Die mediale Ukraine-Propaganda beleidigt jeden klar denkenden Menschen. Doch der Schriftsteller Wolfgang Bittner ist nicht irgendwer. Seit 40 Jahren begeistert er mit politischer Literatur Leser und Kritiker, wurde mit Preisen geehrt, vertrat in Polen und Paris die deutsche Kultur. Jetzt platzte ihm der Kragen und er sagte der deutschen Journaille von BILD bis 3sat-Kulturzeit mal so richtig die Meinung. „Lügen, Hetze, Drohungen“ gegen Russland sieht er in den Medien anstelle der neutralen Berichterstattung, die sie uns schulden.
Wolfgang Bittner ist Träger des Egon-Erwin-Kisch-Preises für politsch informierte und engagierte Publizistik. Und er ist wütend über die deutschen Medien. Er analysiert in einer detaillierten Kritik ihre Lügen und prangert ihre Speichelleckerei bei den Mächtigen des Westblocks an. Kern seiner Abrechnung ist die Frage: „Halten die westlichen Politiker und die ihnen dienstbaren Medien die Bevölkerung – vielleicht aufgrund ihrer Propaganda – für gehirnamputiert?“ Bittner zeichnet eine unerträglich Kampagne nach und schont weder Privatpresse noch öffentlich-rechtliche Sendeanstalten:
„Schlugen wir die Zeitung auf, sprangen uns monatelang Putin-Karikaturen entgegen und Leitartikel geißelten tagtäglich die angeblich kriegslüsternen Russen. Häme, Unterstellungen und Lügen auch in Radio- und Fernsehsendungen. Im Deutschlandfunk wurde gefragt „Ist Putin noch zu stoppen?“ oder wir erfuhren: „Russland schürt den Konflikt.“ NDR-Weltbilder klärte uns über die „Psyche von Wladimir Putin“ auf, der sich laut ZDF als „der neue Zar“ fühlt und den Prinz Charles mit Hitler verglich. Von „prorussischem Mob“ (Spiegel-online, ARD Tagesschau) in der Ostukraine war die Rede, in der Welt erinnerte „die Ruchlosigkeit der Putin-Propaganda erschreckend an die Hochzeiten des Stalinismus“, die Bild-Zeitung entlarvte „Moskaus Kriegshetze“, im ZDF wurde gefragt: „Ist die Angst vieler Menschen in den baltischen Staaten berechtigt?“ Dementsprechend mahnten die US-Regierung, der NATO-Generalsekretär und Verteidigungsministerin von der Leyen höhere Verteidigungsausgaben an. Und so weiter, eine endlose Litanei.“ Wolfgang Bittner
Wolfgang Bittner kennt sich aus mit Gerechtigkeit, mit Kultur, Europa und den Medien. Er ist gelernter Rechtsanwalt, politisch engagierter Künstler und Schriftsteller. Er übernahm Lehrtätigkeiten im In- und Ausland, darunter in den Jahren 2004, 2005 und 2006 Gastprofessuren in Polen, von 1996-98 war er Mitglied des WDR-Rundfunkrats.
Wolfgang Bittner kennt sich besonders gut aus mit der Arbeit der schreibenden zünfte und mit dem Ethos, das sie eigentlich haben sollten. Er ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und im Verband deutscher Schriftsteller, dessen Bundesvorstand er von 1997 bis 2001 angehörte. 1978 wurde Bittner mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis ausgezeichnet, 1993 erhielt er den Dormagener Federkiel, 2001 ein Stipendium an der Cité Internationale des Arts in Paris, 2003 ein Stipendium der Kulturstiftung Villa Decius in Krakau, 2010 wurde er mit dem Karls-Preis der Neuen Rheinischen Zeitung geehrt.
