Fukushima-Kernschmelze und Jen-Kirschblüte

Prometheus 19.05.2013

Ein internationales Inspektoren-Team soll das Abpumpen von 400 Tonnen radioaktiven Wassers ins Meer gebilligt haben. Und Tokyos Notenbank pumpt Jen in den globalen Geldozean. Es geht wieder aufwärts. Derweil dreht die Großbankenszene munter ihren nächsten ganz großen Coup, mit Gold- und Silberspekulation gegen die Zentralbanken nicht nur in Europa offensichtlich.

Der havarierte Reaktor im Fukushima Daiichi Nuclear Power Plant kann  verseuchtes Grundwasser in den Pazifik pumpen, meldet Mainichi.jp. Der Inspektor der internationalen Atomaufsicht IAEA Juan Carlos Lentijo sieht dies als beste Lösung an: „It will be very nice if they really get to bypass the main building through these systems (…) through this direct pumping of the water to the sea or whatever it is. Because it is clean water.“

Carlos Lentijo leitet ein 13-köpfiges Spezielistenteam der IAEA (International Atomic Energy Agency), welches die Atomanlagen im April inspizierte. Die Betreibergesellschaft Tepco (Tokyo Electric Power Co.) hat ein System konstruiert, mit dem das Grundwasser unter Umgehung der stark verstrahlten Reaktorbrühe ins Meer abgeleitet werden kann. Bislang wurde die belastete Abwassermenge um 400 Tonnentäglich durch den zustrom erhöht. Nun werden jedoch die ortsansässigen Fischer unter der Einleitung leiden.

Die Fukushima-Katastrophe schickte die japanische Wirtschaft ins Aus, die japanische Notenbank pumpt nun ebenfalls: Jen ins Geldsystem. Die Wirtschaft beginnt zu erblühen, Exporte werden angekurbelt. Binnen eines Jahres fiel der Yen im Vergleich zum Euro um fast 25 Prozent, der Nikkei stieg entsprechend auf über 15.000 Punkte, ein Plus von 44 Prozent allein in diesem Jahr. Experten gaben bereits erste Blasenwarnungen ab, aber Haruhiko Kuroda, der japanische Notenbankchef,  sagte dazu,  die Bank von Japan wolle „nicht die Wechselkurse direkt beeinflussen, die werden von den Märkten gebildet“, was europäische Banker bei Rottmeyer.de nur zum Lachen reizte.

Doch was ist die Alternative? Austeritäts-Irrsinn, Kaputtsparen nach Rezept Merkel? Wem, außer ein paar Krisengewinnlern im deutschen Bankwesen, nützt es schon, wenn Millionen Spanier, Portugiesen, Griechen perspektivlos auf der Straße liegen? Sofern sie nicht nach Deutschland flüchten, um ihre Hochqualifikation dort billig besagten Krisengewinnlern und ihren Komplizen aus der Industrie andienen. Dieweil die Finanzmafia schon ihren nächsten Coup laufen hat, diesmal offensichtlich mit Gold, Silber und dem Ausplündern der Zentralbanken nicht nur in Europa. Wir brauchen endlich eine internationale Finanzpolizei nebst Steuerfahndung.

Doch vielleicht ist die Sache diesmal ganz legal. Haben die smarten Boys von JPMorgan, Goldman & Co. in ultrageheimen Labors ein Goldbakterium am Start? 2009 war es das erste Mal, dass die Beteiligung von Bakterien bei der biochemischen Produktion von Edelmetallen nachgewiesen wurde. Dr. Reith wollte die Bakterien schon bald als Goldsucher einsetzen: “Wir können nun goldspezifische Biosensoren entwickeln, die uns beim Aufspüren von Goldvorkommen helfen.”

Sind in Atomlabors in Japan die Delftibactin-Mikroben schon bereit für die Gewinnung von Megatonnen Gold? Direkt aus dem für Fischfang bald leider zu verseuchten Ozeanen? Dann kann Meister Haruhiko Kuroda bald trotz unermüdlich feuernder Jen-Haubitze bald die absolute Golddeckung seiner Währung verkünden und die Wachregimenter von Fort Knox sind frei für den Einmarsch in Mali: Uranerz einsacken.

