “soziale Netzwerk”, mehr Geld in Washington locker. Dabei gilt Schießen eher als eine der weniger sozialen Tätigkeiten des durchschnittlichen US-Bürgers.
Es war ein Amoklauf zuviel. Obama stand unter Druck, endlich die https://i0.wp.com/jimhillmedia.com/mb/images/upload/Charlton-Heston-2.j-webpg.jpgUS-Waffengesetze zu verschärfen. Doch die Gegenseite schlief nicht: Die US-Waffenlobby, Sicherheitsfirmen, sogar die Öl-Industrie traten an. Sie alle erhöhten im letzten Quartal ihre Ausgaben für Lobbyarbeit an der Waffenfront -gegen einen Trend nachlassender Lobbyausgaben. Merkwürdigerweise machte auch Facebook, das weltweit größte „soziale Netzwerk“, mehr Geld in Washington locker. Dabei gilt Schießen eher als eine der weniger sozialen Tätigkeiten des durchschnittlichen US-Bürgers.
2012 Sandy Hook Elementary Shool Shooting

Der Amoklauf an der Sandy Hook Elementary School ereignete sich am Vormittag des 14. Dezember 2012 im US-Bundesstaat Connecticut in der Kleinstadt Newtown, rund 100 Kilometer nordöstlich von New York City. Bei dem Amoklauf kamen insgesamt 28 Menschen ums Leben, darunter 20 Kinder, sechs Angestellte einer Grundschule sowie die Mutter des Täters. Der Täter, der 20-jährige Adam Lanza aus Newtown, tötete sich anschließend selbst. Gemessen an der Anzahl der Todesopfer handelt es sich bei der Tat an der Elementary School (Grundschule) in dem Newtowner Ortsteil Sandy Hook nach dem Schulmassaker von Bath (1927) sowie dem Amoklauf an der Virginia Tech (2007) um den drittschwersten Amoklauf an einer Schule in der Geschichte der Vereinigten Staaten.

Amok-Schützen-Problem: US-Waffenlobby machte mobil
Als im Senat die Debatte über Waffenkontrolle tobte, so meldet das Center for NRAPublic Integrity, rannten auch die Lobbyisten die Türen in Washington ein: Die NRA (National Rifle Association) von Charlton Heston, die National Shooting Sport Foundation usw.  -alle intensivierten sie ihre Lobbyarbeit. An der Lobbyfront sind die USA dem mauschelnden Brüssel in Sachen Transparenz weit voraus, trotz europäischer Übernahme einiger Details wie eines Registers. In Washington weiß man, wer wieviel für das Klinkenputzen an den Türen der Macht ausgibt (soweit legal gearbeitet wird zumindest).
In den ersten drei Monaten 2013 ackerten die Militaria-Lobbyisten mehr als in allen vorangegangenen Quartalen 2012, aus lauter Angst um ihre lukrativen Waffengeschäfte. Die NRA brachte 2013 zwar nur 810.000 Dollar nach Washington, aber das Geld schien gut angelegt gewesen zu sein: Republikaner blockierten im Senat, unterstützt durch einige Demokraten, alle wichtigen Waffenkontroll-Gesetze, die Präsident Barack Obama durchsetzen wollte.
Lobbyisten aus der Internet-Industrie
Marc Zuckerbergs Milliardenfirma  Facebooks steckte mit 2,45 Millionen US-Dollar im ersten Quartal für seine Lobby-Aufwendungen seinen bisherigen vierteljährlichen Rekord von nur 1,4 Millionen Dollar locker in den Sack. Das war während der letzten drei Monate des Jahres 2012, als Facebook  Gesetzgeber und Regierungsstellen bei einer Vielzahl von Themen zu beeinflussen suchte, von Online-Werbung und Datenschutz bis zu Visa und unbefristeter Aufenthaltserlaubnis für seine hoch qualifizierten ausländischen Arbeitskräfte. Ähnlich wird es auch Anfang 2013 gewesen sein, denn die Waffenregulierung dürfte den Internet-Datenmoloch schnuppe sein -der Datenschutz bzw. dessen Hintertreibung jedoch nicht.
Netzriese Google war mit von der Partie. Googles Lobby-Ausgaben sprangen von 1,5 Millionen Dollar im ersten Quartal (Q1) 2011 auf 5,4 Millionen im Q1 2012. Aber Google drosselte sie im vergangenen Quartal wieder auf 3,4 Millionen, also immer noch über jenen von Zuckerberg. Doch ein großer diversifizierter Konzern wie Google hat ja auch eine Menge mehr an Politikern zu manipulieren.
US-Lobbyismus: Transparent aber mächtig
Ferner steigerten auch die Firmen Raytheon, United Technologies und General Dynamics die Leistung ihrer Lobby-Maschinerie: Von Januar bis März 2013 übertrafen ihre Ausgaben locker jene im gleichen Zeitraum des letzten Jahres. Dabei haben die meisten der 100 Top-Lobbyisten 2013 ihre Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr reduziert. In den USA wurde der Begriff der Lobby als Polit-Manipulation durch mächtige reiche Privatleute bzw. Konzerne erfunden. Kein Wunder, eine Demokratie, die dank weitgehend unreguliertem Kapitalismus immer größere Zusammenballungen von privater Geldmacht fördert, muss diese Wirkung haben. US-Regierungen entwickelten Gegenmaßnahmen, aber es sieht nicht so aus, als wenn diese ausreichen würden. Fazit: Transparenz ist toll. Aber was nützt sie, wenn sich niemand dran kratzt und die Einflussnahme selbst legal bleibt.
Mark Zuckerberg als Vampir (speedpainting)

Athen: Rechtsregierung will 15.000 Beamte feuern

Prometheus 29.04.2013 Flagge Griechenlands

Auf Druck der Troika sollen in Griechenland 15.000 Beamte und Staatsbedienstete entlassen werden. Das von Rechten und Neoliberalen dominierte Parlament in Athen verabschiedete am Sonntag ein entsprechendes Gesetz und weitere Sparmaßnahmen. Demnach sollen bis Ende 2014 sagenhafte 15.000 Beamte auf der Straße liegen -auf deutsche Landesgröße hochgerechnet entspräche dies der Entlassung von 120.000 Menschen. Zudem sollen die Griechen auch noch eine neue Grundbesitzsteuer zahlen müssen, schon bisher wurden viele kleine Hüttenbesitzer an den Rand der Obdachlosigkeit getrieben.

