Rubikon: Rettet Julian Assange!

John Pilger

John Pilger

Wikileaks-Unterstützer, preisgekrönter Journalist und Filmemacher: Der Australier John Pilger

Die Verfolgung von Julian Assange muss ein Ende haben. Sonst endet sie in einer Tragödie.

Die australische Regierung und Premierminister Malcom Turnbull haben die historische Chance zu entscheiden, welchen Ausgang die Geschichte nehmen wird.

Schweigen sie weiterhin, wird die Geschichte das nicht verzeihen. Oder aber sie handeln im Interesse von Gerechtigkeit und Menschlichkeit und holen diesen bemerkenswerten australischen Staatsbürger nach Hause.

Assange verlangt keine Sonderbehandlung. Die Regierung hat die klare diplomatische und moralische Verpflichtung, australische Bürger vor schwerem Unrecht zu schützen: In Julians Fall vor einem krassen Justizirrtum und der außerordentlichen Gefahr, die ihn erwartet, sollte er die ecuadorianische Botschaft in London ohne Schutz verlassen.

Wir wissen vom Fall Chelsea Manning, was er zu erwarten hat, wenn der US-Auslieferungsbefehl Erfolg hat – ein UN-Sonderberichterstatter nannte es Folter.

Tsunami von Lügen

Ich kenne Julian Assange gut; ich betrachte ihn als einen engen Freund, einen Menschen von außerordentlicher Belastbarkeit und Mut. Ich habe mitbekommen, wie ihn ein Tsunami von Lügen und Verleumdungen überflutet hat, unaufhörlich, rachsüchtig, hintertrieben; und ich weiß, weshalb sie ihn verleumden.

2008 wurde in einem streng geheimen Dokument, datiert vom 8. März 2008, ein Plan entworfen, sowohl WikiLeaks als auch Assange zu zerstören. Verfasst hat ihn die Cyber-Spionageabwehr, eine Abteilung des US-Verteidigungsministeriums. Die Autoren beschrieben detailliert, wie wichtig es sei, das „Gefühl des Vertrauens“ zu zerstören, das den „Schwerpunkt“ von WikiLeaks ausmacht. Dies, schrieben sie, würde man mit der Androhung von „Entblößung“, „Strafverfolgung“ und einem unerbittlichen Angriff auf den guten Ruf erreichen. Ziel war es, WikiLeaks und seinen Herausgeber zum Schweigen zu bringen und zu kriminalisieren. Es war, als ob sie einen Krieg gegen einen einzelnen Menschen und das Prinzip der Redefreiheit planten.
Ihre Hauptwaffe sollte die persönliche Verleumdung werden. Ihre Schocktruppen sollten in den Medien eingesetzt werden – diejenigen, die eigentlich die Dinge richtig darstellen und uns die Wahrheit sagen sollen.

Vichy-Journalismus

Ironischerweise hat diesen Journalisten niemand gesagt, was sie tun sollen. Ich nenne sie Vichy-Journalisten – nach der Vichy-Regierung, die der deutschen Besatzung Frankreichs im Krieg diente und sie ermöglichte.

Im letzten Oktober interviewte die Journalistin Sarah Ferguson von der Australian Broadcasting Corporation Hillary Clinton, die sie als „die Ikone Ihrer Generation“ bauchpinselte.

Es handelte sich wohlgemerkt um dieselbe Clinton, die damit drohte, den Iran „vollkommen auszulöschen“ und die als US-Außenministerin 2011 zur Invasion und Zerstörung des modernen Staates Libyen aufstachelte, wodurch 40.000 Menschen getötet würden. Wie schon der Einmarsch in den Irak beruhte diese Intervention auf Lügen.

Als der libysche Präsident öffentlich und auf grauenvolle Weise mit dem Messer ermordet wurde, wurde Clinton dabei gefilmt, wie sie jauchzte und jubelte. Es geht zum großen Teil auf ihr Konto, dass Libyen eine Brutstätte für den IS und andere Dschihadisten wurde. Zum großen Teil dank ihr flüchteten Zehntausende über das Mittelmeer, begaben sich dabei in Gefahr, und viele ertranken.
Geleakte Emails, die WikiLeaks veröffentlichte, zeigten, dass Hillary Clintons Stiftung – die sie mit ihrem Mann betreibt – Millionen Dollar aus Saudi-Arabien und Katar erhielt, die Hauptunterstützer des IS und des Terrorismus im Mittleren Osten.

Als Außenministerin genehmigte Clinton die größten Waffenexporte, die es jemals gab – im Wert von 80 Milliarden Dollar – und zwar nach Saudi-Arabien, einen der Hauptgönner ihrer Stiftung. Heute benutzt Saudi-Arabien diese Waffen dazu, verhungernde und gepeinigte Menschen in einem völkermörderischen Angriff gegen den Jemen zu vernichten.

Sarah Ferguson, eine hochbezahlte Journalistin, erwähnte all dies mit keinem Wort, als Hillary Clinton ihr gegenübersaß.

Stattdessen forderte sie Clinton dazu auf zu beschreiben, wie Julian Assange „sie persönlich“ beschädigt habe. In ihrer Antwort diffamierte Clinton Assange, einen australischen Bürger, als „eindeutiges Werkzeug des russischen Geheimdienstes“ und „nihilistischen Opportunisten, der jedem Diktator zu Diensten steht“.

Für ihre schwerwiegenden Beschuldigungen brachte sie keinerlei Beweise vor – sie wurde auch nicht dazu aufgefordert.

Zu keiner Zeit erhielt Assange das Recht, auf dieses schockierende Interview zu antworten, obwohl Australiens aus öffentlichen Geldern finanzierter Rundfunk dazu verpflichtet war.

Und, als wäre das nicht genug, ging Fergusons Produktionsleiterin Sally Neighbour auf das Interview ein, indem sie eine boshafte Nachricht retweetete: „Assange ist Putins Hure. Wir alle wissen das!“

Es gibt viele andere Beispiele von Vichy Journalismus. Der Guardian, angeblich einst eine große liberale Zeitung, betrieb eine Hetzkampagne gegen Julian Assange. Wie ein gekränkter Liebhaber zielte der Guardian mit seinen persönlichen, kleinlichen, unmenschlichen und feigen Attacken auf einen Mann, dessen Arbeit er einst veröffentlicht und von der er profitiert hatte.

Der frühere Guardian-Herausgeber Alan Rusbridger nannte die WikiLeaks-Enthüllungen, die seine Zeitung 2010 veröffentlichte, „einen der größten journalistischen Knüller der letzten 30 Jahre“. Die Zeitung heimste Preise ein und wurde gefeiert, als ob Julian Assange gar nicht existierte.

Die Enthüllungen von WikiLeaks wurden Teil einer Marketingstrategie vom Guardian, um den Verkaufspreis der Zeitung in die Höhe zu treiben. Andere machten einen guten, oft einen sehr guten Schnitt, während WikiLeaks und Assange ums Überleben kämpften.

Während kein Cent bei WikiLeaks hängenblieb, führte ein hochgejubeltes Buch des Guardian zu einem lukrativen Hollywoodfilm-Deal. Die Verfasser des Buches, Luke Harding und David Leigh, verleumdeten Assange grundlos als „beschädigte Persönlichkeit“ und „kaltschnäuzig“.

Sie plauderten auch das geheime Passwort aus, das Julian dem Guardian vertraulich gegeben hatte und das dem Schutz einer digitalen Datei dienen sollte, die die Faxe der US-Botschaft enthielt.

Als Assange in der ecuadorianischen Botschaft gefangen war, stand Harding, der sich auf Kosten Julian Assanges und Edward Snowdens bereichert hatte, zusammen mit der Polizei vor der Botschaft und freute sich hämisch in seinem Blog, dass „Scotland Yard zuletzt lachen könnte“. Fragt sich, warum.

Auf der Abschussliste

Julian Assange hat keine Straftat begangen. Er wurde nie eines Verbrechens angeklagt. Die Schwedenepisode war an den Haaren herbeigezogen und eine Farce. Er wurde rehabilitiert.

Katrin Axelsson und Lisa Longstaff von Women Against Rape (britische Organisation zur Unterstützung von Frauen, die vergewaltigt wurden, Anm.d. Übersetzerin) brachten es auf den Punkt, als sie schrieben:

„Die Vorwürfe gegen [Assange] sind Nebelkerzen, hinter denen eine Reihe von Regierungen hart gegen WikiLeaks durchgreifen will, weil es der Öffentlichkeit enthüllt hat, wie sie insgeheim Kriege und die Besetzung anderer Länder planen mit allem, was dazugehört: Vergewaltigung, Mord und Zerstörung… Die Behörden scheren sich so wenig um Gewalt gegen Frauen, dass sie nach Belieben Vergewaltigungsvorwürfe manipulieren.“

Diese Wahrheit ging in der medialen Hexenjagd unter, die Assange schändlicherweise mit Vergewaltigung und Frauenhass in Verbindung brachte. An der Hexenjagd beteiligten sich auch Stimmen, die sich selbst als links oder feministisch einordneten. Sie haben absichtlich die Hinweise auf die außerordentliche Gefahr ignoriert, die mit Assanges Auslieferung in die USA einherginge.

Laut einem Dokument, das Edward Snowden veröffentlicht hat, steht Assange auf einer „Fahndungs-Abschussliste“. Ein offizieller Aktenvermerk, der geleakt wurde, lautet: „Assange wird im Gefängnis eine nette Braut abgeben. Fickt den Terroristen. Er wird bis an sein Lebensende Katzenfutter essen.“

In Alexandria, Virginia, wo die kriegslüsterne US-Elite zuhause ist, hat eine geheime Grand Jury – ein Atavismus aus dem Mittelalter – sieben Jahre lang versucht, Assange ein Verbrechen anzuhängen, für das er strafrechtlich verfolgt werden kann.

Das ist nicht einfach; die US-Verfassung schützt Herausgeber, Journalisten und Whistleblower. Assanges Verbrechen besteht darin, ein Schweigen gebrochen zu haben.

WikiLeaks‘ historische Leistung

Kein investigativer Journalismus, der mir im Laufe meines Lebens untergekommen ist, kann aufwiegen, was WikiLeaks geleistet hat, indem es räuberische Macht zur Rechenschaft gezogen hat. Es ist, als hätte man einen Vorhang der Scheinmoral weggezogen, um den Imperialismus liberaler Demokratien ans Licht zu zerren: das Engagement für endlose Kriege, die Spaltung und Demütigung „unwerten“ Lebens: Das reicht vom Grenfell Tower bis Gaza.

Harold Pinter

Als Harold Pinter 2005 den Nobelpreis für Literatur annahm, sprach er vom „riesigen Lügengeflecht, von dem wir zehren“. Er stellte die Frage, weshalb „die systematische Brutalität, die verbreiteten Grausamkeiten, die skrupellose Unterdrückung unabhängigen Denkens“ vonseiten der Sowjetunion im Westen allgemein bekannt seien, während Amerikas imperiale Verbrechen „niemals geschehen sind… selbst, während sie begangen wurden, sind sie niemals geschehen“.

