Amazon: Streik für Fairness und Menschenwürde

Theodor Marloth 14.05.2013

Bad Hersfeld (Hessen). Im deutschen Amazon-Zentrum sowie in Leipzig begann heute morgen der erste Streik gegen den US-Giganten. Amazon zahlt nach dem miesen Tariflohn der Logistik-Branche, statt nach dem von Einzel- und Versandhandel. Damit soll nun Schluss sein. Amazon kam jüngst wegen Bespitzelung und Drangsalierung der Mitarbeiter in Verruf. Amazon-Verdi fordert Tarifvertrag, bessere Löhne und Arbeitsbedingungen.

Collage StreikIm hessischen Bad Hersfeld, dem deutschen Amazon-Zentrum, und in Leipzig begann nach Angaben eines Gewerkschaftssprechers heute morgen der Streik gegen den US-Giganten. Ist Amazon der Lohndrücker der Branche? Der geldscheffelnde US-Konzern bezahlt seine Leute nur nach dem miesen Tariflohn der Logistik-Branche, statt nach dem etwas besseren Tarif von Einzel- und Versandhandel. Dagegen wehren sich jetzt erstmals die „Mit“-Arbeiter, es wird zu Verspätungen vieler Pakete kommen. Amazon-Verdi stellte den Streik unter das Motto „Work hard, have fun, make Tarifvertrag“.

Betriebsrat: Wo sitzt die Asche? Beim Boss in der Tasche!

Gewerkschaften, Tarifverträge, Betriebsräte -bei vielen jungen Leuten stehen diese Begriffe, sofern sie überhaupt noch bekannt sind, nicht sehr hoch im Kurs. Zu Unrecht, denn sie können jedem helfen, sich gegen die wirtschaftlich stärkere Unternehmerseite zu behaupten. Beim Kampf für faire Löhne und menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Gerade die US-Firma Amazon steht nicht nur wegen ihrer miesen Löhne, sondern auch wegen ihrer üblen Arbeitsbedingungen in der Kritik. Eine ARD-Dokumentation hatte den schlechten Umgang speziell mit Amazons Leiharbeitern dokumentiert. Die Doku zeigte, wie Mitarbeiter von Sicherheitspersonal bespitzelt und drangsaliert werden. Amazon hatte daraufhin die Zusammenarbeit mit dem angeblich allein verantwortlichen Sicherheitsdienst zwar aufgekündigt, doch das Verständnis für seine Arbeitskräfte ist weiterhin gering ausgeprägt.

Beim Internet-Versandhändler Amazon wird damit erstmals in Deutschland gestreikt. Die Belegschaft sei zu einer ganztägigen Protestaktion mit Beginn der Frühschicht ab 6.00 Uhr bis zum Ende der Spätschicht aufgerufen, teilte die Gewerkschaft ver.di mit. Hauptziele des Streiks sind die Forderung nach weniger Befristungs-Terror und Leistungsdruck sowie einem Tarifvertrag nach den etwas besseren Konditionen des Einzel- und Versandhandels, was Amazon jedoch ablehnt. Die Mega-Firma orientiert sich lieber an der miserablen Bezahlung in der Logistikbranche. In Bad Hersfeld sind ca. 3.300 und in Leipzig ca 2.000 Mitarbeiter tätig.

Bei einer Urabstimmung in Bad Hersfeld hatten fast 98 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder bei Amazon für den Streik votiert. Anfang April hatten in Leipzig 97 Prozent der Amazon-Gewerkschafter für einen Streik gestimmt.  Warnstreiks hatte es an beiden Amazon-Versandlagern in Bad Hersfeld am 9. April gegeben -die Amazon-Manager  können also kaum behaupten, es hätte sie keiner gewarnt. Ver.di-Streikleiter Reimann zeigte sich zuversichtlich, die Betriebsabläufe empfindlich beeinträchtigen zu können. Verbraucher, die bisher von der Ausbeutung bei Amazon profitierten, müssen sich darauf einstellen, dass Bestellungen womöglich langsamer als gewohnt ankommen.

Gewerkschafter von Ver.di fordern von Amazon vor allem, den Tarifvertrag für den Einzel- und Versandhandel anzuerkennen. Den einzelnen Beschäftigten werde durch die falsche Tarif-Einordnung bis zu 9.000 Euro brutto im Jahr vorenthalten, wovon Netto zwar deutlich weniger bliebe, aber die Zahlungen über Sozial- und Rentensysteme den Arbeitskräften dennoch zugute kommen würde. So bleibt das Geld nur bei Managern und Aktionären hängen -auch wenn erstere natürlich behaupten werden, alles über Preissenkungen brav an die Kunden weiterzugeben. Die Erfahrung zeigt, dass solche Dumpingpreise nur bis zum Erzielen einer Monopolstellung gehalten werden -dann wird doppelt und dreifach beim Kunden abkassiert.

