Facebook, Google, Apple… und wie man Widerstand leisten könnte

Cover: „Disrupt!“ (Unrast-Verlag) Filmplakat „Metropolis“, dem Science Fiction-Klassiker von Fritz Lang

Ein Essay mit Buchkritik von Hannes Sies

Wir alle nutzen gern und häufig neue Technologien, z.B. hier und jetzt im Internet. Selten, allzu selten denken wir darüber nach, welche Folgen diese Technik für uns selbst, geschweige denn für Gesellschaft und Politik haben könnte. Kulturelle Reflexion über Technologie findet überwiegend nur im Genre Science Fiction (SF) statt. Dies kann bestenfalls utopische Züge haben, schlimmstenfalls in reaktionäre Auswüchse des „Fantasy“-Genres reichen. Ersteres kann man massenkulturell vielleicht bei Star Trek (deutsch: Raumschiff Enterprise) finden, letzteres bei Star Wars (das von seinen Fans für SF gehalten wird). Für bodenständige Menschen bedeutet das Prädikat „utopisch“ nur ein anderes Wort für „Spinnerei“, ihre Überlegungen bezüglich der Zukunft reichen meist nicht weiter als, sagen wir, ein Bausparvertrag oder der Rentenanteil im nächsten Tarifabschluss.

Zumindest von den Leuten, die Technologien entwickeln, sollte man eigentlich erwarten, dass sie über die Folgen reflektieren. Tatsächlich ist die technische Intelligenzia oder, wie man sie heute nennt, die „Nerds“, eifriger Konsument von Massenkultur à la Star Trek und Star Wars, wie man in der äußerst erfolgreichen Nerd-Satiresoap The Big Bang Theory sehen kann: Zur kritischen Beschäftigung mit dem eigenen Handeln oder mit Technologie führt dies aber kaum, nur zu Eskapismus in eine unpolitische, evtl. noch lasch-sozialliberale Haltung (Schmusenerd Lennard) bzw. sogar zu reaktionär-konservativer Weltsicht (beim Asperger-Syndrom-Nerdkönig Dr.Sheldon Cooper).

Dr.Sheldon Cooper liebt Facebook

Dr. Sheldon Cooper, Chef-Nerd aus The Big Bang Theory (von Fan-Website BBT-Wiki)

Keine Figur dieser auch hierzulande täglich im Fernsehen wiederholten US-Serie macht sich jemals kritische Gedanken über das Handeln ihrer Regierung. Ebenso wenig über die Richtigkeit der Politik, für die sie sich auch gar nicht interessieren und meist auch kaum über die Technologie, die sie entwickeln. -Abgesehen von ein paar Zweifeln, als das Militär als besonderen Gag etwas davon requiriert und für geheim erklärt (Zweifel, die mit Angst vor Repressionen schnell herunter geschluckt werden). Das Erfolgsgeheimnis dieser Soap: Solche Nerds gibt es tatsächlich und sie werden immer mehr. Einige von ihnen versuchen sich sogar etwas ernsthaftere Gedanken zu machen als die Medien-Klischee-Vorbilder aus den USA, z.B. Leena aus dem Umfeld der deutschen Hackerszene:

Ob The Circle, Black Mirror, The Handsmaids Tale oder Star Trek Discovery – Unsere Populärkultur wirft derzeit einen pessimistischen Blick in die Zukunft. Dabei brauchen wir gerade jetzt technologische Utopien.“ Leena

Leena denkt dabei nicht direkt an Politik, aber sie gehört zu jenen, die das Buch DISRUPT! lesen sollten. Als Autor von DISRUPT! zeichnet verantwortlich das „redaktionskollektiv çapulcu“ („çapulcu“ steht türkisch für „Banditen“ und wurde von Erdogan-Gegnern nach selbiger Beschimpfung für sich übernommen). Man sieht Technologie explizit politisch, kritisch und links:

Logo von Capulcu (weil Erdogan während der großen Proteste eine Pinguin-Doku im Fernsehen senden ließ)

DISRUPT! beschreibt die Versuche, das menschliche Dasein den Anforderungen einer reduktionistischen künstlichen Intelligenz zu unterwerfen. Der Anpassungsdruck des Menschen an die Maschine wirkt bereits jetzt – weit vor einer vollständigen Vernetzung aller mit allem. Das redaktionskollektiv çapulcu dechiffriert diese oft unhinterfragte Entwicklung als Angriff auf unsere Autonomie und analysiert seine entsolidarisierende Wirkung. Denn Technologie ist nie neutral, sondern immanent politisch.“

Die Autoren sind keine Maschinenstürmer, aber sie wollen die neuen Technologien kritisch auf ihre Folgen befragen, auf ihre politökonomischen Hintergründe, auf die Motive der Herrschenden bei ihrer Propagierung und Durchsetzung. Das gelingt sehr überzeugend. Der Unterton ist zuweilen etwas düster, doch es überwiegt der gerechte Zorn über unfaire Verhältnisse, die zynischen Lügen und die Repression, mit der iT-Machteliten ihre Gier auf unser aller Kosten befriedigen. Das ist weit mehr als wir bei zeitgenössischen Nerds sonst zu sehen bekommen:

Ob Klimawandel, Totalüberwachung, künstliche Intelligenz oder das Erstarken menschenverachtender Menschenbilder, wir haben viel Grund zum Pessimismus. Gerade in Zeiten, in denen viele der Mut verlässt, wo viele sich eingestehen, dass sie eher mit Zweifeln in die Zukunft sehen, braucht es positive Ideen zum Umgang mit Technik.“ Leena

Big Bang Theory und die Politik der Nerds

Vielleicht denkt auch Leena bei diesen positiven Ideen an die Hackerkultur, deren politische und sogar radikale Aktionen das redaktionskollektiv çapulcu ausführlich begründet und beschreibt: Mit Macht vorangetriebene technologische Schübe wären kaum umkehrbar, sobald sie gesellschaftlich durchgesetzt wären. Denn „der darüber geprägte Zeitgeist“ wirke selbstverstärkend für die notwendige Stabilisierung, wobei dieser Geist,so muss man anmerken, etwas Hilfe von Medienkonzernen bekommt, wenn sie etwa einen Sozialcharakter wie den US-Nerd in nur vermeintlich unpolitischen TV-Serien wie The Big Bang Theory unter Abermillionen jungen Menschen verbreiten.

Capulcu fordert einen Gegenangriff auf Ideologie und Praxis „der totalen Erfassung“ und „die Wiederbelebung einer praktischen Technologiekritik zwischen Verweigerung und widerständiger Aneignung spezifischer Techniken“. Als Gegner werden nicht nur Regierungen und Behörden des klassischen Überwachungsstaates benannt, sondern mehr noch die großen Konzerne und Industrien der digitalen Welt: Apple, Google, Microsoft und Facebook, um nur die bedeutendsten zu nennen. Der Vorwurf lautet auf Ausbeutung, ganz traditionell ihrer Arbeiter, insbesondere im globalen Süden, China etwa. Aber gerade auch ihrer „Kunden“ und der Nutzer ihrer Angebote. Diese würden in ihrer Privatsphäre verletzt, ihre Daten rücksichtslos verwertet und sie selbst als total ausspionierte Kundenprofile verraten und verkauft. Für die Werbewirtschaft ein gefundenes Fressen ist vor allem Facebook: Seine gut zwei Milliarden Nutzer sind der Durchleuchtung und Manipulation recht- und schutzlos ausgeliefert und ahnen es meist nicht mal. Einige, nennen wir sie Leena und Ingo (Namen, wie sie heute typische sozialliberale Mittelschicht-Akademiker ihrem Nachwuchs verpassen) ahnen meist eher unbewusst, dass dabei nicht alles Gold ist, was auf ihrem Bildschirm glänzt, vermögen aber nicht, politisch tiefer gehende Kritik zu entwickeln:

So ein soziales Netzwerk ist eine tolle Sache. Immer und überall lässt sich herausfinden, wie es den Freunden wohl gehen mag, was sie gerade treiben. Andersrum lässt sich natürlich auch mitteilen, wie denn das eigene Befinden so ist, zu welcher Party es als Nächstes geht und wie die letzte denn so war. Ab und an werden die Nerven dann doch strapaziert, wenn der Freundeskreis haufenweise YouTube-Videos zu postet, Bilder von verschiedenen Gruppen zu teilt oder einfach nur blindlings jede offensichtlich virenschleudernde App installiert. Aber an und für sich ist es ganz toll, immer mit den Lieben, nahen und fernen Bekannten und Freunden verbunden zu sein. Insbesondere dann, wenn sie sich nach Schule, Ausbildung und Studium über die ganze Welt verteilt haben. Das erzeugt dann ein gewisses Heimatgefühl.“ Ingo

Ingo kommt am Ende einer weitgehend unpolitischen, über große Zusammenhänge völlig uninformierten, aber immerhin noch rationalen Abwägung, wenigstens zum Ergebnis, persönlich auf Facebook zu verzichten. Sein Weltbild ist vermutlich das Ergebnis eines Medien-Mainstreams, der ein werbefreundliches Umfeld schafft und sich an Vorgaben der Bilderberg- etc. Machteliten hält: Die eigene Regierung wird unkritisch gesehen, ihre z.B. Verletzungen des Völker- und Menschenrechts bei Angriffskriegen (Libyen, Syrien usw.) sind unbekannt und „Oligarchen“ gibt es nur in Moskau, nicht in Washington, London, Paris und Berlin. So kann Ingo auch kaum begreifen, welches Ausmaß die medial-digitale Kontrolle über sein Leben wirklich schon hat und vor allem nicht, von wem und wozu sie ausgeübt wird. Geschweige denn, dass er an Widerstand dagegen denken könnte (der über eine Änderung seines Soziale-Medien-Konsums hinausginge). Würde Ingo bloß dieses Buch lesen:

Denn Capulcu wird da in Disrupt! Schon wesentlich konkreter: „Alles, was man jemals preisgegeben hat – ob freiwillig oder ohne eigenes Wissen und Zutun – bleibt im digitalen Gedächtnis des Internets für immer erhalten. Eine reichhaltige Fundgrube also für Unternehmen und staatliche Repressionsorgane. Facebook beispielsweise wertet permanent die eingegebenen Daten aller Nutzer*innen aus, und Werbefirmen können sich Profile zurechtklicken, um genau den Personen maßgeschneiderte Werbung zu schicken, die sich für ihre Produkte interessieren könnten. Natürlich ist dies nur ein minimaler Teil der Datenquellen im Netz, auf die zugegriffen werden kann. Scheinbar kostenlose Dienste wie die von Facebook oder Google werden mit den eigenen Daten teuer bezahlt – und die Unternehmen machen Milliarden damit. Viele Smartphone-Apps beispielsweise leiten die Daten ihrer Nutzer an Werbenetzwerke weiter, ohne dass diese davon in Kenntnis gesetzt werden oder gar ihre Zustimmung gegeben hätten. Die Werbenetzwerke speichern dann die IMEI (International Mobile Station Equipment Identity, die Seriennummer des benutzten Geräts, das dadurch eindeutig identifizierbar ist) zusammen mit dem Nutzungsverhalten über mehrere Apps hinweg, so dass ein aussagekräftiges Interessenprofil der Nutzer erstellt werden kann. Es werden freiwillige direkte Angaben, aber auch Klicks, Likes und Dislikes, Standorte, soziale Netzwerke und Beziehungen erkannt und ausgewertet, um Profile von Menschen zu erstellen, sie einzuschätzen, zu bewerten, ihr Verhalten vorherzusagen und sie zu manipulieren. Wer glaubt, dass es sich hierbei um scheinbar unkritische, harmlose Daten handelt, liegt leider falsch. Interessant sind neben demografischen Daten gerade solche, die tiefe Einblicke in das Leben von Menschen erlauben. So sind beispielsweise persönliche Stärken, Schwächen, Ängste, Interessen und Einstellungen, aber auch Krankheiten, Beziehungen, Kaufkraft und Kreditwürdigkeit, intime Geheimnisse, Neigungen oder Suchtverhalten von großem Interesse.“

Disziplinierung durch Fitness-Tools und Profiling

Capulcu weist auf drohenden Missbrauch etwa durch Krankenkassen hin, die gierig darauf sind, uns loszuwerden, sobald wir „schlechte Risiken“ werden: Wenn wir krank werden also. In Zukunft wird man versuchen, uns vorher loszuwerden oder gar nicht erst aufzunehmen, wie am Beispiel Generali gezeigt wird. Folge: Jeder spürt den Zwang zur Selbstoptimierung als neoliberales Markt-Subjekt, das im Wettbewerb mit allen anderen steht. Solidarität? Fehlanzeige. Bei der großflächigen Disziplinierung wird die neue Mode der Fitness-Messung angewandt, aber auch die politische Willensbildung sei ins Fadenkreuz gerückt. Firmen wie die berüchtigte Cambridge Analytica etablierten dort gerade Geschäftsmodelle: Das Buch beschreibt den Skandal rund um den Trump-Wahlkampf und die Brexit-Kampagne, die von der Cambridger Firma beraten wurden. Beide hatten Erfolg, womöglich auch weil sie personifizierte Propaganda verwenden konnten. Diese wurde anhand von Facebook-Profilen direkt auf sie zugeschnitten: Digitaler Rechtspopulismus, der von sogar für Facebook-Standards illegal auf Nutzerdaten zurückgriff. Diese Story ist inzwischen auch im Medienmainstream angekommen -aber wäre sie es, wenn nicht die Außenseiter-Positionen Trump und Brexit damit durchgesetzt worden wären? Und wie naiv muss man sein, um zu glauben, dass nicht zahlreiche andere geheime Kampagnen ähnliche Methoden anwenden?

Cambridge Analytica war nur ein extremes Beispiel für die täglich geübte Normierung und Disziplinierung der digitalen Subjekte im Netz, aber auch im realen Leben. Ziel ist die vom Nutzer freudig -und teilweise sogar dafür bezahlend- selbstgewählte Unmündigkeit. Capulcu analysiert die digitale Antiaufklärung über Smartphone, Fitness-Armband und Computer, wie sie weiland Adorno nicht schärfer hätte kritisieren können.

Doch das lieber anonym bleibende Redaktionskollektiv bearbeitet noch viele weitere Bereiche, die Silicon-Valley-Ideologie um Künstliche Intelligenz und Transhumanismus, ihre Nudging-Manipulations-Strategien, Big Data als Basis von Wahlbetrug. Die Kritik bearbeitet auch traditionell linke Themen: Wie Apple seine Arbeiter in China ausbeutet; wie Uber das Taxigewerbe entsolidarisiert und dabei die Selbstausbeutung der vom Neoliberalismus entwurzelten „Selbstunternehmer“ ausnutzt; wie die unpolitisch-zynische IT-Gewinnler-Klasse den Rest der Welt dem hemmungslosen Zugriff des Kapitals preisgibt, etwa in der Gentrification durch AirBNB (eine neoliberal-konzernmäßige Pervertierung des Gedankens der Mitwohnzentralen).