Durch seine Enthüllung der betrügerischen Kriege (Afghanistan, Irak) und die schamlosen Lügen der Regierungen (Chagos Inseln), hat uns WikiLeaks einen Blick darauf erhaschen lassen, wie das imperiale Spiel im 21. Jahrhundert gespielt wird. Deshalb schwebt Assange in tödlicher Gefahr.

Vor sieben Jahren verabredete ich mich in Sydney mit Malcolm Turnbull, damals prominenter liberaler Abgeordneter im Parlament. Ich wollte ihn darum bitten, der Regierung einen Brief von Gareth Peirce, Assanges Anwalt, zu überbringen. Wir sprachen von seinem berühmten Erfolg – als er in den 1980er-Jahren als junger Anwalt gegen die Versuche der Britischen Regierung kämpfte, die freie Rede zu unterdrücken und die Veröffentlichung des Buchs Spycatcher zu verhindern – eine Art WikiLeaks der damaligen Zeit, da es die Verbrechen der Staatsmacht enthüllte.

Damals war Julia Gillard Premierministerin von Australien, eine Labour Politikerin, die WikiLeaks für „illegal“ erklärte und die Assanges Pass für ungültig erklären wollte – bis man ihr erklärte, dass sie das nicht tun könne: dass Assange kein Verbrechen begangen habe: dass WikiLeaks ein Herausgeber sei, dessen Werk geschützt sei vom Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, zu deren Erstunterzeichnern Australien gehörte.

Indem sie Assange, einen australischen Staatsbürger, im Stich ließ und sich heimlich zu seiner Verfolgung verschwor, zwang das unerhörte Verhalten der Premierministerin Gillard Assange aufgrund des Problems seiner Anerkennung unter internationales Recht, als politischer Flüchtling, dessen Leben in Gefahr war. Ecuador berief sich auf die Konvention von 1951 und gewährte Assange in seiner Londoner Botschaft Zuflucht.

Gillard trat kürzlich mit Hillary Clinton auf; sie werden als Wegbereiterinnen des Feminismus angekündigt. Wenn es einen Grund gibt, sich an Gillard zu erinnern, dann ist es die kriegshetzerische, unterwürfige, peinliche Rede, die sie vor dem US-Kongress hielt, kurz nachdem sie die illegale Einziehung von Julians Pass verlangt hatte.

Rettet der australische Premier Assange?

Heute ist Malcolm Turnbull Premierminister von Australien. Julian Assanges Vater hat Turnbull geschrieben. Es ist ein bewegender Brief, in dem er an den Premier appelliert, seinen Sohn nach Hause zu holen. Er beschreibt darin die reale Möglichkeit, dass sich sonst eine Tragödie abspielen könnte.

Ich habe beobachtet, wie sich Assanges Gesundheitszustand in den Jahren in Gefangenschaft ohne Tageslicht verschlechterte. Er hat einen nicht chronischen Husten, darf sich aber nicht einmal auf den Weg ins Krankenhaus machen, um sich röntgen zu lassen.

Malcolm Turnbill kann stumm bleiben. Oder er kann diese Chance ergreifen und seinen diplomatischen Einfluss dazu nutzen, das Leben eines australischen Staatsbürgers zu schützen, dessen mutiger Dienst an der Allgemeinheit zahllose Menschen auf der ganzen Welt würdigen. Er kann Julian Assange nach Hause holen.


Redaktionelle Anmerkung von Rubikon: Dies ist eine gekürzte Version einer Ansprache von John Pilger auf einer Kundgebung in Sydney, Australien, anlässlich des 6. Jahrestages von Julian Assanges Zwangsunterbringung in der ecuadorianischen Botschaft in London. Dieses Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen dürfen Sie es verbreiten und vervielfältigen.  (was hiermit geschehen wäre)

John Pilger

Dokumentarfilmer John Pilger

John Pilger, gebürtiger Australier, war viele Jahre Auslandskorrespondent und Kriegsreporter und ist heute Autor und Dokumentarfilmer. Er hat zahlreiche internationale Preise gewonnen, darunter die Goldmedaille der United Nations Association. Er ist einer von nur zwei Journalisten, die zweimal zum „Journalist of the Year“, der höchsten Auszeichnung im britischen Journalismus, ernannt wurden. Seinen Dokumentarfilm „Cambodia Year Zero” aus dem Jahr 1979 zählt das British Film Institute zu den zehn wichtigsten Dokumentationen des 20. Jahrhunderts. Sein aktueller Film ist „The Coming War on China“.

Obamas Rollback-Geheimkrieg in Lateinamerika: Die NGO-Waffe

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Gerade ist ein US-Agentennetz in Ecuador aufgeflogen, in Brasilia ein kalter Putsch durch gekaufte Rechtsparteien, in Argentinien und besonders Venezuela durch Sabotage und Medienkrieg manipulierte Wahlen: Dilma Rousseff und die Chavisten unter Maduro waren die größten Hoffnungen auf ein menschenwürdiges Leben für Millionen Lateinamerikaner. Doch die Linksregierungen standen immer unter Dauerbeschuss aus den USA. Politische Erpressung und Wirtschaftskrieg sind die Antwort Washingtons auf demokratische Entscheidungen der Völker für sozialistische Regierungen. Dabei bedient sich Obamas Geheimkriegs-Strategie auf perfide Weise falscher NGOs und ideologisch vergifteter „Hilfsoperationen“, um ihre Helfershelfer in unliebsamen Ländern an die Macht zu putschen.

USAID und die CIA-Tarn-NGO „National Endowment for Democracy“ gerieten unter Druck, als WikiLeaks Beweise gegen sie enthüllte -die Westmedien waren zu feige und korrupt, um den Skandal der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Papageienhaft plappern ARD, Bertelsmann & Co. regelmäßig nach, was Politiker des Westblocks von sich geben, wenn Russland und zuletzt China die Konsequenzen ziehen -die Reglementierung prowestlicher NGO auf russischem und chinesischem Staatsgebiet sei ein „Eingriff in die Menschenrechte“. Doch der billige Tarnmantel der mehr oder weniger offen geheimdienstlich und/oder oligarchisch (Soros!) organisierten „NGO“ täuscht nur noch die verdummten Westmedien-Konsumenten.

Besonders zynisch ist, dass Obama, Merkel & Co. damit echtes humanes Engagement immer schwieriger machen. Aber das hat die Westmachthaber nie gestört: Schon die Hinrichtung des ausgedienten US-Agenten Osama Bin Laden (dessen Ölmilliardärs-Familie eng befreundet mit mit den Ölmillionären des Bushclans ist) wurde bekanntlich durch ein heimtückisch missbrauchtes Impfprogramm eingefädelt. Ergebnis sind Tausende Folgetote, weil die Menschen jetzt Impfungen misstrauen.

Doch die unter Obama in bislang ungeahnten Abermilliarden von Dollars schwimmenden US-Geheimdienste operieren natürlich auch weiterhin mit klassischen Agentennetzen: Gerade ist ein umfangreiches US-Agentennetz in Ecuador aufgeflogen, das offenbar einen Polizei- und Militärputsch gegen die sozialdemokratische Regierung von Rafael Correa vorbereiten sollte.

Den Unterlagen zufolge hat die amerikanische CIA-Agentin Leila Hadad Pérez bis 2007 Ämtervergaben in Sicherheitsbehörden sowie beim Militär beeinflusst… Mit falschen Papieren ausgestattet, hatte Hadad bereits im Jahr 1984 in der Hauptstadt Quito zunächst einen Beautysalon und anschließend einen Teppichladen eröffnet. Mit Hilfe dieser Tarnung nahm sie seither Einfluss auf die Politik ecuadorianischer Sicherheitsbehörden. Einem ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter zufolge beschaffte sie vor allem Geld und Fahrzeuge für verschiedene Polizeibehörden. Um ein größeres Netzwerk aufbauen zu können, gründete sie unter Mithilfe von Politikern und ranghohen Beamten zudem eine Agentur zur Anwerbung von Personen in Ecuador, die im Dienste der USA agierten. Amerika21

Die CIA mischte sich schon mehrfach in die Innenpolitik Ecuadors ein. 1963 führte eine CIA-Intrige zum Sturz des mit Kuba sympathisierenden Präsidenten Carlos Julio Arosemena. 2013 hatte eine ecuadorianische Nachrichtenagentur Informationen über die CIA-Planung für einen Mordanschlag auf Präsident Correa.

Bolivien und Ecuador hatten besonders die halbstaatliche „Hilfsorganisation“ USAID der politischen Sabotage bezichtigt, Venezuela sich über Anschläge durch US-finanzierte Terrorgruppen beklagt. Die USA leugneten dies stets, aber die Beweise sprechen gegen Washington. Alexander Main und Dan Beeton vom Center for Economic and Policy Research haben eine erste Studie über verdeckte US-Einflussnahmen gegen die Linksregierungen in Lateinamerika in den vergangenen 15 Jahren erstellt „The Latin America WikiLeaks Files: US diplomatic cables reveal a coordinated assault against Latin America’s left-wing governments“ (Die Lateinamerika WikiLeaks Files: US-Depeschen enthüllen koordinierte Anschläge gegen Lateinamerikas Linksregierungen): The WikiLeaks Files: The World According to US Empire

Die von Main und Beeton ausgewerteten WikiLeaks-Dokumente belegen die finanzielle und strategische US-Unterstützung rechter bis rechtsextremer Oppositionsgruppen (darunter antidemokratischer und gewalttätiger Banden) durch US-Botschaften in linksregierten Ländern. Derartiger Terror wird bevorzugt über die Behörde des US-Außenministeriums für internationale Entwicklung (USAID) und verschiedene angebliche NGOs wie das berüchtigte NED (National Endowment for Democracy) ausgeübt.

ALBA-Konferenz: Evo Morales, Manuel Zelaya, Daniel Ortega, Hugo Chávez, Rafael Correa

Bild: Im April 2009 amtierende linksgerichtete Regierungschefs: Evo Morales, Manuel Zelaya, Daniel Ortega, Hugo Chávez, Rafael Correa; Zelaya wurde zwei Monate nach diesem Foto aus dem Amt geputscht, Chavez starb vier Jahre später unter mysteriösen Umständen an Krebs; Rafael Correa steht auch unter US-Druck, weil er in seiner Londoner Botschaft dem WikiLeaks-Gründer Julian Assange Asyl gewährt -die US-Oligarchie schlug zuletzt mit einem neuen Wirtschaftskrieg gegen ihn zu: Chevron will 100 Millionen aus dem armen Land quetschen -eine Strafzahlung, weil Correa dem US-Ölkonzern die brutale Umweltverpestung verbieten ließ und damit gegen ein TTIP-artiges „Investitionsschutzabkommen“ verstieß, das eine US-Marionetten-Regierung für das Land unterzeichnete.