Hintergrund laut Amazon-Verdi:

Amazon: Lohndrücker der Branche

Amazon ist klassischer Versandhandel, wie Neckermann und Otto auch und muss deshalb natürlich auch nach Versandhandelstarif bezahlen.  Amazon ist der Lohndrücker der Branche, denn während Otto und Neckermann faire Löhne nach Tarif bezahlen, hält man bei Amazon scheinbar wenig von gerechter Bezahlung. Während nach Tarif für den Großteil der Lager-Arbeiten im Versandhandel zwischen 11,47€ und 11,94€ Einstiegsgehalt gezahlt wird schickt Amazon seine Mitarbeiter mit einem Gehalt von 9,65€ bis 11,12€ nach Hause. Die Unterschiede im Detail finden Sie in unserem Tarifvergleich Amazon.

Bei Amazon leider die Regel: befristet beschäftigt

Neben der seit 2006 fehlenden Lohnerhöhung sind die befristeten Arbeitsplätze ein großes Problem. 2.100 der knapp 3.700 Kollegen bei Amazon in Bad Hersfeld haben befristete Verträge. Der Durchlauf ist enorm und so sucht Amazon in einem immer größer werdenden Radius nach Arbeitskräften die noch nicht für das Unternehmen gearbeitet haben. Für die Betroffen hießt das: sie leben ohne sicher Perspektive, sich langfristig auf das Arbeiten in Bad Hersfeld einzustellen. Angst vor zu hoher Krankheitsquote, Angst vor Fehlern generell.
Doch besonders Kollegen, deren Verträge bereits ein- oder mehrmals verlängert wurden, haben vielleicht Anspruch auf einen unbefristeten Vertrag. Denn stellt der Arbeitgeber befristet ein muss er bestimmte Regeln beachten und die werden all zu oft gebrochen. Und in dem Fall gibt es die Möglichkeit, den Anspruch auf einen unbefristeten Vertrag geltend zu machen und zu klagen. Alle ver.di Mitglieder können bei uns prüfen lassen, ob sie Anspruch auf einen unbefristeten Vertrag haben. Wir laden aber auch regelmäßig zu Infoveranstaltungen zu diesem Thema ein. Ankündigungen finden sie immer aktuell auf unserer Homepage.

Veränderungen selbst anpacken

Amazon hat in den letzten Jahren bewiesen, dass von alleine nichts für die Beschäftigten unternommen wird. Seit 2006 warten die Kollegen in Bad Hersfeld auf eine Lohnerhöhung. Viele Kolleginnen und Kollegen sind deshalb nicht mehr bereit länger zu warten und fangen an sich zu organisieren. Wenn von alleine nichts kommt, muss eben nachgeholfen werden. Und genau das ist Aufgabe aller Kollegen bei Amazon. Denn mehr Geld und gute Arbeitsbedingungen gibt es eben nur mit Verhandlungen und da muss man zeigen, dass man sich auch durchsetzen kann.
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Google: BGH-Urteil im Scientology-Betrug-Fall

Nora Drenalin 14.Mai 2013

Karlsruhe.  Der BGH verurteilte Google dazu, die Autocomplete-Wortkombination „Scientology/Betrug“ vom Namen eines Klägers zu entfernen. Die Ausrede, dies sei eben Ergebnis der automatischen Suchmaschinen-Vervollständigung und somit Schuld aller Google-Nutzer, ließen die Richter nicht gelten.

Generell werden Suchmaschinen künftig alle Vorschläge meiden müssen, die Persönlichkeitsrechte verletzen (Beleidigung, üble Nachrede). Der Kläger war ein Unternehmer aus Speyer, der seine Rechte durch die beleidigenden Google-Vorschläge verletzt sah.

BGH entschied: Google-Autocomplete verletzte Persönlichkeitsrechte

 Google muss laut Urteil künftig  bestimmte Wortkombinationen unterdrücken, wenn dadurch die Persönlichkeitsrechte Betroffener verletzt werden -aber erst auf Aufforderung durch die Betroffenen. Eine generelle Zensur bzw. Filterung der Suchfunktion nach „bösen“ Worten wird dafür wohl nicht nötig werden (Az: VI ZR 269/12).