Schüsse in Tunis: Salafisten gegen Polizisten

Gerd R. Rueger 19.05.2013 tunisia-flag-svg

Tunis. Der Kongress der Bewegung Ansar Asharia wurde verboten, Salafisten versammelten sich dennoch: Sicherheitskräfte feuern Warnschüsse ab. Wie zu erwarten war, haben sich Anhänger der Salafisten-Bewegung Ansar Al-Sharia und Sicherheitskräfte heute gewalttätige Auseinandersetzungen geliefert. Es flogen Brandsätze und es gab Verletzte sowie  einen Toten.

Zusammenstöße meldeten Reporter der Nachrichtenagentur AFP sowohl aus der Hauptstadt Tunis als auch aus Kairouan, 150 Kilometer südlich. In Kairouan wollten die Salafisten ursprünglich ihren Kongress abhalten. Nachdem das Verbot des Kongresses unter den Salafisten bekannt geworden war, rief Ansar Al-Sharia zu einem Treffen im Stadtteil Ettadhamen im Westen von Tunis auf. Hunderte Salafisten errichteten dort Straßensperren und warfen Steine. Die Sicherheitskräfte setzten dagegen Tränengas ein und mussten sogar Warnschüsse abfeuern. Die Polizei konnte der Lage nicht alleine Herr werden und rief Einheiten der Armee und der Nationalgarde zu Hilfe, meldet der Wiener Standard.

Die größte salafistische Gruppe des Landes, Ansar Al-Sharia, rebelliert gegen den ihrer Ansicht nach zu laschen Islamismus der Ennahda. Der Kongress, den Ansar al-Scharia in der zentraltunesischen Stadt Kairouan geplant hatte, wurde vom Innenministerium wegen fehlender Genehmigung verboten. Ennahda-Chef Raschid al-Ghannouchi äußerte öffentlich seine Unterstützung für das Verbot. Nachdem es jetzt deswegen Unruhen gibt, stärkt dies die Extremisten weiter -und natürlich den tunesischen Sicherheitsapparat.

Den Salafisten scheint es dabei weniger um Religion als um politische Macht zu gehen, wofür sie von Ultra-Konservativen aus Saudi-Arabien und Qatar bezahlt und gesteuert werden, glaubt man in Tunis. Doch die Salafisten finden Anhänger: Die TV-Berieselung durch Al Dschasira und die Verlockungen des Geldes aus Qatar zeigen Wirkung bei perspektivlosen jungen Arbeitslosen. In Tunesien spielen sich inzwischen Szenen ab wie in Mali, als in Timbuktu religiöse Schreine von Extremisten zerschlagen wurden.

Durch die zunehmende öffentliche Präsenz von Salafisten und anderen radikalen Islamisten konnte sich die regierende Ennahda immer mehr als gemäßigte Partei der Mitte profilieren. Doch dieser Prozess wurde durch die Ermordung des Oppositionspolitikers Belaid empfindlich gestört. Jetzt gewinnt die Regierungskoalition ihr gemäßigt-islamisches Profil im Kampf gegen die Salafisten teilweise zurück -ein Profil, welches ihr jedoch z.B. durch unmenschlich harte Urteile gegen angebliche Beleidiger des Islam, wie etwa den zu fünf Jahren Haft verurteilten Blogger Jabeur Mejri nicht leicht abzukaufen ist.

Zum Hintergrund aktuell:

Sfax: Kleptokrat Ben Ali erhält lebenslänglich

Evergreen Sex-Skandal: Assange und die Schwedinnen

Gerd R. Rueger 19.05.2013 JAssangeBobby

Stockholm. Eine der beiden Schwedinnen,  die WikiLeaks-Gründer Julian Assange beschuldigen, von ihm sexuell belästigt worden zu sein, wandte sich jetzt in ihrem Blog an die Öffentlichkeit. Sie behauptet, sie sei aufgrund ihrer Beschuldigungen gegen Assange mutmaßlich von Wikileaks-Anhängern unter Druck gesetzt und bedroht worden. Möglich. Wäre unfair -aber hat die Dame vergessen, wie es dem von ihr Beschuldigten derweil erging?