Durch solche geheimen Operationen und False-Flag-Anschläge sollten Beweise einer völkerrechtswidrigen Einmischung in innere Angelegenheiten einer souveränen Nation zu erschwert werden -bis WikiLeaks kam. Die US-Botschaftsdepeschen beweisen nun jedoch intensive Aktivitäten gegen Linksregierungen und den „Bolivarismus“, die als eine Bedrohung der US-Interessen charakterisiert werden. Schwerpunkt der US-kritischen Studie von Main und Beeton waren die sozialistisch bis sozialdemokratisch regierten Länder Bolivien, Nicaragua, Ecuador und Venezuela. Die enthüllte interne Sprache der US-Administration zeigt sich als ideologisch-hetzerisch bis martialisch-terroristisch, Regierungschefs, die soziale Reformen für ihre Völker einführten, werden als „Populisten“ verhetzt, ihre politischen Parteien und Organisationen als „Mafia“ diffamiert:

„ Ambassador Trivelli made it clear that Ortega is the same populist Mafioso who drove Nicaragua into the ground under previous Sandanista rule. An Ortega victory in upcoming presidential elections would give Chavez a foothold in the region…“ WikiLeaks, US-Depesche 11.April 2006

USA erpressten Evo Morales

Der US-Botschafter David L. Greenlee warnte Evo Morales 2005, einen Tag nach seiner Wahl zum Präsidenten von Bolivien, vor der Macht der USA in den internationalen Kreditinstitutionen: „Dies ist keine Erpressung, dies ist einfach die Realität.“ Als Morales sich der Erpressung nicht beugen wollte, sorgte Washington dafür, dass seinem bitterarmen Land so viele internationale Hilfsgelder vorenthalten wurden wie es nur ging. Trotz dem Umschwenken auf eine soziale Innenpolitik sollte es den Bolivianern schlechter gehen als unter den vorherigen US-hörigen Rechtsregierungen.

Evo Morales ist seit  2006 Präsident Boliviens. Er ist Vorsitzender der sozialistischen bolivianischen Partei Movimiento al Socialismo (MAS) und der Bewegung für die Rechte der Coca-Bauern. Er gewann  die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen 2005 mit 54 Prozent der Stimmen und wurde damit als erster Indígeno Staatsoberhaupt von Bolivien und in Lateinamerika überhaupt -den Rassisten in Pentagon und CIA (die sich nicht zufällig besonders oft faschistischer Gruppen bedient) ist er allein deshalb ein Ärgernis. Zudem errang er den deutlichsten Wahlsieg seit Ende der letzten Militärregierung 1982. Bei der Präsidentenwahl vom Dezember 2009 übertraf er mit einer Zustimmung von 64 Prozent sogar noch das Ergebnis von 2005.

Vor der französischen Botschaft in La Paz protestierten damals Bolivianer gegen das “Kidnapping” ihres Präsidenten. Grund für das Verhalten Frankreichs war wohl Angst vor den USA: Man vermutete,  der NSA-Dissident Snowden sei an Bord der Maschine. Ebenso verweigerten sich Spanien, Portugal und Italien. Die Organisation Amerikanischer Staaten protestierte gegen den respektlosen Angriff auf ein Staatsoberhaupt. Morales hatte Obama abermals eine Schlappe verpasst. Dem Sozialisten Evo Morales gelang es trotz heftiger Attacken aus Washington, die Abhängigkeit von IWF und Weltbank zu mindern. Er konnte seine Agenda für die indigene Bevölkerung, die Reform des Arbeitsrechts, den Aufbau einer Gesundheitsversorgung und die Renationalisierung der Wasserkraftenergie sowie die Kooperation mit Venezuela beibehalten.

Einmischung in Nicaragua, Ecuador, Venezuela

Die US-Botschaft in Nicaragua organisierte nach der Rückkehr der linken Sandinisten an die Regierung ein Treffen mit der Rechtspartei Liberale Allianz Nicaraguas (ALN), um Alternativen für eine direkte US-Finanzierung vorzuschlagen. Die ALN solle sich stärker mit solchen NGOs koordinieren, die US-Mittel erhielten, hieß es bei dem Treffen im Jahr 2007. Die Botschaft arrangierte die Kontakte zu den NGOs International Republican Institute und National Democratic Institute for International Affairs. Im Jahr 2006, bereits zwei Monate vor der Wahl in Ecuador, schlug die US-Botschaft in Quito Alarm, dass Präsidentschaftskandidat Rafael Correa vorhabe, sich der „Chávez-Morales-Kirchner-Gruppe“ anzuschließen.

Gegen die Regierung Venezuelas gerichtet, taucht neben der vom US-Kongress finanzierten National Endowment for Democracy (NED) wiederum USAID als strategischer Akteur auf. Dokumente von 2004 und 2006 belegen indes, wie die US-Botschaft an USAID Leitlinien ausgab, die neben „internationaler Isolierung von Hugo Chávez“ auch die „Infiltration und Spaltung der chavistischen Basis“ enthielten. 2007 trafen sich die Botschafter der US-Vertretungen in sechs lateinamerikanischen Ländern in Brasilien, um ihre Bemühungen gegen den „aggressiven Plan“ des damaligen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez zu bündeln, eine „einige bolivarische Bewegung in Lateinamerika“ zu schaffen.

Vor dem Hintergrund diverser Militärputsche, die von US-Botschaften besonders in Lateinamerika inszeniert wurden, betonen die Autoren der Studie den bisher erfolgreichen Widerstand der demokratisch gewählten Linksregierungen von Bolivien, Nicaragua, Ecuador und Venezuela. Bedeutsam sei vor allem die Solidarität lateinamerikanischer Staatschefs gewesen, in denen diese alle Versuche verurteilten, auf verfassungswidrige Weise einen Regierungswechsel zu erreichen. Der in der Luftfahrtgeschichte einmalige Terrorakt von USA und EU, die Präsidentenmaschine von Evo Morales in den Alpen zu einer riskanten Landung zu zwingen, hatte diese Solidarisierung befeuert. Obama hatte damals durch seine europäischen Komplizen (die Regierungen in Madrid, Rom, Paris) versucht, den NSA-Dissidenten Edward Snowden zu kidnappen. Vermutlich um ihn foltern zu lassen, wie den WikiLeaks-Whistleblower Manning, der heute trotz der Verleihung zahlreicher internationaler Preise für seine heldenhafte Aufdeckung von US-Kriegsverbrechen in lebenslanger Militärhaft von Washington eingekerkert wird.

Geheimkriege destabilisieren Brasilien und Venezuela

Medien- und Wirtschaftskriege in Kombination mit Finanzierung militanter (Venezuela) und intriganter (Brasilien) BrasiliaMapOpposition im Lande brachten der US-Strategie dennoch Erfolge in den beiden wichtigsten Ländern Lateinamerikas. Der kalte Putsch gegen Dilma Rousseff in Brasilia und die mit Sabotage, Terror und immensem Propagandakrieg manipulierte Parlamentswahl in Caracas, brachten zuletzt doch noch die Obama-Administration voran. Wenngleich ein „regime change“ in beiden Fällen noch nicht vollständig gelungen scheint, haben die CIA und US-Außenministerium doch derzeit die Oberhand und die Initiative in Südamerika zurückgewonnen. Sie drohen jetzt, die bisherigen beachtlichen Erfolge des „Sozialismus des 21.Jahrhunderts“ sowie des Staatenbündnis ALBA wieder zurückzudrehen. Die Menschenrechte, insbesondere die Armutsbekämpfung und Befreiung von Ausbeutung durch Westoligarchien, wären dann wieder in Gefahr.

Neue Snowden-Files geleakt: The Intercept öffnet NSA-Akten

Gerd R. RuegerNSA-LauschLogo

Glenn Greenwald publizierte vor drei Jahren die ersten Snowden-Files. Jetzt legt er kräftig nach: The Intercept leakt weitere 166 Artikel der internen NSA-Hauszeitschrift SIDtoday (SID: Signals Intelligence Directorate), die 2003 während des Irakkriegs startete und  TheIntercept bis zum Jahrgang 2012 vorliegt. Die Geheimdateien geben auch Einblick in die bislang unbekannte, finstere Rolle der NSA bei den Folter-Verhören der USA in Guantánamo, der (im Gegensatz zur Krim durch Russland) illegal von den USA annektierten US-Basis auf Kuba, wo Washington ein menschen- und völkerrechtswidriges Folter-KZ betreibt. Vor der Veröffentlichung hat The Intercept die NSA-Dokumente zum Schutz von Persönlichkeitsrechten redigiert. Greenwalds Leute präsentieren auch eine Auswahl der „most intriguing“, also „fesselndsten Artikel„.

Greenwald

Die USA-getreue Opposition in Brasilien hatte kürzlich die gemäßigt-sozialdemokratische Regierungspartei PT durch einen illegalen Parlamentsputsch gestürzt. Da Brasilien seit elf Jahren Glenn Greenwalds Exil-Wahlheimat ist (er musste die USA wegen politischer Drangsalierung verlassen, wie auch Laura Poitras und viele weitere Dissidenten, die im Westen als solche kaum gewürdigt werden) vermuten nun Beobachter eine Retourkutsche von The Intercept: Die massive Freigabe von NSA-Geheimdateien wird die Drahtzieher des Brasilien-Putsches empfindlich treffen -Obama dürfte von seinen Geheimdienstlern aus dem Schlaf geklingelt worden sein. Doch die Publikation der neuen Leak-Files wäre ohnehin irgendwann erfolgt, wenn auch wohl in kleineren Portionen. Zu SIDtoday schreibt The Intercept:

NSA: „brutal questioning and mistreatment“
Snowden

Edward Snowden

„SIDtoday is the internal newsletter for the NSA’s most important division, the Signals Intelligence Directorate. After editorial review, The Intercept is releasing nine years’ worth of newsletters in batches, starting with 2003. The agency’s spies explain a surprising amount about what they were doing, how they were doing it, and why.

Personnel from the National Security Agency worked alongside the military, CIA, and other agencies on interrogations at Guantánamo in the early days of the war on terror, new documents show. Entries from an internal NSA publication, which were among the documents provided by whistleblower Edward Snowden, described staffers’ deployments to Guantánamo Bay during a time period when prisoners were subjected to brutal questioning and mistreatment. An NSA employee also described participation in a rendition, when U.S. forces seized six men in Bosnia and secreted them off to Cuba. SIDtoday/TheIntercept“

GCHQ in die Parade gefahren

Greenwalds TheIntercept konterkarierte mit dem Leak auch eine PR-Operation des Britischen Dienstes Government GCHQlogoCommunications Headquarters (GCHQ) aus Cheltenham, denn just sind die Abhörspione auch  mit einem offiziellen Account auf Twitter vertreten: https://twitter.com/GCHQ. Der twitternde Geheimdienst ihrer Majestät rühmt sich seiner heroischen Geschichte im Ersten Weltkrieg und lädt kumpelhaft zum Fußballsudoku ein. In der ersten drei Stunden seiner Existenz sammelte das GCHQ über 17.000 Follower ein, so telepolis. Der GCHQ-Account folgt offiziell nur 59 anderen Accounts, tatsächlich dürften die Spione des Britischen Empire allen Twitternutzern folgen, insgeheim natürlich. Und da der GCHQ auf Online-Zersetzung politischer Gegner der Echelon-Allianz (USA, UK, Canada, Aus, NZ) spezialisiert ist -Hundertausende Twitter-Sockenpuppen dürften ihr Zuhause in Cheltenham haben und von dort aus ihr teilweise automatisch generiertes kommunikatives Lügengift in alle Welt vertwittern.

 

WikiLeaks LatinFiles: Ist USAID eine Terror-Organisation?

