Unwort des Jahres 2015: „Gutmenschen“-Bashing wieder in Mode

Abb. zu einem der neoliberalen Propaganda-Artikel der Neid-Kampagne

Theodor Marloth

Biologisten verbreiten ihren Blödsinn, alle plappern es nach: “eine bemerkenswerte und methodisch saubere Untersuchung”. Wissen die überhaupt, was das bedeuten könnte? Angebliches Ergebnis: Sozialismus basiert auf Neid. Wirklich was Neues?  Logisches Problem dieser Studie: Der „Gutmensch“, der gegen Kinderschänder kämpft -ist der auch bloß neidisch? Fazit: Ein Wissenschafts-Fake und ein neoliberales Propaganda-Netzwerk zur lawinenartigen Weiterverbreitung von Lügen.

Biologisten verbreiten ihren Blödsinn, alle plappern es nach: „eine bemerkenswerte und methodisch saubere Untersuchung“. Wissen die überhaupt, was das bedeuten könnte? Fragt da einer nach genauen Belegen von Objektivität, Reliabilität, Validität? Hat einer nachrecherchiert, wer hinter der Studie steckt? Nein. (Ein gewisser Prof. McCullough von der nicht einmal in den USA renommierten Universität von Miami) Aber alle wollen das Ergebnis verstanden haben: Sozialismus basiert auf Neid. Wirklich Neues? Das schreien die Rechtsradikalen doch spätestens seit Nietzsche. Logisches Problem dieser Studie: Der „Gutmensch“, der gegen Kinderschänder kämpft -ist der auch bloß neidisch?

Ideologische Schlammschlacht

Das dümmlich-ideologische Gefasel von „Gutmenschen“ allein wäre schon mal eine Studie wert -zur Psychologie der neoliberalen „Gutmenschen“-Basher.  Sie sind schon mal sehr schlicht bei ihrem Bashing. Denn dabei bauen die Neoliberalen sich ihren Pappkameraden „Gutmenschen“ als völlig altruistisch mindestens bis zur Selbstaufgabe -wehe, wenn sie ihn einmal ohne Sack und Asche erwischen: Aber es gibt keinen Grund, warum Ethik nicht auch mit Eigeninteresse verbunden sein dürfte -nur eben mit ethisch vertretenem Eigeninteresse. Der Begriff hat es zur Top-Propaganda-Floskel des Neoliberalismus gebracht, weil er so billig ein ethisches Verhalten diffamiert. Er wirft nämlich den Heuchler, der nur so tut als ob er Gutes tun würde, mit dem in einen Topf, der sich wirklich ethisch verhält, der wirklich Gutes vollbringt. Da die Neoliberalen einem tumben Sozialdarwinismus folgen, ist ihnen letzteres verhasst wie die Pest. Jeder, der andere nicht schindet, die Natur und seine Umgebung nicht ausbeutet, so wie sie, die Neoliberalen es tun, der muss ein Heuchler sein, ein „Gutmensch“ eben. Und nun wollen sie eine „wissenschaftliche“ Bestätigung dafür gefunden haben.

Pseudowissenschaft aus den Biosciences

Die allseits umjubelte Neid-Untersuchung soll in den Proceedings of the Royal Society B: Biological Science erscheinen, also einer biowissenschaftlichen Zeitschrift. Allzu genaue Details kennt noch keiner, aber die Vorabinformationen werden weidlich ideologisch ausgeschlachtet. Wenn Sozialpsychologen mit ihren Labormethoden losziehen, um ihre Ideen, Fantasien oder Ideologien über menschliches Verhalten „wissenschaftlich“ zu beweisen, kommen sie immer wieder auf absonderliche Einfälle. Oft liegen die „Experimental-Designs“ irgendwo zwischen heimtückischer Täuschung, tendenziöser Manipulation oder gar purem Sadismus (googlen Sie „Zimbardo“ oder sehen sie sich den Film „Das Experiment“ dazu an).

Reaktionäre Menschenbilderhaben sich schon immer ihren Segen aus pseudowissenschaftlichen Studien geholt: Frauen sind gefühlige Dummchen, Schwarzafrikaner triebhafte Wilde, die Schädelform der Westeuropäer beweist ihren edlen Charakter -das alles galt einst als naturwissenschaftlich bewiesen.

