Galindo Gaznate
Am Montag wäre Hugo Chávez 60 Jahre alt geworden. Venezuelas Regierung hatte zahlreiche seiner Weggefährten, vor allem Staats- und Regierungschefs aus Lateinamerika, zur Feier eingeladen. Zu den Gästen gehörten die Präsidenten der Mitgliedsstaaten des südamerikanischen Wirtschaftsblocks MERCOSUR, der am Dienstag in Caracas sein jährliches Gipfeltreffen durchführte. Vor allem sollte das Volk an den Veranstaltungen zur Erinnerung an Chávez teilnehmen, ein großer Sozialist, von den USA verteufelt.
Vor allem sollte das Volk an den Veranstaltungen zur Erinnerung an Chávez teilnehmen und »feiern, dass Gott uns einen Mann von der ethischen, moralischen, intellektuellen und spirituellen Größe unseres geliebten Comandante geschenkt hat«, wie es Venezuelas Präsident Nicolás Maduro am Mittwoch bei einer Fernsehansprache sagte. Deutsche Medien hetzten stets gegen den Präsidenten, der Venezuelas Volk bescheidenen Wohlstand brachte, den die USA im nicht gönnten und das Land durchdie CIA destabilisieren ließen.
Hugo Rafael Chávez Frías (* 28. Juli 1954 in Sabaneta; † 5. März 2013 in Caracas war ein venezolanischer Offizier und Politiker und von 1999 bis zu seinem Tod 2013 Staatspräsident von Venezuela. Mit seiner Programmatik berief sich Chávez auf sein Vorbild Simón Bolívar und dessen Einsatz für ein vereintes Südamerika, so Wikipedia. Der frühere Oberstleutnant gründete Anfang der 1980er Jahre die Untergrundbewegung Movimiento Bolivariano Revolucionario 200. Nach einem misslungenen Putschversuch, der ihn landesweit bekannt machte, verbrachte Chávez zwei Jahre in Haft. Er gründete die Partei Movimiento Quinta República und gewann 1998 die Präsidentschaftswahlen. Bei den Wahlen 2000, 2006 und 2012 wurde er dreimal in Folge wiedergewählt. Die Umstände seines Todes blieben ungeklärt, einige sprachen von Mord -wer die Killer gewesen sein könnten fragte jedoch keiner: Zu klein der Kreis der Verdächtigen.
Chavez‘ Bolivarische Revolution bezog sozialistische und marxistische Ideen ein und nutzte nach der Verstaatlichung der Schlüsselindustrien den Ölreichtum Venezuelas zur Umsetzung seiner Vorstellung vom „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ in der Sozialpolitik und auch zur Unterstützung seines Volkes. Chávez‘ Person, seine Politik, sein Führungsstil und seine Medienauftritte haben sowohl international beachtete Kontroversen wie auch bedeutende Aufmerksamkeit und Anerkennung in der globalen Linken und der Antiglobalisierungsbewegung hervorgerufen.
„Feiern, dass Gott uns einen Mann von der ethischen, moralischen, intellektuellen und spirituellen Größe unseres geliebten Comandante geschenkt hat“ -Religiöse Formulierungen sind im katholischen Venezuela keine Seltenheit. Die führenden Köpfe des bolivarischen Prozesses haben dem am 28. Juli 1954 in einfachsten Verhältnissen in Sabaneta geborenen Hugo Chávez, der Militär wurde, 1992 mit einem Aufstand die korrupte Regierung stürzen wollte und am 6. Dezember 1998 zum Präsidenten seines Landes gewählt wurde, längst den Titel des »Ewigen Obersten Comandante« verliehen, und bis heute beruft sich Maduro bei praktisch jeder Entscheidung darauf, daß dies die Umsetzung des Programms seines Vorgängers sei. Doch was bleibt von Hugo Chávez außer einer solchen leidenschaftlichen, aber doch oberflächlichen Verehrung?