„8,8 Milliarden Euro aus dem internationalen Hilfspaket sind fällig. Deshalb bringt Athen neue Sparmaßnahmen auf den Weg. Diesmal wird es besonders schmerzhaft, “ freut sich die rechtpopulistische „Welt“ aus dem Springer-Verlag, wo man die neoliberale Hetze gegen Südeuropäer mit einer deutschtümelnden Note zu veredeln pflegt. Anti-Griechische Pressekampagnen in Deutschland waren als flankierende Maßnahmen der Finanzmafia zur Ausplünderung Athens lanciert worden.

Zur Verabschiedung des Sparpakets wird Athen dadurch von der Troika Am Abend des 28. April 2013 demonstrierten Tausende vor dem griechischen Parlament gegen das neue Sparpaket.genötigt, dass die nächsten Tranchen der dringend benötigten Finanzhilfen von 8,8 Milliarden Euro andernfalls zurückgehalten werden. So stimmten am 28.04.2013 jetzt 168 Abgeordnete im 300 Sitze starken Parlament für die neueste Kaputtsparorgien, nur 123 votierten dagegen, bei einer Enthaltung. Vor dem Parlament demonstrierten derweil Tausende von Menschen gegen die geplanten Massenentlassungen. Zu der Kundgebung hatte die Beamtengewerkschaft (ADEDY) aufgerufen. Nun ist in der griechischen Verwaltung zwar bekanntlich manch einer, dessen Posten dort durch Beziehungen geschaffen wurde. Aber ob jetzt die überflüssigen Beamten entlassen werden oder nicht eher doch wieder die den Kürzeren ziehen, die keine Beziehungen haben, ist fraglich. Zumal mit Samaras  Rechtsregierung genau die Korruptionäre an der Macht sind, die den Großteil des „Wasserkopfes“  zu verantworten haben.

So geht die Orgie des Kaputtsparens nach Merkels Modell weiter. Das Griechenlandblog stellte fest, dass in dieser Sparwut für 2013 rund 60000 Unternehmensschließungen und ein Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 30 Prozent zu erwarten sind:  In seiner Erklärung „… am 25 April 2013 veranschlagte der Präsident der Industrie- und Handelskammer Athen (EBEA), Pavlos Ravanis, die Anzahl kleiner Unternehmen in Griechenland, die 2013 ihren Betrieb einstellen werden, nunmehr auf 60.000 und fügte an, dies bedeute, dass fast 120.000 Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren werden.“

Weiters sind die auch heuer wieder aufgenötigten Spar-Terror-Programme (vornehm „Austeritätspolitik“ genannt) wahrscheinlich Verletzungen des Menschenrechts und internationaler Abkommen. So zitiert das Griechenlandblog den britischen Professor Keit Ewing, der die Griechenland von EU und Troika aufgezwungenen Austeritäts-Maßnahmen als illegal bewertet. Demnach können die Griechen die Europäische Union und die Europäische Zentralbank wegen der ihnen auferlegten Maßnahmen “inakzeptabler Austerität” vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagen. Keit Ewing ist ein renommierter Professor für öffentliches Recht am Londoner King’s College: „In seinen Erklärungen gegenüber “Neos Kosmos” vertritt Professor Ewing, die Griechenland auferlegten Maßnahmen seien sowohl hinsichtlich des Europäischen Rechts als auch der griechischen Verfassung “illegal und verfassungswidrig“.“

Island: Rotgrün abgewählt, aber Piraten drin!

Gerd R. Rueger 29.04.2013 Icelandic Pirate Party

„Als die letzten Stimmen ausgezählt wurden, sprangen wir über die 5-Prozent-Hürde“, so am Wahlabend die Piratin Birgitta Jónsdóttir, bekannt als Mitstreiterin von Wikileaks. Doch die rotgrüne Reformregierung ist abgewählt. Island kehrt zurück zu seiner konservativen Grundlinie -Unterschied: Diesmal sitzen immerhin Piraten im Parlament. Vielleicht besteht doch noch Hoffnung für das Projekt der „Islandic Modern Media Initiative“, die gefloppte Finanzoase zu einer digitalen Datenoase zu machen.

Piratin Birgitta Jónsdóttir

Vor vier Jahren krachte das neoliberal-rechtspopulistische Modell von Island als Finanzoase spektakulär zusammen.  Unter dem Schock eines drohenden Staatsbankrotts lernten die stockkonservativen Isländer plötzlich zu demonstrieren und jagten die alte korrupte Regierung zum Teufel. Wikileaks hatte die kriminellen Machenschaften ihrer Bankster aufgedeckt und Julian Assange durfte im Isländischen Fernsehen seine Ideen von einer transparenten Demokratie im digitalen Zeitalter erklären. Ins Parlament zog die piratenhafte Protestpartei „Die Bewegung“ mit Birgitta Jónsdóttir -damals Mitstreiterin von Julian Assange, jetzt bei den Piraten Islands. Doch nicht genug, Island sollte mit der IMMI (Islandic Modern Media Initiative) zur Datenoase werden, eine neue Verfassung wurde per Crowdsourcing erarbeitet, aber kam zuletzt doch nicht ganz durch. Die Wikinger stellten am Ende sogar ihren Ex-Premierminister vor Gericht: Geir Harde, der mit den Bankstern gekungelt hatte.

Doch dann wollte die rotgrüne Linksregierung aus sozialdemokratischer Allianz und Linksgrüner Bewegung auch noch in die EU. Das war den euroskeptischen Isländern dann doch zuviel. Der erzkonservative Isländer, der seine Makrelen fischen will, wie es ihm gerade passt, statt nach EU-Fangquoten war ungnädig. Der neoliberal-finanzbegeisterte Jungisländer hat zwar seinen fett bezahlten Job bei den Bankstern meist verloren, aber links ist er noch lange nicht. Datenschutz? Island lässt seine Bevölkerung gentechnisch überwachen, zum Nutzen der Gentechnik-Industrie. Und Europa war den Wikingern schon immer suspekt. Zumal die Merkel-Dominanz und rabiat-unsoziale Ausplünderung der Finanzkrisen-Verliererländer die EU derzeit noch abschreckender dastehen lässt. Auch der Pesthauch von Merkels schwarzgelber Kaputtspar-Politik hat dem isländischen Reformprojekt vorerst das Licht ausgeblasen.