Heute treffen reaktionäre Menschenbilder in einem von Medien und Geldgebern aufgeblasenen, eigentlich sehr dürren Zweig der Forschung weiterhin auf banalste Vorstellungen der Gesellschaft, oft nahe an plattem Sozialdarwinismus, zuweilen ohne die geringsten Kenntnisse aus Sozial- und Geisteswissenschaften. Der Mensch als Neuro-Maschine, als von Neid und Gier getriebenes Tier, als Homo Ökonomikus vulgo: wandelnde Registrierkasse. So kann man forschen und heute bekommt man gerade dafür sehr leicht viel Geld, denn es dient denen die Geld haben. Wissenschaftliche Autorität wird gerne an Stelle von ethischer Integrität akzeptiert, auch im Netz:

Die Website Recentr weiß in ihrem Artikel „Wissenschaftliche Studie: Sozialistisches ‚Gutmenschentum‘ basiert auf Neid„, publiziert unter einem Bild des Grünen Trittin, der wirklich sehr neidisch, fast diabolisch zu grinsen scheint (Photoshop?):

„Eine bemerkenswerte und methodisch saubere Untersuchung von Eric J. Pedersen, Robert Kurzban und Michael E. McCullough, die in der Mai-Ausgabe der Proceedings of the Royal Society B: Biological Science erscheinen wird, räumt massiv mit dem Mythos der altruistischen Bestrafer, ja mit dem Mythos des sozialen Menschen als solchem auf.“

Eine andere Website, die sich „Kritische Wissenschaft“ nennt, ventiliert in ihrem völlig unkritischen, aber hoch ideologischen Artikel „Untersuchung zeigt die wahre Motivation der Gutmenschen„:

„Eine bemerkenswerte und methodisch saubere Untersuchung von Eric J. Pedersen, Robert Kurzban und Michael E. McCullough, die in der Mai-Ausgabe der Proceedings of the Royal Society B: Biological Science erscheinen wird, räumt massiv mit dem Mythos der altruistischen Bestrafer, ja mit dem Mythos des sozialen Menschen als solchem auf. In drei verschiedenen Experimenten mit 315 Studenten, 538 Bürgern und abermals 394 Studenten, können die Autoren nicht nur zeigen, dass es kaum altruistische Bestrafung gibt, sondern sie können auch zeigen, dass die wenigen Personen, die Dritte bestrafen, ohne dass sie etwas davon haben, von einem ganz eigenen Motiv getrieben sind: Neid. Wenn die Probanden in den Experimenten der drei Autoren mit einer Situation konfrontiert waren, in der sie eine ungerechte Behandlung von O durch D beobachteten und ihnen anschließend die Möglichkeit gegeben wurde, die ungerechte Behandlung von O durch eine altruistische Bestrafung von D zu “revidieren”, dann zeigte sich, dass nur ein sehr kleiner Teil der Probanden ein Interesse daran hatte, zu bestrafen: “…humans do not impose meaningful amounts of third-party punishment on behalf of absolute strangers. The nominal and statistically non-significant amount of punishment we did observe was apparently motivated by envy because of a comparatively unfavourable personal outcome rather than by moralistic anger” (6-7).“

Damit sei bewiesen, so völlig unkritisch die „Kritische Wissenschaft“-Site, was hinter dem „Gutmenschentum“ stecke: „…blanker Neid, Neid, weil die nämlichen Gutmenschen im Hinblick auf Ressourcen, die sie sehr hoch einschätzen, schlechter abgeschnitten haben, als ihr Opfer, das Sie zum Feinde der Gemeinschaft stilisiert haben, um ihren Neid auszuleben.“

Neoliberale, Neid und Kinderschänder

Erstmal ist dieses Design sehr ungenau beschrieben. Dahinter könnte eine tendenziöse Versuchsanordnung stecken oder ein Science-Fake. Doch selbst wenn nicht, ist schon die Fragestellung offenkundig ideologisch motiviert. Man will es „den Gutmenschen“ mal so richtig zeigen, dass sie auch nur neidisch sind. Die Schlussfolgerung, die aus dem dubiosen Forschungsdesign gezogen werden, wirken viel zu weit verallgemeinert (es ging ja nur um Laborspiele) und zugleich ideologisch eingeschränkt: Warum sollen nur jene „Gutmenschen“ von Neid getrieben sein, die Reiche als „Feinde der Gesellschaft“ enteignen wollen? Warum nicht auch jene „Gutmenschen“, die etwa Mörder oder Kinderschänder als „Feinde der Gesellschaft“ stoppen und bestrafen wollen? Sind die alle nur neidisch, selber niemanden ermordet oder keine Kinder missbraucht zu haben?

