Assange-Auslieferung: Will Schweden Australien einlullen?

Gerd R. Rueger 03.05.2013

Canberra. Die drohene Auslieferung des Wikileaksgründers Julian Assange an die USA beschäftigt Australien. Top-Strafjurist Julian Burnside warnte in LawyersWeekly vor zuviel Optimismus. Der schwedische Verfassungsrichter Lindskog hatte Hoffnungen für Assange geweckt. Aber für Julian Assange kann keine Entwarnung gegeben werden: Es besteht immer noch immense Gefahr einer Auslieferung an den Folterstaat USA, wo derzeit ein Schauprozess gegen den Wikileaks-Whistleblower Bradley Manning abgehalten wird.
Die drohene Auslieferung des weltweit bekanntesten Australiers, des WL_LogoWikileaksgründers Julian Assange, an die USA beschäftigt weiter die Öffentlichkeit des kleinsten Kontinents „Downunder“. Der hochkarätige Strafverteidiger Julian Burnside, hat jetzt in der australischen Juristen-Zeitschrift LawyersWeekly vor zuviel Optimismus im Fall Assange gewarnt. Es geht um Hoffnung, die eine vielbeachtete Rede von Stefan Lindskog an der Universität von Adelait (Australien) Anfang April geweckt haben könnte (JasRev berichtete). Lindskog, dem Richter am Obersten Gerichtshof Schwedens,  wurde weltweit umfassende Medienaufmerksamkeit zuteil, als er beschwichtigend über die Auslieferung von Schweden an die USA sprach. Aber für Julian Assange, so Burnside, bestehe immer noch sehr große Gefahr, an die USA ausgeliefert zu werden.
Australischer Top-Jurist: Schweden wollen uns einlullen
Bezogen auf den Fall Assange kritisierte Lindskog das Durchsickern von Prozessakten und die Anklageführung der schwedischen Staatsanwaltschaft  als „ein Chaos“. Lindskog traf bei einer Podiumsdiskussion über freie Meinungsäußerung in Australien auf den Juristen Burnside.  Burnside warnte, dass Lindskogs Beschwichtigungen, was die angeblich unwahrscheinliche Auslieferung des Wikileaksgründers an die US-Justiz,  „die australische Öffentlichkeit in einem falschen Gefühl der Sicherheit wiegen könnte“.
Die Umstände deuten auf ein „echtes Problem“, sagte Burnside, einschließlich der Tatsache, dass Assange die US-Regierung bloßstellte und prominente Amerikanern sogar öffentlich zu einem Mordanschlag auf ihn aufriefen. Gefordert wurde auch ihn wegen Spionage anzuklagen und Schweden habe ein Zeugenauslieferungs-Abkommen mit den USA.
Strafverteidiger Burnside betonte im Schlagabtausch mit Richter Lindskog (Abb. rechts) auch, dass die Mainstream-Presse, die 2010 militärische US-Geheimdokumente von WikiLeaks veröffentlichte, dem Material enorme Bedeutung beimaß.
„Die Freiheit der Presse ist, so scheint es, abhängig davon, ob die betreffenden  Nachrichten die Gunst der amerikanischen Regierung haben“, fügte der australische Top-Jurist süffisant hinzu.
Im Jahr 2011 schrieb Burnside einen Brief an die australische Generalstaatsanwalt, fragte unter anderem, ob sich Australien danach erkundigt hätte, ob die US-Behörden gegen Assange ermitteln bzw. versuchen, ihn aus Schweden in die USA ausliefern zu lassen. Die Antwort des Generalstaatsanwalt blieb unklar, sagte Burnside, und das führte ihn zu der Annahme, dass Australien entweder von solchen US-Plänen wusste oder Vermutungen über derartige Pläne hatte, aber es vorzog, ein Auge zuzudrücken.
„Keine dieser Schlußfolgerungen ist mit den Verpflichtungen Australiens gegenüber einem seiner Bürger vereinbar… es scheint mir, dass die Regierung Gillard Assange im Stich gelassen hat“, fügte Burnside (Abb.r.) hinzu.
Ein weiterer Jurist und ehemaliger Leiter der australischen Juristen-Allianz,  Greg Barns, gab diesen Monat bekannt, dass er die Kampagne der WikiLeaks-Partei für die Senatswahl anführen wird. Barns zeigte sich laut LawyersWeekly zuversichtlich, dass wenn Assange einen Senatssitz gewinnt, es „die australische Regierung zwingen könnte“, das umstrittene sichere Geleit für ihn aus der Botschaft Ecuadors in London nach Australien zu ermöglichen.
Fazit
Die Mahnungen des Top-Strafjuristen Burns entsprechen in etwa der WL_LogoBewertung, die ich hier vor einem Monat zu den Einlassungen des Richters Lindskog abgab. Ob hier Optimist Barns oder Pessimist Burnside Recht behalten wird, bleibt jedoch zunächst noch unklar -bei Barns könnte aber auch eine Portion Zweckoptimismus aus Wahlkampftaktik dabei sein: Es ist wohl leichter Helfer und Wähler zu mobilisieren, wenn die Aussicht besteht, Julian Assange tatsächlich in absehbarer Zeit wieder in Sicherheit auf australischem Boden zu sehen. Vielleicht lässt sich durch die Wahlkampagne ja auch schon mal die Regierung zu mehr Einsatz motivieren. Die USA haben ihr Vertrauen als Rechtsstaat im Fall Bradley Manning verspielt -und auch die US-orientierte Menschenrechts-NGO Amnesty International hat sich nicht besonders engagiert gezeigt. Siehe auch: WLP (Wikileaks-Party) und Whistleblower-Schutzgesetz

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