Also läuft der Wähler zwischen den Gletschern wieder seinen alten Führern hinterher, und die sind konservativ. Des verurteilten Herrn Hardes Nachfolger als Chef der konservativ-neoliberalen Unabhängigkeitspartei, Bjarni Benediktsson, wird jetzt Ministerpräsident mit Hilfe der Rechtsliberalen und agrarisch-reaktionären Fortschrittspartei. Benediktsson ist ein 43-jähriger Jurist aus reichem Hause, der vier Jahre lang in Deutschland studiert hatte, auch darum wird Reykjavik jetzt von der Europäischen Union und dem Euro wohl eher die Finger lassen.

Endgültiges Wahlergebnis nach News of Iceland

Progressive Party – 24,4% (19)
Independence Party – 26,7% (19)
Social Democratic Alliance – 12,9% (9)
Left-Green Movement – 10,9% (7)
Bright Future – 8,3% (6)
Pirate Party – 5,1% (3)

Parties that did not pass the 5% election threshold:

Right Green Party – 1,7%
Humanist Party – 0,1%
Household Party – 3,0%
Rainbow – 1,0%
Sturla Jónsson – 0,1%
Democracy Watch – 2,5%
Rural Party – 0,2%
Alþýðufylkingin – 0,1%
Dawn – 3,1%

So gab es für die Piraten doch nur 5,1%=3 seats (zeitweilig sah es sogar nach 4 Sitzen im Parlament aus)

The party got 5.1% of the votes, Pirate Party members who got elected and will take their seat at the Icelandic parliament are:

  • Birgitta Jónsdóttir, WikiLeaks volunteer and former MP from 2009 – 2013
  • Jón Þór Ólafsson, business administration student at the University of Iceland
  • Helgi Hrafn Gunnarsson, programmer

Birgitta Jónsdóttir Birgitta Jonsdottir

One of many in the circle of co-creation at Pirate Party · 1,049 subscribers

„…we climbed over the 5% when the lats voes were counted. So it is official – the Pirate Party of Iceland has 3 members of the Icelandic parliament. We hope this will be an encouragement to Pirates all over the world.“ Posted in News of Iceland
Passend zum PiratenThe Pirate Bay is now in Iceland-Wahlerfolg zog jüngst die Netz-Tauschbörse The Pirate Bay aus dem juristisch zunehmend unfreundlich gewordenen Schweden nach Island -hoffentlich macht die neue bzw. bald zu erwartende Rechtsregierung in Reykjavik diesen Ortswechsel nicht zum Debakel.

Madrid und Barzelona: Im Fußball hopp -Proteste topp!

Galindo Gaznate 20.4.2013 spainflag-svg

Während deutsche Fußballfans vor Stolz kaum laufen können, außer beim Blick auf FC Bayerns entthronten Säulenheiligen Uli Hoeneß, geht es Madrid und Barzelona nicht nur auf dem Sportplatz mies. Brutale Sparprogramme unter Anleitung aus Berlin und Brüssel machen die Gesellschaft jeden Tag ärmer, ohne Chance, sich „aus der Krise heraus zu sparen“. Die Pleite auf dem Rasen verblasst gegen die Pleite der neoliberalen Politik des Rechtspopulisten Rajoy, aber die Spanier üben vorbildlich Protest. Sie lassen sich nichts vormachen und fordern von der Politik, endlich Verantwortung zu übernehmen.

Die von der Finanzmafia global inszenierte Bankenkrise, die Milliarden aus den Staatskassen in die Banken umverteilte, wird als Auslöser inzwischen von den Medien totgeschwiegen. Man paukt die Parole von den faulen Völkern, die „über ihre Verhältnisse gelebt“ haben sollen in alle Köpfe, sogar die dreiste Lüge, Spanier seien reicher als Deutsche, wird jede Woche neu aus dem Hut gezaubert. Ziel: Reiche reicher, Arme ärmer machen (in Spanien und Deutschland!). Ohne Rücksicht auf Menschenrechte wird die Finanzmacht durchgedrückt. Doch der Widerstand dagegen wird stärker, besonders in Spanien.

Madrid brennt

Bei erneuten Protesten gegen die Sparmaßnahmen der Rechtsregierung Rajoy ist es am Donnerstagabend in Madrid zu Gewalt gekommen. Bereits vor der Demonstration mit dem Motto „Belagert den Kongress“ hatte die Polizei vier Anarchisten festgenommen, die angeblich Brandanschläge auf Banken geplant haben sollen. Etwa 1400 Polizisten waren im Einsatz. Elf Studenten wurden festgenommen, weil sie den Zugang zu einem Universitäts-Gebäude blockierten. Am Ende einer Demonstration mit etwa tausend Teilnehmern in der Nähe des Parlaments in Madrid warfen einige Dutzend Demonstranten Flaschen, Böller und Pyrotechnika auf Polizisten, wie afp meldete. Polizisten gingen daraufhin mit Schlagstöcken auf die Demonstranten los. Drei Menschen wurden nach Angaben der Polizei während der Demonstration festgenommen, die von drei Punkten in der Hauptstadt zum Kongressgebäude gezogen war.

