Hamburgwahl: Gewannen FDP und Grüne mit Campact-Hilfe?

Theodor Marloth

Die Hamburgwahl war ein überraschender Erfolg für FDP und Grüne. Teilweise verdanken sie ihn vermutlich einer teuren Massen-Flyer-Aktion der Clicktivismus-NOG „Campact“.  Vorl. Endergebnis: SPD 45,7% / CDU 15,9% / Grüne 12,2% / Linke 8,5% / FDP 7,4% / AfD 6,1% / Piraten 1,5% / Die Partei 0,9% / Liberale 0,5% / ÖDP 0,4% / NPD 0,3% / Rentner 0,3% / HHBL 0,2%

Im Hamburger Wahlkampf griff die NGO Campact mit ein, vorgeblich gegen TTIP. In einer nach Wahlomat-Muster versimpelten Tabelle konnte die Wählerschaft entnehmen, dass bezüglich TTIP die GRÜNEN genauso wählbar seien wie die LINKE. Aber nicht nur die Grünen wurden als gleichwertig mit der Linken dargestellt. Auch die FDP erhielt einen Ritterschlag: sie wurde mit der SPD auf eine Stufe gestellt, was ihre Affinität zum TTIP betrifft. Eine absurde Vorstellung, dass erzneoliberale FDP-Restfunktionäre plötzlich vernünftig geworden wären. Aber weder ist die FDP inzwischen auf dem (gemäßigteren) SPD-Niveau des Neoliberalismus angekommen, noch haben die Grünen das soziale Kritikvermögen der Linken erreicht, das sie 1998 -wie später mit ihrer Hartz-IV-Einführung bewiesen- am Eingang zur Regierungsmacht abgegeben hatten.

Die Grünen haben sich erst sehr spät gegen TTIP engagiert –die Linke kämpfte schon 1998 gegen den c0836-grueneneinTTIP-Vorläufer MAI (Multilateral Aggreement on Investments), damals noch als PDS. Die Grünen jammerten zunächst vorwiegend über Chlorhühnchen, während der Kern in den undemokratischen Schiedsgerichten und vor allem der sinkenden Lebens- und Arbeitsqualität für die Völker liegt: Dumpinglöhne und Verelendung wären die Folge. Dies wollen die Grünen nicht sehen, die Linke schon: Campact betreibt also „redwashing“ der Grünen.

Viele Hamburgerinnen und Hamburger wissen noch nicht, wie viel bei der Bürgerschaftswahl am 15. Februar auf dem Spiel steht: Hamburgs künftiger Senat wird im Bundesrat über die EU-Abkommen TTIP und CETA abstimmen. Campact

Das MAI wurde damals abgewehrt, durch Gewerkschaften, PDS (Linke) und Proteste im Internet, die damit erstmals einen großen Erfolg für kritische Enthüllung von geheimen Machenschaften der Herrschenden verbuchen konnten (siehe G.R.Ruegers Buch zu Wikileaks und Netzpolitik). Während das MAI in Deutschland medial unbeachtet blieb, sorgten die Proteste doch dafür, dass Paris die weiterhin geheimgehaltenen Verhandlungen verließ. Dann übernahmen die Globalisierungskritiker von Attac den Kampf gegen die Konzernlobbys, die man hinter MAI wie TTIP vermuten darf. Attac entwickelte sich graswurzelartig von unten, bis die Medien es nicht mehr ignorieren konnten dauerte es Jahre. Dann wurde Attac erst gehypt, dann mit Kampagnen niedergemacht. Ab 2004 kam Campact mit verdächtig schneller, gut organisierter und gutfinanzierter Wucht auf die Bühne.

Campact e.V. ist 2004 nach dem Vorbild der US-amerikanischen Online-Plattform MoveOn gegründet worden und bietet ein Internet-basiertes Beteiligungsforum, mit dem Protest-E-Mails gebündelt werden: Clicktivismus pur. Thematisch trat die NGO dabei allem mit der Graswurzel-Bewegung Attac in Konkurrenz. Campact ist ein eingetragener Verein, dessen Leitung zunächst einem geschäftsführenden Vorstand aus drei Personen (2013) oblag, der an zwölf Vollmitglieder berichtet -damit ist die Organisation in der Hand dieser 15 Personen. Das Gründungskapital stammte von Privatpersonen, deren Identität zunächst geheim gehalten wurde –erst nach Enthüllung dieser dubiosen Hintergründe hier auf Jasminrevolution, hat die NGO sich transparenter gestaltet (und in unserem Leserforum darauf hinweisen lassen).

