Gerd R. Rueger
Tunis. Das zwölfte Weltsozialforum wird vom 24. bis 28. März 2015 erneut in Tunis stattfinden. Das Forum ist überschattet vom Terroranschlag auf das Bardo-Museum vor wenigen Tagen. Die traditionelle Auftaktdemonstration des Weltsozialforums wird diesmal vom Stadtzentrum zum besagten Museum führen und soll die Solidarität mit den Opfern und der demokratischen Bewegung Tunesiens zum Ausdruck bringen. Erwartet werden Zehntausende Aktivisten aus aller Welt. Im Zentrum des WSF steht die Debatte über den Widerstand gegen das Spardiktat („Austeritätspolitik“), das den Völkern von Neoliberalen und Finanzmächten weltweit aufgezwungen wird: Es droht der Austerizid ganzer Gesellschaften.
Die Stimmung ist ruhig, Sicherheitsmaßnahmen sind im Stadtbild wenig sichtbar. Nur das Zelt, in dem sich die Forumsteilnehmer auf dem zentralen Boulevard anmelden können, wird demonstrativ von schwerbewaffneten Sicherheitskräften geschützt. Erstaunlich ist, dass sich an den großen Protestaktionen gegen den Terror auch salafistische Gruppen beteiligt haben, die vor zwei Jahren noch sehr aggressiv gegenüber allen demokratischen Bewegungen aufgetreten sind. Ansonsten ist der Einfluss der tunesischen Linken auf das Forum deutlich, besonders der Front Populaire, eines Bündnis verschiedener kommunistischer und sozialistischer Gruppen. Der Front Populaire-Parlamentarier Fatih Chamkhi ist zugleich Vorsitzender von ATTAC Tunesien und tritt auf einer ganzen Reihe von Veranstaltungen als Sprecher auf -in der Tradition der Jasminrevolution und des WSF Tunis 2013. Damals zählten die Veranstalter mehr als 50 000 Teilnehmer, es war das erste Weltsozialforum in einem arabischen Land. Auch der deutsche Geheimdienst BND interessierte sich schon für das WSF in Tunis 2013.
Weltsozialforum gegen Geldeliten und G7
Das Weltsozialforum ist eine Gegenveranstaltung zu den Gipfeln der Welthandelsorganisation (WTO), dem Davoser Weltwirtschaftsforum (WEF) und den jährlichen Weltwirtschaftsgipfeln der Regierungschefs der G8-Staaten. Die Bewegung entstand durch die Initiative verschiedener internationaler Organisationen, die ihrerseits aus der Erhebung der Zapatisten in Chiapas (Mexiko) im Jahr 1994 hervorgingen. Indigene Bewohner dieser Region rebellierten gegen neue Formen der Unterdrückung, die im Zusammenhang mit der Globalisierung standen. Die erste Veranstaltung fand 2001 in Porto Alegre / Brasilien, statt und wurde zu einem Symbol für die Bewegung der Kritiker der Globalisierung.
Den Veranstaltungsort Tunis hatte der Internationale Rat auf seiner Tagung im Dezember 2013 in Casablanca beschlossen. Politisch sprach vieles für eine Rückkehr nach Tunis und auch der Terror gegen die tunesische Gesellschaft hat nichts daran geändert. In der Folge des WSF im Frühjahr 2013 in Tunis hatte sich eine breite Sozialforumsbewegung in der Region bis hinein in den Nahen Osten entwickelt. Es fanden und finden dort vielfältige regionale und thematische Foren statt, die das zivilgesellschaftliche Leben deutlich prägen. Es geht auch darum, die friedliche Entwicklung Tunesiens als Gegenmodell zu den kriegerischen Zerstörungen in anderen arabischen Ländern der Region zu betonen.
Zeitplan
- 24. März – Eröffnungs-Demonstration: Opening March
- 25. März – Revolutionen und Kämpfe für Würde, Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit in Maghreb, Mashreq und überall in der Welt (selbstorganisierte Aktivitäten)
- 26. März – selbstorganisierte Aktivitäten
- 27. März – Versammlungen mit dem Ziel, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten
- 28. März – Vormittag: Vollversammlung, die über Aktionen beraten soll. Nachmittag: Abschlussmarsch
Aus Deutschland haben sich die kirchliche Kampagne Brot für die Welt, die GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) und die DGB-Jugend aus Nordrhein-Westfalen angekündigt. Auch aus den anderen europäischen Ländern sind große Gewerkschaften vertreten und aus Italien die traditionsreiche soziale Vereinigung ARCI, die mit über einer Million Mitgliedern seit langem eine wichtige Rolle in den sozialen Bewegungen spielt. Aus Griechenland kommen viele ATTAC-Mitglieder und natürlich sind Referenten der sozialistischen Regierungspartei Syriza angekündigt.