Eine ähnliche Klage der Ex-Präsidenten-Ex-Gattin Bettina Wulff ist vor dem Landgericht Hamburg anhängig. Bei Eingabe des Namens „Bettina Wulff“ machte  Google Ergänzungsvorschläge wie „Rotlicht“ oder „Escort“ (Escortservice wird mit Prostitution in Zusammenhang gebracht). Wegen des vergleichbaren Sachverhalts  hatte das Landgericht Hamburg die Klage  ausgesetzt, um vorerst die Klage vor dem BGH abzuwarten.

Bei der Eingabe von Suchbegriffen werden von Google automatische Ergänzungen vorgeschlagen („Autocomplete“). Dabei wählt die Google-Software nach eigenen Angaben Stichwortverbindungen aus, die bislang von anderen Google-Usern häufig eingegeben wurden. Ihre genauen Algoritmen behält der US-Internetgigant jedoch als Betriebsgeheimnis für sich.

Kosmetik-Fitness-Vertrieb und Scientology?

Im jetzt vom BGH entschiedenen Fall hatte die PM-International AG geklagt, ein Unternehmen, das sich auf den Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetik für „Gesundheit, Schönheit und Wohlbefinden“ spezialisiert hat. Unternehmer Rolf Sorg hatte 2010 entsetzt bemerkt, dass bei Eingabe seines Namens in die Suchmaske von Google die Stichworte „Betrug/Scientology“ als Ergänzung vorgeschlagen wurden. Sorg klagte durch alle Instanzen auf Unterlassung wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte gegen den Multinationalen Internetkonzern. Bislang hatte die deutsche Justiz sich nicht sehr kritisch gegen Google gezeigt: Landgericht und Oberlandesgericht (OLG) Köln hatten die Klage zunächst abgewiesen. Der BGH hob diese Urteile nun aber auf und gab dem Unternehmer Recht. Google muss seine arrogante Haltung jetzt überdenken und künftig mehr Rücksicht walten lassen.

Rolf Sorg war durch kritische Anmerkungen zur Scientology-Organisation in das Google-Raster geraten, bei denen er sich von Scientologen abgrenzen wollte. Er vermutete gegenüber der Website SunZu Art of Business, dass sein Vertrieb von böswilligen Konkurrenten mit Scientology in Verbindung gebracht wurde, um seine Geschäfte zu schädigen:

Frage: 
Sie sprechen das Thema Toleranz an. Schließt diese auch Toleranz gegenüber Mitgliedern der Scientology-Organisation ein?
Antwort (Rolf Sorg): 
Nein, denn hierbei handelt es sich keinesfalls um eine religiöse Einstellung, sondern aus meiner Sicht ist die Scientology-Organisation eine Sekte. Und Sekten haben im Direktvertrieb nichts verloren, schon gar nicht wenn sie versuchen dieses wertvolle Geschäftsmodell für ihre Zwecke zu missbrauchen, das ist dann ganz klar ein unethischer Betrug. Aus meiner Sicht also ein ganz klares „nein“. Bedauerlich finde ich auch, dass bereits versucht wurde erfolgreichen Unternehmen zu unterstellen, sie würden Scientology unterstützen, nachdem Mitbewerber auf „normalem Wege“ nicht gegen diese Unternehmen bestehen konnten.

WLP: Whistleblower-Quellenschutz ausweiten!

Gerd R. Rueger 14.05.2013 Flag_of_Australia.svg

Wikileaks hat die Medien ebenso vorgeführt wie Konzerne und Regierungen. Mit den Offshore-Leaks haben klassische Journalisten dazugelernt. Jetzt kommt Wikileaks mit einer Offensive zum Whistleblower-Schutz, um Regierungen und Medien erneut Beine zu machen.

Die von Julian Assange gegründete australische WikiLeaks Party (WLP) verkündete, dass sie im Fall ihrer Wahl den Quellenschutz sofort durch ein nationales Schutzgesetz ausweiten will. Assange selbst und vor allem sein Informant Bradley Manning sind dramatische Beispiele für den derzeit unzureichenden Schutz von Whistleblowern. Umfragewerte und Zulauf für die WLP sind in Australien überraschend groß -die etablierten Parteien werden zunehmend nervös.

Wikileaks revolutionierte die globale Medienlandschaft

Wikileaks hat nicht nur verbrecherische Handlungen von Regierungen und JAssangeBobbyKonzernen, sondern auch die Mainstream-Medien vorgeführt, die kaum noch ihren Aufgaben gerecht wurden. Die klassischen Journalisten haben mit den Offshore-Leaks auf den Druck von Wikileaks reagiert und  wesentliche Strategien und Methoden von Julian Assange übernommen (obwohl sie sich vermutlich eher die Zunge abbeißen würden, als dies zuzugeben).