Die hysterische Atmosphäre des August 2012 wird in der Geschichte der westlichen Medien vermutlich als Tiefpunkt einer inhumanen Anti-Assange-Kampagne zu verzeichnen sein. In kaum einem deutschen Medienbeitrag über den Wikileaks-Gründer fehlte der Begriff „Vergewaltigung“ –jetzt kommt auch Google mit dieser Verleumdung und natürlich Focus mit der frechen Lüge, Julian Assange werde „in Schweden die Vergewaltigung zweier Frauen vorgeworfen“ (daneben geklebt das Bild des Beschuldigten in „Macho-Pose“ mit hochgerecktem Daumen -so leicht kann Hetzpropaganda sein). Einige wie gulli.com begnügen sich wenigstens mit dem Hinweis auf „sexuelle Belästigung“, jedoch ohne die Verhältnismäßigkeit der gegen den Beschuldigten aufgefahrenen Staatsgewalten noch groß in Zweifel zu ziehen. Es ist bequem, sich mit dem weiblichen Opfer zu identifizieren und seine Version unhinterfragt und ohne den Kontext zu erwähnen einfach wiederzugeben. Unnötig zu erwähnen, dass mit so einem Blogtextchen der Verdacht einer handfesten CIA-Intrige gegen Julian Assange keineswegs auszuräumen ist.

Einvernehmlicher Sex war nicht befriedigend: „Vergewaltigung“?

Und dies obwohl lange bekannt ist, dass die dünnen Anklagepunkte der schwedischen Justiz sich maximal zwischen sexueller Belästigung und dem in Schweden sehr ausgedehnten Begriff des „sexuellen Missbrauchs“ bewegen. Keine der beiden Schwedinnen, auf deren Anzeigen hin Assange von Interpol zur Fahndung ausgeschrieben wurde, hat je geleugnet, mit Assange in der Tatnacht einvernehmlichen Sex gehabt zu haben.

Assange hat sich in den letzten Jahren in unzähligen Verleumdungsklagen gegen britische Medien verschlissen, die dennoch stur auf ihrer Lüge von der „Vergewaltigung“, derer Assange angeblich verdächtigt würde, beharrten. Jeder Journalist kann heute wissen, dass es nicht um Vergewaltigung geht, sondern um ein geplatztes Kondom bzw. die Behauptung, es sei im Verlauf einer einvernehmlich durchvögelten Liebesnacht auch zu Sex ohne Kondom gekommen –angeblich entgegen dem Willen der Schwedin. Sie forderte von Assange einen Aidstest, was er verweigerte. Sie fand heraus, dass er noch mit einer anderen Schwedin einvernehmlichen Sex gehabt hatte und beide Frauen zeigten Assange an. Warum schreien die westlichen Journalisten dennoch fast unisono „Vergewaltigung!“ aus allen Medienkanälen? Die einzige Vergewaltigung, die hier vorzuliegen scheint, ist die Vergewaltigung der Menschenrechte des Julian Assange durch eine wildgewordene Journaille -und die missbraucht jetzt wie es scheint die Blog-Erfahrungsberichte einer der beiden Schwedinnen, um ihre Kampagne stur fortzusetzen:

„Eine der beiden schwedischen Frauen, die den WikiLeaks-Gründer Julian Assange wegen Sexualdelikten belangen, hat sich offenbar erstmals öffentlich zu dem Fall geäußert. In einem Internetblog bezeichnete sie sich als „Opfer eines Angriffs“ vor drei Jahren, wie die schwedische Presse berichtet. Freunde des Angreifers und andere Menschen mit Hintergedanken hätten schon bald beschlossen, sie als Lügnerin und den Täter als unschuldig anzusehen. Sie habe Drohungen erhalten und sei deswegen einige Monate lang in den Untergrund gegangen, schrieb die Frau weiter. Doch nach einer Weile hätten sich auch Menschen für sie eingesetzt. Der Eintrag in dem Blog stammt von Mitte April, wurde in den schwedischen Medien aber erst jetzt publik gemacht. Der Name Assange taucht nicht darin auf, ergibt sich aber aus dem Zusammenhang. Die beiden Frauen werfen dem Australier Vergewaltigung und sexuelle Übergriffe vor. Assange weist die Vorwürfe zurück und bezeichnet sie als Teil einer Kampagne gegen WikiLeaks, der von ihm mitgegründeten Enthüllungsplattform im Internet. Er habe mit den beiden Frauen 2010 in Schweden einvernehmlichen Sex gehabt – „ohne Gewalt und ohne jegliche Drohung“, hatte er erklärt.Google unter Berufung auf AFP

