Galindo Gaznate
In Venezuela steht dem sozialistischen Präsidenten Maduro ein rechtslastiges Parlament gegenüber. Eine Serie von völkerrechtswidrigen Interventionen durch Geheimkriegs-Schwadronen der USA hatte die Wirtschaft des Landes ruiniert und dies (inklusive einer Dürre) Maduro per Propaganda in die Schuhe geschoben. Selbst bei uns in Deutschland kam es im Mainstream zu gehäuften Negativmeldungen über Venezuela, die ein verzerrtes Bild des Landes zeichneten -kein Wunder, dass man die übelsten Hetzer der Westmedien momentan nicht ins Land lassen will. Denn nun will die Rechtsopposition mit ihren Muskeln spielen und ruft zur Großdemonstration gegen die Regierung auf. Maduros Anhänger halten dagegen.
Derzeit bereiten sich Unterstützer wie vor allem Gegner der Regierung von Präsident Nicolás Maduro auf eine Kraftprobe vor. Für den 1. September hat die Opposition zu einer Großdemonstration unter dem Motto »Toma de Caracas« aufgerufen, was mit »Einnahme« oder »Besetzung« der Hauptstadt übersetzt werden kann. Auf der Homepage des Rechtsbündnisses MUD (Tisch der demokratischen Einheit) wird die Aktion bereits großmäulig und verlogen mit dem Volksaufstand gegen die Diktatur von Marcos Pérez Jiménez 1958 verglichen (vergleiche: Ist Maduro ein Diktator?). Das Regierungslager warnt, dass die rechtslastige Opposition Gewalt provozieren will, und mobilisiert zu eigenen Demonstrationen in Caracas. Die Kommunistische Partei (PCV) und ihr nahestehende Organisationen rufen in einem internationalen Appell zu einer »weltweiten Solidaritätskampagne« gegen die Putschpläne der Rechten auf:
„Wir – revolutionäre, kommunistische und Arbeiterparteien der Welt, soziale Bewegungen, internationale Persönlichkeiten und Nichtregierungsorganisationen – erklären dem venezolanischen Volk, der Regierung von Präsident Nicolás Maduro Moros und dem bolivarischen Prozess unsere entschlossene Unterstützung und feste Solidarität. Sie sind Opfer einer abscheulichen neuen Eskalation durch faschistische Teile der Opposition, die Lakaien des nordamerikanischen Imperialismus sind und die sich darauf vorbereiten, unter dem Deckmantel des Aufrufs zu einer »friedlichen« Besetzung von Caracas an diesem Mittwoch, 1. September, terroristische Aktionen durchzuführen.“
Schon am vergangenen Samstag gingen in Caracas Tausende Arbeiter auf die Straße, um ihre Unterstützung für Staatschef Maduro zu bekunden. Der Vorsitzende des regierungsnahen Gewerkschaftsbundes CBST, Wills Rangel, kündigte an, man werde im September den Frieden und die Revolution gegen die Rechten verteidigen.
Wohl mit Rücksicht auf die bevorstehende Auseinandersetzung wurde am Samstag der frühere Bürgermeister der an der Grenze zu Kolumbien gelegenen Stadt San Cristóbal, Daniel Ceballos, wieder ins Gefängnis gebracht. Der Oppositionspolitiker war 2014 wegen seiner Beteiligung an gewaltsamen Protesten verurteilt, jedoch im vergangenen Jahr aus gesundheitlichen Gründen aus der Haft entlassen worden, um die Reststrafe im Hausarrest abzusitzen. Ceballos hatte geplant, bei der Kundgebung am Mittwoch in Caracas aufzutreten. Das Innenministerium erklärte in einem über das staatliche Fernsehen VTV verbreiteten Kommuniqué, der Politiker habe »Gewalttaten leiten und koordinieren« sollen. »Die vorliegenden Beweise werden es erlauben, die notwendigen Ermittlungen voranzutreiben, um jeden Versuch der Destabilisierung unseres demokratischen Systems zu entdecken und zu neutralisieren«, heißt es in dem Statement. Basis der Proteste ist ein anti-sozialistischer Wirtschaftskrieg, teils von den CIA-Söldnern mittels prall gefüllter Dollarsäcke geführt (die etwa billige Alltagsprodukte wie Klopapier massenhaft aufkaufen und vernichten, um Mangelzustände zu erzeugen), teils vom kleinbürgerlichen Milieu, die Maduros Sozialismus hassen, wenn er ihnen zum Wohle der Armen Preise vorschreibt, etwa Bäckern.