Seine empörte Kritik sollte ein Warnruf sein, der auch letzte verschlafene Redaktionsstube erzittern lässt. Seine präzisen Vorhaltungen betreffen auch Schlendrian und intellektuelle Korruption, die überall eingerissen sind und die Journaille ganz in ihrer eigenen Welt der Hasspropaganda leben lassen. Dort ist kein Platz für Fakten, die den Nato-Kriegsplänen entgegenstehen, die Russland oder Putin als vernünftige Kräfte zeigen:
„Dass sich der russische Präsident in einer Rede am 18. März 2014 im Kreml verhandlungsbereit gezeigt und um einen fairen Umgang miteinander geworben hat, wurde als Propaganda abgetan. Putin sagte: „Dabei werden wir selbst niemals nach einer Konfrontation mit unseren Partnern – weder in Ost, noch in West – streben; ganz im Gegenteil, wir werden alles Notwendige unternehmen, um zivilisierte, gutnachbarliche Beziehungen aufzubauen, so, wie es sich in der heutigen Welt gehört.“ Weder die deutsche Bundeskanzlerin noch der US-amerikanische Präsident hielten es für nötig, sich darauf einzulassen. (…) es wird weiter gewarnt, gedroht und gehetzt, obwohl die russische Regierung den am 25. Mai unter fragwürdigen Umständen gewählten neuen ukrainischen Staatspräsidenten Petro Poroschenko, einen Milliardär und Profiteur des neoliberalen Umbruchs, anerkannt hat. Er geht – so ist von ihm zu hören – mit „harter Hand“ gegen die Separatisten in der Ostukraine vor, die er von Russland gesteuerte Terroristen nennt. Auch in den westlichen Medien ist von Terror durch die „prorussischen Aufständischen“ in Luhansk und Donezk die Rede.“ Wolfgang Bittner
Gerade das deutsche Bildungsbürgertum hält sich für ach so gut informiert und aufgeklärt. Seine in schönen Vorstädten verwöhnten und auf Waldorfschulen verhätschelten Söhne und Töchter bevölkern die Redaktionen und Sendestudios, von wo sie uns seit Monaten mit übelster anti-russischer Hasspropaganda bombardieren. Stattdessen schickt 3sat-Rechtsaußen Tina Mendelsohn den leutseligen Ernst Grandits vor, der in „Kulturzeit“ empört über Publikumsschelte an deutschen Medien salbadert: Ein „Shitstorm“ sei da aus dem Internet gekommen, nur weil man anderer Meinung sei; Arroganz und Dummheit würde da feige von anonymen Shitstormern auf die Websites geschrieben… eine erbärmliche Retourkutsche auf die harte, berechtigte Kritik. Irgendwelche Fehler bei sich selbst konnten Grandits, Mendelsohn und ihre Medienzunft natürlich nicht entdecken. Offenbar begreifen tatsächlich viele Leser von „Zeit“ und SZ, Zuschauer von Arte und 3sat noch immer nicht das ganze Ausmaß der Verkommenheit der auch der Edel-Journaille. Alles, was „den Westen“, sprich: die Machthaber der Nato und ihrer Konzern-Oligarchien, schlecht dastehen lässt wird dreist unter den Teppich gekehrt:
„Dass auf Seiten des von Kiew mit Panzern und Kampfjets ausgesandten Militärs Hunderte US-amerikanischer Söldner der Academi-Truppe (ehemals „Blackwater“) im Einsatz sind, wird weitgehend verschwiegen. Selbst die Ermordung von 48 „prorussischen Aktivisten“ in Odessa, wo Nationalisten das Gewerkschaftshaus in Brand gesetzt hatten, war keinen Leitartikel wert. In der Tagesschau wird nach wie vor behauptet, der Kreml steuere die Destabilisierung der Ukraine; die Zeitungen berichten von einer „Anti-Terror-Operation“ und „heftigen Gefechten“ gegen „moskautreue Separatisten“ in der Ostukraine, obwohl doch inzwischen jeder weiß, dass dort Bürgerkrieg herrscht. Der Oligarch Petro Poroschenko, der den Oligarchen Victor Janukowitsch abgelöst hat, steht zu dem Oligarchen Arsenij Jazenjuk mitsamt den rechtsextremistischen Kräften in dessen Regierungstruppe.“ Wolfgang Bittner