Das Campact-Budget umfasste schon 2011 die sagenhaft hohe Summe von rund zwei Millionen Euro, die angeblich aus Spenden und Förderbeiträgen stammen sollen. Campact e.V. ist als juristische Person beim Registergericht in Hamburg eingetragen und vom Finanzamt Hamburg am 12.08.2004 als gemeinnützige Organisation anerkannt worden. Attac wurde inzwischen die Gemeinnützigkeit entzogen, während Campact Attac immer mehr Spendengelder abwarb. Noch macht Campact vorwiegend gute Kampagnen, besser finanziert und professioneller als Attac es jemals gelang –dazu warb Campact anderen NGOs fähige, aber finanziell bedürftige Leute ab, auch Attac.

Wenn in der Wirtschaft ein großes Unternehmen in einen Markt eindringen will, kommt es zunächst mit tollen Angeboten, die billiger und besser sind als alles was der Markt bis dahin zeigt. Wenn die kleine Konkurrenz totgemacht ist, ändert sich dies jedoch. Dann steigt der Preis für die Kunden und die Qualität lässt nach. Könnte nach diesem Muster auch die Zersetzung von Globalisierungskritik betrieben werden?

Hoffentlich nicht. Campact könnte diesen Verdacht ausräumen, in dem es von seinem Millionen-Euro-Geldregen einen nennenswerten Teil zur Unterstützung der in Not gekommenen Schwester- (oder doch Konkurrenz?) Organisation Attac abgibt.

 

 

ARD und Presse: Ukrainelügen gehen weiter

SvobodaProtesters

Svoboda-Faschisten mit gelber Armbinde

Gilbert Perry

Wenn die ARD-Tagesschau von Toten in der Ostukraine berichtet, dann in zwei Formen. Nüchtern, knapp und wie nebenbei, wenn die Kiewer Junta verantwortlich ist. Mit viel Tränen und grauenhaften Bildern, wenn man die Untat irgendwie den „prorussischen Separatisten“ in die Schuhe schieben kann. Über den tatsächlichen Kriegsverlauf erfährt man dort meist wenig Konkretes.

Desinformation über den Kriegsverlauf im Donbass ist auch für die Mehrheit der deutschen Presse das Motto der Berichterstattung von Springer bis Bertelsmann. Etwa über Poroschenkos „antiterroristische Operation“, wie Kiew den Einsatz schwerer Waffen und faschistischer Freikorps gegen die Zivilbevölkerung des Donbass nennt, erfährt man dort wenig: In FAZ, Süddeutscher Zeitung, Welt, Zeit, Spiegel, aber auch Neuer Zürcher Zeitung fanden sich z.B. die zentral organisierten Massaker von Odessa und Mariupol am 2. und 9. Mai 2014 so gut wie gar nicht (die ARD-Tagesschau schob das Odessa-Massaker gleich den dort lebendig verbrannten „prorussischen Separatisten“ selber in die Schuhe).

Dabei stellten diese Blutorgien eine Zäsur dar: Sie zementierten die Spaltung in West- und Ostukraine. Mit fast komplettem Schweigen begleiteten die deutschen Leitmedien Ende Mai die Offensive der Kiewer Armee gegen die Ostukraine, die Poroschenko kurz nach seiner Wahl anordnete – angekündigt hatte er Versöhnung und Dialog. Die deutsche Totschweigerzunft hält sich auch weiter daran, nichts über den Kriegsverlauf zu berichten, das nicht Kiews Junta-Propaganda entspricht.

Einzige Ausnahme: Das Handelsblatt. Im Bestreben, seine Firmenklientel mit wenigstens halbwegs objektiver Information zu beliefern, wurde es zur einzigen größeren deutschen Zeitung, die aktuell auf die militärische Situation in der Ostukraine einging:

Für Kiews Einheiten gilt der aktuelle Frontverlauf als Maßstab. Für die Rebellen die im September vereinbarte Demarkationslinie. Unvorteilhaft für Poroschenko – angesichts der seitdem erlittenen Geländeverluste seiner Truppen.“, so Handelsblatt-Kommentator Mathias Brüggmann unter dem Titel Mehr als ein Hoffnungsschimmer: „Zwischen Minsk I und Minsk II haben die massiv aus Moskau unterstützten Separatisten erhebliche Geländegewinne gemacht.“

Was Brüggmann als Geländeverluste oder -gewinne immerhin zur Kenntnis nahm, ist jedoch nur eine Teilwahrheit: Kiew sah nach der Minsker Vereinbarung vom September 2014, die durch eine katastrophale Niederlage seiner Truppen im August erzwungen worden war, noch keinen Anlass, von seiner bisherigen, von den US-getreuen Kriegspolitik abzurücken –die den hinter ihm stehenden Westen nicht glaubwürdiger macht.

