Banken-Diktatur: Warum scheiterte Varoufakis Plan einer Parallelwährung?

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Tsipras wurde von der EU/EZB/Goldman Sachs-Mafia zum Rücktritt gezwungen. Zuvor hatte man seinen Finanzminister Varoufakis monatelang gemobbt, bis zu einer Hetzkampagne in den Medien unter Führung des Bertelsmann-Konzerns. Varoufakis, der im Gegensatz zu Schäuble tatsächlich etwas vom Finanzwesen versteht, hatte einen Plan B. Doch er durfte ihn nicht umsetzen. Vielleicht, weil er die Macht der Banken generell in Frage gestellt hätte? Geldexperte Lietaer erklärte, wie dies hätte geschehen können. Regional- und Parallelwährungen entmachten die Banken auch ohne gleich Freigeld und Freiwirtschaft einzuführen. Damit bietet der Ex-Zentralbanker sogar den Bilderbergern die Stirn.

Nie zuvor wurde ein europäischer Finanzminister mit soviel medialer Aufkerksamkeit bedacht, wie der sozialistische Grieche und Ökonomie-Professor Yanis Varoufakis. Doch die Medienleute berichteten nicht über seine klugen Verhandlungen mit den gnadenlosen Gläubigern unter Schäubles deutscher Führung, die Medienmeute berichtete auch nicht über seine Kompetenz und Stragtegie, sondern lieber über sein „Auftreten“, seine Unwilligkeit, sich an die Poliker-Kaste anzubiedern, wie es von einem Neuling erwartet wird.

Deutsche Presselügen diffamierten Varoufakis

Deutsche Presselügen stellten Varoufakis als Enfant Terrible, als Motorradrocker, Lederjacken-Geck dar oder diffamierten ihn schlicht als „ Rüpel“. Nur selten wurde erwähnt, dass er ein ausgewiesener Finanzexperte, Professor der Ökonomie und genialer Kopf ist. Von ARD bis RTL und BILD bis SPIEGEL hetzte die tumbe Journaille des Mainstream Tag für Tag monatelang gegen ihn -fast noch mehr als gegen Tsipras selbst. Warum?

Am Ende, nach seinem erzwungenen Rücktritt kam heraus, dass er einen Plan B zum Schuldenschnitt hatte. Eine Parallelwährung sollte den griechischen Binnenraum mit Geld versorgen, auch wenn eine bösartige EZB und feindliche Politik aus Berlin Athen in die Knie hätten zwingen wollen (was sie am Ende taten). Warum musste der griechische Finanzminister unbedingt abgeschossen werden, mit allen Mitteln? (Und wir wissen nicht wirklich genau, mit welchen Drohungen dies geschah.)

Es geschah vermutlich weil Varoufakis das Potential hat, die Machtgefüge des Westblock zu erschüttern, dessen geheime Binnenstruktur von Finanzfirmen beherrscht wird. Im Kern wird der Westen von der privaten (!) Federal Reserve gesteuert, der US-Zentralbank, die den Dollar druckt und das Weltdollarsystem kontrolliert. Die Federal Reserv, kurz Fed genannt, ist von A bis Z als Täuschung der Öffentlichkeit konstruiert, so ist sie weder Federal (also US-Bundesstaatlich) noch Reserve (also Währungsreserve). Nur wenige US-Bürger wissen, dass Goldman Sachs, Morgan, Rockefeller & Co. diese Notenbank besitzen und beherrschen und kaum einer ahnt, was das bedeutet. Wie auch, wenn die Medien nicht (bzw. neuerdings doch hie und da, aber abwiegelnd und desinformierend) über Geheimtreffen der Geldmächtigen mit Politikern wie den Bilderberger-Konferenzen berichten?

Ex-Zentralbanker: Respekt vor Tsipras Leistung

Die EZB (Europäische Zentralbank) ist zwar formal vom Staatenbund EU eingesetzt, aber so unabhängig konstruiert, dass sie kaum kontrollierbar ist. An ihrer Spitze steht mit Mario Draghi ein Goldman Sachs-Manager, der somit auch Verantwortung für die Euro-Einführung in Athen trägt. Heute drangsaliert er zusammen mit Merkel und Schäuble die Syriza-Regierung in Griechenland bzw. hat zu ihrem Rücktritt beigetragen. Unsere deutsche Journaille hat mehrheitlich die Schuld für das Scheitern der Verhandlungen Syriza, Tsipras und Varoufakis zugeschoben. Doch das ist pure Propaganda, wie der belgische Geldexperte Bernard Lietaer meint. Er bedauert, dass Varoufakis Plan B einer Parallelwährung durch den kriminellen Druck der Erpresser in Brüssel und Berlin verhindert wurde.