Wenn alles tatsächlich so abgelaufen sein sollte, wie die beiden Schwedinnen behaupten, und sie sich tatsächlich als Opfer erst des von ihnen angehimmelten, zu sich nach Hause abgeschleppten und später als sexuellen Belästiger angezeigten Hackers sehen, wäre das Mobbig im Netz gegen sie unfair, unethisch und sogar eine Straftat. Aber vielleicht sollten sie dagegen einmal die Behandlung von Julian Assange halten und die Hetzkampagnen, die er nicht durch ein paar Spinner im Netz, sondern durch Zehntausende hetzerischer Journalisten und Journalistinnen zu erdulden hatte. Ihre Beschuldigungen haben Briten und Schweden den nötigen Vorwand geliefert, um die westlichen Strafverfolgungsbehörden bis hinauf zu Interpol in eines der zweifelhaftesten Verfahren stürzen zu lassen, das in ihrer Geschichte zu verzeichnen ist.

Die Verfolgung von Assange, die den Briten bislang ca. zehn Millionen Euro wert gewesen sein soll, ist so fadenscheinig begründet wie es selten eine Fahndung war. Völlig widersinnig blockiert die britische Staatsmacht das Asyl des verfolgten Menschenrechtsaktivisten Assange. Denn es wäre leicht möglich, dass Assange sich in die ecuadorianische Botschaft in Stockholm begibt, um sich dort endlich den Fragen der schwedischen Staatsanwaltschaft über die beiden Kondome zu stellen (von denen eines, wie wir inzwischen wissen, nicht einmal seine DNA enthält. Wer Schwedisch kann, wusste mehr, auch über die Zeugenbefragungen und Polizeiprotokolle). So könnte er unter ecuadorianischem Schutz bleiben und dennoch den Anforderungen der schwedischen Justiz gehorchen. Die Ablehnung dieses Vorschlags ist weder rechtlich noch logisch zu erklären -geht es wirklich um ein Strafverfahren in einer sexuellen Strafsache? Immer weniger Beobachter glauben daran -die Hexenjagd auf Assange wird immer absurder.

„Women against Rape“ für Assange

Katrin Axelsson and Lisa Longstaff von “Women against Rape” fragten nicht nach der Glaubwürdigkeit der mutmaßlichen Assange-Opfer, sondern nach der Glaubwürdigkeit der britischen Regierung bei ihrer verbissenen Verfolgung von Julian Assange:

“Whether or not Assange is guilty of sexual violence, we do not believe that is why he is being pursued. Once again women’s fury and frustration at the prevalence of rape and other violence, is being used by politicians to advance their own purposes. (…) In over 30 years working with thousands of rape victims who are seeking asylum from rape and other forms of torture, we have met nothing but obstruction from British governments. Time after time, they have accused women of lying and deported them with no concern for their safety.” (Guardian 23.08.2012)

Axelsson und Longstaff beziehen sich hier vermutlich auf nach Großbritannien verschleppte „Zwangsprostituierte“, die in britischen Bordellen Opfer von Massenvergewaltigungen wurden. In solchen Fällen scheint die britische Justiz oft zur Abschiebung der Opfer zu neigen, statt die britischen Vergewaltiger zu verfolgen. Im Fall des Whistleblowers Julian Assange legt London offensichtlich andere Maßstäbe an die Glaubwürdigkeit der Frauen an.

London: Asyl für Massenvergewaltiger Pinochet

Die Besessenheit der Briten, Assange ausliefern zu wollen, ist vor allem dem Assange-Verteidiger Baltasar Garzon unverständlich, der einst den Massenvergewaltiger und -mörder Pinochet von den Briten nach Spanien ausgeliefert haben wollte, um ihm den Prozess zu machen. 1998 wurde der chilenischen Diktator Augusto Pinochet in London verhaftet, es lief ein Auslieferungsersuchen aus Spanien. Pinochets  Verantwortung für den Mord an 3.000 Menschen, die Folter von mehr als 30.000 Menschen, einschließlich brutaler Vergewaltigungen, begangen an mindestens 3.000 Frauen, war zu diesem Zeitpunkt schon bewiesen. Aber der Massenmörder bekam in London Asyl und die Briten verweigerten nach einem langwierigen Rechtsstreit die Auslieferung an Madrid –Ankläger in Madrid war damals Balthasar Garzon.

