Nizza: Tunesier tötet 84 Menschen

Gerd R. Rueger NizzaTerror

Mit einem LKW raste der 31jährige Tunesier Mohamed Lahouaiej Bouhlel in eine zum Nationalfeiertag versammelte Menschenmenge und tötete 84 unschuldige Zivilisten, darunter viele Kinder. Er starb anschließend beim Schusswechsel mit Polizisten. Bouhlel soll ein prekarisierter Kleinkrimineller mit Touristenvisum gewesen sein und aus Masākin مساك) stammen, einer Kleinstadt zwölf Kilometer südlich von Sousse und 140 Kilometer südlich von Tunis, im Nordosten Tunesiens. Der tunesische Präsident kondolierte dem Botschafter von Paris. Das abscheuliche Verbrechen wird Gewalt zwischen Moslems und Westmächten weiter anheizen und Rüstungs- und Sicherheitskonzerne ebenso jubeln lassen wie die Falken in allen Lagern.

Hollande wollte nur Stunden vor dem Nizza-Anschlag ein Zeichen der Normalisierung setzen und kündigte ein Auslaufen des Ausnahmezustandes für Ende Juli an. Nun stehen für Frankreichs Kabinett und Parlament Beratungen über die von Hollande angekündigte erneute Verlängerung des Ausnahmezustands an. Der Terror füttert sich selbst -auf allen Seiten. Nur die Freunde der sinnlosen Gewalt können sich darüber freuen. Nizza soll eine der Städte in Frankreich sein, die vom Phänomen des Dschihadismus am meisten berührt sei. Mehr als hundert Personen aus Nizza sollen nach Syrien gereist sein, doch Bouhlel scheint kein Islamist üblichen Zuschnitts gewesen zu sein.

Tunesiens Präsident Essid kondoliert
ESSID-Nizza

Essid und Botschafter Gouyette in Tunis

 

Bei François Gouyette, dem Botschafter Frankreichs in Tunis, kondolierte Präsident Habib Essid persönlich. Tunesien ist erschüttert, dass ausgerechnet ein Tunesier dieses Verbrechen beging. Tunesien selbst wurde bereits mehrfach Opfer islamistischer Gewalt. Beim Terrorangriff auf das Bardo Nationalmuseum wurden 2015 etwa 20 ausländische Touristen und drei Tunesier getötet. Drei Monate später wurden am Strand von Sousse 38 Touristen ermordet, unter ihnen 30 Briten und zwei Deutsche. Die Regierung von Habib Essid verstärkte nach dem Attentat die Sicherheitsvorkehrungen, die Einführung der Todesstrafe wurde diskutiert. Doch den Terror kann nur eine Politik des Friedens zurückdrängen.

Frankreich ist seit Monaten in einem Alarmzustand, der nun wieder auf die höchste Stufe gesetzt wurde; es herrschte Ausnahmezustand, dessen Verlängerung um weitere drei Monate Präsident Hollande gestern Nacht ankündigte. Das Parlament muss noch zustimmen. Es gab in den letzten Wochen wiederholt Warnungen, dass Frankreich weiter ein bevorzugtes Ziel von Anschlägen ist. Laut Hollande ist ganz Frankreich vom islamistischen Terrorismus bedroht. Bereits in einer ersten Reaktion in der Nacht auf Freitag kündigte der französische Präsident an, alles zu tun, „um gegen die Geißel des Terrorismus kämpfen zu können“.

Aus diesem Grund habe er beschlossen, den Einsatz „Sentinelle“ und damit den Ausnahmezustand fortzusetzen, der unter anderem die Mobilisierung von 10.000 Militärs zusätzlich zu Gendarmen und Polizisten ermöglicht. Zudem kündigte Hollande hier auch einen verstärkten Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak und in Syrien an. Die Spirale der Gewalt dreht sich weiter und Frankreich stürzt sich in immer neue militärische Abenteuer außerhalb seiner Grenzen, wozu auch die Einsätze in Syrien, im Irak oder in Mali gehören, und ist zusehends überfordert damit, wie Telepolis meint. Nach Ansicht französischer Militärs müssten daher die Mittel für die Truppen aufgestockt werden.

Aber wahrscheinlich beordert Hollande nun eher Truppen zurück, weil er sie im Heimatland braucht, um die überforderte Polizei zu entlasten. Neben der Terrorbekämpfung hatten die Franzosen gerade die Fußball-EM zu sichern, ebenso die Tour de France, die wie die Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag Ziele für spektakuläre Anschläge bietet. Nicht zuletzt war die französische Polizei auch im Dauereinsatz gegen Streikende, die sich gegen die ausbeuterische Arbeitsmarktreform im Stil von „New Labour“ (Schröders Hartz IV) wehren, die Regierungschef Valls per Dekret dem Land aufgezwungen hat -gegen den Widerstand von Parteilinken linken Parteien und Gewerkschaften und nicht zuletzt der Jugend Frankreichs, die nicht so entpolitisiert-wurstig auftritt wie die deutschen Konsumkids. Vielleicht wird der Kampf gegen die eigene Bevölkerung, der sich in den Ausbeuter-Arbeitsgesetzen spiegelt, angesichts des äußeren Feindes von der Herrschafts- und Habgier-Elite der Franzosen etwas weniger aggressiv geführt -das wäre wenigstens ein guter Effekt.