Widerstand gegen Google, Facebook & Co.

Dabei wird der Missbrauch von Technologie nicht nur kritisiert und beklagt, sondern immer Möglichkeiten des Widerstands beschrieben. Schade, dass solche Bücher es wohl nicht zur Schullektüre bringen werden. Abschließend eine Passage über den Kampf gegen Google, dessen „sozialer“ Einsatz für seine gutbezahlten Nerd-Angestellten nicht von allen begrüßt wird:

Straßenszenen in San Francisco: Unrat und Blockaden gegen Google-Luxusbusse, Besetzung des Airbnb-Hauptquartiers, Abwehr von Gerichtsvollzieher*innen bei Wohnungsräumungen. Das sind Formen eines Kampfes gegen Vertreibungsdruck in Silicon Valley, der Welthauptstadt des technologischen Angriff s der IT-Industrien, der die Lebensverhältnisse der umliegenden Städte San Francisco, Oakland etc. umzupflügen sucht. Es ist zugleich ein Schwerpunkt des weltweiten Kampfes, den wir auf allen Kontinenten und in vielen Städten Europas in vielen Facetten und Schattierungen erleben. Überall steigert eine unerbittliche VertreibungsOffensive die gemächlicheren Formen vormaliger ›Gentrifizierung‹ auf neue Höhepunkte. In ihrem Machtkern operieren neue Eliten und Wohlhabende, die auf irgendeine Art und Weise Agent*innen und Nutznießer*innen des technologischen Angriffs sind. (…)

Auf Fotos können wir Aktionen verfolgen, z.B. wie die von Google und anderen Unternehmen für ihre Mitarbeiter*innen eingesetzten Luxusbusse blockiert, mit Schmutz und Unrat beworfen und auf alle erdenklichen Weisen attackiert werden. Mariannes Fotoserie zeigt uns auch die direkten Kämpfe gegen Vertreibung. Sie reichen von Kampagnen gegen die Übernahme von Gebäuden durch Tech-Reiche bis hin zur direkten Blockade. Die ersteren waren zuweilen nicht ohne ›Geschmäckle‹. So beanspruchte ein in den Diensten der IT-Offensive zu Reichtum gekommener Rechtsanwalt ein ganzes 12-Stockwerke-Haus für sich allein. Eine Kampagne fand heraus, in welcher Schwulen-Bar er verkehrte und verbreitete über das Beziehungsanbahnungs-Portal »tinder« die Vertreibungsgelüste des Rechtsanwalts – mit der Folge, dass Teilnehmer des Portals eine Kontaktaufnahme mit ihm verweigerten, weil sie mit Vertreibern nichts zu tun haben wollten. Die Kampagne verfehlte ihre Wirkung also nicht.“

çapulcu redaktionskollektiv: DISRUPT! Widerstand gegen den technologischen Angriff, Unrast Verlag, Münster 2017, 155 S., 12,80-

Gekürzte Version zuerst erschienen bei (Scharf-links)

Siehe dazu auch die Kritik des neoliberalen Buches Disrupt Yourself

 

Großmacht Facebook: Digitaler Netzimperialismus

Sissy Hanuman

Facebook gilt als größte „Nation“ der Netzwelt: Mit mehr als zwei Milliarden „Bewohnern“ ist es weit größer als China oder Indien. 2015 wählte Facebook eine neue Strategie, um noch schneller zu wachsen. Mit dem anmaßenden Projekt internet.org, das aufgrund erheblichen Widerstands kurze Zeit später in Free Basics umbenannt wurde, beabsichtigt Facebook insgesamt 100 ärmere Länder „smart“ zu entwickeln: Ein auf drei Dutzend Webanbieter reduziertes Gratis-Internet per Smartphone-App soll „den Armen“ Facebooks Auswahl an Internetangeboten und Facebooks Form der Konnektivität aufprägen. In Indien hat dieses neokoloniale Vernetzungsprojekt im Februar 2016 aufgrund massiven Widerstands der SaveTheInternet-Bewegung einen Rückschlag erlitten.

Früher haben die Kolonialisten „den Wilden“ billige Glasperlen geschenkt, um ihnen wertvolle Güter und Land abzugaunern; besonders heimtückisch verschenkten die Briten auch schöne warme Decken an die armen, frierenden Indianer Nordamerikas -die sie vorher mit tödlichen Pockenviren verseucht hatten. Heute verteilen Google, Bill Gates und Marc Zuckerberg großzügig Computer, Apps und Internetanschlüsse an die Armen der Welt. Aber nicht ohne Hintergedanken: Netzkonzerne wie Google und Facebook wollen jeweils ein möglichst engmaschiges Netz über die Welt legen. Insbesondere die noch unerschlossenen Gegenden ärmerer Länder sollen unter großem technischen und finanziellen Aufwand (Ballons, Satelliten, Drohnen) vernetzt werden. So ist Facebooks größte philanthropische Initiative Free Basic der imperiale Anspruch, die Entwicklungs- und Schwellenländer informationstechnologisch zu erobern.

Es geht um die weltweite Erschließung der Kommunikation als maximal invasive Manipulationsmöglichkeit aller Menschen. So wie die politische Ökonomie herrscht, indem sie uns die Freiheit konkurrierender wirtschaftlicher Interessen lässt, so kontrolliert und lenkt die Kybernetik, indem sie uns zugesteht, zu kommunizieren und Informationen abzurufen. Free Basics soll rund eine Mrd. bislang ›unerschlossener‹ Indern in Facebooks Umsonst-Netz bringen.

Das Einengen ihres Informationshorizontes auf eine Filterblase von weniger als 40 Plattformen und Dienste-Anbieter, die mit Facebooks IT-Sicht auf die Welt konform gehen, stellt eine neue Stufe kolonialer Entmündigung dar. Es geht um die radikale Zerschlagung traditioneller Informations- und Sozialstrukturen zugunsten maximaler Isolierung des Individuums, um jeden Einzelnen gänzlich neu in ein Netz algorithmisch gelenkter Interaktion einweben zu können. Kein Zugriff , keine Manipulation lässt sich umfassender gestalten – und das ohne unmittelbare Anwendung von Zwang: „Wir erzeugen Produkte, ohne die man nicht mehr leben kann.“

Leider hinkt das gesellschaftliche Bewusstsein für die Konsequenzen dieses tiefgreifenden Wandels so weit hinterher, dass deren technokratische Macher leichtes Spiel haben. Während sich im Kolonialismus des 19.Jahrhunderts die christlichen Missionare sich manchmal noch die Mühe machten, getrennt von den einfallenden Kolonialtruppen zu reisen, kommen im heutigen Techno-Imperialismus Bibel und Kanone gemeinsam – in Form einer smarten Technologie, die den Eroberten die Vernetztheit und die ›Macht zu teilen‹ bringt. Selbstverständlich zu den Konditionen der Eroberer.

Erst kam Billy, dann Zuckerberg

Hübsch verpackt als Entwicklungshilfe investierte bereits Microsoft in den 1990ern viel Geld in Computer- Schulungszentren in Indien. Die wenig überraschende Bedingung war der Betrieb sämtlicher Rechner unter Windows und die Nutzung von Microsoft s Programmen. Mehrere Generationen von Schüler*innen erwarben daraufhin sämtliche Computer-Fähigkeiten unter der Alleinherrschaft von Microsoft : von der Anwendungssoftware über die Systemadministration bis zur Software-Entwicklung. Alles, was nicht Hardware war, war Microsoft . Bill Gates ›raubte‹ Hunderten von Millionen Kids die Perspektive auf Kenntnisse zur Entwicklung frei- er Software sowie die Vorteile bei deren Nutzung. Das mag Computer-fernen Menschen spitzfindig erscheinen, doch für die heutige Form des Crowdworking war die ›Eroberung‹ und lenkende ›Erziehung‹«

der Jugend zu digitalen Arbeitsnomaden in Ländern wie Indien eine wichtige Voraussetzung. In vielen lateinamerikanischen und afrikanischen Ländern markierte die Initiative des Bostoner MIT »One Laptop Per Child« einen weiteren technologischen Eroberungszug. Auch dieses zunächst selbstlos daher kommende Projekt (jedem Kind soll ein Laptop geschenkt werden) verblieb im klassisch paternalistischen Verständnis der IT-Entwicklungshilfe, in der häufig weiße, männliche IT-Unternehmer armen, unterentwickelten Kindern im globalen Süden eine glorreiche Zukunft versprechen, wenn sie dieses Gerät, diese App oder was auch immer nutzen. Die Einschränkungen bzw. die Bevormundung der ›zu entwickelnden Armen‹ im Rahmen der aktuellen Zwangsbeglückung von Facebook reichen deutlich weiter. Und tatsächlich ist auch die ›Dankbarkeit‹ sehr viel kleiner und der Gegenwind deutlich heftiger.

Obwohl Facebook sein zensiertes Umsonst-Internet als »Empowerment« darzustellen versucht, dominieren Begriff e der Netzaktivisten und kleinen Start-ups rund um die Initiative »SaveTheInternet.in« die breite öffentliche Debatte. Free Basics wird dort mit Bildern wie »grüne Gärten umgeben von hohen Mauern« bedacht. Als Zuckerberg im Herbst letzten Jahres während eines viel beachteten Besuches in Indien meinte: »Besser ein bisschen, als gar kein Internet«, wurden die Vorwürfe seiner teils prominenten Gegnern noch deutlicher. Von »Landnahme« (landgrab) war die Rede und von »ökonomischem Rassismus«. Die Diskussion kochte so hoch, dass mehrere Unternehmen – darunter die Indian Times als eines von 37 auserwählten Unternehmen, deren Webseite (neben facebook) ab Ende November Indienweit im beschränkten Zuckerberg-Internet zugänglich sein sollten, die Kooperation mit facebook aufkündigten. Sie schlossen sich der Kampagne für Netzneutralität an, die mit über 400.000 Menschen gegen das Facebook-zentrierte Internet protestierte. Der öffentliche Druck mit seiner Forderung nach unbeschränktem Internetzugang ging so weit, dass sich die indische Behörde zur Regulierung der Telekommunikation (TRAI) 2016 genötigt sah, das Projekt zu stoppen, wegen mangelnder Netzneutralität.

Quelle siehe: Capulcus… das bedeutet „Wegelagerer“ oder „Nichtsnutze“. Der türkische (Minister-)Präsident Erdogan versuchte so die Regierungsgegner*innen der breiten Revolte im Jahr 2013 zu diffamieren. Statt über die Gezi-Proteste in Istanbul zu Beginn des Aufstands zu berichten, ließ Erdogan eine Pinguin-Dokumentation im Staatsfernsehen zeigen. Der Widerstand machte daraufhin den Pinguin mit einer Gasmaske gegen das Tränengas zu seinem Symbol. Diejenigen, die revoltieren, nennen sich fortan Capulcus.

Siehe zu Facebook in India die indische Website Internetfreedom 13.7.2018

Complete Net Neutrality in India. One step closer to the finish line.

Complete Net Neutrality in India. One step closer to the finish line. Towards yesterday evening we heard news that the Telecom Commission had among other things approved TRAI’s recommendations on net neutrality.

The Process

Last November, the TRAI made recommendations to expressly prohibit discriminatory treatment of content (more information here). The Telecom Commission is the highest decision-making body in the Department of Telecom. After it’s approved, the decision is now left to the Union Cabinet. This is an important step that moves us closer to having comprehensive Net Neutrality protection in India.

Media reports

While we are extremely happy with this decision we are doing so on the basis of a press interaction held by the Telecom Secretary day before yesterday on July 11, 2018 (read more from this Wire article which we are quoting below).

“The TC today approved net neutrality as recommended by TRAI. Now the licence agreements (with service providers) will be immediately amended and will be subject to principles of net neutrality,” telecom secretary Aruna Sundarajan told reporters while noting that some critical services would be kept out of its purview.”

We have previously advocated that exemptions such as, “critical services”, “specialised services”, or the possibility of intellectual property censorship remained in the TRAI recommendations. While they remain on the whole positive, such carve-outs can dent the promise of India’s leadership role, globally on the issue of comprehensive net neutrality regulations.

Further action, quick and transparent

While there is a tremendous reason for cheer, our victory on net neutrality needs to cross the finish line. Given pre-existing concerns that have been highlighted above, as well as the long period between November 2017 to July 10, 2018, we will continue to advocate for the following:

  • The Telecom Commission should release the agenda, minutes and the actual text of the decision it has taken in approving the recommendations of the TRAI on net neutrality.
  • The Union Government must indicate firm timelines/roadmap and act with urgency on this issue, by first publishing the actual text of the legal changes it is taking to implement the decision of the Telecom Commission.

We will continue working on the issue of Net Neutrality, corresponding and nudging government in a direction that protects the free and open internet. Our work is possible due to donors who are supporting us in making sure we build greater strength to represent the public interest in issues of technology, policy and law.

About us

Internet Freedom Foundation (IFF) is a non-profit organisation that supports and advocates for a free and open Internet. We are a group of volunteers from the SaveTheInternet.in movement. We come from all over India, from different backgrounds and fields, including technology, law, policy, design, journalism. We aim to promote the rights of Internet users – freedom of speech, privacy, net neutrality and freedom to innovate.

Massenmanipulation : Großmacht Facebook

Sissy Hanuman

Derzeit ist wieder einmal Facebook im Gespräch: Man will den Megakonzern (und andere Netzgiganten wie Google, Amazon, Apple) tatsächlich fairer besteuern (!). Wahrscheinlich ist leider, dass diese politisch ventilierten Ambitionen den gleichen Weg nehmen wie etwa das nach der Finanzkrise 2008 behauptete Vorhaben die Banken zu (re-) regulieren: In den Orkus der politischen Lügenmärchen. Netzkonzerne und insbesondere Facebook sind einfach zu wichtig, um sie ernsthaft anzugehen. Zu wichtig für zu mächtige Gruppen in den USA und in der EU. Dabei ist die ökonomische Power vielleicht sogar nur zweitrangig neben der Softpower der kulturellen und psychologischen Beeinflussung ganzer Bevölkerungen.

Facebook ist mit 80 Mia. Dollar Börsenwert ein Schwergewicht im Netz, es aber auch als gilt als größte „Nation“ der Netzwelt: Mit ca. 2,2 Milliarden „Bewohnern“ ist es weit größer als China und Indien. Eine solche Herde von Nutzern ist attraktiv für diverse Parteien. Da sind neben Marketingagenturen, Großunternehmen wie Banken, Versicherungen usw. auch diverse staatliche Stellen und Dienste, die gerne auf unsere privaten Daten zugreifen: Spätestens durch die Leaks von Edward Snowden wurde etwa das PRISM-Programm bekannt, mit dem die NSA und andere gezielt Soziale Plattformen abschöpfen. Unklar ist, in welchem Ausmaß die Netzkonzerne bei diesem Abschöpfen aktiv mitmachen oder selber Opfer von Angriffen sind (wie sie gerne ihren Kunden gegenüber behaupten).