 Evo Morales, Manuel Zelaya, Daniel Ortega, Hugo Chávez, Rafael Correa

ALBA-Konferenz, Evo Morales, Manuel Zelaya, Daniel Ortega, Hugo Chávez, Rafael Correa

Galindo Gaznate

In Lateinamerika stehen Linksregierungen unter Dauerbeschuss aus den USA. Politische Erpressung und Wirtschaftskrieg sind die Antwort Washingtons auf demokratische Entscheidungen der Völker für sozialistische Regierungen. WikiLeaks Enthüllungen bringen nun neue Beweise gegen USAID und die CIA-Tarn-NGO „National Endowment for Democracy“ ans Licht. Bolivien und Ecuador hatten USAID der politischen Sabotage bezichtigt, Venezuela sich über Anschläge durch US-finanzierte Terrorgruppen beklagt. Die USA leugneten dies stets, aber die neuen Beweise sprechen jetzt gegen Washington: Eine US-Depesche belegt z.B. die „Kenntnis“ des US-Botschafters von Putsch- und Mordplänen gegen Evo Morales im September 2008.

Alexander Main und Dan Beeton vom Center for Economic and Policy Research haben im Jacobin-Magazin eine erste Studie über verdeckte US-Einflussnahmen gegen die Linksregierungen in Lateinamerika in den vergangenen 15 Jahren vorgestellt: The Latin America WikiLeaks Files: US diplomatic cables reveal a coordinated assault against Latin America’s left-wing governments. (Die Lateinamerika WikiLeaks Files: US-Depeschen enthüllen koordinierte Anschläge gegen Lateinamerikas Linksregierungen), die in einem neuen Buch erschien: The WikiLeaks Files: The World According to US Empire

Die von Main und Beeton ausgewerteten WikiLeaks-Dokumente belegen die finanzielle und strategische US-Unterstützung rechter bis rechtsextremer Oppositionsgruppen (darunter antidemokratischer und gewalttätiger Banden) durch US-Botschaften in linksregierten Ländern. Derartiger Terror wird bevorzugt über die Behörde des US-Außenministeriums für internationale Entwicklung (USAID) und verschiedene angebliche NGOs wie das berüchtigte NED (National Endowment for Democracy) ausgeübt.

Bild: ALBA-Treffen, April 2009, amtierende linksgerichtete Regierungschefs: Evo Morales, Manuel Zelaya, Daniel Ortega, Hugo Chávez, Rafael Correa; Zelaya wurde zwei Monate nach diesem Foto aus dem Amt geputscht, Chavez starb vier Jahre später unter mysteriösen Umständen an Krebs, Correa steht auch unter US-Druck, weil er in seiner Londoner Botschaft dem WikiLeaks-Gründer Julian Assange Asyl gewährt.

Venezuelas Präsident Maduro kämpft gegen übermächtige USA

Durch solche geheimen Operationen und False-Flag-Anschläge sollten Beweise einer völkerrechtswidrigen Einmischung in innere Angelegenheiten einer souveränen Nation zu erschwert werden -bis WikiLeaks kam. Die US-Botschaftsdepeschen beweisen nun jedoch intensive Aktivitäten gegen Linksregierungen und den „Bolivarismus“, die als eine Bedrohung der US-Interessen charakterisiert werden. Schwerpunkt der US-kritischen Studie von Main und Beeton waren die sozialistisch bis sozialdemokratisch regierten Länder Bolivien, Nicaragua, Ecuador und Venezuela. Die enthüllte interne Sprache der US-Administration zeigt sich als ideologisch-hetzerisch bis martialisch-terroristisch: Regierungschefs, die soziale Reformen für ihre Völker einführten, werden als „Populisten“ verhetzt, ihre politischen Parteien und Organisationen als „Mafia“ diffamiert:

„ Ambassador Trivelli made it clear that Ortega is the same populist Mafioso who drove Nicaragua into the ground under previous Sandanista rule. An Ortega victory in upcoming presidential elections would give Chavez a foothold in the region…“ WikiLeaks, US-Depesche 11.April 2006

Bolivien wurde erpresst: „This is no Blackmail“

Der US-Botschafter David L. Greenlee warnte Evo Morales 2005, einen Tag nach seiner Wahl zum Präsidenten von Bolivien, vor der Macht der USA in den internationalen Kreditinstitutionen: „Dies ist keine Erpressung, dies ist einfach die Realität.“ Als Morales sich der Erpressung nicht beugen wollte, sorgte Washington dafür, dass seinem bitterarmen Land so viele internationale Hilfsgelder vorenthalten wurden wie es nur ging. Trotz dem Umschwenken auf eine soziale Innenpolitik sollte es den Bolivianern schlechter gehen als unter den vorherigen US-hörigen Rechtsregierungen.

Dem Sozialisten Evo Morales gelang es dennoch erfolgreich, die Abhängigkeit von IWF und Weltbank zu mindern. Er konnte seine Agenda für die indigene Bevölkerung, die Reform des Arbeitsrechts, den Aufbau einer Gesundheitsversorgung und die Renationalisierung der Wasserkraftenergie sowie die Kooperation mit Venezuela beibehalten.

Die US-Botschaft setzte daraufhin auf die Förderung der rechten Opposition und separatistischer Bestrebungen in den östlichen, traditionell wohlhabenden Provinzen Boliviens. In einer diplomatischen Note vom September 2008 ist die Kenntnis des US-Botschafters von Putsch- und Mordplänen gegen Evo Morales belegt. Ohne USA direkt als Urheber dieser terroristischen Aktivitäten zu beschuldigen, heben die Autoren hervor, dass das Ausbleiben einer Warnung an die Regierung Boliviens für sich spreche. Nach Bush führt auch Obama angeblich einen „Krieg gegen den Terror“, aber es zeigt sich mehr und mehr, dass ein Großteil des Terrorismus von Washington aus organisiert, Finanziert und gesteuert ist. Neben Morales sind auch weitere Länder zu Zielen der USA geworden, wenn sie es wagen ihre Völker nicht der Ausbeutung durch Westoligarchen preiszugeben und lieber Schulden und Krankenhäuser bauen wollen.

Nicaragua als Terrorziel

So organisierte die US-Botschaft in Nicaragua nach der Rückkehr der Sandinisten an die Regierung ein Treffen mit der Rechtspartei Liberale Allianz Nicaraguas (ALN), um Alternativen für eine direkte US-Finanzierung vorzuschlagen. Die ALN solle sich stärker mit solchen NGOs koordinieren, die US-Mittel erhielten, hieß es bei dem Treffen im Jahr 2007. Die Botschaft arrangierte die Kontakte zu den NGOs International Republican Institute und National Democratic Institute for International Affairs (Amerika21).

Im Jahr 2006, bereits zwei Monate vor der Wahl in Ecuador, schlug die US-Botschaft in Quito Alarm, dass Präsidentschaftskandidat Rafael Correa vorhabe, sich der „Chávez-Morales-Kirchner-Gruppe“ anzuschließen. Gegen die Regierung Venezuelas gerichtet, taucht neben der vom US-Kongress finanzierten National Endowment for Democracy (NED) wiederum USAID als strategischer Akteur auf. Dokumente von 2004 und 2006 belegen indes, wie die US-Botschaft an USAID Leitlinien ausgab, die neben „internationaler Isolierung von Hugo Chávez“ auch die „Infiltration und Spaltung der chavistischen Basis“ enthielten. 2007 trafen sich die Botschafter der US-Vertretungen in sechs lateinamerikanischen Ländern in Brasilien, um ihre Bemühungen gegen den „aggressiven Plan“ des damaligen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez zu bündeln, eine „einige bolivarische Bewegung in Lateinamerika“ zu schaffen.

Widerstand Lateinamerikas erfolgreich

Gerade vor dem Hintergrund der zahlreichen Militärputsche, die von US-Botschaften besonders in Lateinamerika inszeniert wurden, betonen die Autoren der Studie den bisher erfolgreichen Widerstand der demokratisch gewählten Linksregierungen von Bolivien, Nicaragua, Ecuador und Venezuela. Bedeutsam sei vor allem die Solidarität lateinamerikanischer Staatschefs gewesen, in denen diese alle Versuche verurteilten, auf verfassungswidrige Weise einen Regierungswechsel zu erreichen. Der in der Luftfahrtgeschichte einmalige Terrorakt, die Präsidentenmaschine von Evo Morales in den Alpen zu einer riskanten Landung zu zwingen, hatte diese Solidarisierung befeuert.

Obama hatte damals durch seine europäischen Komplizen (die Regierungen in Madrid, Rom, Paris) versucht, den NSA-Dissidenten Edward Snowden zu kidnappen. Vermutlich um ihn foltern zu lassen, wie den WikiLeaks-Whistleblower Manning, der heute trotz der Verleihung zahlreicher internationaler Preise für seine heldenhafte Aufdeckung von US-Kriegsverbrechen in lebenslanger Militärhaft von Washington eingekerkert wird. Evo Morales Präsidentenmaschine wurde auf dem Weg von Russland nach Bolivien von Paris gestoppt -die Überflugsrechte verweigert. Morales hatte dem russischen Fernsehen gesagt, sein Land sei bereit, Asyl für Snowden in Erwägung zu ziehen.

Evo Morales ist seit  2006 Präsident Boliviens. Er ist Vorsitzender der sozialistischen bolivianischen Partei Movimiento al Socialismo (MAS) und der Bewegung für die Rechte der Coca-Bauern. Er gewann  die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen 2005 mit 54 Prozent der Stimmen und wurde damit als erster Indígena Staatsoberhaupt von Bolivien. Zudem errang er den deutlichsten Wahlsieg seit Ende der letzten Militärregierung 1982. Bei der Präsidentenwahl vom Dezember 2009 übertraf er mit einer Zustimmung von 64 Prozent sogar noch das Ergebnis von 2005.

Vor der französischen Botschaft in La Paz protestierten damals Bolivianer gegen das “Kidnapping” ihres Präsidenten. Grund für das Verhalten Frankreichs war wohl Angst vor den USA: Man vermutete,  der NSA-Dissident Snowden sei an Bord der Maschine. Ebenso verweigerten sich Spanien, Portugal und Italien. Die Organisation Amerikanischer Staaten protestierte gegen den respektlosen Angriff auf ein Staatsoberhaupt. Morales hatte Obama abermals eine Schlappe verpasst.

US-Journalist: Mysteriöser Tod nach Snowden-Talkshow

Gerd R. Rueger aac53-yes-we-scan-round-200

US-Top-Journalist David Carr (New York Times) starb überraschend nachdem er den im russischen Exil lebenden NSA-Dissidenten Edward Snowden zu Wort kommen ließ. Carr brach am Donnerstagabend in seinem Büro tot zusammen. Kurz zuvor hatte er eine Talkshow über den in den USA umstrittenen NSA-Dokumentarfilm “Citizenfour” moderiert. In der virtuellen Runde saßen die von US-Behörden drangsalierte US-Regisseurin Laura Poitras, Glenn Greenwald und Snowden als Hauptperson des Films.