USA plötzlich empfindlich: Verhaftungen für Facebook-Post zu Polizistenmorden

Gilbert Perry BlackLiveUSA

Detroit. Die USA, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, zumindest in freier Rede: Jeder kann dort ungestraft den Holocaust leugnen oder befürworten, Polizei-Morde an Schwarzen toll finden und den KKK verherrlichen. Nur wenn ein Schwarzer zurückschießt, reagiert man empfindlich. Vier Männer wurden für Beiträge in „Sozialen Medien“ verhaftet, die der Polizeichef als Bedrohung bezeichnete. Ein Tweet, der zu einer Verhaftung führte, sagte, dass Micah Johnson ein Held sei -also der Schwarze, der in Dallas fünf weiße Polizisten erschossen hatte.

„Ich weiß, dies ist ein neues Vorgehen, aber ich möchte diese Menschen als Verbrecher anklagen“, sagte der Detroiter Polizeichef James Craig. „Ich habe meine Polizisten ermächtigt, Haftbefehle gegen diese vier Personen zu erlassen, und wir werden sehen, wie wir sie am besten zur Verantwortung ziehen können“, fügte er hinzu. Fünf Polizisten starben bei den Dallas-Shootings, die höchste Zahl an Polizeiopfern bei einem Angriff seit dem 11. September. Infolgedessen reagieren Polizeibeamte überall plötzlich sehr viel empfindlicher auf Drohungen gegen ihr Leben. Keiner der vier für Tweeds, Facebook-Posts etc. verhafteten Männer wurde namentlich genannt, noch sind sie bislang angeklagt worden.

Dass bei etlichen Polizei-Aktionen landesweit Personen für Beiträge in Social Medias USAflagverhaftet wurden, löst Bedenken unter jenen aus, die freie Meinungsäußerung befürworten. „Menschen für freie Rede zu verhaften ist etwas, wobei wir sehr vorsichtig sein sollten“, sagte der weltberühmte Kryptologe Bruce Schneier, Sicherheits-Technologe an der Harvard University (Klein Berkman Center für Internet & Society), meldet The Intercept, mehr…

Sind die US-Behörden in Panik vor einem massiven Aufstand der Schwarzen? Oder nimmt man die Polizistenmorde zum Anlass, nun auch die von der US-Verfassung geheiligte free speech zu zerstören? Das Recht auf Leben war besonders für Schwarze seitens der US-Behörden und Justiz schon immer weit geringer angesetzt worden als das Recht der (meist weißen) Schreiber und Redner in Presse und Netzen.

US-Polizei erschoss im Verlauf einer Schwarzen-Tötungswelle im November 2014 in Ferguson einen erst 12jährigen Jungen, natürlich wieder einen Schwarzen. Ferguson wurde 2014 durch die Tötung eines schwarzen Teenagers durch den weißen Polizisten Darren Wilson zur Hauptstadt der US-Rassenunruhen. Dort entschied damals eine überwiegend weiße Jury, gegen den Todesschützen, einen weißen Polizisten, keine Anklage zu erheben.

Der schwarze Jugendliche, der unbewaffnet war und die Hände erhoben hatte, wurde von Polizeikugeln Ferguson2014durchsiebt. Eine weiße Jury sah darin eine Tötung in Notwehr -Officer Darren Wilson wurde damals nicht zur Verantwortung gezogen. Die schwarze Bevölkerung der USA fühlt sich auch durch die mangelhafte Kontrolle der Polizei durch die Justiz bedroht. Sehr selten werden Polizisten für die Tötung von schwarzen „Verdächtigen“ zur Rechenschaft gezogen (von geringeren Gewalttaten ist dies noch weniger bekannt). Eine geringe Chance auf Gerechtigkeit gibt es nur dann, wenn die Polizei-Morde an Schwarzen durch Video unwiderlegbar dokumentiert werden (und selbst dann oft nicht).

Viele Schwarze sahen aber in der Tötung besonders des Jugentlichen in Ferguson einen feigen rassistischen Mord durch die Staatsgewalt dieser mächtigsten, jemals von einem Schwarzen (Obama) regierten Nation. Die Entscheidung der Jury hat in ihren Augen bewiesen, dass Schwarze vom Rechtssystem der USA nur Hohn und Verachtung zu erwarten haben –aber keine Gerechtigkeit. Jetzt greift dieselbe Justiz nach vielen weiteren Mordwellen an Schwarzen hart durch -gegen Leute, die eine gewaltsame Gegenwehr gegen Gewalt befürworten. Beabsichtigt ist offensichtlich, die Kluft zwischen Polizei und Schwarzen weiter aufzureißen, keine Gnade zu zeigen und Schwarze Bewegungen wie BLACK LIVES MATTER (frei übersetzt: Die Leben von Schwarzen sind nicht scheißegal) zu dämonisieren. Da kamen die politisch dummen Morde an Polizisten in Dallas gerade recht. Der schwarze Sniper Micah Johnson war kein Held, sondern ein feiger Heckenschütze -ein Held war er höchstens im Vergleich zu den feigen Killern, die im Schutz ihrer Polizeiuniformen unbewaffnete Schwarze aus purer rassistischer Mordlust umbrachten.