Ich habe einen Höllenrespekt vor Tsipras. Der Arme. Er zahlt für die Fehler seiner Vorgänger. Die Geschichte ist nicht fair. Wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre, hätte ich bei der Abstimmung eine dritte Option zur Abstimmung gestellt. Die Option, zwei Währungen parallel zu nutzen. Den Euro und die Neo-Drachme. Die Einführung einer Parallelwährung geht heute in nur drei Tagen. Jede Familie hat ein Handy. Das kann man als Bankkonto verwenden und als Bezahlsystem. Dieser Plan B wäre möglich gewesen und Varoufakis war das bekannt. Schließlich gibt es in Großbritannien genau genommen auch zwei Währungen, das britische Pfund und den Euro. Der Währungsexperte Bernard Lietaer in nrhz.de

Die Finanzkrise ist für Lietaer ein Beispiel für die Dominanz der Banken, die sich bis in die Medien hineinzieht. Dort findet man selten oder nie Berichte über das einzige erfolgreiche Beispiel im Umgang mit der Bankenkrise 2008/2009: Island.

Über Island wurde nur während der Krise diskutiert und seitdem wird darüber nicht mehr geredet. Man findet nichts darüber. Island KarteDenn was ist dort passiert? Das Bankensystem ist dort zusammengebrochen, aber man hat die Banken nicht gerettet, sondern die verantwortlichen Banker ins Gefängnis gesteckt. Die Medien schweigen darüber. Es ist fast unmöglich, darüber Informationen zu finden. Das ist unglaublich. Bernard Lietaer

Hier auf Jasminrevolution stand Island natürlich von Anfang an im Mittelpunkt, auch weil -was Lietaer übersieht- die Medien dort von der Whistleblower-Plattform WikiLeaks von Julian Assange ihre ersten Anstöße erhielten. Nur so konnte die Bankster-Kriminalität aufgedeckt und die politische Gegenwehr ermöglicht werden. Auch die isländischen Medien waren jedoch anfangs juristisch blockiert und konnten nur auf die Website von WikiLeaks verweisen. Die hochgelobte Pressefreiheit des Westen erwies sich auch in Island als Hohn, wenn sie gegen die wirklichen Machthaber im Westen vorgehen will, gegen die Finanzmächte, die reichen Schmarotzer, die Medien und Politik korrumpiert haben. Neben nicht korrumpierten, mutigen und fairen Medien braucht der Kampf gegen die Geld“eliten“ auch Mittel, den Alltag zu organisieren, wenn sie ihre Macht missbrauchen und das Finanzsystem lahmlegen, wie derzeit in Griechenland. Lietaer rät zu Regional- und Parallelwährungen.

Es muss nicht gleich Freigeld sein: Parallelwährung Flight Miles
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Unterguggenberger

Freigeld als finanzpolitische Guerillamethode wird seit seiner Erfindung und ersten Erprobung während der Wirtschaftskrise 1932 im Experiment von Wörgl (Österreich) verunglimpft und verdammt. Meist wird es einfach als nationale bzw. nationalistische Schrulle abgetan und mit seinem Vorkämpfer Michael Unterguggenberger bzw. dessen Vordenker Silvio Gesell in eine rechte Ecke geschoben. Freigeld ist Geld mit Verfallsdatum („Schwundgeld„), das seinen Wert nach Ausgabe langsam verliert und somit schnell ausgegeben werden muss. Man kann es nicht sparen, es nährt keine Banken und Kapitalisten, aber es hält dennoch den Geld- und Warenstrom der Wirtschaft aufrecht. Aber es muss nicht immer gleich Freigeld sein, wenn man der Macht der Banken entgegentreten will.

Der ehemalige belgische Zentralbanker Lietaer hat konzerninterne Parallelwährungen für diverse Multis (Multinationale Konzerne) konzipiert. Er bestreitet, dass es dabei zu Problemen kommen muss, wie Notenbanken behaupten, die eifersüchtig ihr Geldmonopol verteidigen. Seiner Auffassung nach geht es den Zentralbanken primär um ihre Macht und er verweist aus eigener Erfahrung auf Bonussysteme, die man auch als Währungen analysieren kann.