N.Y. Der Medien-Kolumnist David Carr (New York Times) ist überraschend gestorben nachdem er Edward Snowden in den US-Medien zu Wort kommen ließ. Carr kollabierte am Donnerstagabend in seinem Büro bei der New York Times und wurde kurz danach für tot erklärt. Nur wenige Stunden zuvor hatte er eine Podiumsdiskussion über den Dokumentarfilm „Citizenfour“ moderiert, meldet DemocracyNow.  Mit in der (virtuellen) Runde saßen die Regisseurin Laura Poitras, The Intercept-Blogger und Guardian-Kolumnist Glenn Greenwald und die Hauptperson des Films, Edward Snowden.

Carr war –wie viele im Medienbereich- in den späten 80ern zwar abhängig von Kokain, löste sich jedoch von der Sucht und wurde gefeierter Autor in Medien und Kultur. Aber er wurde nur 58 Jahre alt und viele fragen sich jetzt, ob sein früher Tod etwas mit seiner mutigen letzten Sendung zu tun hatte: Der Talkrunde mit einer Person, die US-Geheime am liebsten totschweigen und wohl auch totmachen würden: NSA-Dissident und Nobelpreisträger Edward Snowden. Auch Poitras und Greenwald litten unter Drangsalierungen durch US-Behörden, Greenwald emigrierte deswegen nach Brasilien, Laura Poitras nach Berlin. Ihr Film „Citizenfour“ gehört für die US-Machteliten zu den meistgehassten Filmen der Welt.

Citizenfour – ein Film, den US-Machteliten hassen

Laura Poitras war die erste Person, der Snowden seine Kenntnisse enthüllte. Sein Deckname: Snowden„Citizenfour“. Die US-Amerikanerin Poitras zog nach Berlin, weil US-Behörden sie fortgesetzt bei Ein- und Ausreise schikanierten, ihre Computer und Handys konfiszierten. Als Vorwand nannte man „Terrorismus“, der wahre Grund waren aber ihre kritischen Filme über 9/11, den Irakkrieg und das US-Foltergefängnis Guantanamo. Glenn Greenwald kritisierte Verhaftung und Folterung des Wikileaks-Whistleblowers Bradley Chelsea Manning durch die US-Militärjustiz.

Snowden arbeitete für die NSA, die CIA und für dubiose Privatfirmen wie Booz Allen Hamilton, Auftragnehmer der Geheimdienste. Er merkte bald, dass seine Arbeitgeber die ganze Welt unter ihre Kontrolle bringen wollten, ohne Rücksicht auf die Gesetze vieler Länder, sogar der USA selbst –das wurmte den US-Patrioten Snowden besonders.  Snowden wollte die Verletzung der Menschenrechte von Milliarden ahnungslosen Netznutzern ans Licht bringen und die Lügen der US-Politik aufdecken -obwohl er genau wusste, dass sie über Leichen gehen würden, um ihre Geheimnisse zu bewahren.

Snowden und seine Vertrauten ahnten auch, dass die Masse der Medien gegen sie stehen würde, dass man sie und ihre Familien ausforschen und diffamieren würde, um sie einzuschüchtern und unglaubwürdig zu machen. Sie ahnten, dass Geheimdienste und Herrschaftseliten ihre ganze Macht ausspielen würden, um die enthüllten Wahrheiten zu vernebeln, zu verdrehen, abzuwiegeln und die Öffentlichkeit abzulenken. Dieser Lügentätigkeit wollte David Carr vor seinem mysteriösen Tod entgegen wirken.

Was Snowden über die Geheimdienste ans Licht brachte, übertraf die schlimmsten Befürchtungen vieler Menschen: CIA, NSA & Co. haben das Internet insgeheim zu einer monströsen Überwachungsmaschine pervertiert, die jeden unserer Schritte bespitzelt. Daraus lässt sich ein präzises Persönlichkeitsprofil (von dem Gestapo oder Stasi nur hätten träumen können) jedes Menschen weltweit erstellen. Bei den meisten im Nachhinein, irgendwann in der Zukunft, wenn sie es wagen sollten, „etwas Auffälliges“ zu tun. Was dann geschieht? NYT-Journalist Carr hat gewagt, etwas Auffälliges zu tun –nun ist er tot.

Journalisten, NSA und Whistleblower
David Carr at the 2013 PuSh International Performing Arts Festival

David Carr starb am 12.2.2015

David Carr war ein aufrechter Journalist in den USA –eine sterbende Spezies. Ob dieses Sterben natürliche Ursachen hat, werden wir vermutlich nicht so schnell erfahren, aber dass die US-Geheimdienste vor politischen Morden nicht zurückschrecken, haben die Enthüllungen von Manning, Assange und Snowden ans Licht gebracht. Andere Journalisten machen ihren Frieden mit den Herrschenden und leben weiter. Die meisten in vorauseilendem Gehorsam. Einige vielleicht erst nachdem Druck auf sie ausgeübt wurde oder als Folge von Hetzkampagnen und Verfolgung: Guardian-Journalisten mühten sich z.B. nach der Erklärung von Wikileaks-Gründer Julian Assange zur Unperson, die Schuld für das eigene Versagen ihrem Informanten Assange anzuhängen. Sie beteiligten sich sogar an dessen Verfolgung und Dämonisierung im Propaganda-Streifen „Wikileaks: Lügen und Geheimnisse“. Der Guardian war natürlich nicht alleine eingeknickt, fast alle großen Westmedien taten es gleich und schlimmer.

„Als Wikileaks die ersten als geheim eingestuften Dokumente über den Irak- und den Afghanistankrieg, vor allem diplomatische Depeschen, veröffentlichte, schrieen amerikanischen Journalisten ganz besonders laut nach strafrechtlichen Konsequenzen für Wikileaks.“ Glenn Greenwald

Snowden, Poitras und Greenwald profitierten drei Jahre später vom Schicksal Julian Assange’s (und dessen Informanten Bradley Mannings): Sie wussten nun was sie von US-Geheimdiensten auf der einen und den Medien auf der anderen Seite zu erwarten hatten. Und der Guardian seinerseits hatte sich von der bis dato bei Medien üblichen Sicht verabschiedet, einen Whistleblower bzw. die von ihm auf dem Silbertablett überreichten brisanten Informationen als exklusiven Besitz zu betrachten. Greenwald und andere publizieren heute aus dem Fundus der Snowden-Files auf ihrer Website The Intercept auch ohne Konzernmedien.

Nobelpreis für Snowden!

Gilbert Perry Snowdenund Gerd R. Rueger

Stockholm. NSA-Dissident Edward Snowden bekommt heute Nachmittag den Alternativen Nobelpreis verliehen. Whistleblower Snowden konnte nicht zur Verleihung nach Schweden reisen, weil er eine Auslieferung an die US-Behörden fürchten muss.  An seiner Stelle nimmt Guardian-Chef Alan Rusbridger den Preis entgegen, den viele nicht für eine würdige Wahl halten. Bekam der Zeitungsboss den Preis nur zugeschanzt, damit er seine Medienmacht für PR-Zwecke im Sinne der Juroren ausnutzen kann?

Er war zusammen mit Snowden geehrt worden, obgleich er innerhalb der britischen Zeitung Guardian nicht selbst die letzte Entscheidung zur Publikation der ersten NSA-Papers gegeben hatte: Dies war seine Vertreterin der New Yorker Guardian Ausgabe gewesen.

Sehr überrascht hat daher, dass Snowden den Preis ausgerechnet mit Guardian-Chef Alan Rusbridger teilen muss. Enthüllt hatte den NSA-Skandal Laura Poitras, die nach Snowden wohl am ehesten die Preiswürdigung verdient hat, und später Glenn Greenwald. Nobelpreis-Schnorrer Rusbridger war, als der NSA-Leak am heißesten brannte, abgetaucht und hatte die heikle Entscheidung seiner Stellvertreterin Janine Gibson überlassen. Später ließ Rusbridger sich von seinem Untergebenen Luke Harding zum Helden der Enthüllung hochstilisieren. Weit mehr als er hätten Poitras und Greenwald diesen Preis verdient, dessen Juroren aber wohl auf den Glanz einer von Eitelkeit motivierten Berichterstattung durch die mächtigste Zeitung im englischen Sprachraum erpicht waren. Zur Feier im schwedischen Reichstag werden ferner Snowdens Vater und sein deutscher Anwalt Wolfgang Kaleck erwartet.aac53-yes-we-scan-round-200Der NSA-Enthüller hat in Russland Asyl gesucht und bekam jüngst eine Aufenthaltsgenehmigung für drei Jahre. Behörden der USA jagen ihn, um ihn aufgrund überholter Geheimschutz-Gesetze aus dem Ersten Weltkrieg anzuklagen. Fox-Media-Kommentare drohten ihm mit Tod und Folter -wie sie der Wikileaks-Whistleblower Bradley Manning erleiden musste. Snowdens Enthüllungen können als der bedeutendste Leak der Geschichte gelten. Er deckte ungeheuerliche Verbrechen der NSA auf, die bis heute weltweit begangen werden. Obama denkt nicht daran diesen so entlarvten globalen Orwell-Apparat zu demokratisieren und wieder -oder erstmals- an Recht und Gesetz zu binden.

Ans Licht gebracht wurden die Snowden-Files durch die USA-kritische Dokumentarfilmerin Laura Poitras, die den USA-kritischen Blogger, Journalisten und u.a. Guardian-Kolumnisten Glenn Greenwald. von Snowdens Wichtigkeit überzeugte. Greenwald zeichnet in seinem Buch „Die globale Überwachung“ den schwierigen Prozess, die Guardian-Leute zur Publikation der Snowden-Files zu bewegen, minutiös nach. Letztlich mussten Snowden, Poitras und Greenwald dem Guardian ein Ultimatum stellen und mit der Veröffentlichung auf einer eigenen Website drohen, um eine Publikation zu erzwingen (Greenwald S.107).

Wer, neben Snowden, hätte den Nobelpreis wirklich verdient? Guardian-Boss Alan Rusbridger war, als der NSA-Skandal am heißesten brannte und kurz vor dem Knall stand, unerreichbar abgetaucht und hatte die heikelste und folgenreichste Entscheidung in der 200jährigen Geschichte des Guardian seiner Stellvertreterin Janine Gibson überlassen. Später, als sich der Pulverdampf verzogen hatte, ließ Nobelpreis-Schnorrer Rusbridger sich von seinem Untergebenen Luke Harding zur pompösen Lichtgestalt bei der Enthüllung aufblasen. Guardian-Journalist Harding erzählt in seinem betulichen Buch „E.Snowden: Geschichte einer Weltaffäre“ die NSA-Story aus seiner Sicht etwa so: „Wie der heroische Guardian unter Leitung unseres geliebten Führers, meines besten Freundes Alan Rusbridger, die Welt rettete“. Die Guardian-Kollegen von der „New York Times“ jubelten Hardings Schmöker zum „cineastischen Thriller“ hoch (Harding druckte das auf seinen Buchdeckel) –die US-Journalisten wollten offenbar von Greenwalds weit besser geschriebenen und informativeren Buch ablenken, denn Greenwald wollte am Snowden-Leak auch die kriecherische Haltung der westlichen Presse demonstrieren. Greenwald kritisiert die (Washington-) „Post“ und (New York-) „Times“ scharf:

„Ebendieser ängstliche, servile Journalismus war es, der die „Times“, die „Post“ und viele andere Medien veranlasste, in ihren Berichten über die Verhörmethoden der US-Regierung von George W. Bush das Wort ‚Folter‘ tunlichst zu vermeiden, obwohl sie nicht das geringste Problem damit hatten, wenn die Regierung irgendeines anderen Staates auf der Welt exakt die gleichen Methoden einsetzte. (…) Ich war von Anfang an überzeugt, dass die Dokumente eine gute Gelegenheit sein könnten, nicht nur die geheimen NSA-Spionagepraktiken zu beleuchten, sondern auch die zerstörerische Dynamik des etablierten Journalismus.“ Glenn Greenwald, S.87/100

Wenn schon jemand vom Guardian, dann hätte am ehesten Janine Gibson, die britische Chefredakteurin der US-Ausgabe des Guardian, den halben Nobelpreis verdient. Sie fällte letztlich die einsame Entscheidung für eine Publikation des NSA-Skandals ganz auf eigene Verantwortung, während ihr Chef Rusbridger sich noch alle Optionen offen gehalten hatte. Rusbridger saß zu diesem Zeitpunkt am 5.Juni 2013 telefonisch und elektronisch nicht erreichbar im Flugzeug von London nach New York, wie Greenwald schreibt (S.106).