Andere staatliche Zugriffe auf private Daten erfolgen weniger heimlich, sollen wohl eher der Einschüchterung und präventiven Erzwingung von Konformität dienen: So verlangen US-Behörden bei der Einreise Zugriff auf Social Media-Accounts -um zu prüfen welche Meinungen der Reisende vertritt? Oder will man wirklich nur Terrornetzwerke aufdecken? Auf jeden Fall ist Facebook zu einem zentralen Bestandteil staatlicher Kontrollen geworden, nachdem es seine Nutzer schon als Geschäftsmodell der Kontrolle durch Werbetreibende anheimstellt. In politischen Kämpfen, vor allem wichtigen Wahlkämpfen, fließen staatliche und privatwirtschaftliche Interessen zusammen: Welche Fraktionen, welche Branchen und Konzerne können ihre Parteien und Kandidaten am besten verkaufen? Also den Wählern am besten vormachen, ihr Kandidat würde Wählerinteressen vertreten?

Fake News und Sockenpuppen: Cambridge Analytica

Spätestens seit der rechtspopulistische Milliardär Donald Trump sich überraschend in der US-Präsidentschaftswahl 2016 durchsetzte, ist eine netzspezifische Manipulationsmethode in der öffentlichen Debatte: gezielte Meinungsmache durch den Einsatz großer Mengen an unechten Usern (Sockenpuppen), von Agenturen oder Diensten mithilfe dieser Sockenpuppen vorgetäuschte Gruppen und von diesen Gruppen oder Sockenpuppen verbreiteten Fake News. Angestrebt wird eine Vorherrschaft in Netzdiskursen, um so den Anschein einer Mehrheitsmeinung zu erwecken. Ziel ist, dass diese Fake News bzw. durch sie eingeimpfte Meinungen dann von realen Usern übernommen werden, was bekanntlich nach dem Prinzip der „Schweigespirale“ anderen Sichtweisen langsam die Luft abwürgt.

Im November 2016 sorgte ein Artikel der Schweizer Zeitschrift Das Magazin, für Aufsehen. In diesem Bericht ging es um die britische Marketingfirma Cambridge Analytica, die eigenen Angaben zufolge mit sogenanntem Microtargeting Donald Trump zum Wahlsieg verholfen hat. Das Konzept hinter dem von ihr betriebenen Politmarketing beruht auf einer Kombination aus persönlichen Facebookdaten und Daten, die mit Hilfe psychometrischer Verfahren gewonnen wurden. Daraus wurden die Persönlichkeitsstrukturen von Millionen Amerikanern ermittelt, ihre Vorlieben und Ängste analysiert und Verhaltensvorhersagen gemacht. Schließlich wurden ihnen gezielt gefilterte politische Nachrichten zugesandt, um so ihr Wahlverhalten zu beeinflussen. Aufgrund ihres Erfolges im Wahlkampf für Trump erhalte Cambridge Analytica nun Anfragen aus aller Welt und sei darüber hinaus auch an der Brexit-Kampagne von leave.eu beteiligt gewesen. Inzwischen hat der Skandal so hohe Wellen geschlagen, dass Cambridge Analytica aufgeben musste und die Polizei aktiv wurde. Man wollte schnell den Mantel des Schweigens über die Tatsache breiten, dass hier nur die Spitze des Eisbergs sichtbar geworden war und auch nur deshalb, weil diesmal ein politischer Außenseiter mit den schmutzigen Methoden Erfolg gehabt hatte. Ist Facebook -neben vielem anderen- auch eine Verschwörung?

Da eine Verschwörung eine Art kognitiver Apparat ist, der gemäß Informationen handelt, die er von seinem Umfeld erhalten hat, führt die Verzerrung und Einschränkung dieser Inputs sehr wahrscheinlich zu unangebrachten Handlungen. Programmierer nennen diesen Effekt garbage in, garbage out. Üblicherweise verläuft dieser Effekt genau anders herum; die Verschwörung ist der Urheber der Täuschung und Informationsbegrenzung. In den USA wird der Aphorismus der Programmierer manchmal auch „Fox News effect“ genannt.“ Julian Assange, Wikileaks-Manifest 2006

Dass Cambridge Analytica für Trump gearbeitet hat, ist belegt. Allerdings nahm das Unternehmen seine Arbeit erst am Ende der Vorwahlen auf und war nicht die einzige Firma, die an den Wahlkampagnen beteiligt war. Laut Firmenchef Alexander Nix wurden aufgrund der kurzen Periode oben genannte psychometrische Verfahren, die aufgrund von Facebook-Likes Persönlichkeitstypen und Einstellungen festlegen, nicht angewandt. Der Artikel auf Das Magazin hat also vermutlich unrecht, wenn man dort den Wahlsieg Trumps nur der Arbeit von Cambridge Analytica zuschreibt. Doch weist er darauf hin, dass an derartigen Methoden und in solchen Feldern gearbeitet wird und sie sich stetig verbessern.

Bislang haben Soziale Plattformen und insbesondere Facebook diese Methode heruntergespielt. Im April 2017 veröffentlichte die Sicherheitsabteilung von Facebook allerdings einen Report über derartige Manipulationen, ihr Ausmaß und die Gegenmaß- nahmen auf Seiten von Facebook. Der gewährte Ein-blick offenbarte durchaus ambitionierte Versuche, sowohl in den US-, als auch in den französischen Präsidentschaftswahlkampf einzugreifen, auch wenn Facebook das klein redet. Manipulationen, die Facebook selbst unternimmt oder für die Facebook bezahlt wird (z.B.Werbung), werden in dem (inzwischen im Netz nicht mehr auffindbaren) Report übrigens mit keiner Silbe erwähnt.

Das Netz vergisst nichts und vergibt nichts

Alles, was man jemals preisgegeben hat –gleichgültig, ob freiwillig oder unwissentlich– bleibt im digitalen Gedächtnis des Internets für immer erhalten. Die Algorithmen von Facebook etwa werten permanent die Daten aller Nutzern aus, jeder stimmt dem durch seine Teilnahme zu. Ziel ist dabei Marketing: Werbefirmen können sich Profile erstellen, um genau jenen Facebook-Nutzern persönlich abgestimmte Werbung zu schicken, die sich für ihre Produkte interessieren sollen. Natürlich gibt es weitere Datenquellen im Netz, auf die von Firmen und Diensten zugegriffen werden kann.

Scheinbar kostenlose Dienste wie die von Facebook oder Google werden mit den eigenen Daten teuer bezahlt: Die Konzerne verdienen Milliarden damit ihre Nutzerherden zu digital zu bewirtschaften. Smartphone-Apps leiten die Daten ihrer Nutzer an Werbenetzwerke weiter, ohne dass diese davon in Kenntnis gesetzt werden oder zugestimmt hätten. Die Werbenetzwerke speichern dabei die IMEI (International Mobile Station Equipment Identity, die Seriennummer des benutzten Geräts, das so immer identifizierbar ist). Mit dem Nutzungsverhalten, das über mehrere Apps hinweg beobachtet wird ergibt sich so ein Nutzungs- und Interessenprofil. Es werden freiwillige direkte Angaben, aber auch Klicks, Likes und Dislikes, Standorte, soziale Netzwerke und Beziehungen erkannt und ausgewertet, um differenzierte Profile von Menschen zu erstellen, sie einzuschätzen, zu bewerten, ihr Verhalten vorherzusagen und sie zu manipulieren.

Wer glaubt, dass es sich hierbei um scheinbar unkritische, harmlose Daten handelt, liegt völlig falsch. Interessant sind neben demografischen Daten gerade solche, die private Einblicke in das Leben von Menschen erlauben. Erfasst werden persönliche Stärken, Schwächen, Ängste, Interessen und Einstellungen, aber auch Krankheiten, Beziehungen, Kaufkraft und Kreditwürdigkeit, intime Geheimnisse, Neigungen oder Suchtverhalten. Neben Smartphones, Posts in Social Media, Online- shopping, Suchmaschinenanfragen und Surfverhalten geben auch Daten aus tragbaren Geräten (sog. Wearables) wie Fitnesstrackern profitablen Aufschluss über eine Person.

Den Wunsch, die politischen Einstellungen und Meinungen der Bevölkerung davon im großen Maßstab zu beeinflussen, gab es freilich lange vor Cambridge Analytica, Facebook oder dem Internet. Man denke nur an die bereits ausgefeilte Propagandatechnik in Nazi-Deutschland oder an das MK-Ultra Programm der CIA. Auf dem Feld der Manipulation und Gedankenkontrolle waren die Grenzen zwischen zivilen und militärischen Akteuren schon immer fließend. Facebook bzw. seine „Kunden“, die wir in Wirtschaft, Politik und Staatsapparaten vermuten dürfen, hatten viele Vorläufer und Anknüpfungspunkte für die Weiterentwicklung entsprechender Methoden der Massenmanipulation… etwa das „Nudging“, das leichte „Anstubsen“ zur psychologischen Manipulation der Motive von Menschen.

Hirnwäsche in Facebook-Blase: Wie Zuckerberg seine User in kichernde Idioten verwandelt

Jose Hierbamala

Da sitzen sie und grinsen über Katzenvideos, freuen sich wie Kleinkinder über jeden „Like“ und protzen mit ihren 300 Facebook-Freunden. Eingesperrt in ihrer Infoblase, speziell gemacht, um sie immer bei guter Laune zu halten, erfahren sie weniger über die Ereignisse der Welt als seinerzeit ein Insasse in Stalins Gulag. Denn der wurde wenigstens nicht mit psychologisch ausgekochten Nudging-Techniken in einen kichernden Idioten verwandelt. Wie Facebook seine Schafherde von unliebsamen Informationen fernhält wurde gerade wieder aufgedeckt: Die gute alte stalinistische Zensur, aber dick in verblödende Zuckerwatte gepackt von ZK-Boss Zuckerberg (nomen est omen). Telesur, der wichtigste nicht CIA-gesteuerte Sender Lateinamerikas, wurde von Zuckerberg gesperrt; dafür hilft der Netzmogul der CIA bei Propaganda gegen Kuba.

Als US-Präsident Donald Trump kürzlich den großen Internetkonzernen Google, Facebook und Twitter unfaire Praktiken vorgeworfen hat, meinte er da Nudging oder Zensur? SEINE tweeds hat Twitter ja nicht wegzensiert, wie Facebook ganze Kontinente von als „unamerikanisch“ benannten Nachrichten, in guter alter McCarthy-Manier. Trump hat die Netzmedien-Mogule gewarnt,

„…künftig vorsichtiger vorzugehen. „Ich glaube, was Google und was andere tun, wenn man sieht, was bei Twitter und Facebook vor sich geht, sie sollten besser vorsichtig sein, denn das kannst du mit den Menschen nicht machen“, sagte Trump am Dienstag im Weißen Haus. Und er setzte hinzu: „Ich glaube, Google und Twitter und Facebook bewegen sich auf sehr besorgniserregendem Boden und sie müssen vorsichtig sein. Es ist nicht fair gegenüber großen Teilen der Bevölkerung“, so Trump, ohne seine Vorwürfe zu konkretisieren.“ JW/Reuters

Immer einen Lacher wert, der Trump. Die großen US-Internetkonzerne hatten im August angekündigt, gegen »Hacker und Propaganda« vorgehen zu wollen. Wenige Monate vor den Kongresswahlen in den Vereinigten Staaten verschärfen vor allem die bekannten Onlinenetzwerke ihr Vorgehen gegen unliebsame Profile, die sie im Verdacht haben, »gefälscht« zu sein.Dabei erwischten sie auch etliches, was Trump vermissen wird. Schließlich steht der neureiche Baulöwe außerhalb der wirklichen Geldadelskreise der USA Carnegie, Rockefeller, Rothschild & Co. Zuckerberg, Bill Gates und ihre Sillycon-Valley-Boygroup halten es natürlich mit Hillary Clinton und notfalls mit den Öl-und-Waffen-Mafiosos des Bushclans. In deren Diensten manipulieren sie jetzt, was Facebook-Idioten sehen dürfen und was nicht.

Facebook und Twitter löschten bereits Hunderte Auftritte (Trump selbst war nicht dabei, das wäre auch Twitter-Verblödeten aufgefallen), die – so die Begründung – zur koordinierten Manipulationen der öffentlichen Meinung gedacht gewesen seien. Allein bei Facebook fielen der Säuberung 652 Accounts, Seiten und Gruppen zum Opfer, die aus dem Iran oder aus dem Umfeld des russischen Militärgeheimdiensts stammen sollen. Twitter sperrte 284 Konten, die für eine »koordinierte Manipulation« eingesetzt worden seien.

Telesur gesperrt: „Schlag gegen Fake News“ war simple Zensur

Was als Schlag gegen »Fake News« präsentiert wird, entpuppt sich jedoch zumindest teilweise als schlichte Zensur. So sperrte das zum Google-Konzern gehörende Videoportal Youtube am Mittwoch zeitweilig die Seite des iranischen spanischsprachigen Fernsehsenders Hispan TV. In der vergangenen Woche schloss Facebook für mehrere Tage das englischsprachige Profil des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur, der Stimme der Freiheit Hispanoamerikas. In einer im August veröffentlichten Stellungnahme begründete Facebook die Schließung zahlreicher privater Profile damit, dass diese angeblich in Verbindung zum englischsprachigen iranischen Staatssender Press TV gestanden hätten. Als Beispiele für die unterbundene „Propaganda“ veröffentlichte das Netzwerk aber auch Karikaturen, die unter anderem Werbung für den linken Labour-Politiker Jeremy Corbyn in Großbritannien machten oder gegen das Vorgehen Israels in Palästina protestierten. Facebook entlarvt sich damit als reaktionär-stalinistische Manipulationsmaschine.