Damals standen tägliche Mahnwachen von chilenischen Flüchtlingen vor dem Britischen Parlament, darunter Frauen, die unter Pinochet gefoltert und vergewaltigt worden waren.  London ließ den Massenmörder, -folterer und –vergewaltiger Pinochet nach Chile zurückkehren, ohne dass er für seine unzähligen Verbechen belangt werden konnte. Im Fall Assange geht es um sehr fragwürdige Anklagen in unvergleichlich banaleren Anschuldigungen, aber London will Assange unbedingt ausliefern. Warum? Auch Katrin Axelsson and Lisa Longstaff von “Women against Rape” wiesen auf diesen Widerspruch hin.

Gnadenlose Hetzkampagne gegen Assange

Assange hat sich in den letzten Jahren in unzähligen Verleumdungsklagen WL_Logogegen britische Medien verschlissen, die dennoch stur auf ihrer Lüge von der „Vergewaltigung“, derer Assange angeblich verdächtigt würde, beharrten. Jeder Journalist kann heute wissen, dass es nicht um Vergewaltigung geht, sondern um ein geplatztes Kondom bzw. die Behauptung, es sei im Verlauf einer einvernehmlich durchvögelten Liebesnacht auch zu Sex ohne Kondom gekommen – angeblich entgegen dem Willen der Schwedin. Sie forderte von Assange einen Aidstest, was er verweigerte. Sie fand heraus, dass er noch mit einer anderen Schwedin einvernehmlichen Sex gehabt hatte und beide Frauen zeigten Assange an. Warum schreien die westlichen Journalisten dennoch fast unisono „Vergewaltigung!“ aus allen Medienkanälen?

Die einzige Vergewaltigung, die hier vorzuliegen scheint, ist die Vergewaltigung der Menschenrechte des Julian Assange durch eine wildgewordene Journaille. Eine Journaille, die ihre Aufgabe nicht in der Verteidigung eines Whistleblowers sehen will, dem ein unfairer politischer Prozess gemacht wird. Eine Journaille, die sich auch jetzt wieder auf die Blog-Einträge einer der beiden Schwedinnen stürzt, um ihre Verleumdungs-Kampagne ein weiteres mal aufzuwärmen und Stimmung gegen einen Kritiker der westlichen Regimeherren zu machen. Eine Journaille, der man genau deswegen ihre Krokodilstränen um gegängelte Kritiker anderer Regime nur noch schwer abkaufen kann.

Feministin glaubt nicht an „zwei wehrlose Frauen“

Zitieren wir zum Schluss noch einmal eine nüchterne, weibliche Stimme zum Thema des angeblichen Vergewaltigungsverdachtes. 2011 schrieb Antje Bultmann, Expertin für Whistleblower, in ihrem Beitrag „WikiLeaks und die Grenzwachen bürgerlicher Freiheitsrechte: wie die USA ihre demokratischen Ideale verraten“, in der kriminologischen Fachzeitschrift Big Business Crime:

„Zwei wehrlose Frauen? Beide Frauen sind Intellektuelle, keine ‚Hascherl‘ vom Land, Frauen, die sich später rächen wollten, weil Assange sich nicht mehr für sie interessierte. Jedenfalls ließ Anna Ardin sich im Internet darüber aus, wie man sich bei Männern rächen kann. Sie gingen zusammen zur Polizei. Die Beweislage war aber so dünn, dass die Klage fallengelassen wurde. Allerdings fanden sich ein paar Wochen später Argumente, die Verfolgung wieder aufzunehmen. Wie das? Über den Sinneswandel der Staatsanwaltschaft kann nur spekuliert werden. Auf was sich der Vorwurf der Vergewaltigung oder der sexuellen Belästigung bezieht, wurde dem Rechtsanwalt von Assange lange nicht gesagt. Amerika hat hier vermutlich mitgemischt. Es gibt ja wohl keinen zweiten Fall, der wie der von Assange wegen unterschiedlicher Ansichten um ein Kondom von Interpol zur Fahndung ausgeschrieben wurde. Der Gejagte stellte sich in London am 7. Dez. 2010 selbst der Polizei und wurde festgenommen.“ (Antje Bultmann)