Kiews Gesetze über Abschussprämien und zur Mobilisierung von insgesamt 100.000 Rekruten sprechen eine klare Sprache, wie auch die erneute Offensive im Dezember 2014. Sie ist gescheitert – nicht zuletzt wegen Auflösung der eigenen Truppe. Entscheidend war aber offensichtlich der Kessel um den Eisenbahnknotenpunkt Debalzewe, dessen Existenz Poroschenko in Minsk anzweifelte. Deutsche Medien malen dagegen die kriegerische Junta von Obamas Gnaden nur in rosigen Farbtönen. Und jede Kritik daran wird abgetan: Entweder als von Moskau gesteuert oder als von Pegida-Deppen mit der Nazi-Phrase „Lügenpresse“ diskreditiert. Dabei hat der Bericht des ARD-Programmbeirats schon 2014 gut begründete und ordentlich belegte Kritik an der ARD-Ukraine-Lügerei dokumentiert:

„Insgesamt hält der Programmbeirat aufgrund seiner Beobachtung der genannten Sendungen fest: In der Berichterstattung über die Krise in der Ukraine überwog anfangs eine Schwarz-Weiß-Zeichnung zugunsten der Maidan-Bewegung, obwohl hier auch das rechte, extrem nationalistische Lager beteiligt war, und zulasten der russischen und der abgesetzten ukrainischen Regierung, denen nahezu die gesamte Verantwortung zugeschoben wurde.“

Medienlügen zur Krimkrise

Caracas: Kannte Berlin die Putschpläne?

Galindo Gaznate

Präsident Maduro kämpft gegen übermächtige USA

Präsident Maduro kämpft gegen übermächtige USA

Caracas. Die Deutsche Botschaft warnte die deutsche Gemeinde des Landes im Vorfeld des dann abgewehrten Militärputsches, riet zu Hamsterkäufen, implizit sogar zur Flucht aus Venezuela. Wusste man in Berlin im Voraus vom Plan der Putschisten, den Regierungspalast im Zentrum von Caracas bombardieren zu wollen? Rechnete man mit einer Auslöschung der Regierung Maduro und einem folgenden Bürgerkrieg?

Mit einem Rundschreiben an die in Venezuela lebenden Deutschen hat die deutsche Botschaft in Caracas im Vorfeld des Putschversuches Fragen aufgeworfen. In dem von Geschäftsträger Jörg Polster unterzeichneten und mit „Caracas im Februar 2015“ datierten Schreiben, wurden die Landsleute in dem südamerikanischen Land aufgefordert, zur „Krisenvorsorge“ unter anderem für zwei Wochen Lebensmittel, Bargeld, Medikamente, Batterien, Kerzen und Kopien wichtiger Dokumente bereitzuhalten. Wusste man von den Plänen der Putschisten?

Flagge VenezuelasPräsident Nicolás Maduro warf am Donnerstag letzter Wuche den USA direkt vor einen vereitelten Putschversuch unterstützt zu haben. Die Verschwörer seien am Mittwoch verhaftet und der Staatsstreich abgewehrt worden. Den Aussagen zufolge sollen an dem Komplott erneut hochrangige Luftwaffengeneräle beteiligt gewesen sein. Schon im vergangenen März hatte Maduro über ähnliche Anschlagspläne informiert, dahinter werden ebenfalls die USA vermutet. Die hätten deutsche Geheimdienste warnen können.

Die Deutsche Welle kommentierte auf Spanisch –nicht jedoch auf der deutschsprachigen Internetseite–, das Rundschreiben der diplomatischen Vertretung habe für Unruhe in Venezuela gesorgt. Es werde als Signal interpretiert, dass die venezolanische Krise die Ausländer zur Flucht aus dem Land treibt. Daraufhin bemühten sich die deutschen Diplomaten um Schadensbegrenzung. Kultur- und Politikattaché Moritz Jacobshagen, der auch für die Pressearbeit der Vertretung zuständig ist, beeilte sich mit der Klarstellung, dass der Brief Routine sei. Venezuela sei ein Land mit hohem Erdbebenrisiko, in dem sich auch andere Krisen zeigen können. Auch ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin erklärte, aus Gründen der Vorsicht setze sich das Personal der deutschen Botschaften regelmäßig mit den Landsleuten in Verbindung, wenn es besondere Vorsichtsmaßnahmen für angebracht halte. Dabei reiche das Spektrum solcher Situationen von Naturkatastrophen bis zu politischen Krisen, schwadronierte die deutsche Botschaft daher. In Venezuela kommen solche Katastrophen, wie etwa Terroranschläge gegen die sozialistischen Gesundheitszentren, mutmaßlich immer aus den USA.

Bei Hausdurchsuchungen sichergestellte Waffen und Munition

Waffen der Putschisten, in Caracas sichergestellt

Tatsächlich jedoch nimmt das Schreiben der deutschen Botschaft ausdrücklichen Bezug auf die politischen Unruhen, „wie sie sich im Frühjahr des Jahres 2014 abgespielt haben“ -also die US-inszenierte Destabilisierung meist über Kolumbien mit Geld aus Miami.  Der Tenor des Briefes klang aber nicht nach allgemeinen Vorsichtsmaßnahmen. Er wirkte fast wie ein Aufruf an die Deutschen, das Land zu verlassen. Rechnete man mit einem langanhaltenden Bürgerkrieg nach dem Militärputsch?