Guardian fiel Wikileaks in den Rücken

Wie schnell das Guardian-Duo Harding/Rusbridger den Schwarzen Peter weiter schiebt, wenn es wirklich gefährlich wird, musste 2010 Wikileaks-Gründer Julian Assange erleben. Die Guardian-Leute ließen ihren Star-Informanten fallen wie eine heiße Kartoffel als die USA ernst machten und ihn mutmaßlich nach einem schmutzigen Geheimdienst-Manöver zum Sexualverbrecher abstempeln und von Interpol zur Fahndung ausschreiben ließen. Schon vorher hatte der Guardian den von den USA gehetzten und bedrohten Assange weniger unterstützt als viel mehr bedrängt und unter Druck gesetzt als dieser seine Informationen auch an andere Medien weitergab.

Die Gier nach noch mehr Geld und Ruhm durch exklusiven Besitz an den Leak-Inhalten machte die Guardian-Führung fast unzurechnungsfähig. Harding plapperte im Exklusiv-Publikationswahn sogar in seinem Buch „Inside Wikileaks“ das Passwort aus, mit dem das Datenpaket geschützt war, das zur Sicherheit überall im Internet kursierte. Später mühten sie sich, die Schuld für das eigene Versagen ihrem Informanten Assange anzuhängen und beteiligten sich an dessen Verfolgung und Dämonisierung im Propaganda-Streifen „Wikileaks: Lügen und Geheimnisse“. Der Guardian war natürlich nicht alleine eingeknickt, fast alle großen Westmedien taten es gleich und schlimmer.

„Als Wikileaks die ersten als geheim eingestuften Dokumente über den Irak- und den Afghanistankrieg, vor allem diplomatische Depeschen, veröffentlichte, schrieen amerikanischen Journalisten ganz besonders laut nach strafrechtlichen Konsequenzen für Wikileaks.“ Glenn Greenwald S.120

Snowden, Poitras und Greenwald profitierten drei Jahre später vom Schicksal Julian Assange’s (und dessen Informanten Bradley Mannings): Sie wussten nun was sie von US-Geheimdiensten auf der einen und den Medien auf der anderen Seite zu erwarten hatten. Und der Guardian seinerseits hatte sich von der bis dato bei Medien üblichen Sicht verabschiedet, einen Whistleblower bzw. die von ihm auf dem Silbertablett überreichten brisanten Informationen als exklusiven Besitz zu betrachten. Greenwald und andere publizieren heute aus dem Fundus der Snowden-Files auf ihrer Website The Intercept auch ohne Konzernmedien.

Quellen

Greenwald, Glenn: Die globale Überwachung: Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen, München 2014

Harding , Lukes: E. Snowden – Geschichte einer Weltaffäre, Guardian-Books 2014

Alternativer Nobelpreis für Snowden -aber für Guardianchef Rusbridger?

SnowdenGerd R. Rueger

Die Verleihung des alternativen Nobelpreises an Snowden hat gestern kaum überrascht. Wohl aber, dass er den Preis ausgerechnet mit Guardian-Chef Alan Rusbridger teilen muss. Enthüllt hatte den NSA-Skandal Laura Poitras, die nach Snowden wohl am ehesten die Preiswürdigung verdient hat, und später Glenn Greenwald. Nobelpreis-Schnorrer Rusbridger war, als der NSA-Leak am heißesten brannte, abgetaucht und hatte die heikle Entscheidung seiner Stellvertreterin Janine Gibson überlassen. Später ließ Rusbridger sich von seinem Untergebenen Luke Harding zum Helden der Enthüllung hochstilisieren.

Ans Licht gebracht wurden die Snowden-Files durch die USA-kritische Dokumentarfilmerin Laura Poitras, die den USA-kritischen Blogger, Journalisten und u.a. Guardian-Kolumnisten Glenn Greenwald. von Snowdens Wichtigkeit überzeugte. Greenwald zeichnet in seinem Buch „Die globale Überwachung“ den schwierigen Prozess, die Guardian-Leute zur Publikation der Snowden-Files zu bewegen, minutiös nach. Letztlich mussten Snowden, Poitras und Greenwald dem Guardian ein Ultimatum stellen und mit der Veröffentlichung auf einer eigenen Website drohen, um eine Publikation zu erzwingen (Greenwald S.107).

Nobelpreis-Schnorrer Rusbridger

Wer, neben Snowden, hätte den Nobelpreis wirklich verdient? Guardian-Boss Alan Rusbridger war, als der NSA-Skandal am heißesten brannte und kurz vor dem Knall stand, unerreichbar abgetaucht und hatte die heikelste und folgenreichste Entscheidung in der 200jährigen Geschichte des Guardian seiner Stellvertreterin Janine Gibson überlassen. Später, als sich der Pulverdampf verzogen hatte, ließ Nobelpreis-Schnorrer Rusbridger sich von seinem Untergebenen Luke Harding zur pompösen Lichtgestalt bei der Enthüllung aufblasen. Guardian-Journalist Harding erzählt in seinem betulichen Buch „E.Snowden: Geschichte einer Weltaffäre“ die NSA-Story aus seiner Sicht etwa so: „Wie der heroische Guardian unter Leitung unseres geliebten Führers, meines besten Freundes Alan Rusbridger, die Welt rettete“. Die Guardian-Kollegen von der „New York Times“ jubelten Hardings Schmöker zum „cineastischen Thriller“ hoch (Harding druckte das auf seinen Buchdeckel) –die US-Journalisten wollten offenbar von Greenwalds weit besser geschriebenen und informativeren Buch ablenken, denn Greenwald wollte am Snowden-Leak auch die kriecherische Haltung der westlichen Presse demonstrieren. Greenwald kritisiert die (Washington-) „Post“ und (New York-) „Times“ scharf:

„Ebendieser ängstliche, servile Journalismus war es, der die „Times“, die „Post“ und viele andere Medien veranlasste, in ihren Berichten über die Verhörmethoden der US-Regierung von George W. Bush das Wort ‚Folter‘ tunlichst zu vermeiden, obwohl sie nicht das geringste Problem damit hatten, wenn die Regierung irgendeines anderen Staates auf der Welt exakt die gleichen Methoden einsetzte. (…) Ich war von Anfang an überzeugt, dass die Dokumente eine gute Gelegenheit sein könnten, nicht nur die geheimen NSA-Spionagepraktiken zu beleuchten, sondern auch die zerstörerische Dynamik des etablierten Journalismus.“ Glenn Greenwald, S.87/100

Wenn schon jemand vom Guardian, dann hätte am ehesten Janine Gibson, die britische Chefredakteurin der US-Ausgabe des Guardian, den halben Nobelpreis verdient. Sie fällte letztlich die einsame Entscheidung für eine Publikation des NSA-Skandals ganz auf eigene Verantwortung, während ihr Chef Rusbridger sich noch alle Optionen offen gehalten hatte. Rusbridger saß zu diesem Zeitpunkt am 5.Juni 2013 telefonisch und elektronisch nicht erreichbar im Flugzeug von London nach New York, wie Greenwald schreibt (S.106).

Guardian fiel Wikileaks in den Rücken

Wie schnell das Guardian-Duo Harding/Rusbridger den Schwarzen Peter weiter schiebt, wenn es wirklich gefährlich wird, musste 2010 Wikileaks-Gründer Julian Assange erleben. Die Guardian-Leute ließen ihren Star-Informanten fallen wie eine heiße Kartoffel als die USA ernst machten und ihn mutmaßlich nach einem schmutzigen Geheimdienst-Manöver zum Sexualverbrecher abstempeln und von Interpol zur Fahndung ausschreiben ließen. Schon vorher hatte der Guardian den von den USA gehetzten und bedrohten Assange weniger unterstützt als viel mehr bedrängt und unter Druck gesetzt als dieser seine Informationen auch an andere Medien weitergab.

Die Gier nach noch mehr Geld und Ruhm durch exklusiven Besitz an den Leak-Inhalten machte die Guardian-Führung fast unzurechnungsfähig. Harding plapperte im Exklusiv-Publikationswahn sogar in seinem Buch „Inside Wikileaks“ das Passwort aus, mit dem das Datenpaket geschützt war, das zur Sicherheit überall im Internet kursierte. Später mühten sie sich, die Schuld für das eigene Versagen ihrem Informanten Assange anzuhängen und beteiligten sich an dessen Verfolgung und Dämonisierung im Propaganda-Streifen „Wikileaks: Lügen und Geheimnisse“. Der Guardian war natürlich nicht alleine eingeknickt, fast alle großen Westmedien taten es gleich und schlimmer.

„Als Wikileaks die ersten als geheim eingestuften Dokumente über den Irak- und den Afghanistankrieg, vor allem diplomatische Depeschen, veröffentlichte, schrieen amerikanischen Journalisten ganz besonders laut nach strafrechtlichen Konsequenzen für Wikileaks.“ Glenn Greenwald S.120

Snowden, Poitras und Greenwald profitierten drei Jahre später vom Schicksal Julian Assange’s (und dessen Informanten Bradley Mannings): Sie wussten nun was sie von US-Geheimdiensten auf der einen und den Medien auf der anderen Seite zu erwarten hatten. Und der Guardian seinerseits hatte sich von der bis dato bei Medien üblichen Sicht verabschiedet, einen Whistleblower bzw. die von ihm auf dem Silbertablett überreichten brisanten Informationen als exklusiven Besitz zu betrachten. Greenwald und andere publizieren heute aus dem Fundus der Snowden-Files auf ihrer Website The Intercept auch ohne Konzernmedien.

Quellen

Greenwald, Glenn: Die globale Überwachung: Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen, München 2014

Harding , Lukes: E. Snowden – Geschichte einer Weltaffäre, Guardian-Books 2014

Massenüberwachung: Neuseelands Premierminister belügt sein Volk

Edward Snowden (übersetzt von Gerd R. Rüger) Snowden

Wie viele Nationen auf der ganzen Welt, hat auch Neuseeland im vergangenen Jahr eine intensive Debatte zur Überwachung der Bevölkerung durch die Regierung geführt. Der Premierminister des Landes, John Key von der National Party, bestreitet, dass Neuseelands Geheimdienst GCSB (Government Communications Security Bureau) sich an der Massenüberwachung beteiligte. Hauptsächlich tat er dies um das Land zu überzeugen, ein neues Gesetz zu erlassen, das dem GCSB noch mehr Befugnisse gibt. In dieser Woche, während sich die Wahl näherte, wiederholte Premierminister Key die Dementis. Er durfte einen Bericht auf The Intercept erwarten, der die Machenschaften seiner Regierung ans Licht brachte, die Metadaten der Neuseeländer mit einem von der Regierung implementierten System auszuspähen.