Salafisten, Ennahda und die Zukunft Tunesiens

Dr. Larbi Sadiki analysiert die 1981 gegründete Ennahda tunisia-flag-svg(n.autor. Übersetzg. e. Artikels v. Al Jazeera).
Gegründet wurde die Partei im universitären Umfeld als Mouvement de la Tendence Islamique (MTI, „Partei der Islamischen Ausrichtung“). Seit 1989 nennt sie sich Hizb an-Nahda („Nahda-Partei“). Durch die zunehmende öffentliche Präsenz von Salafisten und anderen radikalen Islamisten kann sich Ennahda als gemäßigte Partei der Mitte profilieren. Doch dieser Prozess wurde durch die Ermordung des Oppositionspolitikers Belaid empfindlich gestört.
Hintergrund:
Die Ennahda (arabisch ‏حركة النهضة‎, DMG Ḥarakat an-Nahḍa), die Nahda-Logo der EnnahdaBewegung, ist eine islamische Partei in Tunesien. Die Partei unter Führung von Rachid al-Ghannouchi bezieht sich mit ihrem Namen auf die arabische Nahda („Wiedererwachen“, „Renaissance“) des 19. Jahrhunderts, die sich um eine Verbindung der Werte des Islams mit der Moderne bemühte. Bei der jüngsten Wahl zur Verfassunggebenden Versammlung am 23. Oktober 2011 erhielt sie als stärkste Partei 89 der 217 Sitze.
Bei den ersten freien Wahlen in der Geschichte des Landes wurden am 23.10.2011 die Mitglieder der Abgeordnetenkammer für eine Legislaturperiode von einem Jahr gewählt. Aufgabe der Verfassunggebenden Versammlung sollte sein, eine neue Regierung zu ernennen, eine neue Verfassung auszuarbeiten und die nächsten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu organisieren.
Sitzverteilung:

  • Ennahda, 89 Sitze
  • Kongress für die Republik, 29 Sitze
  • Volkspetition, 26 Sitze
  • Ettakatol, 20 Sitze
  • Demokratische Fortschrittspartei, 16 Sitze
  • Demokratischer Modernistischer Block, 5 Sitze
  • Die Initiative, 5 Sitze
  • Afek Tounes, 4 Sitze
  • Kommunistische Arbeiterpartei Tunesiens, 3 Sitze
  • Kleinparteien und Unabhängige, 20 Sitze

Dr. Larbi Sadiki (University Exeter, UK) analysierte unter dem etwas despektierlich klingenden Titel „Tunisia: Still a democratic bellwether“ („Tunesien ist immer noch der Leithammel der Demokratie“) für Al Dschasira die gemäßigt-islamistische („islamische“) Ennahda (Nahda) Partei, die mit ihren beiden kleineren Koalitionsparteien CPR und Ettakatol  Tunesiens Regierung stellt.

Tunesien ist immer noch der Leithammel der Demokratie
Nahda’s (Ennahdas) Strategie zeigt -erstmals- politisches Geschick und revidiert grundlegend ihre Richtung. Tunesiens Demokratisierung ist wieder auf dem Weg, auch wenn dies nicht das Ende der Polarisation der islamistischen-laizistischen Spannung bedeutet. Es ist Nahdas Kompromissbereitschaft und die Rückkehr zur konstruktiven Verhandlungs-Politik, die für die Wiederaufnahme des Landes demokratischen Prozess Gutes verheißt, mehr als die neue Linie der Regierung, die auf die nächsten Wahl ausgerichtet ist. Einige Arbeit ist zwar schon vollbracht, aber es bleibt noch viel zu tun.
Insbesondere zwei miteinander verbundene Agenden erfordern Beachtung:  Erstens die Entwicklung einee „Neo-Nahda“, die sich selbst als politischer Pol in Tunesiens Politik stabilisiert und zweitens eine Wiederbelebung des demokratischen Übergangs. Letzteres durch Arbeit an der Verfassung, am Aufbau von Institutionen (Wahl-Committee), Wahlen und dringend mehr Aufmerksamkeit für die Wirtschaftslage zur Bekämpfung der steigenden Arbeitslosigkeit und schweren Leistungsbilanzdefizit.
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Eine „Neo-Nahda“ für das neue Tunesien