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Parallelwährung, Wörgl 1932

Zunächst ist wichtig zu verstehen, dass es heute schon hunderte und tausende von Parallelwährungen gibt, die für die unterschiedlichsten Zwecke genutzt werden. Zum Beispiel das Free und Flight Miles System, das seit 45 Jahren im Umlauf ist. Fünfzehn Tausend Milliarden Miles sind im Umlauf. Mehr als alle Dollars und Euros zusammen. Es funktioniert sehr gut, ist stabil, einfach zu Handhaben und kostet nur einen Bruchteil unseres Geldsystems. Die Kritik, die ich an diesen kommerziellen Währungen habe, ist nur die, dass sie nichts für die Gesellschaft tun, sondern einfach nur Anreize sind, mit bestimmten Airlines zu fliegen. Aber ob wir mit dieser oder jener Fluggesellschaft fliegen, ändert nichts und ist ökologisch eher bedenklich. Vor der letzten Krise habe ich in einem Dutzend Ländern mehr als 5000 solcher alternativen Tauschsysteme identifiziert, die von Menschen für die unterschiedlichsten Zwecke erschaffen und genutzt wurden. Bernard Lietaer

Briten: Währungsherrschaft in Ghana

Das Britische Empire beherrschte generationenlang einen Großteil der Erde. Mit Waffengewalt gegen Eingeborene, List und Tücke, das gegeneinander Aufhetzen verschiedener Völker konnte die kleine Ausbeuternation England ganze Kontinente dominieren und plündern. Um 1820 übernahm das Colonial Office die britischen Handelsposten an der Goldküste, verharmlost wikipedia die Kolonialverbrechen Großbritanniens. Zwischen den Briten und dem Volk der Fanti wurde „ein Abkommen geschlossen, um sich gegen die Aschanti aus dem Binnenland zu verteidigen.“ Was für sagenhaftes Glück für die Fanit! Im Jahr 1874 erklärten die Briten den Küstenstreifen zur Kronkolonie (ZDF-Historiker Guido Knopp würde an dieser Stelle in einer Doku die pompöse Orchesterfassung von „God Save the Queen“ erklingen lassen). Das Aschantigebiet im Innern des Landes und auch die so genannten „Nördlichen Territorien“ wurden 1901 endgültig annektiert und vom Gouverneur in Accra direkt verwaltet. Einigen Küstenstädten wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts indigene Gemeinderäte zugestanden, 1925 kam es unter Gouverneur Gordon Guggisberg zu einer Verfassungsreform. Und so ging die glückliche Kolonie des Empire seiner goldenen Zukunft entgegen -laut Geschichtsklitter-Website Wikipedia zumindest.

Doch weniger bekannt ist, dass dabei z.B. in Ghana auch bereits die Waffe Geld zum Einsatz kam, die regionale Währungen dem Diktat der Bank von England in London unterwarf. Geldexperte Lietaer rät zur Einführung von Regionalwährungen nicht nur für Griechenland: „Es ist völlig unmöglich, in Regionen eine gute Entwicklung ohne Regionalwährung zu haben“, und erklärt dies am Beispiel Ghana.

Unser Geldsystem führt zwangsläufig dazu, dass der Reichtum aus den Regionen abfließt. Es gibt einen Fall, der dies beweist. Die westafrikanische Region, die heute der Staat Ghana ist. Im frühen 19. Jahrhundert war diese Region unter britischer Kontrolle und es gab dort eine eigene Währung. Aus der Sicht der Briten hatte das den großen Nachteil, dass die Bewohner dieser Regionen nichts bei den Briten gekauft haben, weil sie nichts von ihnen brauchten.

Um das zu ändern war es nicht nötig ein Gesetz zu machen, dass die Bewohner gezwungen hätte, bei den Briten zu kaufen, und dann die Armee zu schicken. Es war völlig ausreichend, ihnen die britische Währung aufzuzwingen. Sie haben verfügt, dass jede Familie ihre Abgaben an die Kolonialdiktatur nur mit Shilling bezahlen darf. Also waren die Ghanesen verpflichtet, eine Abgabe zu zahlen, die nur in Shilling akzeptiert wurde. Die BewohnerInnen waren daraufhin gezwungen, in einen Wirtschaftsaustausch mit den Briten zu treten. In nur fünf Jahren waren das traditionelle Geldsystem und die Region wirtschaftlich am Ende.