Auch Barcelona protestierte

Am heutigen Sonntag 28.April 2013 haben Tausende von Katalanen in Demonstranten in MadridBarcelona gegen  Kürzungen und gegen die Politik der Rechtspopulisten-Regierung protestiert. Motto der Demonstration: „Kampf um Arbeitsrechte – die Zukunft verteidigen!“ Man trotzte dem schlechtem Wetter, der Winter ist momentan  mit starkem Regen und eisigem Sturm auf die iberische Halbinsel zurückgekehrt.  Vertreter verschiedener von Kürzungen betroffener Einrichtungen aus Bildung, Gesundheitswesen und öffentlichem Dienst sowie die großen Gewerkschaften haben in Barcelona zu Protesten aufgerufen.
Viele Menschen trugen weiße Kleidung, der Bildungssektor war besonders stark vertreten, mit  Bannern wie: „Wir sind im Schambereich der Bildung – keine Einschnitte“.
Der UGT-Generalsekretär von Katalonien, Josep Maria Alvarez, sagte zu Beginn der Proteste „es ist die Zeit, dass die katalanische Regierung zu beweisen hat, dass  sie an der Seite der Bürger und die Verteidigung der Kräfte steht, weil diese Politik Selbstmord ist.“ Die derzeitige Lage auf dem Arbeitsmarkt in Katalonien und dem Rest von Spanien zeige die Absurdität der Sparorgien nach deutscher Merkel-Vorgabe, die die Arbeitslosigkeit in Südeuropa in unmenschliche Höhen treibe -nur damit die schwarzgelbe Regierung in Berlin sich für die Bundestagswahlen im Herbst ein paar Vorteile verschaffen kann.

Rajoys korrupte Rechtspopulisten-Regierung schien schon vor  acht Wochen am Ende zu sein: Hunderttausende Spanier hatten auf Initiative der “Marea Ciudadana” (Bürgerflut) hin gegen die Sparmaßnahmen der rechtspopulistischen PP-Regierung demonstriert. Anlass waren deren aktuelle Korruptionsaffären -doch Rajoy klebt am Sessel wie ein Stockfisch in der Pfanne, como una lapa.

Die spanische Statistikbehörde hat kürzlich bekanntgegeben, dass die Arbeitslosenquote im Land weiter gestiegen ist. Demnach lag die Quote in den ersten drei Monaten dieses Jahres bei 27,16 Prozent, d.h. sechs Millionen Menschen sind in Spanien ohne Arbeit -eine unvorstellbare Zerstörung von menschlichem Lebensglück, von wirtschaftlichem Potential und von Vertrauen in das westliche Modell des neoliberal verkrüppelten Kapitalismus. Der Kampf gegen die globale Finanzmafia und ihre Helfershelfer geht weiter -Transparenz für die Bilderberger-Konferenzen! (Im Gedenken an Jim Tucker)

US-Magazin Counterpunch trifft Julian Assange

Counterpunch: Talking With Julian Assange -From the George W. Bush Librarymarchcov to the Trial of Bradley Manning by MEDEA BENJAMIN 26.04.2013 (n. aut. Übers. v. Nora Drenalin)

MEDEA BENJAMIN merkte einleitend einiges zum Hintergrund an. Sie hatte Gelegenheit, WikiLeaks-Gründer Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London zu interviewen, wo er seit Juni 2012 politisches Asyl erhält. Assange soll zum Verhör nach Schweden über Sex-Vorwürfe. Aber er glaube, wenn man ihn nach Schweden schicken würde, würde er an die USA ausgeliefert, wo ihm wegen Spionage lebenslange Haft oder die Todesstrafe drohe.
Interview aus Counterpunch
MEDEA BENJAMIN: Bushs neue Presidential Library an der Southern Methodist University in Texas hat mit großem Trara, einschließlich der Anwesenheit von Präsident Obama und der ehemaligen Präsidenten Carter, Bush Sr. und Clinton eröffnet. George Bush hat gesagt, dass die Bibliothek „ein Ort sei, um Fakten zu hegen.“ Welche Fakten würden Sie gerne in seiner Bibliothek gehegt wissen?
JULIAN ASSANGE: Ein guter Anfang wäre es, endlich einmal die wahre JAssangeBobbyAnzahl der Todesfälle durch die Invasion des Irak und Afghanistans zu nennen. Wikileaks  dokumentiert von 2004 bis 2009, wie die USA Aufzeichnungen über mehr als 100.000 einzelne Todesfälle von Irakern aufgrund dieser Invasion anlegten, ungefähr 80 Prozent von ihnen waren als Zivilisten Opfer der entfesselten Gewalt geworden. Dies sind nur die aufgezeichneten Todesfälle, aber viele Menschen mehr mussten sterben. Und die USA nahm Afghanistan, etwa 20.000 Todesfälle von 2004-2010. Diese wären gute Fakten für die Presidential Library. Und vielleicht könnte die Bibliothek noch dokumentieren, wie Menschen auf der ganzen Welt gegen die Invasion des Irak protestierten, einschließlich der historischen 15. Februar-2003-Demonstration von Millionen von Menschen rund um den Globus.
MEDEA BENJAMIN: Viele Menschen haben während der Bush-Jahre hart gearbeitet, um gegen die US-Kriege zu protestieren, aber die Bush-Regierung weigerte sich, zuzuhören. Es war sehr entmutigend für die Menschen zu merken, dass ihre Bemühungen im Grunde für die Katz waren.
JULIAN ASSANGE: Die Leute sollten nicht zu demoralisiert sein. Ich glaube, dass die Opposition gegen den Irakkrieg sehr wichtig war, und dass es tatsächlich das Verhalten von uns verändert hat -während der Invasion des Irak. Vergleichen Sie sie mit dem Golfkrieg von 1991, als die massiven Anzahlen von Irakern, Soldaten und Zivilisten, getötet wurden. Bei der Invasion im Jahr 2003 gab es viel mehr Sorge um die Opfer. Die lautstarken Proteste hatten ihre Wirkung. Wir veröffentlichten ein Memo, das belegte: Erst wenn die geplante militärische Operation mehr als 30 Menschen töten könnte, musste sie von ganz oben in der Befehlskette genehmigt werden. Also während die Proteste den Krieg zwar nicht stoppen konnten, hatten sie doch Auswirkungen auf die Führung des Krieges und das war wichtig.
MEDEA BENJAMIN: Während George Bush in Dallas gefeiert wird, siecht Bradley Manning in US-Haft dahin. Sein Prozess beginnt am 2.Juni.  Bradley erklärte sich bereits im Februar schuldig in zehn Anklagepunkten, einschließlich des Besitzes von Geheimdokumenten und deren Weitergabe an eine nicht autorisierte Person. Diese Klagegründe allein könnten ihn für 20 Jahre ins Gefängnis bringen. Darüber hinaus hat die Regierung Spionage-Vorwürfe, die ihn für den Rest seines Lebens ins Gefängnis bringen könnten. Was denken Sie, wie der Prozess weitergehen wird?
JULIAN ASSANGE: Es wird ein Schauprozess, wo die Regierung versuchen wird zu beweisen, dass Bradley durch die geleakten Dokumente “ den Feind unterstützten und begünstigen“ oder „mit dem Feind kommunizieren“ wollte. Die Regierung holt sich ein Mitglied des Navy Seal-Teams, die Osama Bin Laden getötet haben, um auszusagen, dass er einige der geleakten Informationen in bin Ladens Haus gefunden haben will. Aber es ist lächerlich, diese als Beweismittel dafür verwenden zu wollen, dass Bradley Manning „den Feind unterstützt“ habe. Bin Laden könnte das Material von der New York Times bekommen haben! Bin Laden hatte auch ein Bob Woodword-Buch und zweifellos hatte Kopien von Artikeln aus der New York Times.
Die Regierung behauptet nicht einmal, dass Bradley Informationen direkt an „der Feind“ übergeben hatte -oder dass er Absicht hatte, dies zu tun. Aber sie ziehen dennoch die absurde Schlissfolgerung, dass lediglich der Öffentlichkeit übergeben Information über klassifizierte Regierungstätigkeiten jemand zu einem Verräter macht, weil es „indirekt den Feind informiert“.
Nach dieser Argumentation müsste auch der Buchautor Bob Woodward der „Kommunikation mit dem Feind“ angeklagt werden, denn Bin Laden hatte doch empfohlen, dass jeder US-Amerikaner Woodward Buch „Obama’s War“ lesen sollte? Sollte der New York Times der Vorwurf der „Beihilfe des Feindes“ gemacht werden, wenn bin Laden eine Kopie der Zeitung besessen hat, die WikiLeaks-Material enthielt?
MEDEA BENJAMIN: Was wären einige Dinge, die Bradley Manning-Unterstützerhttps://i0.wp.com/25.media.tumblr.com/tumblr_ll3n1vw1zj1qjab9ao1_r1_500.jpg tun können, um zu helfen?
JULIAN ASSANGE: Sie sollten Druck auf die Medien ausüben, gegen die Spionage-Vorwürfe Einwände zu erheben. Die Los Angeles Times brachte ein gutes Editorial, aber andere Zeitungen waren schlecht. Eine Wall-Street-Journal-Kolumne von Gordon Crovitz forderte, dass Bradley wegen Spionage angeklagt werden sollte, und dass ich ebenfall deswegen belangt werden sollte, weil ich ein „selbsternannter Feind des Staates“ sei. Wenn Manning der Spionage angeklagt ist, kriminalisiert dies das nationale Sicherheits-reporting. Jedes Leak von Verschlusssachen an jedes Massenmedium könnte dann als ein Akt des Hochverrats interpretiert werden. Menschen müssen die Medien überzeugen, dass es in ihrem eigenen Interesse ist, eine Linie Prinzipientreue einzunehmen.