Die Lücke, die Premierminister Hamadi Jebali mit seinem Rücktritt hinterließ, hat Tunesiens politische Elite in ein Gerangel um Lösungen gestürzt. Es droht eine tödliche Sackgasse, die den Geburtsort des arabischen Frühlings erschüttert.
In erster Linie die Krise ein Weckruf für die islamistische Nahda Partei, jedenfalls wird die Partei nie wieder dieselbe sein wie vorher. Bei der Suche nach einer Lösung für die ausweglose Situation wurden die Samen einer neuen Nahda gesät.
Im Gespräch mit Freunden innerhalb der Partei zeigte sich sowohl die Tendenz zur Einheit,  jedoch ohne pluralistischen Verhaltensregeln zu untergraben, zwar diffuse Kohärenz, aber vielfältig und diszipliniert, um zentralisierte Macht zu bleiben. Der 130-köpfigen Beirat der Partei bemühte sich unzählige Male zu erläutern, wie zwar vorwärts gehen, aber dennoch die Partei auf Linie halten könne. Und das richtige Vorwärtsgehen bedeutet derzeit Folgendes:
  • 1. Bewahrung von Nahdas Einheit.
  • 2. Die Vorbereitung der Partei auf die nächsten Wahlen.
  • 3. Stabilisierung der Regierungs-Troika aus Nahda, dem sozialliberalen Congres pour la Republique (CPR) und der sozialdemokratischen Ettakatol-Partei, bei der verantwortungsollen Bewältigung der gegenwärtigen politischen Krise und der Aufgaben einer „Übergangsregierung“.
  • 4. Die Nahda zu einem permanenten Faktor in Tunesiens Übergang zur Demokratie machen. Eine gesunde und starke Nahda erhöht in einer noch schwächelnden politischen Landschaft die Wahrscheinlichkeit für einen glückenden Übergang zur Demokratie.
  • 5. Hart arbeiten, um politische Unruhen und Spannungen durch Kompromisse zu beruhigen.
Allerdings hat Nahda dieses neue Denken nicht ohne massive Lernprozesse, in erster Linie aus Fehlern, erreicht, um von ihren Konkurrenten, einschließlich Nida Tunis durchgeführt werden. Insbesondere legt Nahda weniger Aufmerksamkeit auf kurzfristige Gewinne und hat ihren Blick auf den demokratischen Prozess als Ganzes gerichtet. Die neue Linie der Regierung zeigt die Bevorzugung von Verhandlungen und Suche nach Kompromissen.

(…) ganzer Artikel auf Al Dschassira

Dr. Sadiki neigt zu einer optimistischen Sicht der Lage in Tunesien, vor allem der Ennahda-Regierung, was jedoch durch unmenschlich harte Urteile gegen angebliche Beleidiger des Islam, wie etwa den zu fünf Jahren Haft verurteilten Blogger Jabeur Mejri nicht einfach zu glauben ist. Es ist zu hoffen, dass seine Analyse der Reformfähigkeit der islamischen Bewegung ins Schwarze getroffen hat und die Regierung in Tunis den Versuchungen in Gewalt und Islamismus zu investieren oder das Land ausländischen Mächten wie Qatar auszuliefern, widerstehen kann.
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Dr. Larbi Sadiki, Senior Lecturer in Middle East Politics at the University of Exeter, for a double bill lecture on democratic transitions in Tunisia and Libya in The Middle East Institute.
———–Autor————–
Dr. Larbi Sadiki lehrt Nahost-Politik an der Universität von Exeter (Großbritannien) und Autor von „Arab Democratization: Elections without Democracy“ (Oxford University Press, 2009), wo er im Vorwort den „aufgeklärten Despoten“ Habib Bourguiba preisen lässt, der 1987 von seinem Innenminister, dem späteren Diktator Ben Ali gestürtzt wurde, und „The Search for Arab Democracy: Discourses and Counter-Discourses“ (Columbia University Press, 2004).