E-Zigarette soll Arzneimittel werden

Nora Drenalin und Ludwig Virchow 15.05.2013

Tabak-Raucher rauchen, e-Raucher dampfen. Die Werbung will uns das Dampfen als Lifestyle-Artikel ohne schädliche Nebenwirkungen verkaufen. Aber sind elektrische Zigaretten eine geeignete Alternative zum Rauchen? Krebsforscher und Verbraucherschützer empfahlen jetzt als Ergebnis einer Untersuchung der Inhaltsstoffe: Unabhängig vom Nikotingehalt sollten e-Zigaretten als Arzneimittel eingestuft und nur in Apotheken verkauft werden. Dies würde den Konsum vermutlich verteuern und einschränken.

Tabak-Raucher rauchen, e-Raucher dampfen. Die Werbung will uns das Dampfen als Lifestyle-Artikel ohne schädliche Nebenwirkungen verkaufen. Aber sind elektrische Zigaretten eine geeignete Alternative zum Rauchen? Oder eröffnen sie einen neuen Suchtmarkt? Die elektrische Zigarette gilt e-Rauchern auch als wichtiges Hilfsmittel, um von ihrer Sucht nach Tabak wegzukommen. Die Meinungen zu elektrischen Zigaretten gehen weit auseinander, nicht zuletzt, weil man zu wenig über die Eigenschaften der Produkte weiß.

Nahezu jede auf dem freien Markt erhältliche elektrische Zigarette, auch E-Zigarette, rauchlose Zigarette oder elektronische Zigarette genannt, ist ein Gerät zum Inhalieren verdampfter Flüssigkeit (oder Liquid) und daraus sich bildenden Nebels oder Dampf an Stelle von Zigarettenrauch. Der Dampf und der daraus mit angesaugter Luft entstehende Nebel ähnelt in Konsistenz und sensorischer Wirkung dem Tabakrauch. Im Gegensatz zum Rauchen findet keine schwelende bzw. glimmende Verbrennung statt, bei der viele gesundheitsschädliche Stoffe entstehen bzw. aus dem Tabak freigesetzt werden.Eine e-Zigarette simuliert also mit technischen Mitteln das Rauchen, ohne Tabak zu verbrennen -doch was enthält die verdampfte Flüssigkeit außer dem Suchtstoff Nikotin noch?

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) debattierte lange über das Dampfen. Aber jetzt hat das DKFZ zusammen mit Verbraucherschützern vor möglichen gesundheitlichen Schäden durch das Produkt gewarnt. „Der Qualm besteht nicht aus Wasserdampf. Er ist ein Chemiegemisch“, warnte Martina Pötschke-Langer, die Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention beim DKFZ. Zusammen mit dem Verbraucherschutz-Bundesverband stellte das Heidelberger Institut eine neue Studie vor.

Die e-Zigarette besteht aus der Stromquelle, dem elektrischen Vernebler und der je nach Geschmack einsetzbaren Kartusche mit Nikotinlösung, die bei Saugen am Mundstück zu Dampf wird. Die Lösungen enthielten jedoch auch Stoffe, die bei Kurzzeitgebrauch die Atemwege reizen und zu allergischen Reaktionen führen können. Der Dampf mancher Flüssigkeiten weise gesundheitsgefährdende und sogar krebserregende Substanzen auf, warnte das DKFZ. Zu bemängel seien auch die Herstellerangaben, die als nikotinfrei deklarierten Lösungen, enthielten teilweise sehr hoch dosiertes Nikotin. Nur in zehn von 35 Proben hätte der untersuchte Nikotingehalt sich als korrekt angegeben erwiesen. Auch bei E-Zigaretten bestehe zudem das Problem des Passivrauchens: Propylenglykol, das die Verdampfung fördert, könne zu Augen-, Rachen- und Atemwegsreizungen führen und insbesondere bei Kindern dampfender Eltern das Asthmarisiko erhöhen. Letzteres gilt zwar genauso für Tabak-Raucher mit Kindern -doch die e-Zigarette könnte damit auch die Gesundheit gefährden, womöglich Krebs auslösen.

Es gibt natürlich auch andere Meinungen: Ein gewisser Dr. Laugesen aus Neuseeland vertritt z.B. die Ansicht, dass e-Zigaretten das Krebsrisiko verringern, da sie es dem Raucher ermöglichen, Nikotin ohne die vielen schädlichen Zusatzstoffe zu konsumieren, die im Zigarettenrauch enthalten sind. Angeblich hat Laugesen keine Verbindung zur e-Zigaretten-Industrie, so e-zigarretten-test.de.

Viele hielten das Dampfen zwar für gesünder als Tabak-Zigaretten und versuchten so, mit dem Tabak-Rauchen aufzuhören. E-Zigaretten könnten durch ihren Nikotingehalt auch tatsächlich negative Entzugserscheinungen unterdrücken, es sei jedoch noch nicht erforscht, ob dies langfristig zu einem dauerhaften Rauchstopp führe. Das DKFZ forderte als Fazit seiner Untersuchung, e-Zigaretten streng zu kontrollieren und die Langzeitfolgen intensiv zu erforschen. Unabhängig vom Nikotingehalt sollten e-Zigaretten als Arzneimittel eingestuft und nur in Apotheken verkauft werden -womit man wohl doch eine gewisse Hilfe beim ungelösten Problem einer Suchthilfe für Tabak-Abhängige eingestand. Doch wie wir wissen, steht unser Gesundheitswesen vor weit drängenderen Problemen: Dem neoliberalen Spardiktat aufgrund von via Steuergeschenken für die Wohlhabenden, Superreichen und Konzerne vorsätzlich geleerten öffentlichen Kassen.

Der Neoliberalismus als Geißel des Gesundheitswesens
Das Gesundheitswesen leidet mehr als unter allen neuen Suchtmitteln unter der üblen Ideologie des Neoliberalismus. Der Medizinreformer und deutsche Urliberale Rudolf Virchow (1821-1902) würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, welche Lumpenbande sich heute das Wimpelchen “liberal” anheftet. Nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen westlichen Welt werden unter der Finanz- und Mediendiktatur des Neoliberalismus Gelder aus der Medizin in das Finanzwesen umgeleitet. Es werden in dramatischem Ausmaß die Mittel für Krankenhäuser, Behandlung von Armen, Medikamente und medizinische Forschung beschnitten, um sie per Steuersenkung in die Taschen reicher, nutzloser Möchtegerneliten umzulenken. Rudolf Virchow wusste dagegen: Eine kostenlose medizinische Behandlung ist genauso Menschen- und Bürgerrecht, wie eine gesunde Umgebung. Gesundheitssystem und öffentliche Infrastruktur nach diesen Maßgaben zu gestalten ist wichtigste Aufgabe des Staatswesens -die Neoliberalen leugnen dies und wollen eine unsoziale Zwei-Klassen-Medizin.Dieses neoliberale Verbrechen an der Menschheit könnte sich schneller rächen, als die Diebe des Gemeingutes Gesundheit sich gedacht hatten. Ihre absurden Ideen von einer zwanghaften Effizienz (anstelle gesunder Effektivität) insbesondere der Krankenhäuser kosten immer mehr Menschen Leben und Gesundheit. Kostensparen an der Gesundheit ist Sparen am falschen Platz. Eine gesunde Quote an freien Betten in unseren Hospitälern kostet zwar, aber kann im Fall einer Epidemie lebensrettend sein: Siehe die aktuelle Coronaviren-Ausbreitung.