Kurzum: Jede Behauptung, die (für die NSA dokumentierte) Massenüberwachung erfolge nicht in Neuseeland, oder die Internet-Kommunikation werde nicht umfassend abgefangen und kontrolliert oder dies geschehe nicht vorsätzlich und aktiv durch die GCSB, ist absolut falsch. Wenn Sie in Neuseeland leben werden Sie beobachtet. Bei der NSA stieß ich routinemäßig auf die Kommunikation der Neuseeländer. Bei meiner Arbeit für die NSA nutzte ich ein Tool zur Massenüberwachung, dass wir mit der GCSB teilen: „XKEYSCORE.“

Es erlaubt den totalen und detaillierten Zugriff auf eine Datenbank der Kommunikationen, die im Zuge der massenhaften Überwachung erfasst werden. Es ist nicht beschränkt auf Cybersicherheit oder auch nur überwiegend für diesen Zweck genutzt (wie uns die Regierungen und die NSA weismachen wollen). XKEYSCORE ist vielmehr in erster Linie zum Lesen von einzelnen privaten Emails, SMS und Internet-Verkehr gedacht. Ich weiß das, weil es mein Vollzeit-Job in Hawaii war, wo ich jeden Tag in einer NSA-Anlage mit einer streng geheimen Dienststelle gearbeitet habe.

Die Behauptung des Premierministers John Key gegenüber der Öffentlichkeit, „es gibt keine und es hat nie eine massenhafte Überwachung gegeben“ ist falsch. Das GCSB, deren Tätigkeit er zu verantworten hat, ist direkt an ungezielter Massenüberwachung beteiligt, das heißt am Abfangen und an der algorithmischen Analyse der privaten Internet-Kommunikation, gleich ob über Netze, Satelliten oder Funk.

Wenn Sie Zweifel hätten, die was durchaus verständlich wäre, bedenken Sie, was das letzte Jahr uns über die Gefahren zeigte, Regierungsbeamte beim Wort zu nehmen. Sie sind eingeladen, dies selbst zu überprüfen. Aktuelle Bilder und geheime Dokumentation von XKEYSCORE sind online verfügbar -ihre Echtheit wurde von keiner Regierung je bestritten. Dort werden Sie sehen, dass das XKEYSCORE-System optional die Möglichkeit für den Einsatz bietet: Ein so genanntes „Five Eyes Defeat“ („Fünf Augen Niederlage“), gemeint sind „die fünf Augen“ USA, Großbritannien, Kanada, Australien und ebenso Neuseeland.

Dies mag wie ein kleines Detail wirken, ist aber sehr wichtig. „Five Eyes Defeat“ ist ein optionaler Filter, eine einzelne Checkbox. Es erlaubt dem Analytiker zu verhindern, dass ihre Suchergebnisse zum Land einer bestimmten Suche zurückgemeldet wird. Da fragt man sich: Warum brauchen Analysten eine Checkbox auf ihrem streng geheimen System, die es erlaubt, Ergebnisse der Massenüberwachung in Neuseeland zu verheimlichen, wenn in Neuseeland es keine Massenüberwachung gibt?

Die Antwort der Regierung von Neuseeland war nicht ehrlich. Trotz gegenteiliger Behauptungen ist die Massenüberwachung auch in Neuseeland Realität. Sie geschieht während wir hier reden. Das GCSB stellt Massenüberwachungsdaten in XKEYSCORE bereit. Diese Daten ermöglichen den Zugriff der NSA auf die Kommunikation von Millionen Neuseeländern, dank Einrichtungen wie der GCSB-Station in Waihopai. Der Premierminister ist sich persönlich dieser Tatsache bewusst. Schlimmer noch, das GCSB verwendet XKEYSCORE nicht nur, sondern entwickelt auch aktiv eigene Algorithmen für die Massenüberwachung. Die Teilnahme des GCSB an XKEYSCORE ist weder eine Theorie noch ein Plan für die Zukunft. Die Behauptung, dass man nie dabei war und Neuseeland lediglich „zusah“, aber nie, am „Five Eyes“-System der Massenüberwachung teilnahm ist falsch. Das frühere und bis heute anhaltende Engagement des GCSB bei XKEYSCORE ist unwiderlegbar.

Und was bedeutet das?

Das heißt, sie (NSA, GCSB usw.) haben die Fähigkeit, jede Website zu sehen, die Sie besuchen, jede SMS-Nachricht zu lesen, die Sie senden, jeden Aufruf zu protokollieren, den Sie machen, jedes Ticket, das Sie kaufen, jede Spende, die Sie machen, und jedes Buch, das Sie online bestellen. Von “ ich bin auf dem Weg in die Kirche “ über „Ich hasse meinen Chef“ bis „ist sie im Krankenhaus“, belauscht Sie der Geheimdienst GCSB. Ihre Worte werden abgefangen, gespeichert und von Algorithmen schon lange analysiert sein, bevor sie den vorgesehenen Empfänger erreichen. Angesichts dieser berechtigten Zweifel, fragt man sich, was steht eigentlich noch zwischen unserer zutiefst persönlichen Kommunikation und den Regierungen nicht nur Neuseelands, sondern auch der USA, Kanadas, Großbritanniens und Australiens?

Die Antwort ist, dass es nur diese eine Checkbox ist, die „Five Eyes Defeat“. Diese eine Checkbox ist es, die unsere heiligsten Rechte auf Privatheit vom Friedhof der verlorenen Freiheiten trennt. Wenn ein Regierungsbeamter alles über alle in der Gesellschaft wissen will, braucht er keine technische Maßnahme ergreifen. Er macht einfach ein Häkchen in der Checkbox. Darum ist die Frage nicht mehr: „Warum geschah dies ohne Diskussion und Zustimmung der Menschen in diesem Land?“ Die Frage lautet jetzt: „Was wollen wir dagegen tun?“

Heute hat diese Regierung vielleicht die volle Kontrolle über die Checkbox (mit der sie entscheidet, wer ausspioniert wird und wer nicht). Aber am 20.September haben die Neuseeländer ihre eigene Checkbox: Den Wahlzettel. Wenn Sie in Neuseeland leben, welche Partei Sie auch immer wählen wollen: Denken Sie bei Ihrer Wahlentscheidung daran, dieser Regierung eine Nachricht zu senden. Die Bürgerrechte freier Menschen dürfen nicht hinter verschlossenen Türen manipuliert werden. Es ist Zeit aufzustehen. Es ist Zeit, unsere Demokratien wiederherzustellen. Es ist Zeit, unsere Rechte zurückzunehmen. Und es beginnt mit Ihrer Entscheidung.

Die nationale Sicherheit ist die Sicherheit der National Party geworden. Was wir heute sehen, ist, dass in Neuseeland, das Gleichgewicht zwischen dem Recht der Öffentlichkeit, zu wissen was im Land vorgeht, und unserer Privatheit durch einen einzigen Faktor bestimmt wird: die politischen Vorteil, die eine bestimmte Partei oder eine bestimmter Politiker daraus zieht. Dieser Missbrauch von Neuseelands Spionage-Apparat für den Vorteil eines einzelnen Individuums ist ein historisches Problem. Selbst wenn Sie den amtierenden Ministerpräsidenten über jeden Vorwurf erhaben glauben -er wird nicht für immer an der Macht bleiben. Was passiert morgen, wenn ein anderer Führer diese Macht übernimmt, Dinge zu verbergen oder auszuspionieren? Wenn ein anderer Führer vor den Bürgern nach Belieben Dinge verheimlichen, die eine freie Gesellschaft braucht, und Sie nur das erfahren, was ihn an der Macht hält?

Siehe auch: Neuseeland Snowden und Assange greifen beherzt in Wahlkampf ein

Originaltext von The Intercept

Snowden: New Zealand’s Prime Minister Isn’t Telling the Truth About Mass SurveillanceSnowden

By Edward Snowden

Like many nations around the world, New Zealand over the last year has engaged in a serious and intense debate about government surveillance. The nation’s prime minister, John Key of the National Party, has denied that New Zealand’s spy agency GCSB engages in mass surveillance, mostly as a means of convincing the country to enact a new law vesting the agency with greater powers. This week, as a national election approaches, Key repeated those denials in anticipation of a report in The Intercept today exposing the Key government’s actions in implementing a system to record citizens’ metadata.

Let me be clear: any statement that mass surveillance is not performed in New Zealand, or that the internet communications are not comprehensively intercepted and monitored, or that this is not intentionally and actively abetted by the GCSB, is categorically false. If you live in New Zealand, you are being watched. At the NSA I routinely came across the communications of New Zealanders in my work with a mass surveillance tool we share with GCSB, called “XKEYSCORE.” It allows total, granular access to the database of communications collected in the course of mass surveillance. It is not limited to or even used largely for the purposes of cybersecurity, as has been claimed, but is instead used primarily for reading individuals’ private email, text messages, and internet traffic. I know this because it was my full-time job in Hawaii, where I worked every day in an NSA facility with a top secret clearance.

The prime minister’s claim to the public, that “there is no and there never has been any mass surveillance” is false. The GCSB, whose operations he is responsible for, is directly involved in the untargeted, bulk interception and algorithmic analysis of private communications sent via internet, satellite, radio, and phone networks.

If you have doubts, which would be quite reasonable, given what the last year showed us about the dangers of taking government officials at their word, I invite you to confirm this for yourself. Actual pictures and classified documentation of XKEYSCORE are available online now, and their authenticity is not contested by any government. Within them you’ll find that the XKEYSCORE system offers, but does not require for use, something called a “Five Eyes Defeat,” the Five Eyes being the U.S., U.K., Canada, Australia, and yes, New Zealand.

This might seem like a small detail, but it’s very important. The Five Eyes Defeat is an optional filter, a single checkbox. It allows me, the analyst, to prevent search results from being returned on those countries from a particular search. Ask yourself: why do analysts have a checkbox on a top secret system that hides the results of mass surveillance in New Zealand if there is no mass surveillance in New Zealand?

The answer, one that the government of New Zealand has not been honest about, is that despite claims to the contrary, mass surveillance is real and happening as we speak. The GCSB provides mass surveillance data into XKEYSCORE. They also provide access to the communications of millions of New Zealanders to the NSA at facilities such as the GCSB station at Waihopai, and the Prime Minister is personally aware of this fact. Importantly, they do not merely use XKEYSCORE, but also actively and directly develop mass surveillance algorithms for it. GCSB’s involvement with XKEYSCORE is not a theory, and it is not a future plan. The claim that it never went ahead, and that New Zealand merely “looked at” but never participated in the Five Eyes’ system of mass surveillance is false, and the GCSB’s past and continuing involvement with XKEYSCORE is irrefutable.