Kampf gegen neoliberale Spardiktaturen
Es soll eine Kampagne gegen die Erpressung der südeuropäischen Staaten durch EU-Regierungen geben, die Gemeinsamkeiten dieser Angriffe, dieser bösartigen Verarmungsprogramme des Austerizids ganzer Gesellschaften (besonders Griechenland und Spanien) herauszuarbeiten. Eine ganze Reihe von Veranstaltungen wird sich mit diesem Thema beschäftigen, einige davon werden von ATTAC organisiert. Weiter ist eine Konvergenzversammlung geplant, auf der mit allen Interessierten eine konkrete Kampagnenplanung entworfen werden soll.
Es gibt Ansätze, die Hoffnung machen, wie zum Beispiel die Blockupy-Proteste anlässlich der Eröffnungsfeier der Europäischen Zentralbank am vergangenen Mittwoch in Frankfurt am Main. In Frankreich, in den USA, in Südeuropa (vor allem in Griechenland und Spanien) und Südamerika sowie in Indien gehen die Menschen gegen Kürzungen von Sozialleistungen und neoliberale Programme auf die Straße und organisieren sich. Ein wichtiges Anliegen ist es, auf dem Weltsozialforum alle Ansätze und Bewegungen zu einer gemeinsamen Strategie zusammenzuführen.
3840 Organisationen haben bis zum 10.01.2015 rund 2350 Einzelveranstaltungen angemeldet. Aufgrund der begrenzten Raumkapazitäten wurden die Veranstalter gebeten, ihre Veranstaltungen mit gleichartigen anderen Veranstaltungsanmeldungen zusammenzulegen. Das Ergebnis dieses Prozesses sind nunmehr 1074 Veranstaltungen, die sich in die folgenden zehn Themenbereiche aufgliedern:
- Klimaveränderungen / Ökologische Gerechtigkeit
- Steuerung / Strafe / Regulation der Aktivität von multinationalen Konzernen
- Demokratie / bürgerliche und politische Rechte
- Wirtschaftliche und soziale Rechte / Bekämpfung von Armut und Ungleichheit
- Finanzmarktregulierung / Schulden / Steuern
- Landesjustiz / Zugang zu Land / Landraub
- Migration / Migrantenrechte
- Menschenrechte
- Frauenrechte / Gleichstellung der Geschlechter
- Arbeit / Gewerkschaftskämpfe
Dominanz des Neoliberalismus brechen
Mit den weltweiten Treffen wird unter anderem beabsichtigt, Alternativen zum in den Medien „vorherrschenden Denkmodell des globalen Neoliberalismus“ aufzuzeigen und deren Ausarbeitung zu fördern. Auf der Ebene der Symbolpolitik soll es zum Ausdruck bringen, dass es auch eine andere Globalisierung gibt, die sich abseits von WTO und G8-Gipfeln bewegt. Das Vernetzen sozial engagierter Personen und Organisationen soll dabei auch zum Ausdruck bringen, dass eine Globalisierung – statt einer „Deregulierung zum Vorteil des Stärkeren“ – auch verantwortungsbewusstes Denken und Handeln für das Wohl der ganzen Welt bedeuten kann.
Das Weltsozialforum soll weniger konkrete Maßnahmen beschließen, oder Resolutionen verabschieden, sondern eher der Koordination und dem Erfahrungsaustausch dienen. Das große Spektrum verschiedener Gruppen öffnet zum einen die Chance auf verschiedene Blickwinkel und einen breiten Interessenaustausch. Zum anderen aber lässt es wirklich gemeinsame Positionen illusorisch erscheinen. Viele der Teilnehmer, insbesondere aus den sogenannten Entwicklungsländern, interessieren sich nicht für ideologische Grabenkämpfe, sondern fordern vielmehr eine pragmatische Politik. So unterstützen viele durchaus eine Öffnung des Weltmarkts, kritisieren jedoch Wettbewerbsverzerrungen z. B. durch Subventionen in den Industrieländern. Damit vertreten diese Teilnehmer eher „neoliberale“ Positionen.