MEDEA BENJAMIN: Was wären noch andere Möglichkeiten für die Leute, in Bradley Mannings Fall zu helfen?

JULIAN ASSANGE:  Die Menschen könnten Amnesty International und Human Rights Watch unter Druck setzen. Diese Gruppen protestierten zwar kurz gegen die schrecklichen Bedingungen unter denen Bradley in Quantico festgehalten wurde, aber nicht gegen die Tatsache, dass er wegen Verbrechen verfolgt wird, die ihn lebenslänglich ins Gefängnis bringen könnten.
Es ist peinlich, dass Amnesty International und Human Rights Watch — Amnesty International mit Sitz in London und Human Rights Watch mit Hauptsitz in New York — sich geweigert haben, Bradley Manning als politischen Gefangenen oder ein Gefangenen aus Gewissensgründen zu betrachten.
Jemand einen politischen Gefangenen zu nennen bedeutet, dass der Fall politischer Natur ist. Es kann sein, dass der Gefangene eine politische Handlung begangen hat oder er war politisch motiviert -oder es gab es eine Politisierung der Ermittlungen oder des Verfahrens.
Schon ein einziger dieser Gründe ist nach der Amnesty-Definition ausreichend, um jemanden einen politischen Gefangenern zu nennen. Aber Bradley Mannings Fall erfüllt alle diese Kriterien. Trotzdem hat Amnesty International erklärt, dass sie erst nach dem Urteil darüber entscheiden wollen. Aber was nützt das dann noch?
MEDEA BENJAMIN: Was ist Amnesty Begründung warten?
JULIAN ASSANGE: Ihre Entschuldigung war, dass sie nicht wissen, was in der Verhandlung noch kommen könnte und sie wollen sicher sein, dass Bradley die Informationen „verantwortungsvoll“ veröffentlicht habe.
Ich finde ihre Position grotesk. Bradley Manning ist der berühmteste politische Gefangene der USA. Er wurde ohne Prozess für über 1.000 Tage eingekerkert. Nicht einmal die US-Regierung bestreitet, dass seine angeblichen Taten politisch waren.
Aber Human Rights Watch bewertet Bradley Manning nicht als einen politischen Gefangenen. Diese Gruppen sollte von der Öffentlichkeit dazu gedrängt werden, ihre Position zu ändern. Und sie sollten boykottiert werden, wenn sie weiterhin in ihrem eigenen Hinterhof zu feige sind zu handeln.
Eine weitere Möglichkeit, Bradley Manning zu unterstützen ist bei seinem Prozess in Ft. Meade, Maryland, der am 2.Juni beginnt. Die Kundgebung dazu ist am 1.Juni. Mehr erfahren sie durch Kontaktaufnahme mit dem Bradley Manning Support Network.
MEDEA BENJAMIN: Vielen Dank für Ihre Zeit, Julian.
Dieses Interview ist ganz gut gelaufen -leider musste Julian Assange mit Guardian-nahen Journalisten schlechte Erfahrungen in dieser Hinsicht machen: Aus einem langen Interview mit ihm wurden nur wenige Minuten tendenziös ausgesucht, um ihn zu diffamieren und das ganze in der hetzerischen Anti-Wikileaks-”Dokumentation” Secrets and Lies in einen extrem diffamierenden Kontext zu stellen.

Finanzierten USA Terror in Venezuela?