But what does it mean?

It means they have the ability see every website you visit, every text message you send, every call you make, every ticket you purchase, every donation you make, and every book you order online. From “I’m headed to church” to “I hate my boss” to “She’s in the hospital,” the GCSB is there. Your words are intercepted, stored, and analyzed by algorithms long before they’re ever read by your intended recipient.

Faced with reasonable doubts, ask yourself just what it is that stands between these most deeply personal communications and the governments of not just in New Zealand, but also the U.S., Canada, the U.K., and Australia?

The answer is that solitary checkbox, the Five Eyes Defeat. One checkbox is what separates our most sacred rights from the graveyard of lost liberty. When an officer of the government wants to know everything about everyone in their society, they don’t even have to make a technical change. They simply uncheck the box. The question before us is no longer “why was this done without the consent and debate of the people of this country,” but “what are we going to do about it?”

This government may have total control over the checkbox today, but come Sept. 20, New Zealanders have a checkbox of their own. If you live in New Zealand, whatever party you choose to vote for, bear in mind the opportunity to send a message that this government won’t need to spy on us to hear: The liberties of free people cannot be changed behind closed doors. It’s time to stand up. It’s time to restore our democracies. It’s time to take back our rights. And it starts with you.

National security has become the National Party’s security. What we’re seeing today is that in New Zealand, the balance between the public’s right to know and the propriety of a secret is determined by a single factor: the political advantage it offers to a specific party and or a specific politician. This misuse of New Zealand’s spying apparatus for the benefit of a single individual is a historic concern, because even if you believe today’s prime minister is beyond reproach, he will not remain in power forever. What happens tomorrow, when a different leader assumes the same power to conceal and reveal things from the citizenry based not on what is required by free societies, but rather on what needs to be said to keep them in power?

#Nachtrag nach ersten Hochrechnungen scheint Dotcoms Internet Party (wie schon Die von Assange in Australien) gescheitert zu sein…

Neuseeland: Snowden und Assange greifen beherzt in Wahlkampf ein

Gerd R. Rueger gcsb-logo

Edward Snowden, Julian Assange und Glenn Greenwald unterstützen den deutschen Hacker und MegaUpload-Gründer Kim Dotcom, der mit seiner Internet Party die nationalistische Regierung von John Key stürzen will. Key ließ vor zwei Jahren den wegen sog. Urheberrechtsverletzungen gesuchten Kim Dotcom illegal ausspähen und lieferte ihn NSA und FBI ans Messer. Nun setzt Dotcom den Premier mit dessen Verwicklung in die NSA-Spionage gegen das eigene Volk unter Druck.

Vor den Wahlen in Neuseeland ist der solide Vorsprung der regierenden Nationalen Partei (NP) von Premierminister John Key in den Umfragen zusammen geschmolzen. Die Konservativen könnten künftig auf mindestens einen Koalitionspartner angewiesen sein. Selbst ein Machtwechsel scheint möglich, sollte die oppositionelle Labour Party ausreichend Koalitionspartner finden. Der Regierungschef hatte sich in Lügen verstrickt als er die Teilnahme seines Geheimdienstes an der Massenüberwachung durch die NSA abstritt. Die Internet Party trat dem auf Basis der Snowden-Leaks und mit Hilfe von The Intercept energisch entgegen. Snowden selbst ergriff das Wort und publizierte einen Wahlaufruf an die Neuseeländer (folgt in Kürze in unserer Übersetzung). John Keys Hauptgegner, der Labour-Spitzenkandidat David Cunliffe nutzte die Debatte mit dem Versprechen, bei einem Machtwechsel den Schutz der Privatsphäre zu verbessern. Ein Ausspionieren der Bürger werde es mit ihm als Premier nicht mehr geben.

Die Internet Party des deutschen Hackers Kim Dotcom hatte im Wahlkampf-Endspurt bei einer Konferenz in derSnowden Metropole Auckland den Pulitzer-Preisträger Glenn Greenwald (The Intecept) in Person, sowie die von den USA gejagten Edward Snowden und Julian Assange in einer Videoschaltung aufgeboten.

Dotcoms erst 2014 gegründete Internet Party könnte im Bündnis mit der Mana Party den Parlamentseinzug schaffen. Diese ist auf die Maoris, die neuseeländischen Ureinwohner ausgerichtet. Mit mindestens einem Direktmandat für Mana entfiele die Fünfprozenthürde für das Bündnis.

Die politische Lage auf der Doppelinsel ist unübersichtlich: Neben den Grünen, die wohl wieder im Parlament landen dürften, könnten zwei Parteien im Falle eines knappen Ausgangs zu Zünglein an der Waage werden: Die New Zealand First des früheren Außenministers Winston Peters, die bürgerlich-populistisch ausgerichtet ist, aber schon einmal eine Koalition mit Labour eingegangen war. Und die Maori Party (nicht mit der Mana Party zu verwechseln) die allerdings, obwohl eigentlich links von Labour angesiedelt, zuletzt mit den Konservativen koalierte – sie würde ebenfalls für Bündnisse mit beiden großen Parteien in Frage kommen.

In Australien scheitert Julian Assange mit seiner Internet Party im letzten Jahr.

Hintergrund: Die Jagd auf den MegaUpload-Hacker Kim Dotcom

Vor zwei Jahren, zeigte sich Neuseelands nationalistischer Premier John Key „ziemlich geschockt“ darüber, wie der neuseeländische Geheimdienst GCSB (Government Communications Security Bureau) durch illegale Spionage half, den deutschen Hacker Kim Dotcom zu verhaften. Vermutlich war dies eine schauspielerische Meisterleistung des Regierungschefs. Die Snowden-Leaks enthüllten, dass Neuseeland Teil des angelsächsischen Spionagesystems ist, das sich selbst in bester Lord-of-the-Rings-Tradition „FiveEyes“ nennt. Bei Ermittlungen gegen Kim „Dotcom“ Schmitz, den Gründer von Megaupload, hatte das GCSB die Polizei unterstützt und in mehreren Fällen rechtswidrig Kommunikation abgefangen.

Kim Dotcom war in den USA angeklagt, geschäftsmäßig Urheberrechtsverletzungen begangen und Geld gewaschen zu haben. Für die Fahndung hatte das FBI Neuseeland um Amtshilfe gebeten, da der Kämpfer gegen eine an veralteten und unfairen Copyright-Regime profitierenden Medienindustrie dort lebt. Daher hatte die dortige Polizei ihn festgenommen, sein Haus durchsucht und seine prallen Konten beschlagnahmt –Hacker Kim war überwiegend ökonomisch motiviert (wie seine Widersacher, die großen Medienmogule auch). Offensichtlich war zuvor aber Dotcoms Kommunikation illegal abgehört worden. Premier Key behauptete, er halte das Ganze für einen Einzelfall und ein Versehen, aber das sei nun alles Gegenstand einer von ihm angesetzten Untersuchung…

Chaos Computer Club greift Snowden unter die Arme

Gerd R. Rueger Chaosknoten

Edward Snowden braucht dringend Geld für seine Verteidigung. Deutschlands einflussreichster Computerclub CCC spendet 36.000 Euro und macht Snowden zum Ehrenmitglied, eine Belobigung, die er mit Chelsea (früher Bradley) Manning, dem Wikileaks-Whistleblower teilt. Die von der US-Justiz verurteilte Manning und die von den USA weiterhin gnadenlos verfolgten Enthüller Julian Assange und Edward Snowden sind Gründerfiguren einer neuen Welt transparenter Machteliten im Zeitalter der Whistleblower.

Bereits Anfang des Jahres hatte der Chaos Computer Club beschlossen, dem Whistleblower Snowden in seinem russischen Exil die Ehrenmitgliedschaft anzubieten, was der  31-jährige „herzlich und gern“ angenommen hat. Sein deutscher Anwalt Wolfgang Kaleck teilte laut gulli.com mit:

Der jahrelange Einsatz des CCC und anderer für die Bürgerrechte und gegen Überwachung ebnete in Deutschland den Weg für eine breite Debatte nach den Enthüllungen durch Edward Snowden.“

Die Mitgliederversammlung des CCC hatte sich dazu entschlossen, Edward Snowden mit SnowdenGeldspenden beizustehen. Sein sechsköpfiges europäisches Anwaltsteam wird durch den CCC mit 36.000 Euro unterstützt. In der ersten Jahreshälfte beschloss die CCC-Versammlung außerdem, Edward Snowden die Ehrenmitgliedschaft anzubieten. Der von den USA verfolgte Edward Snowden sei die Quelle vieler Leaks über die Überwachungs- und Hacking-Aktivitäten der Geheimdienste, welche bereits mehr als ein Jahr lang international für viele Schlagzeilen sorgen.

Durch die Bereitstellung von Informationen an Journalisten darüber, wie und in welchem Umfang wir alle von der NSA und ihren Partnern sowie mit Hilfe von Telekommunikations- und Internetprovidern überwacht werden, war er Auslöser einer globalen Diskussion. Eine zentrale Aussage der CCC-Hackerethik lautet: „Öffentliche Daten nützen, private Daten schützen.“ Snowden hatte den Anstand, nach diesen Prinzipien zu handeln, so der CCC auf seiner Website und weiter:

„Zweifelsohne haben auch Chelsea Mannings mutige Aktionen denselben Kern. Auch ihr wurde von der Mitgliederversammlung des CCC – einstimmig – die Ehrenmitgliedschaft angeboten, um unserer Unterstützung Ausdruck zu verleihen. Sie nahm unser Angebot an, und es ist uns eine große Ehre, sie zu unseren Mitgliedern zählen zu können!“

Es ist nicht zu früh, dass der Wikileaks-Informant Bradley (heute Chelsea) Manningso geehrt wurde. Sie wurde vor einem Jahr wegen “Geheimnisverrats” zu 35 Jahren Haft verurteilt.   Manning-Solidartitäts-Kundgebungen rund um den Globus konnten die US-Justiz damals nicht erweichen, so bleibt der bzw. die politische Gefangene Chelsea Manning als Märtyrer einer neuen Weltgesellschaft der Whistleblower in einer zutiefst ungerechten US-Haft.

Unzweifelhaft ist die Bewertung der von den US-Offiziellen als “Geheimnisverrat” bezeichneten Enthüllungen: Es ist die bis heute bedeutsamste Aufdeckung von Kriegsverbrechen dieses Jahrhunderts. Wenn US-Medien sich jetzt besorgt zeigen, ist dies ein gutes Zeichen -obgleich man wohl kaum erwarten kann, dass der Schauprozess gegen Manning dort wahrheitsgemäß als Teil der Hexenjagd auf Wikileaks und Julian Assange dargestellt wird.

Der CCC war Wikileaks von Anfang an ein Forum und half Julian Assange, die JAssangeBobbyWhistleblower-Plattform bekannt zu machen. Nach dem Durchbruch unterstützte die CCC-nahe Wau-Holland-Stiftung Assange, der durch absurde Beschuldigungen dämonisiert und einer kafkaesken Interpol-Verfolgung ausgesetzt war. Assange ist bis heute im Exil in der Londoner Botschaft Ecuadors, die seit Jahren mit Millionen-Aufwand zu einem Hochsicherheits-Gefängnis gemacht wird.