Es ist kaum ein Wunder, dass Telesur von Zuckerberg wegzensiert werden soll: Schon sein Freund Obama wollte den USA-kritischen Sender vernichten (soviel zur Ethik der Pressefreiheit des „Freien Westens“). Über das aufregende Medienprojekt Telesur ist der deutschen Bevölkerung natürlich wenig bekannt: ARD, Bertelsmann & Co. praktizieren die Zensur gegen alles was nicht in ihre Westoligarchen-hörige Ideologie passt schon lange. Telesur wurde gegen die mediale Übermacht des Westblocks und seiner global operierenden Medienoligarchen (Murdoch, Mohn etc.) gegründet. Auslöser war der gescheiterte Putsch gegen Chavez 2002, der den Westmedien etwa so peinlich ist wie die US-Operation „Schweinebucht“: Kennedy’s gescheiterte CIA-Invasion in Kuba. Chavez wurde 2002 vom Volk gegen den heftigen Widerstand der Oligarchen-Medien in Caracas aus den Klauen der faschistoiden Putschisten befreit. Darüber wurde kaum berichtet, also beschloss Chavez, einen eigenen Sender für Lateinamerika zu gründen: Telesur ist ein vor allem von der venezolanischen Regierung finanzierter Fernsehsender. Er ist als Gegengewicht zum US-Nachrichtenkanal „CNN“ gedacht, der mit seinen spanisch-sprachigen Sendungen ganz Lateinamerika erreicht. Telesur sollte aber auch den Einfluss der monopolartigen Privatmedien eindämmen, die in Lateinamerika meist in der Hand von Oligarchen und anderen Amigos der faschistischen, rechtspopulistischen oder Militärregierungen liegen.

Unbemerkt von der manipulierten westlichen Öffentlichkeit führte Obama 2016 einen heimtückischen Schlag gegen Telesur. Die mit US-Hilfe ins Amt gehievte neue Rechtsregierung von Mauricio Macri in Argentinien ist aus Telesur ausgestiegen -und Argentinien ist das ökonomisch wichtigste spanischsprachige Land der Region. Noch. Denn die Rechten sind bereits dabei, das Land erneut den neoliberalen Finanzbaronen der Wallstreet auszuliefern. Dabei stört sie -und die USA unter Obama- Telesur. Während ARD&Co. Obama als Friedensnobelpreisträger bejubelten, bombten seine wie Heuschrecken über den Nahen Osten herfallenden Drohnenflotten diese Region in Schutt und Asche -uns seine Geheim- und Propagandakrieger der CIA sollten ihre Medienschlacht um Lateinamerika führen. Heute haben die Clinton-Leute ihren Obama in eine vergoldete Onkel-Tom-Hütte abgeschoben und machen weiter mit ihren Machtspielen -Zuckerberg ist ihnen dabei ein treuer Diener und macht Facebook zu ihrem Hauptwerkzeug der Massenmanipulation.

Gerd R. Rueger schrieb dazu 2015, Facebook sei ein Datenschutz-Alptraum, gegen den Orwells „1984“ Zuckerberg_1984_Berlin_Graffitiwie ein idyllischer Heimatfilm wirkt. Gesichtserkennung zur Identifikation steht ja praktisch schon im Firmennamen. Dazu kommt noch NSA-Spy-Hightech, die kein volles Gesicht mehr braucht: Haare, Kleidung, Umfeld genügen. Der Nutzer und sein Freundeskreis werden via Partyfoto, Selfie usw. ausgespäht, dass die NSA vor Neid erblassen würde, wäre sie nicht längst mit an Bord des Multi-Milliarden-Dollar-Netzwerks. Facebook ist seit langem als Datenschutz-Missachter bekannt. Schon der heroisierte Nerd-Milliardär Zuckerberg denkt nicht daran, die Menschen vor den Gefahren der Massen-Überwachung zu warnen. Seine Ausrede: Die Leute wollen es ja nicht anders, keiner sei schließlich gezwungen, bei seiner Firma sein Online-Leben zu verbringen. Der 18fache Milliardär hat scheinbar noch nie etwas von Gruppenzwang gehört -und inzwischen wurden Fälle bekannt, wo Arbeitgeber Bewerber ablehnten, weil sie nicht auf Facebook zu finden waren (so wüsste man ja gar nichts über ihr Vorleben). Kinder und Jugendliche sind schon Gruppenzwängen weit harmloserer Art nahezu hilflos ausgeliefert, obwohl Fälle von Facebook-Mobbing sich häufen. Soziale Zwänge zum Konformismus machen Facebook zum Motor eines digitalen „friendly fascism“, dem man sich nur zum Preis sozialer Ausgrenzung entziehen kann. Doch neben der Verblödung der Massen gehört auch die Ideologie des Kalten Krieges2.0 zu den Aufgaben von Facebook…

Facebook hilft CIA bei Propaganda gegen Kuba

Aber was die einen nicht dürfen (obwohl sie es vielleicht gar nicht gemacht haben), bleibt anderen erlaubt. Die CIA-Propagandatruppe bzw. die US-Regierung will mit falschen Facebook-Konten die Destabilisierung Kubas vorantreiben. Das geht aus dem kürzlich veröffentlichten Haushaltsplan des »Broadcasting Board of Governors« (BBG) hervor. Diese Bundesbehörde mit Sitz in Washington ist für alle internationalen Hörfunk- und Fernsehprogramme der Regierung verantwortlich. Ihr untersteht unter anderem das »Office of Cuba Broadcasting« (OCB) in Miami, das die Programme der Propagandasender Radio Martí und TV Martí sowie das Onlineportal Martí Noticias beaufsichtigt. Für das kommende Haushaltsjahr kündigte das OCB jetzt die Einrichtung einer großen Zahl »nativer« Facebook-Accounts an, über die von der US-Regierung produzierte Mitteilungen in Kuba verbreitet werden sollen. Die vorgeblich von kubanischen Bürgern angelegten Konten würden die Chancen erhöhen, in den »Newsfeeds« örtlicher Nutzer zu erscheinen, heißt es in dem Dokument. Diese sollen den Eindruck gewinnen, dass die Informationen von kubanischen Nutzern stammten, denn es werde nicht erkennbar sein, dass die Meldungen von einer US-Behörde stammen.

Wie die Wochenzeitung Miami New Times am Dienstag in ihrer Onlineausgabe berichtete, sollen die jetzt bekanntgewordenen Pläne auch zur Stärkung der von Washington finanzierten Dissidentengruppen in Kuba beitragen. Nach eigener Darstellung hat das OCB im Jahr 2018 bereits eine Reihe neuer »unabhängiger Nachrichtenagenturen auf der Insel« aufbauen können. Für das nächste Jahr wird in der Budgetplanung die Rekrutierung von weiteren »unabhängigen Reportern, Bloggern, Fotografen und Videojournalisten« angekündigt. In Kuba und im Ausland gelten diese dann als »unabhängige Quellen«. Die Miami New Times hält den Zeitpunkt dafür allerdings für problematisch. Während US-Sonderermittler Robert Mueller über ein Dutzend russischer Staatsbürger angeklagt hat, weil sie im letzten US-Präsidentschaftswahlkampf an einer Onlinekampagne gegen Hillary Clinton beteiligt gewesen sein sollen, gehe man nun in ähnlicher Weise gegen Kuba vor. Der sonst in den Medien stets präsente OCB-Direktor Tomás Regalado habe auf mehrfache Anfragen nicht geantwortet, kritisierte die Zeitung.

Prof. John Nichols

Auch Facebook hat auf den Zeitungsbericht bislang nicht reagiert. Das Schweigen offenbart die Doppelmoral des Multis. Im Zusammenhang mit den Massensperrungen hatte der Konzern am Dienstag noch darauf verwiesen, dass man von dem Sicherheitsunternehmen »Fireeye« auf »nichtauthentische Accounts« hingewiesen worden sei. Fireeye/Mandiant ist genau die Art von Unternehmen, hinter denen man CIA, NSA usw. vermuten darf… Ob deren Arbeit, die sie nebenbei bemerkt auch für die New York Times ausführen, wohl auch ideologisch gefärbt ist, bei Bedarf? Hier bestand sicherlich dringender Bedarf.  »Wir lassen ein derartiges Verhalten nicht zu, weil wir wollen, dass die Leute den Verbindungen, die sie über Facebook knüpfen, vertrauen können.«

Der Medienexperte John Nichols, emeritierter Professor der Pennsylvania State University, warnte in der Miami New Times, dass die Pläne gegen Kuba das Ansehen der USA in der Welt weiter beschädigen würden. »Es ist schlimm, dass Steuergelder verschwendet werden«, zitiert ihn das Blatt. Was wirklich zerstört werde, »ist unsere Glaubwürdigkeit als eine große Nation, indem wir derartig verrückte und dumme Dinge tun«, so übersetzt die Junge Welt.

Hinter Facebook: NSA, CIA & Co.

Zu den Gründerfiguren der Firma gehört ein recht schillernder Kapitalgeber: Der deutschstämmige Milliardär Peter Thiel, der mit Netzfirmen und Geheimdiensten reich geworden ist. Er investierte als erster bei Zuckerberg und wurde später Großaktionär von Facebook. Thiel wurde zunächst beim Verkauf von Paypal an eBay Multimillionär und kooperierte mit der CIA bei seiner Firmengründung Palantir Technologies. Die Hauptprodukte von Palantir finden sich in den Sparten Security (Palantir Gotham, zuvor Palantir Government -Thiel scheint sich möglicherweise für eine Art Batman zu halten, der „das Böse“ bekämpft, also Einbrecher mit Strumpfmaske, die reichen Leuten Silberlöffel klauen wollen) und Finanzen (Palantir Metropolis, zuvor Palantir Finance). Palantir Gotham ist Dienstleister für NSA, CIA & Co. Im Jahr 2010 war Palantir eine von drei Firmen, die beauftragt wurden, eine Strategie gegen WikiLeaks zu erarbeiten, die in etwa so aussieht, wie unsere Medien Putins Umgang mit Kritikern beschreiben:

„…data intelligence firms, worked to develop a strategic plan of attack against WikiLeaks. The plan included pressing a journalist in order to disrupt his support of the organization, cyber attacks, disinformation, and other potential proactive tactics.TechHerald

trump

Peter Thiel sponserte Donald Trump

Palantirs Software sollte dabei als Basis zur Datensammlung und Analyse dienen. Nach Enthüllung der Pläne durch die Hackergruppe Anonymous beendete Vorstandschef Karp (angeblich) die Teilnahme seiner Firma an der lukrativen Hetzjagd auf einen politischen Oppositionellen. Peter Thiel unterstützt den Fed-Gegner Ron Paul (Republikaner) und die neoreaktionäre Tea-Party-Bewegung in den USA. Im Kampf Überwachungsstaat gegen Wikileaks hat der angebliche Libertäre aber die andere Seite gewählt: Den Staatsapparat.  2016 engagierte Thiel sich gegen das Republican-Establichment und für den Milliardär-Republikaner Donald Trump. Ist dies ein Hinweis darauf, dass Teile der NSA-Klüngel Trump wollten, statt eines neuen -womöglich noch degenerierteren Sprösslings des Bush-Oligarchenclans? Wir wissen bislang noch nicht, ob etwa Facebook pro- oder contra-Clinton manipuliert war. So einfach wie bei den ersten Anwendungen in Ferguson wird die Intrige wohl auch nicht wieder aufzudecken sein. Wir wissen nur sicher, dass wir in der Postdemokratie leben: Demokratische Verfahren sind nur bedingt demokratisch.

Facebook, Liebe, Sex: Die Ausbeutung von menschlichen Beziehungen

Bild: LoboStudioHamburg / CC0 Creative Commons

Zuckerbergs Netz-Multi Facebook ist ein Datenschutz-Alptraum, gegen den Orwells „1984“ wie ein idyllischer Heimatfilm wirkt. Gesichtserkennung zur Identifikation steht ja praktisch schon im Firmennamen. Dazu kommt  NSA-Spy-Hightech, die kein volles Gesicht mehr braucht: Haare, Kleidung, Umfeld genügen. Der mit einer rosa Wolke aus Likes benebelte Nutzer und sein Freundeskreis werden via Partyfoto, Selfie usw. ausgespäht -er wird politisch manipuliert,  seine intimsten Beziehungen werden „narrativ“ durchleuchtet und schamlos ausgebeutet.

Capulcus

„Wir sind alle Facebooks Laborratten“, titelte Leonid Bershidsky in einer Tech-Kolumne bei Bloomberg. Ein zentrales Labor gilt der Untersuchung von Facebooks Möglichkeiten zum Management von Beziehungs- und Gefühlskapital. Hier leistet sich Facebook eine eigene Forschungsabteilung unter dem Sozialwissenschaftler Cameron Marlow. Facebooks Bedeutung als Avantgarde-Unternehmen liegt darin begründet, dass es mit dem weltweit größten Aufkommen an Nutzern auch das größte Laboratorium beherrscht. Natürlich stehen die Profite durch Werbung immer im Hintergrund, geschenkt. Aber die setzen die Qualität und Tiefe des sozialen Felds voraus, das es zu bewirtschaften gilt.

Facebook: Gierig auf dein „bonding-capital“

Facebook reichen die bloßen Kontakte ihrer Usern nicht aus, sie sind zu unsicher und flüchtig. Da es den Usern um Inhalte geht, setzt ein nachhaltiger Zugriff die Einbeziehung der Inhalte voraus. Im Bereich nichtgeschäftlicher persönlicher Kontakte, der Hauptgegenstand der Begierde, ist dies schwierig. „Like“-Buttons waren der erste Schritt, um Neigungsprofile zu erstellen. Das reicht aber kaum für die Erschließung des weiten Feldes persönlicher Beziehungen. Das zu bewirtschaftende Beziehungskapital (manchmal auch Sozialkapital genannt) wird unterschieden in „Bindungskapital“ zwischen Personen durch Freundschaft , Liebe und Familie („bonding-capital“) und „Brückenkapital“ („bridging-capital“), durch das jenseits, aus und über diesen Kreis hinaus Brücken nach außen hergestellt werden. „Soziales Kapital ist gutes Zeug (…) Diejenigen von uns mit einem hohen Sozialkapital-Reichtum sind tendenziell glücklicher, gesünder und widerstands- fähiger“, sagt Facebook-Forscherin Jennifer Cobb.

Facebook weiß, es kommt an die Herstellung von engen Beziehungen nicht heran und erst recht nicht hinein. Denn: sein Ort und die Art und Weise seines Zustandekommens sind der Mechanik seiner Algorithmen verschlossen. Das ist das Reich der Kontakte von Angesicht zu Angesicht („face to face“). Sprache mit seinen unendlichen Tonschwingungen, und -färbungen, Mimik, Körpersprache etc. verbinden sich kontextabhängig zu einer komplexen Wirklichkeit, an der Analysealgorithmen nicht einmal kratzen. Noch immer holen sich ihre Analytiker allein bei der Erkennung und Deutung von Sarkasmus und Ironie blutige Nasen. „Was bist Du für ein starker Held“, sagt die Frau, „du kannst mir bestimmt das Gepäck vom Bahnhof abholen“. Dieses Heldentum ist für den Algorithmus nicht zu knacken und damit auch nicht die Anbahnung von neuem Bindungskapital. Er erkennt schon an der Stimme, woran er ist, es gehört zum Reservoir von Spielen, die sie spielen.