Galindo Gaznate 28.04.2013 Flagge Venezuelas

Caracas. Die venezuelanische Polizei hat einen verdächtigen US-Amerikaner festgenommen. Es liegen Beweise vor, nach denen er rechtsextreme Chavez-Gegner mit beträchtlichen Dollar-Summen finanziert haben könnte. Angeblich drehte der Filmer Timothy Hallet Tracy eine Dokumentation über Chavisten und Anti-Chavisten. Doch die Polizei stellte Filmaufzeichnungen sicher, die auf eine Verwicklung von Tracy in Gewalttaten nach den Wahlen hindeuten. Ein Wikileaks-Dokument stützt den Verdacht. 

Andere Wikileaks-Files hatten schon eine Intrige Stratfor-USA gegen Caracas nahegelegt. Der weitgehend unbekannte Filmer Timothy Hallet Tracy war angeblich wegen einer Dokumentation über Chavisten und Anti-Chavisten nach Venezuela gekommen. Doch die Polizei stellte Filmaufzeichnungen sicher, die auf eine Verwicklung von Tracy in die Vorbereitung von Gewalttaten nach den Wahlen hindeuten. Bei von Regierungsgegnern in den Tagen nach der Wahl inszenierten gewalttätigen Unruhen waren auch Gesundheitszentren mit cubanischen Ärzten angegriffen und insgesamt neun Menschen getötet und 78 verletzt worden. Übler Dreckskapitalismus.

Caracas: Anti-Chavisten-Operation „Connexion Abril“

Diese Ausschreitungen nach der Präsidentschaftswahl vom 14.04.2013, die der Chavez-Nachfolger Maduro knapp gewann, wurden möglicherweise aus den USA finanziert, so die jW. Innenminister Miguel Rodríguez Torres in Caracas gab der Presse persönlich die Festnahme des US-Amerikaners Timothy Hallett Tracy bekannt, der am Internationalen Flughafen Maiquetia festgenommen wurde, als er das Land verlassen wollte. Tracy, der über eine geheimdienstliche Ausbildung verfügen soll, habe oppositionellen Jugendgruppen Geldmittel ausländischer NGOs überbracht und diese zu gewaltsamen Aktionen angeleitet. Er habe auch Beziehungen zu regierungsnahen Organisationen geknüpft, offenbar um seine Legende als Dokumentarfilmer zu stützen oder um die Chavisten zu infiltrieren und zu spalten, so Ciudad CCS aus Caracas.

Wikileaks enthüllte CIA-Pläne zur Destabilisierung von Caracas

Der britische Guardian stützt weitgehend die US-Version vom harmlosen plus-dFilmemacher Tracy (auch BP profitierte vor Chavez von der billigen Plünderung des venezuelanischen Erdöls), verweist jedoch auf ein Wikileaks-Dokument der US-Depeschen der US-Embassy Caracas vom 09.11.2006:  Dort wird im Diplomaten-Jargon mit viel Wortgeklingel um die angeblich von Chavez bedrohten Menschenrechte die Unterstützung anti-chavistischer „Bürgerrechtsgruppen“ besprochen -als ob die USA in Lateinamerika je gegen, die von ihnen ganz im Gegenteil meist erst errichteten, Folterdiktaturen vorgegangen wären. Aber an einer Stelle ist dem CIA-Attache offenbar die Wahrheit herausgerutscht, denn die Zwischenüberschrift vor Punkt 9. lautet:  „Penetrate Base/Divide Chavismo“. Etwas seltsam, denn Chavez wurde darin vorgeworfen, Venezuela mit seiner „rhetoric of hate“ zu spalten, die USA wollten nur mit ihren US-Dollars dagegen halten: Diese dort proklamierte Infiltration und Spaltung der Chavisten könnte auch der jetzt inhaftierte Tracy im Sinn gehabt haben. Der venezuelanische Inlandsgeheimdienst SEBIN hatte, so Maduros Minister laut jW, in den vergangenen Monaten gegen ein rechtsgerichtetes Netzwerk ermittelt: Codename »Conexión Abril«. Alle Indizien hätten in dieser Zeit darauf hingedeutet, dass bis zum Wahltag Ruhe gehalten, dann aber die Wahlergebnisse abgelehnt und Gewalttaten begangen werden sollten. Dies geschah so und spielte Capriles in die Hände, der jetzt mit halb- und illegalen Manövern um eine angeblich von ihm gewünschte totale Neuauszählung der Stimmen, die Regierungsbildung stören und Caracas destabilisieren will. Für eine schlechte Außendarstellung Maduros genügt diese Strategie scheinbar –von deutschen Medien wird überwiegend über Capriles Störmanöver berichtet.

„El Gringo“ agierte als Dokumentarfilmer

Bello Monte ist das saubere Mittelschichtsviertel in Caracas, wo Tracy, in

Oppositionskreisen als »El Gringo« bekannt, logierte. Dort hätten die Behörden bei dem Verdächtigen während einer Hausdurchsuchung mehr als 500 Videos beschlagnahmen können, die diesen schwer belasten, so Innenminister Torres. Einige davon präsentierte er der Presse: Eine Aufnahme zeigt z.B. eine Gruppe von Jugendlichen, die sich lautstark über Gelder freuen, die ihnen Tracy scheinbar versprochen hat. Einer dieser Aktivisten, die rechtsextremen Parteien angehören sollen, äußert in dem Video, »um Santa Cruz und Miranda zu aktivieren« brauche man eine Milliarde Dollar. An einer anderen Stellen ist von »100 Millionen Bolívares« (etwa 15 Millionen US-Dollar) die Rede, die man brauche, um in vier Bundesstaaten Venezuelas einen Aufstand anzuzetteln. Eine weitere Aufnahme zeigt den früheren Armeegeneral und heutigen Führer der Rechtspartei Voluntad Popular, Antonio Rivero, wie dieser während der Proteste nach der Wahl Jugendliche anleitet, mit Steinen und Flaschen die Polizei zu attackieren. »Die Aufgabe war, uns in einen Bürgerkrieg zu treiben«, zeigte sich Minister Rodríguez Torres überzeugt.

