Galindo Gaznate
Spektakuläre Selbstmorde bei Räumungen hatten zu Beginn der Immobilien- und Finanzkrise in Madrid eine breite Öffentlichkeit geschaffen. So entstand mit dem Protest gegen die Zwangsräumungen eine starke Bewegung im Land und machte aus ihrer Vorkämpferin Ada Colau die Bürgermeisterin von Barcelona. Heute haben sich die Menschen daran gewöhnt, dass Banken Familien aus ihren Heimstätten und damit in den Suizid treiben. Neoliberalismus as usual: Der Terror der Reichen gegen die Armen. Merkel und Goldman Sachs lassen grüßen.
„Ein Mann in den Sechzigern begeht in Valencia Selbstmord, bevor er aus seiner Wohnung geräumt wurde“, titelte die spanische Lokalzeitung „Levante“ letzte Woche: „Un sexagenario se quita la vida cuando iba a ser desahuciado en Valencia“. Das von den Finanzverbrechern geschickte Räumungskommando fand den 66-jährigen Mann tot vor. Er hatte sich, wie so viele andere, das Leben genommen, bevor er auf die Straße geworfen wurde. Er konnte seit dem vergangenen November die Miete nicht mehr bezahlen. So wird es Jahr für Jahr schlimmer. 2013 schrieb ich dazu:
„Madrid. Im letzten Jahr starben Menschen durch Zwangsräumungen – die Spanier zeigten ihren Zorn auf der Straße. Diese Woche trat ein Gesetz in Kraft, das Rajoy unter dem Druck der Proteste auf den Weg gebracht hatte: Die Beschränkung des Rechtes der Banken, ihre Schuldner rücksichtslos auf die Straße zu werfen. Die Mitschuld der Banken an der Überschuldung vieler Menschen wurde damit indirekt anerkannt. Ob dies auch in der Rechtspraxis Wirkung zeigt, muss sich erst noch erweisen… Grund: Die brutale Sparpolitik, die von Berlin und Brüssel Europa aufgezwungen wird. Arbeitslosigkeit, Elend und Obdachlosigkeit breiten sich in Europa aus.“ Galindo Gaznate 2013
Das Gesetz blieb wirkungslos. Rajoy wurde endlich abgewählt und doch kann die Gerechtigkeit nicht durchgesetzt werden: Zu groß ist die Macht der Banken und des globalen Finanzkapitals unter Führung von IWF und Goldman Sachs. Während Podemos und andere Linke vom rechtspopulistischen Establishment weiter dabei torpediert wird, endlich eine linke spanische Regierung zu bilden, geht das soziale Drama mit tödlichen Konsequenzen weiter. Das belegen auch Zahlen, die das spanische Statistikamt INE diese Woche ans Licht gebracht hat. Die Statistiken belegen, dass seit der von Finanzkriminellen lancierten Krise die Zahl der Suizide in Spanien um 20% angestiegen ist. 2014 war mit 3.910 Selbstmorden die höchste Zahl an Opfern zu beklagen, seit Beginn der Aufzeichnungen vor 35 Jahren. Eine perverse Bilanz des Grauens, die blasierte und zynische Journalisten gerne verschweigen, wenn sie von „Reformen“ und „Wettbewerbsfähigkeit“ daher schwadronieren, um Propaganda für ihre reichen Herren zu machen.