Der Einstieg von Facebook läuft über die Bearbeitung, die„Pflege“ dieses „Kapitals“, über das, was Facebook „maintenance“ nennt. Und hier spielen Geschichten und Photos eine zentrale Rolle. Der Hintergrund: man geht davon aus, dass es für Menschen praktisch keine losgelösten, erzählungsfreien „Fakten“ gibt. Fakten gewinnen ihre Bedeutung in Erzählungen. Die Entdeckung der Spiegelneuronen hat die neurophysiologische Grundlage geliefert. Der italienische Neurologe Giacomo Rizolatti hatte zufällig bei der Untersuchung eines nussaufknackenden und -essen- den Affen und eines Affen, der ihn dabei beobachtete, folgendes festgestellt: bei dem beobachtenden Affen entstanden identische Hirnmuster, so, als ob er selber knackte und äße. In den Hirnen wurden parallel „erzählerische“ Gesamtheiten aktiviert. Erzählung ist also eine Grundtatsache. Dementsprechend bilden und verändern Menschen ihre Identität ständig dadurch, dass sie sich ihre eigene Geschichte ständig neu erzählen.

Wie funktioniert Manipulation durch Framing?

„Narration“ (Erzählung) ist heute der Ansatzpunkt für Beeinflussung, Manipulation von Facebook_LogoWahrnehmung, Entscheidung und Verhalten. Vor allem im sogenannten „Framing“, der narrativen, erzählerischen Definition eines Bezugsrahmens für Verhalten, über das die Definitionsmacht ausgeübt werden soll. Facebook hat „Timeline“ als Programm erfunden, um Nutzer zur Selbsterzählung mit Photos (Instagram) einzuladen. Google hat mit „Stories“ nachgezogen. Sie nutzen es als Trojanisches Pferd, als Einfallstor in die Beziehungswelt. „Enger zusammenwachsen auf Facebook“ („growing closer on Facebook“) heißt das Motto. Dafür steht eine rührende Zeichnung. „Sie“ gießt auf ihrem Balkon ein Blümchen, dessen Zweig zu „seinem“ Blümchen auf dem Nachbarbalkon rüberwächst, das noch schüchtern ein Blättlein ausstreckt (durchaus pc im Sinne der aktuellen Genderpropaganda).

„Wir haben Facebook aufgebaut, um dich mit den Menschen zu verbinden, die du liebst. Beste Freunde, Familienmitglieder, High-School-Klassenkameraden und alte Bekanntschaften interagieren täglich Milliarden Mal, wenn sie wechselseitig ihre Geschichten lesen, Botschaften schicken, Photos austauschen“, schreiben Facebook-Wissenschaftlerin Moira Burke und Human-Computer-Interaction-Spezialist Robert Kraut. Und weiter: „Vor kurzem haben Robert Kraut und ich eine Studie betrieben, um auseinanderzufieseln, wie verschiedene Arten der Nutzung Änderungen sozialer Beziehungen vorhersehbar machen.“ „Soziale Netzwerke wie Facebook ändern die Ökonomie von Einleitung und Verfall (…). Kollegen stellen fest, dass Kommunikation auf Facebook Beziehungen durch Signale gegenseitiger Zuneigung aufrechterhält. Sie nennen diesen Austausch ‚Verhalten zum Unterhalt von Beziehungen’, was Aufmerksamkeit und Investition in eine Freundschaft signalisiert. Das Schreiben auf der „Wand“ von Freunden oder kommentieren von Photos stellt eine Form der sozialen Pflege zur Erhaltung der Beziehung dar.“ Facebook stellt Nachrichten zu einem Strom zusammen, bekannt als „Newsfeed“ („Nachrichtenfütterung“), der neue Fotos, Status-Updates und Mitteilungen über Aktivitäten enthält, wie z.B. neue Freundschaften oder Posts auf den Wänden anderer Freunde. „Diese Aktivität muss man mit „small-talk“ vergleichen, schnelle Informationsausbrüche über den Alltag der Freunde. Ein großer Teil dieser sozialen Ströme besteht aus „ich-jetzt“-gerichtetem Inhalt. Aber auch diese alltäglichen Details werden allgemein als die Bauteile enger Beziehungen gewertet.“

Beziehungen beobachten, bewirtschaften -ausbeuten

„Facebook makes the heart grow fonder“ heißt es in einer anderen Studie: Facebook dient als Zuneigungsverstärker. Kostengünstig und effizient übrigens, wie betont wird. Kurz: wir haben hier den Beginn einer Bewirtschaftung von Beziehungen. Sie beobachtet und kontrolliert nicht nur das Kontinuum alltäglicher Beziehungen. Sie „füttert“ auch die Bausteine ein und hilft damit Routinen zu schaffen, die Verhalten erst vorhersehbar machen. Diese Hybridform von Verhaltensbeforschung, -kontrolle und –design bzw. Einschleifung steht in Analogie zu Bestrebungen in der „Verhaltensökonomie“. Facebook kann kein „bonding“ schaffen, aber es kann sich über diese Einfallstore zu den Beziehungskernen vorfressen und einschleichen.

Es liegt auf der Hand, dass die darüber hinausgehen- den kommunikativen Beziehungen („Brückenkapital“) viel offener für ihre strategischen Strategien der Besetzung und Aneignung sind. In den Studien hierzu ist viel von Investition und Kosteneffizienz die Rede. Das ist nicht unwichtig. Denn der Rationalisierungsaspekt hat etwas mit der Ökonomie sozialer Beziehungen zu tun und Effizienzgesichtspunkte sind von Bedeutung dafür, wie und wie viele in diese neuen Formen der Bewirtschaftung von Sozialkapital eingesogen und handhabbar gemacht werden. Von etwas anrüchigem haut-gout sind die neuesten IT-Vorstöße in den sexuellen Bereich. Gut, es gab und gibt seit längerem den Peep-Voyeurismus per Video. Aber der neuerliche Vorstoß hat doch eine völlig neue Qualität, auf die die bürgerliche Presse mit etwas miefiger Frivolität gleich anspringt.

„Wenn Mutti immer saugen kann, die Porno-Industrie kreiert gerade die virtuelle Zukunft der Sexualität“, titelt Springers Welt am Sonntag vom 02.02.2015 mit Loriots Bonmot für ihre feiertäglichen Leser.

„Es geht um Erfindungen, die den direkten Körperkontakt zwischen Mann und Frau wahlweise anderen Sexualpartnern- letztlich überflüssig machen. Mit Hilfe der neuesten technischen Produkte, die jüngst auf einer Pornomesse vorgestellt wurden, lassen sich selbst über Kontinente hinweg, Gefühle, Erregungszustände und physische Sensationen austauschen.“

Avatare: Von Elektro-Porno bis Shades of Grey

Virtuelle Realitäten sind das Material des informationstechnischen Arrangements mit „Oculus-Rift “ Fuck_Facebookals ihrem zentralen Bestandteil. Headset aufsetzen und man ist voll drin in der virtuellen Wirklichkeit. Noch operieren erste Ansätze mit täuschend echten Avataren, an die die User von allen Seiten und manipulativ ganz nah herangehen können (25 Mio registrierte Nutzer). Bald sollen reale Personen hinter den Avataren stehen, manipuliert vom User. Die mittelfristige Perspektive zielt schon weiter. Sie will die ein- oder wechselseitige Manipulation und die Produktion bzw. Übertragung von Erregungszuständen über Ganzkörperanzüge und Vibratoren/ Masturbatoren in ein sexuelles Gesamtgeschehen integrieren.

E-Health, E-Learning, E-Sex werden bei den Anwendungsoptionen von virtual reality nicht die einzigen bleiben. Wie wär’s mit E-Folter? Etwas zynisch, aber wer weiß. Dass Pornografie das Einfallstor für den Zugriff von Virtueller Realität auf Sex bilden würde, konnte man erwarten. Es wird auch noch weiter gehen, lange nach- dem wir aufgehört haben, uns zu wundern. Aber wir wissen: Die Wirklichkeit von Liebe und Sexualität ist dadurch nicht zu erreichen. Face-to-Face, Begegnungen, Sprache, Mimik fügen sich zum ganzheitlichen Erleben von Wirklichkeit. Und das ist existenziell. „Jedoch wenn er aus ihrer Hand den leichten Becher nehmen sollte, so war es beiden allzu schwer und beide bebten sie so sehr, dass keine Hand die andere fand und dunkler Wein am Boden rollte“, heißt es im Gedicht „Die Beiden“ von Hofmannsthal. Hört sich alt an, ist es auch. Die Gewänder haben gewechselt.

Die Verarbeitung der sexuellen Beziehungen zur Ware mag sehr weit gediehen sein, sie wird von Hollywood in „Shades of Grey“ gerade in den SM-Bereich begleitet. Indes, unter anderen Formen ist das Beben der ersten Berührung, so leicht es immer geworden ist, erhalten geblieben und wird nach historischen Erfahrungen wieder zunehmen. Ein Beben, das bei Facebook zum „bonding“ verkommt und in der VR sexuell enteignet wird. Die Forschung zu biochemischen und elektrochemischen Vorgängen mag ja vorangekommen sein. Aber nicht einmal sie sind informatisch zu parallelisieren. Die Elektrisierung der „Beiden“ integriert Sinnebenen, von denen nur die Poesie uns eine Ahnung geben kann. Noch immer. Doch sind wir damit gefeit gegen die Enteignung durch virtuelle Realität? Ganze Abteilungen der Universität Stanford arbeiten daran. „Spannende“ Vorstöße in Richtung des Films „Matrix“…? Und da müsste auch unsere Diskussion einsetzen.

Anmerkung: Dies ist ein Text, leicht bearbeitet aus der Welt der „Capulcus“. JasminR hat soweit möglich Capulcus-typisches Soziologen-Chinesisch („Sozialität“ etc.) in Umgangssprache übersetzt und den modischen Ach-wie-bin-ich-gender-Sternchen*innen-Blödsinn entfernt, um die Lesbarkeit zu erhöhen. Leider verfügt die Capulcus-Gruppe bislang nicht über besondere Medienkompetenz hinsichtlich einer Kritik am Medienmainstream: „Spiegel„, „Die Zeit“ u.a. Bertelsmann-G+J- „Qualitäts-“Medien sowie die eigentlich schon zur Genüge als solche entlarvte Transatlantiker-Postille „Süddeutsche“ (SZ), und sogar US-Medien wie „New York Times“, „Bloomberg“ etc. werden kritiklos herbeizitiert. Daher besteht die Gefahr, Wichtiges zu übersehen, und auf durch solche Kanäle ausgelegte Köder hereinzufallen: Etwa die YPG-Rajava-Kurden-Story, scheint wie speziell für deutsche Linke designt, obwohl die YPG-Waffenhilfe seitens der USA, die verquere Haltung der Westmedien zu Rojava und ihre strategische Bedeutung im Erdogan-Nato-Konflikt misstrauisch machen müssten (nichts gegen die Rojava-Leute selbst, deren gelebte Sozialutopie leider zum Spielball geopolitischer Westinteressen gemacht wurde). Richtige Dinge in falsche Kontexte gerückt und so verzerrt darzustellen, dass sie letztlich vor den Karren der Machteliten gespannt werden, das ist deren tägliche Manipulationsarbeit. Beispiel NYT: Richtige Kritik an politischer Manipulation durch Facebook, aber an falschem Beispiel (Nazi-AfD-Pogrome in Chemnitz) stümperhaft analysiert: Das schafft kurze Hype, mobilisiert Hassgefühle gegen Rechts, die aber nicht auf echten Erkenntnissen basieren und damit letztlich nur Verwirrung erzeugen -gemäß der alten CIA-Weisheit im Psycho-Krieg: Wenn du sie noch nicht besiegen kannst, verwirr sie! (z.B. mit Pseudo-NGOs) Die alte CIA-Operation CCF (die politische Linke zu unterwandern und manipulieren) wurde niemals wirklich eingestellt und bleibt ein offenes Geheimnis, besonders bei den sogenannten „Antideutschen“.

Hintergrund Capulcus

Capulcus Logo: Pinguin mit Gasmaske

Aus deren Selbstdarstellung: Capulcus bedeutet „Wegelagerer“ oder „Nichtsnutze“. Der türkische (Minister-)Präsident Erdogan versuchte so die Regierungsgegner*innen der breiten Revolte im Jahr 2013 zu diffamieren. Statt über die Gezi-Proteste in Istanbul zu Beginn des Aufstands zu berichten, ließ Erdogan eine Pinguin-Dokumentation im Staatsfernsehen zeigen. Der Widerstand machte daraufhin den Pinguin mit einer Gasmaske gegen das Tränengas zu seinem Symbol. Diejenigen, die revoltieren, nennen sich fortan Capulcus.

Capulcus zum „technologischen Angriff“ (so ihre Kritik an Digital- und Netzmedien):

Seit Jahren brechen Wellen eines technologischen Angriffs über uns herein: Digitale Medientechnologie von Microsoft, Google, Apple, Facebook & Co. überschwemmt unsere Welt mit Überwachung, Steuerung, Manipulation. Wir verkennen diesen Angriff als vermeintlich neutrale „technologische Entwicklung“ und spielen bereitwillig mit: Wir zahlen freudig für unser iPhone, weil die uns bespitzelnde Wanze uns „mit der Welt verbindet“ -uns aber in Wahrheit mit der Weltherrschaft gierigere Machteliten gleichschaltet: Abgehört und vollgedudelt wird unser Zombie-Leben nach vorgestanzten Backformen abgenudelt. Dümmlich grinsen die Leute in ihre „Smart“-Phones, wie hypnotisiert von herausschwallenden SMS, Katzenvideos, Pornos und manipulierten Nachrichten -speziell zugeschnitten auf den jeweiligen „Nutzer“. (leicht bearbeitet von JasTeam)

Es ist Zeit für eine fundiertere Analyse, es ist Zeit für eine Verschwörung gegen die dramatisch wachsende Fremdbestimmung. Diese Broschüre ist unsere erste Sammlung an Diskussionen und Ideen dazu. Unser Ziel ist die Zurückweisung des „smarten“ Griffs nach unseren Freundschaften, die durch Facebook-“Friends“ ersetzt werden, unserer Kreativität, die in digitale Schubladen gelenkt und versenkt wird, unser Autonomie, die zu vorgegauckelter Wahlmöglichkeit von falschen Alternativen (die immer nur den Machthabern nützen) pervertiert wird – unserem Leben, das zur jederzeit überwachten Humanressource für ausbeuterische Konzerne gemacht werden soll. Wir suchen nach Wegen der Selbstbehauptung. (Naja, das klingt etwas pathetisch, um nicht zu sagen bombastisch, aber eigentlich auch ganz vernünftig, Capulcus!, meint Jasminteam)

Gegen wen Aufstehen? Lafontaine: Nicht nur in Russland gibt es Oligarchen

„Aufstehen“, das neue Linksbündnis. Steht unter Beschuss von Rechts. Merkel und ihre Vasallen in Union und SPD fürchten um ihre Pfründe, die Grünen zittern vor ihrer Enttarnung als korrupte Pseudo-Ökos und die von den Medien hofierte FDP will nicht als gelblackierte AfD entlarvt werden. Unsere Medien kritisieren gern die korrupten, machtgierigen „russischen Oligarchen“. Aber von den viel zahlreicheren und weit mächtigeren West-Oligarchen schwärmen West-Journalisten dagegen als „Finanz-Genies“ (Soros), weise Firmenpatriarchen (Mohn/Bertelsmann) oder hippe Jungunternehmer (Zuckerberg/Facebook), von Google-Wochen-Meetings mit Obama haben sie nie gehört. Wer gegen Parteispender, Anzeigenkunden, Medienbosse oder Schmiergeldgeber aufstehen will, wird von korrupten Politikern und Journalisten als „Kommunist, Utopist, Verschwörungstheoretiker“ beschimpft. ARD, Bertelsmann, Capital… bis ZDF agieren wie immer: Alle hauen Oskar. Doch der weiß sich zu wehren und hat einfach die besseren Argumente und Mitstreiterinnen.