Die US-Regierung in Washington wollte sich zu dem Fall nicht äußern. Man habe  davon nur aus den Medien gehört und bemühe sich um mehr Informationen, erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, Patrick Ventrell, bei der täglichen Pressekonferenz im State Department. Gegenüber der Nachrichtenagentur AP verteidigte der Vater des Verdächtigen, Emmet Tracy, seinen Sohn und wies alle Vorwürfe zurück. Sein Sohn sei Journalist und habe sich seit dem vergangenen Jahr in Venezuela aufgehalten, um einen Dokumentarfilm über die politische Situation des Landes zu drehen. Wäre Tracy tatsächlich ein CIA-Mann, hätte er freilich seinem Vater wohl kaum mehr als seine Deck-Legende preisgeben dürfen.

Maduro fordert hartes Durchgreifen

Exgeneral retirado Antonio José Rivero González (52)

Präsident Nicolás Maduro forderte die Festnahme aller Personen, die auf den beschlagnahmten Videos zu sehen sind und in die »Konspiration der Rechten gegen die venezolanische Demokratie« verwickelt seien. In El Valle im Südwesten von Caracas rief er die Bevölkerung zur Wachsamkeit auf, da die Rechte weitere Angriffe vorbereiten könne.

Wie die Tageszeitung Ciudad CCS weiter berichtete, soll Tracy einem Haftrichter vorgeführt werden und Staatsanwältin Gineira Rodríguez werde den US-Amerikaner dabei des Verstoßes gegen venezolanische Strafgesetze während der gewaltsamen Ausschreitungen am 15. April und danach anklagen. Eine Verwicklung von CIA und anderen US-Geheimdiensten in Umsturzpläne gegen die sozialistische Regierung in Caracas würde sich gut in das bisherige Bild ihres Agierens gegen das zweitgrößtes Erdölland der Welt einfügen. Neben ideologischem Antikommunismus kommt im Fall Chavez noch das wirtschaftliche Interesse an billigem Öl hinzu. US-orientierte Geldeliten vor Chavez liefert Briten und US-Konzernen Venezuelas Öl zum Spottpreis. Chavez verstaatlichte die Ölfirmen, ließ reiche Konzerne den Weltmarktpreis zahlen und unterstützte mit subventioniertem Öl stattdessen Cuba, Ecuador und andere sozial orientierte Regierungen. Die Einnahmen behielt nicht mehr eine kleine Ausbeuter-Elite für sich, sondern sie wurden in Gesundheitswesen, Schulen und Wohnungsbau investiert. Doch der Chavez-Nachfolger Maduro wird es schwer haben, sich seiner Rolle zu etablieren -unter wachsendem Druck durch die aggressiven US-Manöver, die bereits Chavez das Leben schwer machten. Der rechtspopulistische erst Chavez- nun Maduro-Kontrahent Capriles erweist sich immer mehr als schlechtester Verlierer in der Geschichte demokratischer Wahlen -falsche Beschuldigungen gegen die Chavisten, sie hätten Wahlbetrug begangen, gehören bei ihm zum Standardrepertoire.

Bereits bei den Wahlen im letzten Jahr, die Chavez glanzvoll bestätigten, kam es  zu Gewalttaten von rechten Gruppen, die in deutschen Medien tendenziös verzerrt dargestellt wurden. Nach dem Tod von Chavez gab es dann kein Halten mehr: Aus der US-Administration kamen hämische Töne, man sei froh, den Staatschef von Venezuela los zu sein, Obama war nur wenig diplomatischer. Die westlichen Börsen von Nasdaq bis Dax frohlockten: Öl- und Machthunger trieben die Werte hoch. Der aufkommende Verdacht, die Krebserkrankung des Staatschefs sei nicht zufällig entstanden, wurde natürlich totgeschwiegen, außer in kritischen Blogs, versteht sich.

Sibci aus Bolivien berichtet: El exgeneral retirado del Ejército, Antonio José Rivero González (52 años), C.I. 6.355.302, es el agente encubierto de la CIA en Venezuela para realizar acciones encubiertas, utilizando como fachada al partido Voluntad Popular (VP). Como miembro de VP, este exmilitar, ascendido en el gobierno de Hugo Chávez, fue captado hace tres años por el Departamento de Estado para denunciar la supuesta “cubanización” de la FANB. De acuerdo a fuentes de inteligencia consultadas, Rivero González, cumple órdenes directas del dirigente Leopoldo López Mendoza, considerado uno de los “duros” del ala radical de la derecha. Desde 2009 posee visado permanente del gobierno de los Estados Unidos. Tras su pronunciamiento contra el gobierno del Comandante Chávez, el ex director de Protección Civil recibe fuerte financiamiento del Departamento de Estado para realizar acciones de sabotaje. Gracias a un trabajo de inteligencia interno y externo el Sebin permitió detectar la “Operación Soberanía”, donde se permitió detectar las acciones encubiertas de Rivero González, quien el pasado 15 de abril de 2013 en la plaza Francia de Altamira, dirigió acciones de sabotaje con guarimbas y organizó protestas violentas con los estudiantes, perfectamente organizados durante varios meses, a través de diferentes “movimientos” e identificados por la inteligencia nacional.

Schlagobers Hoeneß: Absahner abgestürzt

Fußballgott Uli Hoeneß

Nora Drenalin 27.4.2013

Ein Absahner ist schon schlimm genug, aber ein Absahner, der sich auch noch zum Moralapostel aufschwingt? Aber Uli Hoeneß, ein Fußballgott und Wurstfabrikant? Dem deutschen Stammtisch somit fast ein höheres Wesen, stand er jenseits aller Kritik. Aus und vorbei. Denn sogar die Mehrheit der Deutschen ist auf einmal kritisch gegenüber Hoeneß eingestellt.

