USA verwanzen Ecuadors Botschaft?

Gerd R. Rueger 04.07.2013 aac53-yes-we-scan-round-200

Quito/London/Washington. Ecuadors Botschaft in London, wo der Wikileaksgründer Julian Assange derzeit von den Briten festgehalten wird, ist nach Angaben der Regierung Ecuadors verwanzt worden. „In den Büros“ von Botschafterin Ana Alban sei „ein verstecktes Mikrofon gefunden worden“, so Außenminister Ricardo Patino am Dienstag in Quito. Das Mikrofon sei bei einer Kontrolle der Räumlichkeiten vor seinem Besuch in London schon Mitte Juni gefunden worden. Auch Merkel schreit „Haltet den Spion!“

Die USA belauschen die halbe Welt, fotokopieren den kompletten Briefverkehr ihrer eigenen Bürger (angeblich nur die Anschriften von Absender und Empfänger). Ihre Spionagetechnik sitzt in jedem Kabel und jedem Satelliten, den sie erwischen können. Warum hätten sie ausgerechnet in der Botschaft ihres derzeit bestgehassten Nachbarlandes in Amerika, Ecuador, keine Wanze installieren sollen? Die Spitzenbehörden der EU befinden sich derzeit in heller Aufregung, weil durch die Enthüllungen von Edward Snowden herauskam, dass die US-Geheimdienste alles und jeden ausspionieren (ausgenommen vielleicht ihre angelsächsischen Brüder in Großbritannien). Bei den Protesten von Merkel und anderen dürfte viel Heuchelei und Anpassung an die öffentliche Meinung dabei sein -sonst wäre nicht erklärbar, warum Snowden kein Asyl bekommt. Vielleicht wusste die Bundesregierung nur allzu gut, dass die Privatsphäre der Bundesbürger frei Haus an die USA geliefert wird, und schreit nun lauthals „Haltet den Dieb!“, um den gerechten Zorn der gedemütigten deutschen Bevölkerung niederzuhalten.

In diesem Klima der Angst verlautbarte Quito die Verwanzung ihrer SnowdenBotschaft, was Regierungen sonst vermutlich eher geheimhalten würden. Man will offenbar den diplomatischen und öffentlichen Druck auf Washington erhöhen. Bereits am Dienstag habe er Angaben darüber erhalten, wer hinter der Abhöraktion stecken könnte, so Patino, mehr wolle er zunächst nicht mitteilen. Es sei unwahrscheinlich, dass die Spionageaktion etwas mit dem flüchtigen NSA-Dissidenten Edward Snowden zu tun habe. „Ich glaube, dass der Ursprung ein anderer ist“, so der Außenminister Ecuadors.

Julian Assange harrt  seit rund einem Jahr in Ecuadors Londoner Botschaftaus, um einer Auslieferung nach Schweden zu entgehen, die offenkundig seiner Verfolgung durch die USA dienen soll. Auch Snowden wird von US-Diensten gnadenlos verfolgt, bespitzelt, diskreditiert. Die halbe Welt wird rechtswidrig ausspioniert -Begründung: „Krieg gegen den Terror“, ein Terror, von dem viele inzwischen glauben, dass er von den USA selbst provoziert, wenn nicht gleich selbst inszeniert wird.

Wo bleiben die Umfragen, die bei den datentechnisch bis aufs Hemd ausgezogenen Deutschen nachforschen, wen sie hinter Gitter bringen wollen: Den Boten der schlechten Nachricht, Edward Snowden, oder die verantwortlichen Spionageleute in den USA. Sollte Berlin nicht eher deren Auslieferung nach Europa fordern?

Assange in der Presse: Zweikopf-Hai und Nackte-Frauen-Krieger

Julian Assange Ecuador embassy

Guardian 30.03.2013

Gerd R. Rueger 30.03.2013

Der renommierte britische Guardian liegt im Clinch mit Julian Assange und lässt ihn die Macht der Presse spüren. Auch im heutigen Bericht über eine diplomatische Verhandlung der Botschafterin Ecuadors, Ana Alban, zum Asyl des Wikileaksgründers. Der Guardian weiß genau: Nicht nur eine Information selbst, sondern ebenso, wie sie präsentiert wird, kann Stimmung machen. Das diplomatische Drama wird als Farce hingestellt, die auch in der britischen Labour-Party kein Thema sein soll.