Aufstehen! Sahra Wagenknecht

Lafontaine: Die Mehrheit der Deutschen will höhere Löhne und Renten, bessere soziale Leistungen. Sie will eine Europapolitik der guten Nachbarschaft und keine Kriegsbeteiligung der Bundeswehr, keine Waffenlieferungen in Spannungsgebiete. Die jüngste Hitzewelle erinnert uns daran, dass die Zerstörung der Umwelt so nicht weitergehen kann. Die Zahl der Entrechteten mit Leiharbeit, befristeter Beschäftigung, Scheinselbstständigkeit und Minijobs wird immer größer. 40 Prozent der Bevölkerung verfügen heute über ein kleineres Realeinkommen als in den 90er-Jahren. Es ist schon zynisch, wenn Angela Merkel auch denen sagt: Deutschland geht es gut.

Wähler wollen keine kriegsbesessenen Grünen mehr

Wir wollen eine andere Politik, die den oben genannten Zielen Rechnung trägt. Eine soziale Marktwirtschaft, die alle am gemeinsam erarbeiteten Wohlstand
beteiligt. Wir müssen die Einwände der restlichen Welt gegen unseren Exportnationalismus ernst nehmen, indem wir mehr investieren und die Binnennachfrage stärken. Dazu brauchen wir eine andere Mehrheit im Bundestag. Es geht nicht nur um die Anhänger der Linken. Wir hatten schon in den ersten drei Tagen 50.000 Anmeldungen. Viele Anhänger der SPD wollen, dass die Partei die Agendapolitik aufgibt, und ökologisch orientierte Wählerinnen und Wähler wollen keine Grünen, die zerstörerische Kriege und Waffenlieferungen befürworten. Viele Menschen engagieren sich eher in einer Sammlungsbewegung, als dass sie in eine Partei eintreten.

Die Bewegung richtet sich nicht primär gegen die, die meinen, sie seien an der Macht, in Wirklichkeit aber nur an der Regierung sind, wie ein Spötter einmal bemerkte. Sie richtet sich vor allem gegen die, die in den Oligarchien oder Plutokratien an den Hebeln der Macht sitzen. Und um die wirklichen Machtstrukturen hinter der Fassadendemokratie aufzudecken, muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. Oskar Lafontaine

Wir wollen uns stärker an den Interessen der Arbeiter und Arbeitslosen orientieren, die DIE Linke nicht mehr wählen. Zudem werden wir stärker thematisieren, dass die Grünen sich und ihren Wählerinnen und Wählern etwas vormachen, weil es – wie Naomi Klein richtig sagt – keinen grünen Kapitalismus geben kann. Die Nachkriegszeit zeichnete sich dadurch aus, dass gesellschaftliche
Kompromisse geschlossen wurden, die fair waren. Diese Fähigkeit ist mehr und mehr verloren gegangen.

Google, Apple, Facebook: Nicht nur in Russland gibt es Oligarchen

Heute führt unser neoliberales Wirtschaftssystem zu Kriegen und Umweltzerstörung. Außerdem unterhöhlt es durch die immer weiter ansteigende Vermögenskonzentration die Demokratie. Das Parlament bildet den mehrheitlichen Willen der Bevölkerung nicht mehr ab. Nicht nur in Russland gibt es, wie viele glauben, Oligarchen. Jimmy Carter hat schon vor Jahren gesagt, die USA seien „eine Oligarchie mit unbeschränkter politischer Bestechung“. Wir müssen zurück zur Erkenntnis der Ordoliberalen nach dem Kriege, dass wirtschaftliche Macht nicht die Demokratie beherrschen darf. Offenbar leben wir in zwei verschiedenen Ländern.

„So viel Markt wie möglich, so viel Staat wie nötig“: Das ist eine gute Formel. Auch in einer Zeit, in der unser Privatleben durch Internetgiganten wie Google, Apple, Facebook und so weiter enteignet wird.
Wir brauchen für diese Dienste eine öffentlich-rechtliche Plattform, die sicherstellt, dass die sozialen Medien die Demokratie nicht beerdigen. Quelle (Reihenfolge der Statements leicht geändert)

Reaktionäre der FAZ prügeln auf Sahra ein

Ausgerechnet der FAZ-Kommentator Jasper von Altenbockum hat die auch von Sahra Wagenknecht und ihrem Team  begonnene Initiative „Aufstehen“ in einem Kommentar als „einen Angriff auf den Liberalismus“ beschimpft (und nebenbei auf die SPD eingeprügelt, die seiner geliebten Mutti Merkel wie ein Kotz am Bein hängt). Weiß ihre Lordschaft Baron (oder was immer) von Altenbockum etwa nicht, für welches Blatt er schreibt? Ein Hort des liberalen Denkens ist die FAZ wohl weniger als als eine Sammelbrühe alter Kommunistenfresser, untergetauchter Nazi-Verbrecher, nebst Kindern und Kindeskindern, neoliberaler Korruptionäre usw. Sollten ausgerechnet solche Leute ihr Maul aufreißen und sich für den Liberalismus in die Brust werfen? Wir erinnern uns dagegen an den besten FAZ-Text des letzten Jahrhunderts: die Entschuldigung bei der polnischen Regierung, nach deren Protesten gegen die Formulierung in einem FAZ-Artikel „Hitlers beispielhafter Angriff auf Polen 1939“; die Ausrede der Kalten FAZ-Krieger damals: Sie hätten „beispiellos“ schreiben wollen, angeblich nur ein kleiner Tippfehler. Oder Wunschdenken und Schwelgen in Nazi-Siegen über das kleine Nachbarland?

Ausbeutung der Ärmsten muss beendet werden (Artikel von Sahra Wagenknecht, erschienen in der Frankfurter Rundschau am 27.07.2018) Die deutsche Wirtschaft wächst und auch die Gewerkschaften erkämpfen höhere Löhne – trotzdem werden Millionen Menschen in diesem Jahr nicht mehr, sondern weniger Geld im Portemonnaie haben. Denn nur noch jeder zweite Beschäftigte arbeitet unter dem Schutz eines Tarifvertrags.

Die DAX-Chefs verdienen so viel wie nie, während die Reallöhne stagnieren und fast jeder zweite Rentner mit weniger als 800 Euro im Monat abgespeist wird. Diese perverse Entwicklung gefährdet den sozialen Frieden und muss endlich gestoppt werden. Ein Vorstandsmitglied sollte nicht mehr als das 20-fache dessen verdienen, was ein Arbeiter in der untersten Gehaltsgruppe im selben Unternehmen bekommt. Würde man eine solche Regel zum Gesetz machen, wäre schnell Schluss mit Lohndumping in Konzernen.

Argumente der „Aufstehen“-Gegner halten nicht

Die Sammlungsbewegung Aufstehen hat weiter Zulauf und die Gegner formieren sich. Ihre Argumente überzeugen aber nicht, wie Lafontaines Gegenrede auf den NDS belegt:

  1. Gegenargument: Die Bewegung habe noch kein Programm: Diejenigen, die sich uns anschließen, sind für bessere Löhne durch Änderung der Hartz-Gesetze, für eine Rentengesetzgebung nach dem Beispiel Österreichs und für eine Wiederherstellung der sozialen Sicherungssysteme. Sie sind für bezahlbare Mieten, für mehr Sozialwohnungen, für zusätzliches Personal in der Pflege. Sie wollen, dass sich die Bundeswehr nicht an Rohstoff-Kriegen beteiligt, keine Waffen in Spannungsgebiete geliefert werden und dass die Konfrontations- und Aggressionspolitik gegenüber Russland beendet wird. Zudem wollen sie eine Europapolitik der guten Nachbarschaft und eine Umweltpolitik, die die Kumpanei mit den Konzernen beendet. Mit Naomi Klein sagen viele: Es gibt keinen grünen Kapitalismus. Würde nur ein Teil dieser Forderungen verwirklicht werden, dann hätten wir eine gerechtere Gesellschaft und eine friedlichere Welt. Die programmatische Blindheit scheint mittlerweile so groß zu sein, dass viele vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen.
  2. Gegenargument: Aus den jetzigen Führungsetagen der Sozialdemokraten oder Grünen habe sich noch keiner der Bewegung angeschlossen. Vielleicht können unsere Kritiker einen Sozialdemokraten oder Grünen aus den Führungsetagen benennen, der nicht für Sozialabbau, Auslandseinsätze der Bundeswehr oder Kungelei mit den Konzernen, wenn es um Umweltschutz gehen müsste, steht.
  3. Einschlägig bekannte Politiker der Berliner Linken monieren, die Bewegung käme nicht von unten: Nachdem sich schon in den ersten Tagen über 60.000 dieser Bewegung angeschlossen haben – und die Zahlen wachsen täglich weiter – ist es reichlich anmaßend, zu behaupten, diese Bewegung käme nicht von unten. Und zur Kritik, dass sich führende Politiker beteiligen, kann man nur sagen: Die Bewegungen von Bernie Sanders, Jeremy Corbyn, Jean-Luc Mélanchon und Pablo Iglesias kamen selbstverständlich alle ohne bekannte Politiker aus (Achtung, Ironie). Den Vogel schoss wieder einmal die rechte Hand Bodo Ramelows, der Chef der Thüringer Staatskanzlei Benjamin-Immanuel Hoff ab, der meinte, die Bewegung richte sich gegen die da oben und sei damit anti-aufklärerisch. Er selbst muss noch aufgeklärt werden: Die Bewegung richtet sich nicht primär gegen die, die meinen, sie seien an der Macht, in Wirklichkeit aber nur an der Regierung sind, wie ein Spötter einmal bemerkte. Sie richtet sich vor allem gegen die, die in den Oligarchien oder Plutokratien an den Hebeln der Macht sitzen. Und um die wirklichen Machtstrukturen hinter der Fassadendemokratie aufzudecken, muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden.
  4. Führende Politiker der LINKEN haben erklärt, die Bewegung sei kein Projekt der Partei DIE LINKE. Ihnen sind wir zu Dank verpflichtet, weil sie bestätigt haben, dass wir eine überparteiliche Bewegung sind und darauf hinarbeiten wollen, dass es im Bundestag wieder eine Mehrheit gibt, die wenigstens einen Teil der oben genannten Forderungen in Regierungspolitik münden lässt.
  5. Bleiben noch die selbsternannten “Antikapitalisten“, die sich ein Leben lang damit beschäftigen, anderen vorzuwerfen, sie seien nicht links genug. Sie begnügen sich damit, schöne Papiere zu verfassen, die keinerlei Wirkung haben. Trotz der Schwierigkeiten, die wir kennen, suchen wir im parlamentarischen System einen Weg, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern.

Danke für gar nichts Uncle Sam! US-Handelsdefizit ist vorgetäuscht

ARD & ZDF wiederholen Trumps Lügen zu angeblichem US-Handelsdefizit mit EU

Nicht Trump hat die Fake News vom US-Handelsdefizit erfunden… schon Obama jaulte darüber, dass die EU angeblich die USA abzocken. Trump machte daraus nur die bessere Nationalisten-Kampagne, aber gelogen haben beide. Die Zahlen von ca. 150 Mia. „Defizit“ beruhen auf einer Trickserei: Man hat die über Finanzgaunereien aus Europa in die USA abgesaugten Milliarden vergessen: Google, Facebook (Steuergaunerei), vor allem auch Finanzfirmen wie Blackrock und Rothschild (Finanztribute) schaufeln mehr Geld aus Europa, als Europa (v.a. Deutschland, Italien und Frankreich) für seine in den USA abgelieferten Industrieprodukte zurück bekommt. Danke für gar nichts Uncle Sam! Der Finanz- und Korruptionsexperte Rügemer meint:

EU muss ihre komplizenhafte Vasallenhaltung aufgeben

Die US-Regierungen seit Barack Obama kritisieren die Europäische Union, sie verursache durch unfaire Methoden ein US-Handelsdefizit und die EU müsse das ändern. Doch das Defizit gibt es gar nicht, im Gegenteil. Das Defizit ist ein Fake, nachgebetet von Politikern und Alpha-Journalisten, die die globale Steuerflucht von Konzernen am Standort USA decken.

Werner Rügemer

Schon US-Präsident Barack Obama hatte die EU und insbesondere Deutschland immer wieder kritisiert: Das von ihnen verursachte US-Handelsdefizit sei weitaus zu hoch, die EU müsse ihre Wirtschaftspolitik ändern. Obamas Nachfolger Donald Trump wiederholt diese falschen Behauptungen und Forderungen und verschärft sie durch die Auferlegung von neuen Zöllen.

Trump beziffert das Handelsdefizit der USA gegenüber ihren Handelspartnern für das Jahr 2017 auf insgesamt 811 Milliarden US-Dollar, der größte Teil gegenüber China. Der zweitgrößte Teil davon mit 153 Milliarden entfällt nach der Polemik dieses besonders dümmlichen Demagogen auf die EU, und davon wiederum mehr als ein Drittel allein auf Deutschland. Doch bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtung ergibt sich auf ganz einfache Weise ein gegenteiliges Bild. (Alle hier genannten Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2017)

Fake-Begriff „Freihandel“

Die Obama/Trump-Behauptung stützt sich auf das, was traditionell seit den Anfängen des Kapitalismus als Ware bezeichnet wird und Gegenstand klassischer Freihandelsverträge war, also auf industrielle Produkte wie Textilien, Kühlschränke, Maschinen, Motorräder, Autos, dann auch auf agrarische Produkte wie Baumwolle, Getreide, Mais, Reis, Obst, Fleisch und Getränke.