In einer für das rechtspopulistische Klatschblatt „Focus“ durchgeführten Umfrage des Meinungsfälschungsinstituts Emnid zeigten über 80 Prozent der Befragten kein Verständnis dafür, dass jemand, der viele Millionen an leicht verdientem Einkommen einsackt, sich zu fein dafür ist, davon wenigstens seine Kapitaleinkünfte zu versteuern. Kriminelles Schwarzgeld ins Ausland schaffen, damit andere die Straßen bezahlen müssen, über die sein Luxusauto zur Prachtvilla rollt? Das ist nicht fein, wie sogar (Überraschung!) der deutsche Michel langsam kapiert, wenn auch nur gaaanz langsaaaam. Wenn ein Boss der Deutschen Bank jetzt im Radio behauptet, Steueroasen seien ja nicht illegal und man hätte ja immer sofort beim Karibik-Geldanleger nachgefragt, ob er alles versteuert hätte, wenn, ja wenn man Hinweise hatte, dass Steuerflucht vorliegen könnte. Wie doof sind die Bankster, wenn sie glauben, wir wären so doof, ihnen zu glauben, sie wären so doof, nicht drauf zu kommen, dass „Geldanlegen in der Karibik“ genau dieser Hinweis ist? Und warum war Steuerhinterziehung zum „Kavaliersdelikt“ geworden?

Hoeneß, der Neoliberale

Neoliberaler Uli Hoeneß

Man erinnert sich noch lebhaft, wie er im ARD Neoliberal-Prop-Talk bei Christiansen & Co. die platten Parolen a lá  „Wenn wir die Spitzensteuern nicht senken, verschwinden die Reichen doch im Ausland!“ ins Mikrophon pöbeln durfte. Heia, da klatschte der Stammtisch -auch wenn er gar nichts zu versteuern hatte. Aber die Phrasen kamen ja aus Fußballgottes wurstigen Munde, da musste es ja stimmen… Nie ein Sterbenswort dazu, dass wir es so machen könnten wie die USA: Die Reichen zahlen, auch wenn sie im Ausland leben -und wenn sie ihr Geld wegschaffen oder die Staatsbürgerschaft ablegen wollen, bitte -aber ein satter Teil ihres Vermögens bleibt dann der Staatskasse. Ja, richtig gehört, Bayernfan, so machen es die USA, also Amerika, nicht die SU, vulgo, der Iwan, oder: das Kommunistenschwein, wie es im bajuwarischen Schulatlas heißt. So dürfen es alle freien Staaten machen (außer dem CSU-macht-„Freistaat Bayern“, denn das ist nur ein Bundesland, doch, doch!). Auch Deutschland durfte und darf Reiche besteuern, kann nur nicht, weil Deppen wie Du das nicht glauben wollen oder kapieren können, warum das gut wäre. (Weil Typen wie Hoeneß es euch eingeredet haben.)

Fußball, McDonalds und die Wurst

Wurstmillionär Uli Hoeneß

Aber jetzt hat sich der Wind gedreht, endlich. Jetzt ist Steuerhinterzieher Hoeneß für über 60 Prozent der Deutschen auch kein Vorbild mehr. Auch der Wurst und Schweinerei-Sektor blieb davon nicht unberührt: Mit Hoeneß war McDonald’s mal wieder wochenlang in aller Munde, Magen, Darm oder als Kotze doch wieder in der Gosse. Denn Hoeneß ist nicht nur der Präsident des FC Bayern München, sondern zugleich auch Gründer der Nürnberger Wurstfabrik HoWE und beliebter Kooperationspartner der Fast-Food-Kette. Aber nun läuft die vorerst letzte gemeinsame Aktion der Wurstkumpel aus. Sind Hoeneß dreiste Steuerhinterziehungen schuld am Aus für „McCurrywurst“? Wer seine Steuerhinterziehung zu spät meldet, den bestraft McDonalds? Aber ist doch sowieso so eine Ungerechtigkeit: Warum kriegen ausgerechnet fette, reiche Schwarzgeldschieber eine Amnestie bei Selbstanzeige? Warum nicht die verarmte Hartz IV-Mutti, die nur durch etwas Tricksen ein paar Euro extra vom knausernden Amt ergattern konnte, um ein bescheidenes Geburtstagsgeschenk für ihr ausgemergeltes Hartz-IV-Kind zu kaufen? Sie trifft die volle Härte des Gesetzes als „Sozialbetrügerin“ ohne Chance auf Vergebung bei Selbstanzeige -unfair, unsozial, neoliberal. Und der Wurstmillionär stopft sich Mund und Taschen voll.

CSU tief erschüttert

FC Bayern München Präsident Uli Hoeneß

Völlig bajuwarisch-rammdösig zeigte sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. „Es darf nichts unter den Tisch gekehrt werden, aber wir dürfen auch niemanden vorschnell als Menschen fertigmachen“, sagte der CSU-Boss dem neoliberalen Hetzblatt „Spiegel“. Damit zappelte Seehofer auch ein wenig gegen Volks-Kanzlerin Angela Merkel, die sich in einer ersten, stramm an der Demoskopie orientierten Reaktion persönlich enttäuscht von Hoeneß gezeigt hatte. Wer dem Volk in den Hintern kriechen will, muss ihm erst aufs Maul schauen, Hinternkriecherei in diesem Fall aber nicht devot gemeint, sondern hinterlistig: um ihm vom Darm aus das Herz rauszureißen und es an die Köter der Finanzindustrie zu verfüttern.

Volkswagen AG mit Kolbenfresser

Steuerhinterzieher Uli Hoeneß

An Hoeneß hängt an Bayern München hängt an Audi. Da ist doch jetzt Audi-Boss Rupert Stadler vor Schreck über Emnid-Umfragewerte auf Distanz zu Bayern Münchens Präsidenten Uli Hoeneß gegangen: „Audi ist der Überzeugung, dass nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg nur sichergestellt werden kann, wenn Regeln und Normen konsequent befolgt werden. Wir stehen für ein achtbares, ehrliches und regelkonformes Verhalten im Geschäftsalltag.“ So Bigboss Stadler nach einer Anfrage des rechtspopulistischen Hetzblattes „Bild am Sonntag“ über einen Sprecher. Audi, also Volkswagen, ist bekanntlich mit fast 10 Prozent an der FC Bayern München AG beteiligt. Konkret wollte sich Stadler, der zugleich Stellvertreter von Hoeneß im Aufsichtsrat der FC Bayern AG ist, zur Steueraffäre des Weltmeisters von 1974 nicht weiter auslassen, aber für Montag soll eine Aufsichtsratssitzung der Bayern AG geplant sein. Das Runde muss ins Eckige, sofern unterm Richtblock ein Vierkanttrog steht: Lasst statt Bällen Köpfe rollen! (Natürlich nur metaphorisch gesprochen)