Oder anders gesagt: Mit der platten Argumentation der Biologisten kann man jede Gesellschaftskritik auf Neid zurück führen. Echte Ungerechtigkeit existiert demnach nicht (obwohl andere Biologisten erschüttert feststellen musste, dass sogar Affen wütend über ungerechte Verteilung werden können -also es einen „biologischen Trieb zur Gerechtigkeit“ geben müsste, nach deren absurder Weltsicht). Für eine gerechte Welt dürfte dann nur noch der Reiche kämpfen, ohne mit dem Neidvorwurf konfrontiert zu werden. Auch der gerade eben von einem bewaffneten Räuber Ausgeplünderte dürfte sein Geld nicht mit ethischer Begründung zurück fordern -er ist ja bloß neidisch, dass der andere jetzt sein Geld hat.

Fazit: Diese Art von „Wissenschaft“ ist Geldverschwendung und Vergeudung wissenschaftlicher Kompetenz (falls vorhanden). Keiner der Professoren, die hier ihre billigen Brötchen beim neoliberalen Mainstream abholen, wird je einen Nobelpreis abstauben, wie die Herren Friedman & Co. von der Wirtschaftswissenschaft. Die Biologisten und Homo-Ökonomikus-Psychologen produzieren akademisches Fastfood für die Stammtisch-Fraktion der neoliberalen Propaganda-Trommler. Deren Aussagekraft bei ihren Kolportagen liegt auf dem Niveau eines Kleinkindes, das den anderen keine Bonbons abgeben will: „Du bist ja bloß neidisch!“

Island-Piraten: Der Geist von Beppe Grillo über den Gletschern

Gerd R. Rueger 30.04.2013 flagisland

Wie Beppe Grillos 5-Sterne-Piraten in Italien wollen sich auch die Piraten in Reykjavik der Zusammenarbeit mit den Altparteien verweigern. Piraten-Kapitänin Birgitta Jónsdóttir sagte, ihre Partei wolle nicht in die Regierung. Auch auf der Wikingerinsel scheint die Kluft zu groß zu den alten Mächten, die keine grundlegende Änderung des derzeitigen Systems zwischen Plutokratie, Finanzdiktatur und Medienherrschaft wollen.

Nach dem Rechtsrutsch bei den Wahlen vom Wochenende, der für die Piraten nach einer Zitterpartie doch noch ein glückliches Ende nahm: Die Regierungsbildung läuft jetzt an, unter Vermittlung durch Islands beliebten Präsidenten Ólafur Ragnar Grímsson, der mehrfach Milliarden-Zahlungen der Regierung an Finanzfirmen stoppte, die im Verein mit heimischen Bankstern das isländische Volk ausplündern wollten. In Italien kam bekanntlich mit Mario Monti (Goldman Sachs) sogar ein Vertreter der Banken an die Macht, was Beppe Grillos Verweigerung noch unumgänglicher machte. Italien werde im Herbst Neuwahlen erleben, prognostizierte Grillo, weil das Weitertreiben des maroden Systems aus Spekulationsblasen auf Kosten der Staatskassen und Sozialabbau zu Lasten der Armen, Alten und Kranken der westlichen Gesellschaften dann endgültig am Ende sei.

Piraten wollen keine Komplizen der Plutokratie sein

Diesen Weg wollen Islands Piraten nicht mitlaufen, im Gegensatz zur rotgrünen Regierung, die sich zwar weit besser schlug als andere linke oder pseudolinke Parteien Europas, aber letztlich keine wirklich grundlegenden Änderungen zuließ. Gestern gab es in Reykjavik den ganzen Tag Treffen mit jedem einzelnen Vorsitzenden der sechs Parteien, die ins Parlament einziehen konnten.  Die letzte Vorsitzende, die der Präsident eingeladen hatte, war Birgitta Jónsdóttir, die Kapitänin der  Piratenpartei .