Tatsächlich entsteht bei den industriellen Produkten, die aus der EU in die USA exportiert werden, ein Handelsdefizit der USA und ein EU-Exportüberschuss: Das geht insbesondere von drei EU-Staaten aus, in denen die größte industrielle Produktion stattfindet – Deutschland, Italien, Frankreich, in dieser Reihenfolge. Deutschland erwirtschaftete mit dem Export vor allem von Autos, Maschinen und Spezialtechnik einen Überschuss gegenüber den USA von 63,9 Milliarden, Italien von 32,4 Milliarden und Frankreich von 11,2 Milliarden. Den Rest zu den 153 Milliarden steuerten die weiteren 25 EU-Staaten bei, zu denen ja z.B. auch noch Großbritannien mit einer gewissen industriellen Basis gehört.

Aber da fehlt etwas. Das hat auch mit dem heute ständig weiterverwendeten Freihandels-Begriff zu tun. NAFTA, TTIP, CETA und so weiter: Alle diese Abkommen werden als Frei“handels“-Verträge bezeichnet. Bei ihnen geht es allerdings zum wenigsten um industrielle und agrarische Produkte, bei denen die Zölle weitgehend abgeschafft oder weit abgesenkt wurden – schließlich gab es seit 1947 (GATT, WTO) zahllose Freihandels-Verhandlungen und -Verträge. Aber beim neueren Typ dieser Verträge, seit NAFTA (1994), geht es um das, um was es seit der damals voll in Fahrt gekommenen „Globalisierung“ im Wesentlichen geht: Um Investitionen, in der Fachsprache FDI genannt, Foreign Direct Investments, grenzüberschreitende Investitionen im Ausland. Deswegen sind ja die privaten Schiedsgerichte so zentral geworden: Bei denen geht es nicht um Zölle, sondern um die Sicherung von Investitionen.

Ausgeblendet I: Dienstleistungs-Produkte

So blenden die US-Vertreter und ihre Nachbeter ganz primitiv zwei längst zunehmend wichtig gewordene Bereiche der internationalen Wirtschaftsbeziehungen aus: Dienstleistungs-Produkte und Gewinntransfers. Und das sind die Bereiche, in denen die USA mit ihrem Wirtschaftsmodell und ihrer Art der Globalisierung seit Jahrzehnten die besonders aktiven Antreiber und größten Profiteure sind.

Beziehen wir also zunächst die Dienstleistungs-Produkte ein, die von US-Finanzakteuren wie den Wall Street-Banken, Kapitalorganisatoren wie Blackrock und Blackstone, von US-Unternehmensberatern, Wirtschaftskanzleien, Rating- und PR-Agenturen und, eigentlich sehr bekannt, von weltweit führenden Software-, Digital- und Internet-Unternehmen wie Amazon, Apple, Microsoft, Google, Facebook in der EU verkauft werden – dann sieht die Bilanz ganz anders aus: Dann haben die USA gegenüber der EU einen Überschuss von 51 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet, und die EU hat hier ein Defizit von 51 Milliarden US-Dollar. Sodass sich also das behauptete US-Defizit von 153 Milliarden im ersten Schritt schon mal auf 102 Milliarden reduziert.

Ausgeblendet II: Gewinn-Transfers von Konzernen

Gehen wir zur nächsten Blindstelle: Einen noch viel größeren Überschuss zugunsten der USA und ein noch viel größeres Defizit zulasten der EU produzieren die mehreren Dutzend US-Großkonzerne, zum Teil dieselben, die schon genannt wurden: Sie entziehen die Gewinne ihrer Niederlassungen in der EU hier weitestgehend der Besteuerung und transferieren einen Teil an ihre US-Zentralen: General Electric, IBM, Coca Cola, Microsoft, Amazon, Apple, Google, Starbucks und so weiter. Das ergibt immerhin 106 Milliarden US-Dollar mehr als in der Gegenrichtung.

So ist also das US-„Handels“defizit schon völlig dahingeschmolzen und hat sich in einen US-Überschuss und ein EU-Defizit von 4 Milliarden verwandelt. So einfach ist das.

Das ist so einfach, in faktischer und politischer und medialer Hinsicht, weil hier die vasallische Komplizenschaft der Europäischen Kommission und der führenden Regierungen der EU-Staaten sich auswirkt, allen voran der von CDU, CSU und SPD geführten deutschen Bundesregierungen, ob die Bundeskanzler Schröder oder Merkel heißen, ob die Finanzminister Steinbrück, Schäuble oder Scholz heißen und ob die EU-Kommissionspräsidenten Barroso oder Juncker heißen: Barroso wechselte zu Goldman Sachs, Juncker hat die Finanzoase Luxemburg aufgebaut und wurde von Merkel/Schäuble zum Präsidenten der EU-Steuerhinterziehungs-Industrie hochbugsiert. Die Finanzoasen-Staaten spielen hier nämlich eine entscheidende Rolle.

Die Steuerhinterziehungen (pardon, laut Price Waterhouse Coopers und Ernst & Young handelt es sich um „Steuergestaltung“) und Gewinntransfers von Konzernen mit Standort USA laufen nämlich fast ausschließlich über die großen EU-Finanzoasen: vor allem über die Niederlande, über Luxemburg, Großbritannien mit dem an die City of London angeschlossenen Dutzend der britischen Kanal- und karibischen Inseln und über das von der EU als Finanzoase aufgebaute Irland. Für die Brosamen der Verwaltungsgebühren der hunderttausenden an Briefkastenfirmen halten die Regierungen und Leitmedien die Klappe und käuen das gefakete US-Handelsdefizit wieder.

Ausgeblendet III: Gewinntransfers von Privatpersonen

Einen weiteren Bereich klammern die Fake-Wiederkäuer aus. Er ist vergleichsweise klein, gehört aber zum Gesamtbild und zeigt ebenfalls die ungleichen Verhältnisse.

Auch die Bilanz der sogenannten Sekundäreinkommen geht zugunsten der USA aus. Das sind die Finanztransfers von Privatpersonen, also vor allem von Unternehmern, Managern und gut bezahlten Mitarbeitern, Militärs und Diplomaten. Im hier behandelten Jahr überwiesen US-Amerikaner aus EU-Staaten 10 Milliarden US-Dollar mehr in die USA als EU-Bürger aus den USA in die EU überwiesen.

Dienstleistungs-Produkte, Gewinn- und sonstige finanzielle Transfers: Alle diese Zahlen kennen auch US-Präsidenten oder könnten oder sollten sie kennen oder sich von ihren zahlreichen einschlägigen Beratern sagen lassen. Die Zahlen werden ja im Auftrag der US-Regierung erstellt, Jahr für Jahr, vom Bureau of Economic Analysis, BEA, das zum Department of Commerce gehört. Die Tabellen sind über Internet in Sekundenschnelle einsehbar. Mithilfe dieser Tabellen konnte kürzlich das Münchner ifo-Institut leicht darlegen: Das behauptete US-Handelsdefizit gibt es nicht, vielmehr besteht – wenn man die oben genannten US-Überschüsse zusammenzählt – ein EU-Defizit von 14 Milliarden.

Ausgeblendet IV: Gewinn-Transfers von Aktionären

Die US-Statistikbehörde – und damit auch das ifo-Institut – ist allerdings nicht ganz auf dem letzten Stand. BEA kann nur die Daten sammeln, die nach den US-Gesetzen von den Unternehmen selbst veröffentlicht werden. Da fehlt einiges Wichtige aus gegenwärtigen Praktiken.

Die weithin unregulierten Finanzakteure wie Blackrock & Co, Blackstone & Co, die Hedgefonds, die Wagnis-Kapital-Finanziers, die Privatbanken, die elitären Investmentbanken wie Emmanuel Macrons ehemalige Bank Rothschild platzieren die Aktienpakete und Wertpapiere ihrer Kunden – auch die Aktien in Unternehmen mit Standort in der EU – hochprofessionell und flächendeckend in den zwei Dutzend Finanzoasen. Die letztlich wirtschaftlich Berechtigten sind dabei für Steuer- und Statistikbehörden nicht sichtbar. Da würde sich vermutlich beim Übergewicht der US-Investoren noch ein weiteres „Handels“-Ungleichgewicht ergeben.

„Handels“bilanz-Defizit mit China

Um den Mechanismus und die systemische internationale Verbreitung der Fakes zu verdeutlichen, sei kurz auf China eingegangen. Trump verteufelt auch die Volksrepublik wegen des angeblich von ihr ebenfalls verursachten US-„Handelsdefizits“. Es ist weitaus das größte, das die USA mit einem anderen Staat haben. 2017 betrug es 358 Milliarden US-Dollar. Da fehlen aber ebenso die Dienstleistungs-Produkte und die Gewinntransfers. Dazu ein ganz einfaches Beispiel: Allein die IPhones, die Apple in den Sonderwirtschaftszonen wie Shenzhen endmontieren lässt, kommen als chinesische Importe in die USA und erhöhen das US-Handelsdefizit um Milliarden.

Von wegen der dümmlichen, an seine getäuschten Wähler gerichteten Behauptungen des US-Präsidenten „China hat uns Millionen Arbeitsplätze gestohlen“ – Nein, es waren hunderte von US-Konzernen, gefördert von US-Regierungen, die seit Mitte der 1980er Jahre gierig Millionen Arbeitsplätze in den USA abgebaut und Niedriglöhne in China, Taiwan, Puerto Rico und anderswo genutzt haben und weiter zu nutzen versuchen, sich bereichern und die US-Arbeiter und die US-Volkswirtschaft und den US-Staat und andere Staaten verarmen, mithilfe von Komplizen. Da rührt auch der Demagoge Trump nicht dran, genauso wenig wie bei den Gewinntransfers.

Da müssen andere ran

Selbst die hier genannten offiziellen Quellen und Zahlen über die heutigen Wirtschaftsbeziehungen – verständlich für jedermann und jedefrau – kommen bei unseren „verantwortlichen“ Regierungs-Dödeln in Deutschland und auch beim schlauen Ex-Bankier Macron und bei der EU-Kommission nicht an.

Auch daran kann man die primitive, flächendeckende, bis politisch ganz oben reichende Verdummung erkennen, die heute in der westlichen Wertegemeinschaft vorherrscht. Die „Verantwortlichen“ in der EU müssten ihre komplizenhafte Vasallenhaltung aufgeben und könnten selbstbewusst auftreten. Warum tun sie es nicht? Da müssen andere ran.

Letzte Buchveröffentlichung des Autors: Bis diese Freiheit die Welt erleuchtet. Transatlantische Sittenbilder aus Politik und Wirtschaft, Geschichte und Kultur. 226 Seiten, Köln 2. Auflage 2017 (Papyrossa-Verlag) reblogged von NDS

https://www.nachdenkseiten.de/?p=44442#more-44442

Das schwarze Herz der Bilderberger zwischen Öl und KI

John Skelton jr.

Turin. Die diesjährige Bilderberg-Konferenz läuft gut geschmiert -mit Erdöl: Die Ölriesen Chevron, Shell, Total und BP (deren Boss beim MI6 war) geben sich ein Stelldichein. Neben Bankbossen, Rüstungsmogulen, und Medientycoons sieht man diesmal vier Premierminister, zwei stellvertretende Premierminister, erstmals einen offiziellen Vertreter des Vatikan sowie den NATO-Generalsekretär und Ursula von der Leyen. Sie treffen dort High Tech-Bosse von Google, Twitter, LinkedIn und Facebook.

Im medialen Windschatten des G7-Gipfeltreffens findet das viel prominenter besetzte Bilderberger-Treffen statt: Bosse der Ölriesen Chevron, Shell, Total und BP treffen vier Premierminister, zwei stellvertretende Premierminister, erstmals einen offiziellen Vertreter des Vatican (der eigentlich  hinter den Bilderbergern immer die verhassten Freimaurer vermutete) sowie den NATO-Generalsekretär und unsere Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, als Stammbesatzung fungieren der König der Niederlande und der unermüdliche 95-jährige Henry Kissinger. Sie treffen dort High Tech-Bosse von Google, Twitter, LinkedIn und Facebook, und sie versammeln sich vermutlich nicht zufällig im Nachfolgestaat des Römischen Imperiums. Das kriselnde Italien hat mit dem Fiat-Automogul-Clan eine lange Tradition auf dem Bilderberg. Die Medienshow am G7 dort, die wichtigen Entscheidungen hier in Turin, wo Politik und Geldelite heimlich kungeln -ein Schelm der dabei das Wort „Verschwörung“ denkt.

Wie der Nestor der US-Geheimpolitik und Urgestein der Bilderberger Henry Kissinger (einst stürzte er für die US-Regierung, aber auch im Dienste des Elektroriesen ITT den demokratisch gewählten Sozialisten Allende im Kupfer-Weltmarktführerland Chile und wird wegen der dabei begangenen Massenmorde als Kriegsverbrecher gesucht), zeigt auch der Bilderberg selbst keine Anzeichen von Ermüdung. Sein Flirt mit künstlicher Intelligenz und Silicon Valley scheint zu einer stürmischen Liebesaffäre zu werden. Man will in Internet, Künstlicher Intelligenz und Biotechnologien mit seinen Milliarden auch die Zukunft dominieren. Ein paar flegelhafte Neureiche wird die alte Geldelite dafür wohl ertragen müssen.

Facebook, Google und der Griff der Plutokratie nach Künstlicher Intelligenz

Big Money greift nach der Zukunft der Welt: KI und Hightech, Robotik und Biowissenschaften sind im Fokus der alten Geldeliten. Das Bilderberger-Treffen bringt es an den Tag, wohin die Machtgier der Westoligarchen drängt: In diesem Jahr tummeln sich auf dem Bilderberg ein Twitter Vorstandsmitglied, Patrick Pichette, zum zweiten Mal schon Divesh Makan, Vertrauter von Mark Zuckerberg (Facebook) und Reid Hoffman, der LinkedIn-Mitbegründer und Bilderberger-Veteran. Demis Hassabis, Leiter des Londoner Google-KI-Projekts DeepMind, wurde ebenfalls erneut eingeladen, diesmal begleitet von seinem Kollegen Hartmut Neven, dem Leiter der Google Quantum Artificial Intelligence Lab. Die Gästeliste umfasst weitere Forscher aus den Bereichen Robotik, Mensch-Maschine-Bionik, Biotechnologie und Stammzellen.