Doch es gibt neben dem massiven Publizieren von Whistleblower-Information und der Freigabe von Zugang zu großen Datenbanken noch weitere Felder im Journalismus, auf denen Wikileaks den träge gewordenen Mainstream-Medien Beine machen will. Am wichtigsten ist vielleicht der Schutz der Quellen. Der wird immer schwieriger durch Ausweitung von Hausdurchsuchungen in Redaktionen, die polizeiliche Sicherstellung von Computern und Festplatten sowie durch Abhören und Ausspähen, auch mit der stetigen Zunahme der technischen und finanziellen Mittel von Staatsorganen.

WLP: Politischer Kampf für mehr Quellenschutz

Die von Julian Assange neu gegründete australische WikiLeaks Party (WLP) WL_Logoverkündete, dass sie im Fall ihrer Wahl für den Quellenschutz von Reportern sofort ein nationales Schutzgesetz einführen würde, so RTnews, denn die aktuelle Gesetzeslage sei absolut unzureichend. Die WikiLeaks-Partei hatte ihre Registrierung bei der australischen Wahlkommission im April abgeschlossen und trat mit über 1.000 zahlenden Mitgliedern an, mehr als das Doppelte der erforderlichen Anzahl. Nun gilt es, Akzente zu setzen und das Profil zu schärfen -welches Gebiet könnte besser geeignet sein als die Freiheit der Presse, wie Wikileaks sie versteht? WLP-Sprecher Cassie Findlay und Sam Castro sagten zum Thema Informantenschutz:

„Only a uniform shield law covering the whole Commonwealth is acceptable… Government agencies, at federal, state and local level, are increasingly gaining powers to obtain information about individual citizens.”

Nur ein einheitliches Schutzgesetz für das gesamte Commonwealth sei also akzeptabel, denn Behörden auf Bundes-, Landes- und lokaler Ebene, maßten sich immer mehr Befugnisse an, sich über einzelne Bürger zu informieren. Das vorgeschlagene Quellenschutz-Gesetz ist für die WLP eine wichtige politische Ansage. Es ist Teil der Kampagne von Julian Assange, der im Bundesstaat Victoria persönlich zum Kampf um den Sitz eines australischen Senators antritt. Am 14.September 2013 werden die Wahlen  stattfinden, in denen die WLP mit Senatoren-Kandidaten in  Victoria, Western Australia und New South Wales ins Rennen geht.
Vicroria: 270 Angriffe auf den Quellenschutz durch Behörden
Findlay und Castro erklärten, dass Journalisten einen ungehinderten Zugang zu ihren Quellen haben müssen, um Korruption, Verschwendung und Inkompetenz zu enthüllen. Auch einheitliche Whistleblower-Gesetze seien dafür nötig, bessere als die Regierung in Canberra sie jetzt (vermutlich voller Panik vor den guten Umfragewerten der WLP, um Wikileaks den Wind aus den Segeln zu nehmen) vorgeschlagen hat. Die WLP-Sprecher dazu: „Die vorgeschlagenen Gesetze sind nicht nur unbefriedigend, sie sind ein ungeschickter Versuch der großen Parteien, sich vor peinlichen Enthüllungen zu schützen.“
Ein im März 2011 vom australischen Senat eingeführtes Bundesgesetz zum Australian Coat of Arms.pngQuellenschutz kodifizierte die Umstände, unter denen Journalisten ihre Quellen preisgeben müssen. Das so zugeschnittene Gesetz schützt jedoch keine Whistleblower, die im öffentlichen Dienst arbeiten. Gerichtsbeschlüsse gegen den Schutz von Informanten wurden fortgesetzt, auch nachdem das Gesetz erlassen wurde -vor allem in Victoria, wo Julian Assange sich zur Wahl stellt. Dort wurde allein im vergangenen Jahr 270 Anträgen auf Aufhebung des Informantenschutzes stattgegeben: Die eifrigen australischen Behörden gaben damit der WLP eine Steilvorlage für den Wahlkampf.
Um einen Platz im Senat zu erreichen, müssen die Kandidaten rund 14,3 WL_LogoProzent der Stimmen gewinnen und ihren Sitz dann bald nach dem 1.Juli 2014 auch einnehmen. Durch einen Wahlsieg und einen potentiellen Senatssitz wirde die Position der Britischen Regierung im juristischen und diplomatischen Gerangel um eine Auslieferung des Wikileaksgründers an Schweden empfindlich geschwächt. Die Wikileaks-Party könnte ihre Sitze im australischen Senat auch nutzen, um Einfluss für Julian Assange und auch für den Whistleblower Nr.1, Bradley Manning zu nehmen.