Tatsächlich werden immer wieder Lager ausgehoben, in denen Produkte von den Händlern oder Herstellern gehortet werden. Am Mittwoch wurden auf einem zentralen Platz in Caracas von der Regierung mehr als elf Tonnen Sardinen verkauft, die zuvor bei Spekulanten beschlagnahmt worden waren. Und am Donnerstag berichteten die Tageszeitungen, dass die Regierung Ermittler auf die Bäckereien angesetzt habe. Es gebe keinen Grund, warum dort Brot nur rationiert abgegeben werde, denn die Belieferung mit Mehl und anderen Rohstoffen verlaufe störungsfrei. Das scheint so zu sein, denn andere Backwaren, etwa Kuchen und Kekse, sind problemlos erhältlich – doch der Preis für Weißbrot ist zum Leidwesen der Bäcker festgesetzt. Also versucht man, die Kunden zum Erwerb teurerer Waren zu zwingen.
Allgemein macht Caracas nicht den Eindruck, im Zentrum einer großen Krise zu liegen. Während die internationalen Nachrichtenagenturen täglich Horrormeldungen aus Venezuela verbreiten und den Eindruck erwecken, das südamerikanische Land stünde kurz vor dem Kollaps, geht das Leben in der Hauptstadt seinen mehr oder weniger normalen Gang. Die Straßen sind leerer als sonst, doch das ist vor allem der Ferienzeit geschuldet. Aber auf den zweiten Blick sind Anzeichen festzustellen, dass nicht alles in Ordnung ist: Vor allem vor einigen Bäckereien haben sich Schlangen gebildet. Seit Monaten leidet Venezuela unter einem Mangel an Waren des täglichen Bedarfs. Medikamente, Sanitärartikel, Maismehl oder eben einfaches Weißbrot sind in den Geschäften kaum zu bekommen. Die Produkte tauchen dann zum Vielfachen des Preises auf dem Schwarzmarkt auf. »Bachaqueo« heißt das in Venezuela.
Als zentrale Antwort auf die Krise hat die Regierung die »Lokalen Räte für Versorgung und Produktion« (CLAP) ins Leben gerufen. In diesen schließen sich Vertreter der Basisgruppen, vor allem der Kommunalen Räte, zusammen und organisieren die regelmäßige Verteilung von Lebensmitteltüten. Tanja, die in Playa Verde unweit des internationalen Flughafens Maiquetía lebt, ist in ihrem CLAP dafür verantwortlich, dass die Nachbarn ihre Berechtigungsausweise erhalten. Auf diesen ist vermerkt, wie viele Personen in einem Haushalt leben. Für diese gibt es dann etwa alle zwei Wochen Waren, die sonst schwer oder nur überteuert zu bekommen sind. Ihr jüngster Erwerb: Reis, Zucker, Milchpulver, Maismehl, Speiseöl und Nudeln. Dafür ist sie am Mittwoch morgen um sechs Uhr aufgestanden, weil die Verteilung für sieben Uhr angekündigt worden war. Letztlich kam der Transporter mit den Waren wie üblich mit anderthalb Stunden Verspätung an. Doch Tanja ist zufrieden: 900 Bolívares hat sie für ihren Einkauf bezahlt – auf dem Schwarzmarkt wären es wohl an die 15.000 Bolívares gewesen. Nicht zu bezahlen, wenn man auf die Mindestrente angewiesen ist, selbst wenn diese nach einer für den 1. September angekündigten Erhöhung um 50 Prozent 22.000 Bolívares beträgt.
Nach Brasilia kommt jetzt Caracas dran
Viva Maduro! Da beißen sich die CIA auch schon wieder 2 Jahre lang die Zähne aus 🙂