Der in Sachen Assange inzwischen weniger renommierte als vielmehr berüchtigte britische Guardian liegt immer noch im Streit mit seinem ehemaligen Schlagzeilen-Zugpferd Assange (Collateral Murder). Im Guardian-Bericht vom heutigen 30.März geht es um diplomatische Verhandlungen der Botschafterin Ecuadors Ana Alban zum Asyl des Wikileaksgründers lassen die Presseprofis vom Guardian ihrer Abneigung freien Lauf. Sie wissen genau: Nicht nur eine Information selbst, sondern auch wie sie präsentiert wird kann Stimmung machen. Das diplomatische Drama wird als Farce hingestellt, die auch in der britischen Labour-Party kein Thema sein soll.

Die Meldung selbst dokumentiert wenig mehr als das Patt zwischen London und Ecuador. Botschafterin Ana Alban hatte einen Termin mit dem britischen Schatten-Außenminister Kerry McCarthy (Labour-Party) anberaumt, um über den bilateralen Handel und Umweltpolitik zu diskutieren:

Ecuadorflag

ECUADOR

Das Erdöl-Land Ecuador geht bekanntlich ungewöhnliche Wege einer ökologischen Rohstoff-Politik, erntet aber wegen seiner sozialistischen Regierung vor allem seit es Assange Asyl gewährt miese Mainstream-Schlagzeilen. Laut Guardian soll die Überraschung des Labour-Vertreters mit dem klangvollen Namen McCarthy groß gewesen sein, als Alban den Fall Julian Assange zur Sprache brachte. Labour drückt zwar aktuell die Oppositionsbänke im Londoner Parlament, doch 2015 sind Wahlen und Ecuador möchte abklären, ob sich in der kniffligen Frage Wikileaks etwas an der Haltung der Briten ändern könnte. Man rechnet in Quito wohl nicht mit einem schnellen Ende des Asyl-Dramas in London. Antwort McCarthy’s laut Guardian: „Dies (Assange) sei kein Thema für die Labour-Party.“ Der Guardian gehört nicht mehr zu den zahlreichen Fürsprechern des Wikileaksgründers -von der Partei Tony Blairs, die dem neoliberalen New-Labour-Rückfall hinter eine humane Sozialpolitik den Namen gab, war ohnehin nicht viel zu erwarten.

WL_Logo

wikileaks.org

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Two-headed Shark, Guardian 30.3.13

Nun ja, keine große Story, aber Presse-Profis wie die Guardian-Leute wissen, wie man eine Meldung bringen muss, um Wirkung zu erzielen: Auch die Rahmung beeinflusst die Wahrnehmung durch den Leser auf subtile Weise -und wirklich wohlmeinende Assange-Darstellungen sind selten. Der Artikel „Ecuador bringt den Fall Assange ins Gespräch mit der Labour-Party“ („Ecuador raises Julian Assange case with Labour“) wurde offenbar despektierlich im Bereich Vermischtes platziert. Daneben eine Schlagzeile über den „Aufstieg der Nackte-Frauen-Krieger“ („The Rise of the Naked Female Warriors”), wobei man nicht genau weiß, ob hier nackte Frauen Krieg führen oder ob da jemand gegen die Nacktheit von Frauen Krieg führen will –klar, das ist nicht so wichtig, es geht um billige Sensationshascherei beim voyeuristischen Publikum. Rechts vom Bild, das Julian Assange auf dem Balkon der ecuadorianischen Botschaft in London zeigt, sieht der Leser dann noch das Konterfei eines just verstorbenen Nebenrollenstars aus „Harry Potter“ (Richard Griffiths) und einen zweiköpfigen Haifisch („Two-headed shark discovered by fisherman”).