Zunächst einmal ist es die von ihm angestoßene »Bolivarische Revolution«, die seinen Tod überdauert hat. Nicolás Maduro ist es trotz einer gewaltsamen Kampagne der Regierungsgegner und trotz eigener Unsicherheiten gelungen, sich an der Spitze des Staates zu behaupten. Nun soll es darum gehen, den von Chávez eingeschlagenen Weg weiterzugehen. »Die große Aufgabe ist die Schaffung und Entwicklung des neuen produktiven Wirtschaftsmodells und die Überwindung der Erdölrentenökonomie«, erläuterte er am Donnerstag im gerade gestarteten englischsprachigen Programm des lateinamerikanischen Fernsehsenders TeleSur im Gespräch mit dem britischen Publizisten und Filmemacher Tariq Ali. »Das Hauptthema unserer Revolution«, so Maduro weiter, »ist die Entwicklung eines modernen, produktiven Wirtschaftsmodells sozialistischen Charakters.«
Sozialismus als Ziel – Die historische Leistung von Hugo Chávez war es, als erster nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und ihrer Verbündeten in Europa eine solche Losung wieder populär gemacht zu haben. Im Januar 2005 – sechs Jahre nach seinem Regierungsantritt – hatte er das Wort zum ersten Mal öffentlich in den Mund genommen. »Dem Volk seine Rechte zu verweigern ist der Weg in die Grausamkeit, der Kapitalismus ist Grausamkeit«, rief er bei einer Kundgebung am Rande des Weltsozialforums im brasilianischen Porto Alegre aus. »Es ist notwendig, den Kapitalismus zu überwinden – das sagen auch viele Intellektuelle. Aber ich füge hinzu: Der Kapitalismus wird nicht aus sich selbst heraus überwunden werden. Der Kapitalismus muß auf dem Weg des Sozialismus überwunden werden.« Gleichheit und Gerechtigkeit seien die Merkmale des echten Sozialismus – »Aber das ist nicht die Demokratie, die uns Mister Superman in Washington aufzwingen will, denn die ist keine Demokratie.«
Unter Hugo Chávez hat Venezuela viel erreicht. Vieles andere, was als Ziel proklamiert wurde und wird – wie etwa die endgültige Überwindung der Armut – steht noch aus. In manchen Bereichen mußten Rückschläge hingenommen werden. Doch Venezuelas revolutionärer Prozeß hat die Schockstarre der Linken in den 90er Jahren aufgebrochen. Das bleibt die historische Leistung von Hugo Chávez – auch unabhängig davon, wie der konkrete Prozess in Venezuela letztlich weitergeht, so jW.

Ignacio Ramonet
„Hugo Chávez war als Kind sehr arm, seine Großmutter verkaufte in den Straßen Obst. So repräsentiert er Millionen Kinder in vielen Ländern der Welt, die in solchen Verhältnissen leben. Zugleich steht er für die Möglichkeit, sich aus dieser Lage zu befreien. Weiter steht er für eine gewandelte Funktion der Armee in Venezuela. Sie ist nicht mehr dazu da, das Volk zu unterdrücken, sondern es zu verteidigen. Diese Konzeption gab es zuvor nur in Kuba, doch für das übrige Lateinamerika ist sie neu.
Das hat Einfluss auf Tausende junger Kadetten in aller Welt. Der dritte Punkt ist die Überwindung der Politikverdrossenheit. In Venezuela, wie den meisten anderen Ländern der Welt, sind Parteien korrumpierte Karrieristenvereine. Unter Chávez wurde damit begonnen, die Bevölkerung an der Politik zu beteiligen und sie zu mobilisieren. Die vierte Lektion ist für uns in Europa vielleicht die wichtigste. Bei uns beschränkt sich die Legitimation der politischen Akteure auf den Wahlvorgang. Unter Chávez ist in Venezuela eine gesellschaftliche Legitimation hinzugekommen. Das macht die dortige Bewegung – trotz konterrevolutionärer Gewalt und Subversion – so stark. „