Birgitta Jónsdóttir, member of parliament for the Pirate Party„Wir wollen nicht in der Regierung sein „, sagte Birgitta Jónsdóttir am Abend, kurz nach ihrem Treffen mit Präsidenten Grímsson. Dies ist nicht das erste Mal, dass die isländische Piratenpartei sich zu diesem Thema äußert. Birgitta deutete es vor den Wahlen mehrfach an, dass es keine Priorität für die Piratenpartei sei, in der isländischen Regierung Ämter zu übernehmen. Birgitta sagte: „Wir glauben, wir können viel mehr Einfluss im Parlament haben, wenn wir weiter daran arbeiten, wie die Bewegung es während der letzten Zeit getan hat.“
Birgitta und ihre Kollegen wollen sich für eine bessere Zusammenarbeit in der Politik einsetzen und auch versuchen mehr Macht für das Parlament zu erstreiten. „Und ich hoffe, dass die Verhandlungen mit der Regierung jetzt zu einer anderen Form der Machtausübung führen, als wir sie bislang gewohnt waren“.
Auf die Frage, wen man am besten mit der Regierungsbildung beauftragen könnte, soll Birgitta empfohlen haben, zunächst die agrarisch-reaktionäre Fortschrittspartei ihr Glück versuchen zu lassen. Diese Partei vertritt traditionell die Fischer und Bauern Islands, was einen allzu schnellen Rückfall in den neoliberalen Irrsinn der Unterwerfung unter das Diktat der globalen Finanzmafia erschweren könnte.  Es ist noch nicht klar, wem und wann der Präsident das Mandat erteilen wird, aber eine Entscheidung wird bald fallen, vermutlich schon morgen.
Ausbeuter-Modell „Finanzoase“ krachte zusammen
Vor vier Jahren krachte das neoliberal-rechtspopulistische Modell von Island Icelandic Pirate Partyals Finanzoase spektakulär zusammen.  Unter dem Schock eines drohenden Staatsbankrotts lernten die stockkonservativen Isländer plötzlich zu demonstrieren und jagten die alte korrupte Regierung zum Teufel. Wikileaks hatte die kriminellen Machenschaften ihrer Bankster aufgedeckt und Julian Assange durfte im Isländischen Fernsehen seine Ideen von einer transparenten Demokratie im digitalen Zeitalter erklären. Ins Parlament zog die piratenhafte Protestpartei “Die Bewegung” mit Birgitta Jónsdóttir -damals Mitstreiterin von Julian Assange, jetzt bei den Piraten Islands. Doch nicht genug, Island sollte mit der IMMI (Islandic Modern Media Initiative) zur Datenoase werden, eine neue Verfassung wurde per Crowdsourcing erarbeitet, aber kam zuletzt doch nicht ganz durch. Die Wikinger stellten am Ende sogar ihren Ex-Premierminister vor Gericht: Geir Harde, der mit den Bankstern gekungelt hatte. Jetzt bekam seine neoliberale Rechtspartei mit ein paar jüngeren Gesichtern doch wieder Oberwasser bei den Isländern -vor allem auch, weil diese nicht mit der rotgrünen Linksregierung in die von Lakaien der Finanzmafia dominierte EU wollten. Aller Wahrscheinlichkeit nach kommen die Wikinger mit ihrem Rechtsruck jetzt jedoch vom Regen in die Traufe.

Finanzmafia verliert gegen Wikileaks

Gerd R. Rueger 30.04.2013 flagisland

Reykjavik. Wikileaks errang vor dem Supreme Court einen bedeutenden juristischen Sieg. Das Gericht verurteilte den Finanzboykott gegen Wikleaks  als illegal. Im Einklang mit der US-Regierung hatten Finanzfirmen sich 2010 geweigert Spenden weiterzuleiten, um WikiLeaks in die Enge zu treiben. Julian Assange war damals von den USA zum Staatsfeind Nr.1 erklärt  und mit Sex-Beschuldigungen extremer Stigmatisierung ausgesetzt worden. Jetzt könnte es um Schadensersatz in Millionenhöhe gehen.

JAWikiLeaks konnte letzte Woche, im medialen Windschatten des Wahl-Endspurts,  auch vor dem höchsten isländischen Gericht einen weiteren bedeutenden juristischen Sieg erringen. Das Gericht verurteilte den Finanzboykott von 2010, als  sich mutmaßlich in vorauseilendem Gehorsam gegenüber der US-Regierung etliche Finanzdienstleister weigerten, Spenden an WikiLeaks weiterzuleiten, als illegal. Julian Assange war zu dieser Zeit von den USA zum Staatsfeind Nr.1 erklärt worden und zudem mit sexuell begründeter Strafverfolgung aus Schweden extremer Stigmatisierung ausgesetzt -zu der dann auch noch Geldnot kam.