Bei jedem Regime, das nicht aus West-Marionetten besteht, hätten unsere Medien längst den empörten Kampfschrei „Diktator schießt auf’s eigene Volk“ ertönen lassen. Aber nicht in Kiew. Nicht einmal die offenkundig faschistischen Kräfte unter den zum „Euro-Maidan“ stilisierten Demonstranten konnte die journalistische Klasse noch wahrnehmen. Sie wurden –unter Führung der grünen Böll-Stiftung- unter den Teppich gekehrt. Die Demonstrationen wurden noch als friedliche Opposition eines diktatorischen Regimes hingestellt, als der gewalttätige Mob längst mit Nazi-Symbolen in den Straßen tobte und Vertreter der gewählten Regierung, Russen und Juden mit brutaler Gewalt verfolgt wurden. Bittner rekapituliert:
„In Kiew waren seit Februar 2014 Aufständische an der Macht, die eine gewählte ukrainische Regierung durch Putsch gestürzt haben. Regierungsmitglieder, hochrangige Militärs und Polizeibeamte gehören der rechtsextremen Swoboda-Partei an, deren Vorsitzender Oleg Tjagnibok 2004 dazu aufrief „Russensäue, Judenschweine und sonstiges Gesindel“ zu bekämpfen; er ist weiterhin Fraktionsvorsitzender seiner Partei im ukrainischen Parlament. Im Dezember 2013 kam er mit dem US-Senator John McCain zusammen, der ihm Unterstützung zusagte, und zur gleichen Zeit erklärte die EU-Beauftragte des US-Außenministers Kerry, Victoria Nuland („Fuck the EU“), die USA habe rund fünf Milliarden Dollar in den „Regime Change“ in der Ukraine investiert.“ Wolfgang Bittner
Unsere Journaille, sonst jedem Skandälchen wie eine Meute Bluthunde nachhechelnd, jaulte mit eingezogenem Schwanz unter dem Tisch der US-Amerikaner als deren Intrigen mit Paukenschlägen öffentlich gemacht wurden –von russischen Medien. Bittner hat mehr als ARD bis BILD gelesen und weiß:
„Aus einem abgehörten Telefonat der EU-Beauftragten mit dem ukrainischen US-Botschafter Geoffrey Pyatt ging hervor, dass Washington Asenij Jazenjuk bereits lange vor dem Staatsstreich als künftigen Ministerpräsident vorgesehen hatte. Und es kann als erwiesen gelten, dass die Todesschüsse auf dem Maidan-Platz, denen sowohl Demonstranten als auch Polizisten zum Opfer fielen, nicht von Janukowitsch angeordnet wurden; das war einem mitgeschnittenen Telefonat der Außenbeauftragen der EU, Catherine Ashton, mit dem estnischen Außenminister Urmas Paet zu entnehmen.“ Wolfgang Bittner
Die Ukraine ist medial ein seltsames Land –von deutschen Redaktionen aus gesehen: Nicht einmal handfeste Korruption (West) wird in Westmedien skandalisiert, wie sie die westlichen Presseköter gegen russische oder sonst wie andersfarbige Machteliten bei jeder Gelegenheit hämisch heraus posaunen:
„Kürzlich war nun zu erfahren, dass Bidens Sohn Hunter Biden und ein Vertrauter Kerrys, Devon Archer, in den Verwaltungsrat des privaten ukrainischen Öl- und Gasunternehmens Burisma berufen worden sind. Übrigens gehört dem Burisma-Verwaltungsrat auch der polnische Ex-Staatspräsident Aleksander Kwasniewski an.“ Wolfgang Bittner
Das Schlimmste aber ist, dass unsere Medien im Blutrausch ihrer Hasspropaganda gegen Putin und Russland neben ihren guten Manieren, ihrem journalistischen Ethos und ihrem Sachverstand auch elementare Lektionen der deutschen Geschichte vergessen haben. Zum hundertsten Jahrestag der „Katastrophe des Ersten Weltkriegs“ labern sie ihre altkluge Empörung über Kriegsbegeisterung und –propaganda herunter, ohne den geringsten Bezug zur heutigen Situation herstellen zu können oder zu wollen. Wolfgang Bittner reibt der debilen Journaille ihre brandgefährliche Ignoranz unmissverständlich unter die Nase:
„Jetzt sind deutsche Kampfflugzeuge im Baltikum stationiert, deutsche Kriegsschiffe in der Ostsee und im Schwarzen Meer; das US-Militär ist ohnehin überall an den Grenzen Russlands massiv vertreten und die NATO schleicht sich schon seit Jahren nach Osten. Zugleich fordern die Westmächte Russland auf, seine Soldaten aus den eigenen Grenzbereichen zurückzuziehen.“ Wolfgang Bittner
Quelle:
Die Ukraine-USA-EU-Russland-Krise: Lügen, Hetze, Drohungen –
Ein Kommentar von Wolfgang Bittner, HINTERGRUND, 28. Mai 2014