Die Charta der Prinzipien aus dem Jahr 2001 definiert die Identität des Weltsozialforums (WSF): „Das Weltsozialforum ist ein offener Treffpunkt für reflektierendes Denken, für die demokratische Debatte von Ideen, für die Formulierung von Anträgen, für freien Austausch von Erfahrungen und zum Vernetzen effektiver Aktionen von Gruppen und Bewegungen der Zivilgesellschaft, die sich dem Neoliberalismus und der Weltherrschaft durch das Kapital oder irgendeine andere Form des Imperialismus widersetzen und sich für den Aufbau einer planetarischen Gesellschaft engagieren, in der der Mensch
im Mittelpunkt steht… Das Weltsozialforum bringt Organisationen und Bewegungen der Zivilgesellschaft aus allen Ländern in der Welt nur zusammen und verbindet sie, aber beabsichtigt nicht, eine Institution zu sein, welche die Weltzivilgesellschaft repräsentiert. “
Ob die in die Tagesschau kommen? Zehntausende engagierte Menschen, die um die Zukunft des Planeten ringen. Oder nur die Bonzen von Davos und G7. Ein paar Dutzend Schmarotzer, die sich um sich selbst und ihre Bagage sorgen und den Leuten Sand in die Augen streuen wollen, um besser ausbeuten und betrügen zu können?
Kein Wort bei ARD und ZDF gehört. Ausrede: Flugzeugabsturz -8 Min. von 15 Berichte, dass man noch nichts weiß. Am Besten die ARD-Tagessau, O-Ton: „Der frz. Präsident Holland gab bekannt, dass man noch nichts genaues wüsste.“ Dann Einblendung des frz. Präsidenten Holland, der in ein Mikro brabbelt, ARD-Übersetzung: „Genaues weiß man noch nicht“.
Joe! es ist wie immer mann berichtet über Die SCHMAROTZER, und streut Der Bevölkerung wie immer Sand in Die Augen
Das Tunis-Attentat basiert auf Libyen-Zerstörung meinen die hier:
Libyen in der Rückblende von Manlio Dinucci
Während um die Opfer des Attentats von Tunis getrauert wird, erinnert Manlio Dinucci daran, dass die Situation in Tunesien nur die Ausweitung des Chaos‘ in Libyen ist und dieses durch die Nato bewirkt wurde. Insbesondere Italien, aber auch Frankreich und andere europäische Staaten bereiten sich auf künftige Kämpfe an der Seite der „Regierung von Tobruk“ vor. Offiziell mit der Begründung, die öffentliche Sicherheit wiederherstellen zu wollen, vermutlich um die Arbeit zum Abschluss zu bringen und das Land zu teilen.
Der terroristische Angriff in Tunesien, dem auch Italiener und Franzosen zum Opfer gefallen sind, ist eng verknüpft mit der Situation in Libyen, betonen Regierungskreise und Medien. Indessen wird vergessen, dass das Chaos in Libyen durch den Nato-Krieg bewirkt wurde, der vor vier Jahren den libyschen Staat zerstört hat.
Am 19. März 2011 fing die Bombardierung Libyens durch Marineflieger an: Innerhalb von sieben Monaten flog die Luftwaffe der Vereinigten Staaten und der Nato 10.000 Einsätze mit über 40.000 Bomben und Raketen. Gleichzeitig wurden die Stammesgebiete, die der Regierung in Tripolis feindselig gesinnt waren, mit Geldmitteln und Waffen ausgestattet – ebenso die islamistischen Gruppen, die kurze Zeit vorher noch als Terroristen galten. Libyen wurde mit Spezialeinheiten, darunter Tausende Katarer Kommandos, infiltriert. An diesem Krieg unter dem durch die Nato vermittelten Kommando der Vereinigten Staaten nahm auch Italien mit seinen Militärbasen und Streitkräften teil (und insbesondere Frankreich und das Vereinigte Königreich: „Operation Harmattan“, …
http://www.voltairenet.org/article187132.html