Die Bilderberg-Konferenz 2018 vermittelt aber zu futuristischen Gefühlen auch den üblichen nostalgischen Muff, wenn neben „Quanten Computern“ auf der Tagesordnung wie immer die „US-Weltführung“ und, der Westmachthaber derzeit liebster Feind, „Russland“ thematisiert werden. Neben den Bilderberger-Plänen für eine biotechnisch aufgerüstete Smart Future, lebt zugleich eine traditionelle Machtclique neu auf: Big Oil mit Shell, Chevron und BP. Für den Bilderberger-Zirkel selbst präsentiert sich Sir John Sawers, der als BP-Direktor und Ex-MI6-Boss die Britische Verknüpfung von Ölindustrie und Auslandsspionage repräsentiert. Sein Kumper, der BP-Finanzchef Brian Gilvary, kann sicher nett mit Dambisa Moyo (Chevron) über Fracking plaudern oder wie man endlich Venezuelas Ölreserven einkassieren kann. Die königlich-niederländische Ölfirma Royal Dutch SHELL ist in Turin vom Manager-Boss Ben van Beurden vertreten und der französische Öl-Riese TOTAL schickt Top-Manager Patrick Pouyanné und Vorstandsmitglied Patricia Barbizet, die zugleich Bilderberg-Funktionärin ist.

Erdöl: Das schwarze Herz der Bilderberger

In den Adern der Bilderberg-Konferenzen fließt Öl, ihr pumpendes schwarzes Herz ist die niederländische Königsfamilie und ihre Erdölinteressen. Für westliche Ölinteressen stürzen Westgeheimdienste Regierungen, installieren Diktaturen, wie einst die CIA im Iran, wie jüngst in Libyen, wie intendiert in Venezuela. Schon der Gründungspräsident der Bilderberger, Prinz Bernhard, der Großvater des jetzigen Königs Willem-Alexander, hatte seine aristokratischen Finger tief im Erdöl der SHELL. In seiner Eröffnungsrede auf der ersten Konferenz im 1954 legte Prinz Bernhard seinem konspirativen Publikum den Zweck von Bilderberg folgendermaßen dar: „weil die freien Länder Europas, die Vereinigten Staaten und Kanada als Einheit fungieren müssen, müssen Sie versuchen auf die gleiche Weise zu denken. Dies ist ein Langzeitprozess. “

Aus diesem Konsens entstand die EU, seit Jahrzehnten um den Bilderberg Konferenztisch genährt. Aber jetzt ist alles, wofür die Bilderberger so lange konspiriert haben, bedroht, denn wir stehen am Rande eines grandiosen neuen algorithmischen Zeitalters.

Ganz oben auf der Tagesordnung der Konferenz stehen die düsteren Worte: „Populismus in Europa“. Die EU, die bereits ein blaues Auge vom Brexit hat, steht vor der populistischen Koalition Italiens, und das transatlantische Bündnis stöhnt unter dem Milliardärsclan der Trumps. Deshalb war Turin die perfekte Wahl für den 2018-Gipfel.

Kissinger hat Freund bei Fiat (Exor)

Die Stadt ist die spirituelle Heimat von Fiat und der Agnellis: der extravagante Gianni Agnelli war in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eine tragende Säule der Bilderberger, und ein enger Freund von Kissinger. Sein Enkel, John Elkann, betreibt Exor, die Holdinggesellschaft für die Agnelli-Milliarden, und sitzt im Bilderberg-Lenkungsausschuss, dem inneren Zirkel der Macht.

Agnelli besuchte 37 Konferenzen: sein Geist wird sich mächtig über die Turiner Versammlung legen, die im alten Fiat-Hauptquartier stattfindet. Es bietet sich eine Chance für die Bilderberger, über ihre Vergangenheit zu reflektieren,sich ihrer Siege zu erinnern und Mut zu sammeln, so dass sie sich erneut in den Kampf für noch mehr Globalisierung werfen können. Ein Kampf für noch mehr obszönen Reichtum auf Kosten der Mehrheiten, folglich ein Kampf gegen die Demokratien und gegen Gerechtigkeit.

Auch auf der Konferenz wird George Osborne, seit Kurzem bei Exor Vorsitz eines Zirkels von Business-Beratern. Der Evening Standard-Editor wurde vor kurzem für geschönte Berichterstattung im Dienste von Big Business kritisiert. Fährt Mr.Osborne in Turin nun saftige Rendite für korrupte Journaille ein? Oder könnte er darüber berichten, was hinter den verschlossenen Türen ausgekungelt wird?

Natürlich ist Osborne nicht der einzige Vertreter der Medien in Turin. In der Tat ist es ein goldenes Jahr für Journalisten: Eingeladen sind Kolumnisten, Redakteure, TV-Ankerman, vom Bloomberg -Chef bis zum Präsidenten von Turner International. Elkann ist im Vorstand der Economist Group (Exor hat die Mehrheitsbeteiligung). Scratch, ein Medienmagnat, trifft dort Antti Herlin, der die finnische KONE Corporation führt (ein globaler Marktführer in der Aufzugs-und Rolltreppen Industrie) und Vize-Boss des Unternehmens, das die Tageszeitung Helsingin Sanomat besitzt. Und doch werden wir von all diesen Medienvertretern wenig über das erfahren, was von „unseren“ Machteliten (sie sehen eher uns als „ihre Völker“) in Turin ausgeheckt wird.

Kissinger und der geheime Raubkrieg um Chiles Kupfer

Am 28. Jahrestag des Putsches in Chile, dem 11. September 2001, reichten Anwälte einer chilenischen Menschenrechtsorganisation wegen Massenmord und Errichtung einer Folterdiktatur Klagen gegen Henry Kissinger, Augusto Pinochet, Hugo Banzer, Jorge Rafael Videla und Alfredo Stroessner ein. Gleichzeitig erfolgte beim Bundesgerichtshof in Washington, D.C. eine Zivilklage gegen den Chef-Bilderberger Henry Kissinger und den damaligen CIA-Chef Richard Helms von Angehörigen General Schneiders, Hintergrund waren die CIA-Aktivitäten im Vorfeld des Putsches.

Kissinger wurde nie belangt. Ein Grund dafür könnte sein: Nach den WTC-Anschlägen dieses Tages errichtete G.W.Bush in den USA ein Regime, das nach Ansicht vieler US-Amerikaner den Namen Demokratie nicht mehr verdient, da Bürgerrechte abgeschafft und die staatlichen Institutionen militarisiert wurden. Westdominierte Gerichte, wie der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag, halten sich bislang an Kriegsverbrecher vorwiegend schwarzer Hautfarbe (Afrikaner) oder slawischer Herkunft (Serben). Auf diesem Auge ist die Justizia wirklich blind.

Anm. d.Text  basiert  teilweise auf einer Übersetzung eines Textes von Charlie Skelton, dessen kritisches Bilder-Blog sich der Guardian 2008 einverleibte.

Datenschutz: Facebook darf keine Klarnamen fordern

Daniela Lobmueh Facebook_Logo

Endlich ist die Kritik an Zuckerbergs Datenkrake Facebook auch bis zu dt. Amtsrichtern vorgedrungen! Das Asoziale Netzwerk muss wenigstens seine Voreinstellungen in Deutschland ändern und darf seine Anwender nicht länger zwingen, sich mit Klarnamen anzumelden. So ein Urteil des Landgerichts Berlin, das sich leider nur zu minimalem Datenschutz durchringen konnte. Datenschutz? Sogar in den USA wird Facebook heute von den Behörden zur Verfolgung politischer Äußerungen genutzt.

Der US-Mega-Netzkonzern war vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) verklagt worden. In dem Urteil wurden Teile der Nutzungs- und Datenschutzbedingungen für unzulässig erklärt. Die nötigen Einwilligungen zur Datennutzung, die sich das Unternehmen einholt, seien teilweise unwirksam, so das Urteil vom 16. Januar (Az. 16 O 341/15). Die Justiziare von Facebook legten gegen das Urteil Berufung ein. Der Konzern behauptet in einer Stellungnahme seiner Rechtsabteilung, dass sich die Angebote und Richtlinien von Facebook seit Beginn des Verfahrens im Jahr 2015 verändert hätten. Außerdem plane man 2018 angesichts bevorstehender Gesetzesänderungen weitere Änderungen an den Geschäftsbedingungen und Datenschutzrichtlinien, so das Handelsblatt.

Facebook vs. Datenschutz

Facebook ist seit langem als Datenschutz-Missachter bekannt. Schon der heroisierte Nerd-Milliardär Zuckerberg denkt nicht daran, die Menschen vor den Gefahren der Massen-Überwachung zu warnen. Seine Ausrede: Die Leute wollen es ja nicht anders, keiner sei schließlich gezwungen, bei seiner Firma sein Online-Leben zu verbringen. Der 18fache Milliardär hat scheinbar noch nie etwas von Gruppenzwang gehört -und inzwischen wurden Fälle bekannt, wo Arbeitgeber Bewerber ablehnten, weil sie nicht auf Facebook zu finden waren (so wüsste man ja gar nichts über ihr Vorleben). Kinder und Jugendliche sind schon Gruppenzwängen weit harmloserer Art nahezu hilflos ausgeliefert, obwohl Fälle von Facebook-Mobbing sich häufen. Soziale Zwänge zum Konformismus machen Facebook zum Motor eines digitalen „friendly fascism“, dem man sich nur zum Preis sozialer Ausgrenzung entziehen kann. Wikipedia verharmlost Zuckerbergs brandgefährliche Ideologie so:

„Anfang des Jahres 2010 nannte Zuckerberg in einem Interview mit Mike Arrington von TechCrunch als BegründungZuckerberg_1984_Berlin_Graffiti für lascheren Datenschutz den Umstand, dass Nutzer freiwillig immer mehr Daten im Internet von sich preisgeben würden und Facebook sich lediglich den gesellschaftlichen Realitäten anpasse. Der Umgang der Menschen mit ihren Daten habe sich stark geändert. Die Menschen würden sich wohl fühlen, ihre persönlichen Informationen mit vielen Menschen zu teilen…“ Wikipedia zu Mark Zuckerberg

Danach bejubelt Wikipedia ausgiebig Zuckerbergs karitative Spendentätigkeit, mit der er zu einer besseren Gesellschaft beitragen wolle (also einer Gesellschaft, in der alle Menschen bespitzelt und Milliardäre nicht mit Steuern belästigt werden vermutlich). Von Zuckerbergs Sympathien für die Waffenlobby weiß man dort aber nichts. Zur Firma weiß wikipedia: „

„Facebook (Eigenschreibweise facebook) ist ein soziales Netzwerk, das vom gleichnamigen US-amerikanischen Unternehmen Facebook Inc. betrieben wird. Der Name bezieht sich auf die sogenannten Facebooks (Englisch wörtlich: „Gesichtsbuch“, sinngemäß: „Jahrbuch“) mit Abbildungen von Studenten, die an manchen US-amerikanischen Colleges verteilt werden. Das soziale Netzwerk wurde am 4. Februar 2004 von Dustin Moskovitz, Chris Hughes, Eduardo Saverin und Mark Zuckerberg veröffentlicht und zählt nach eigenen Angaben rund 1,44 Milliarden Mitglieder, welche die Seite zumindest ein Mal pro Monat besuchen (Stand: März 2015). Facebook gehört nach unterschiedlichen Statistiken zu den fünf am häufigsten besuchten Websites der Welt, in Deutschland liegt es auf dem zweiten Rang hinter Google.“

In einem Vergleich sozialer Netze im Internet in der Stiftung Warentest belegte Facebook zusammen mit LinkedIn Fuck_Facebookund Myspace die hintersten Plätze aufgrund „erheblicher Mängel“ beim Datenschutz. Andere soziale Netzwerke wie studiVZ und schülerVZ zeigen laut dem Test, dass ein deutlich besserer Umgang mit Nutzerdaten durchaus möglich ist. Im Januar 2012 nahm Facebook dann am eingangs erwähnten Psychologie-Experiment teil, für das insgesamt 689.000 Nutzer ohne ihr Wissen missbraucht wurden. Im Rahmen des sogar bei britischen (!) Datenschützern umstrittenen Experiments wurde die zentrale Neuigkeiten-Seite bei Facebook manipuliert, so dass die User ein verzerrtes Bild der Stimmung ihrer Facebook-Freunde vorgespiegelt bekamen. Die Ergebnisse der Studie wurden im Juni 2014 zum Ärger von Facebook publik und zeigten eine hohe Manipulierbarkeit der Nutzer.

Hinter Facebook: NSA, CIA & Co.

Zu den Gründerfiguren der Firma gehört ein recht schillernder Kapitalgeber: Der deutschstämmige Milliardär Peter Thiel, der mit Netzfirmen und Geheimdiensten reich geworden ist. Er investierte als erster bei Zuckerberg und wurde später Großaktionär von Facebook. Thiel wurde zunächst beim Verkauf von Paypal an eBay Multimillionär und kooperierte mit der CIA bei seiner Firmengründung Palantir Technologies. Die Hauptprodukte von Palantir finden sich in den Sparten Security (Palantir Gotham, zuvor Palantir Government -Thiel scheint sich möglicherweise für eine Art Batman zu halten, der „das Böse“ bekämpft, also Einbrecher mit Strumpfmaske, die reichen Leuten Silberlöffel klauen wollen) und Finanzen (Palantir Metropolis, zuvor Palantir Finance). Palantir Gotham ist Dienstleister für NSA, CIA & Co. Im Jahr 2010 war Palantir eine von drei Firmen, die beauftragt wurden, eine Strategie gegen WikiLeaks zu erarbeiten, die in etwa so aussieht, wie unsere Medien Putins Umgang mit Kritikern beschreiben:

„…data intelligence firms, worked to develop a strategic plan of attack against WikiLeaks. The plan included pressing a journalist in order to disrupt his support of the organization, cyber attacks, disinformation, and other potential proactive tactics.TechHerald

trump

Peter Thiel sponserte Donald Trump

Palantirs Software sollte dabei als Basis zur Datensammlung und Analyse dienen. Nach Enthüllung der Pläne durch die Hackergruppe Anonymous beendete Vorstandschef Karp (angeblich) die Teilnahme seiner Firma an der lukrativen Hetzjagd auf einen politischen Oppositionellen. Peter Thiel unterstützt den Fed-Gegner Ron Paul (Republikaner) und die neoreaktionäre Tea-Party-Bewegung in den USA. Im Kampf Überwachungsstaat gegen Wikileaks hat der angebliche Libertäre aber die andere Seite gewählt: Den Staatsapparat.  2016 engagierte Thiel sich gegen das Republican-Establichment und für den Milliardär-Republikaner Donald Trump. Ist dies ein Hinweis darauf, dass Teile der NSA-Klüngel Trump wollten, statt eines neuen -womöglich noch degenerierteren Sprösslings des Bush-Oligarchenclans? Wir wissen bislang noch nicht, ob etwa Facebook pro- oder contra-Clinton manipuliert war. So einfach wie bei den ersten Anwendungen in Ferguson wird die Intrige wohl auch nicht wieder aufzudecken sein. Wir wissen nur sicher, dass wir in der Postdemokratie leben: Demokratische Verfahren sind nur bedingt demokratisch.