Die Kreditkartenfirmen Visa und MasterCard hatten sich während der Cablegate-Veröffentlichungen Ende 2010 plötzlich geweigert, weiterhin Spenden weiterzuleiten. Zeitweise war die deutsche Wau-Holland-Stiftung die letzte Geldquelle der von Hunderten US-Agenten gehetzten Whistleblower. Später dafür polizeilich verfolgte Hacker von Anonymous hatten damals in der „Operation Payback“ zu Netzattacken gegen Finanzfirmen gegriffen, um auf die rechtswidrige Drangsalierung hinzuweisen. WikiLeaks betonte, der illegale Boykott habe zu einem Rückgang der Spenden um 95 Prozent geführt. Dies ist zwar eine Angabe, die aus Sicht der Finanzfirmen angeblich nicht zu verifizieren ist, die sich jedoch sehr leicht aus vorherigen Monaten hochrechnen lässt -im Geschäftsleben ein übliches Verfahren, um das Ausmaß einer Geschäftsschädigung zu beziffern. Wenn für ein paar Stunden via DDOS aus dem Netz genommene Onlinefirmen so ihre angeblichen Verluste beschreien, wird das von Medien auch gerne so hingestellt -obwohl die z.B. Buchkäufer höchstwahrscheinlich später ihre Bestellung nachholen dürften. Im Fall Wikileaks verweisen viele Journalisten merkwürdigerweise abJAssangeBobbyer ausdrücklich darauf, wie schwer solcher Schaden doch zu verifizieren sei. Und das, obwohl bei monate- und jahrelanger Blockade ein tatsächlicher Schaden kaum abzuleugnen ist.

„We thank the Icelandic People“

Julian Assange wandte sich nicht nur an die Richter, sondern an die ganze 400px-Iceland_relief_mapBevölkerung Islands und bezeichnete das Urteil als einen Sieg für die Meinungsfreiheit:

Wir danken dem isländischen Volk dafür, dass es uns gezeigt hat, dass es sich nicht von mächtigen, von Washington unterstützten Finanzdienstleistern wie Visa einschüchtern lässt… Und wir schicken eine Warnung an die anderen Firmen, die in diese Blockade verwickelt sind: ihr seid die Nächsten„. (gulli)

Mit seinem Richterspruch bestätigte der „Supreme Court“ in Reykjavik  das Urteil eines Bezirksgerichts, dem zufolge MasterCards lokaler Partner Valitor seinen Vertrag mit WikiLeaks‘ Finanzdienstleister DataCell rechtswidrig kündigte. Valitor hat jetzt binnen einer Frist von 15 Tagen das WikiLeaks-Spendenkonto wieder zu eröffnen. Für jeden weiteren Tag droht der Firma eine Konventionalstrafe von 800.000 Isländischen Kronen (gut 5200 Euro).

WikiLeaks ist jetzt guter Hoffnung, dass das isländische Urteil einen Präzedenzfall für weiter laufende Klagen in anderen Ländern schaffen wird. Besonders im ebenfalls der skandinavischen Rechtskultur verpflichteten Dänemark ist durchaus eine ähnliche Rechtsprechung zu erwarten. Die Strategie, das von WikiLeaks als Finanzblockade eingeschätzte Verhalten der Finanzfirmen lokal zu bekämpfen, hat sich bisher als zwar mühsam und langwierig, aber dennoch als soweit erfolgreich bestätigt. Jetzt bleibt nur noch abzuwarten, ob von den Finanzbütteln der US-Regierung auch ein angemessener Schadensersatz für die angerichteten Einbußen einzuklagen ist. Auch dagegen werden sie sich vermutlich mit allen juristischen Tricks zur Wehr setzen, die man mit viel Geld von teuren Anwälten bekommen kann.

Der tatsächliche Schaden wird jedoch kaum wieder gut zu machen sein: WL_LogoWikileaks wurde von den Bankstern in der Stunde höchster Not im Stich gelassen, was sicher zur Zerstörung der damaligen Hacker-Tafelrunde beigetragen hat. Und das, nach allem was die Netzaktivisten für die Finanzbranche getan hatten: Mit aufklärenden Leaks wollte Wikileaks den Grundstein für eine künftig ehrliche Betriebsführung mit sauberen Methoden legen. Doch dieses noble Projekt war wohl nichts, was Bankster sich gewünscht hatten. Sollten eines Tages wieder ein paar ehrenhafte Bankkaufleute in diesem heute dubiosen Metier in Spitzenpositionen gelangen, werden sie Julian Assange vielleicht sogar die Bilderberger-Rockefeller-Rothschild-Medaille für Verdienste im Kampf gegen dunkle Finanzkriminelle  und dreiste Schwarzgeldschieber verleihen müssen.