Monsterfilmbild

Naked Female Warrior

Harry Potter, Assange, der monströse Zweikopf-Hai, Nackte-Frauen-Krieger –das alles kann schon Assoziationen erzeugen, bringt der Guardian doch im Text mal wieder die Verleumdung von der angeblichen Ermittlung wegen „Vergewaltigung“ (in Wahrheit geht es um wenig glaubhafte Beschuldigungen wegen geringerwertiger Sexualdelikte, die nur das extreme schwedische Sexualstrafrecht so kennt). Die Glaubwürdigkeit der schwedischen Justiz kann den Fall ebensowenig als Ruhmesblatt werten, wie die westliche freie Presse. Der Guardian zeigt sich einmal mehr als Meister subtiler Anti-Assange Botschaften, wie sie sich schon in der legendären Propagandafilm-Produktion „Wikileaks –Geheimnisse und Lügen“ zeigte: Dort hatten Guardian-Journalisten Julian Assange als Mafioso und Monster bezeichnet.

Ecuador an London: Imperialisten!

Galindo Gaznate 22.10.2012

London. Ana Alban, die Botschafterin Ecuadors in London,  äußerte in einem am Sonntag gesendeten Interview harte, aber wohl gerechtfertigte Kritik an London. Die britische Regierung habe sich in der WikiLeaks-Affäre um Julian Assange wie ein koloniales Imperium verhalten, so die Kritik von Botschafterin Alban. In ihrem Eifer, dem großen Bruder USA seinen Staatsfeind Nr.1 via Schweden auszuliefern, sei die Maske der Zivilisation den Briten vom Gesicht gerutscht. Großbritannien habe insbesondere mit der Drohung, die Botschaft der kleinen Andenrepublik zu stürmen, die Grenze normalen zwischenstaatlichen Handelns weit überschritten. Der diplomatische Disput bewegt Beobachter bis auf die arabische Halbinsel (Oman Tribune), die einst dem Britischen Empire unterworfen war und jetzt Truppen der USA beherbergen darf.

Auf Befragen durch den britischen Rundfunk-Sender BBC Radio meinte Alban, diese infame Drohung der britischen Regierung sei „der größte Fehler„, den London während ihrer Zeit als Botschafterin gemacht habe.

„They were trying to show this little country that the British are still an empire and we should learn to be good boys during our stay here,“ said Alban.

Sie versuchten diesem kleinen Land zu zeigen, dass die Briten noch immer ein Imperium sind und dass wir lernen sollten, brave Jungs zu sein, während wir hier sind.

Das Verhalten der britischen Polizei gegenüber den Botschaftsangehörigen scheint ebenfalls nicht zur Erhebung der diplomatischen Beziehungen beizutragen. Botschafts-Mitarbeiter beklagten sich bei der BBC, die ständige Polizeipräsenz vor der Botschaft wirke intimidating – einschüchternd, so Shanhai Daily. Die Polizeitruppen lauern nur darauf, den Wikileaks-Gründer bei einem Fluchtversuch festzunehmen. Wie ihre Kollegen äußerte sich auch Alban kritisch über das Verhalten der Polizei, sie habe sogar Polizisten direkt vor dem Fenster ihrer Toilette entdeckt -Briten sind Weltmeister im Video-Voyeurismus und nehmen es mit der Privatsphäre anscheinend nicht so genau. Wo ist das gute Benehmen der britischen Gentlemen geblieben? Sogar Mr.Bean (R.Atkinson) ist derzeit mit der Britischen Politik unzufrieden und tritt auf youtube für mehr Informationsfreiheit ein -kein Wunder, dass London Wikileaks hasst.

In den deutschen Medien war die Flucht von Assange in die Vertretung Ecuadors unter anderem der Auftakt zu einer medialen Hetzjagd auf das kleine südamerikanische Land mit einer sozial orientierten Regierung. Der übliche Antikommunismus vieler Mainstream-Medien steigerte sich dabei zu einer Hexenjagd nicht nur auf Assange, sondern auch auf den ecuadorianischen Präsidenten Correa.