Wenn wir wollen, dass sich Regionen gut entwickeln, dann geht das nur, wenn diese Regionen eine eigene Währung haben. Das globale Geldsystem sorgt nämlich zwangsläufig dafür, dass der Wohlstand aus den Regionen abfließt. Wir brauchen also zwingend Parallelwährungen, um all diese Probleme zu lösen. Bernard Lietaer

Bernhard Lietear ist ein etablierter, aber durch Erfahrung klüger gewordener und daher kritischer Währungsexperte und war unter anderem Führungskraft der Belgischen Zentralbank. Dort war er verantwortlich für die Einführung des ECU, einer Parallelwährung, die die Euro-Einführung vorbereitete. Lietaer beriet Konzerne, Entwicklungsländer und er war Präsident eines elektronischen Zahlungssystems. 1992 kürte ihn die Business Week zu einem Top-Weltwährungshändler. Heute ist er Research Fellow am Center for Sustainable Resources der University of California in Berkeley und wirbt weltweit für eine Reform des Geldsystems und für die Einführung von Regional- und Parallelwährungen. 2004 erschien sein Buch „Regionalwährungen. Neue Wege zu nachhaltigem Wohlstand“ (gemeinsam mit der verstorbenen Margret Kennedy).

Goldman Sachs und die nächste Finanzkrise

Gerd R. Rueger Goldman

Europa wird von Krieg und Krise geschüttelt. Der Euro ist unter Druck noch von der Finanz-(Kriminalitäts-) Krise, in der Ukraine treiben atlantische Geopolitiker ihr übles Spiel. Die USA eskalieren aus dem Hintergrund und US-Bankster lachen sich ins Fäustchen, allen voran Goldman Sachs. Ursache: Lobbyismus.

Goldman Sachs nimmt in der internationalen Finanz-Branche mehr denn je eine berüchtigte Stellung ein. Zusammen mit Morgan Stanley war Goldman Sachs im Frühjahr 2010 die einzigen von fünf reinen Investmentbanken an der Wall Street, die die Welt-Finanzkrise überlebt hatten. Goldman Sachs-Chef Lloyd C. Blankfein soll in einer internen E-Mail an Mitarbeiter laut Kölner Stadt-Anzeiger geäußert haben, in der Welt-Finanzkrise „haben wir mehr verdient, als wir verloren haben“, so Lobbypedia. Warum? Antwort: Lobbyismus –oder Korruption?

Goldman Sachs wurde am 2. Dezember 2010 mit dem Negativ-Preis Worst EU Lobby Award ausgezeichnet, da das Unternehmen aggressives Lobbying gegen eine effiziente Regulierung der als „finanzielle Massenvernichtungswaffen“ bezeichneten Derivate betrieb. Unter anderem zählte dazu eine Unterwanderung bzw. schleichende Übernahme der zuständigen EU-Experten-Kommission mit eigenen oder nahe stehenden Personen. 2008 hatte Goldman Sachs sich in eine Bank-Holding umgewandelt und sich der Kontrolle der Federal Reserve Bank, der privaten (!) US-amerikanischen Notenbank, unterworfen. Goldmans Anlagevermögen wurde damals auf 150 Mrd. US-Dollar geschätzt.

Mit Goldman-Lobbyisten in die Krise 2008

Im Jahr 2004 autorisierte die die US-amerikanische Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) fünf Investmentbanken, ihre eigenen Eigenkapitalregeln zu entwickeln, statt der seit 1975 geltenden die Regel, dass Investment-Banken einen Fremdfinanzierungsgrad von nicht weniger als 1 zu 15 haben dürfen. Besagte fünf Banken waren Goldman Sachs, Lehman Brothers, Bear Stearns, Morgan Stanley und Merrill Lynch – voran gegangen war intensives Lobbying von Goldman Sachs. Durch die Lockerung der Regulierung konnten die fünf ihre Eigenkapitalquote z.T. auf 1 zu 40 senken. Das geringe Eigenkapital im Verhältnis zu aufgenommenen Krediten ebnete den Weg in die Welt-Finanzkrise, da die Institute ihre Verluste aus geplatzten Risiko-Wetten nicht ausgleichen konnten (und evtl. auch gar nicht wollten).

Als die Finanzkrise 2008 ausgelöst wurde, war schnell klar, dass bis dahin wenig bekannte Finanzinstrumente, sogenannte Derivate, dabei eine Schlüsselrolle gehabt hatten. Dies gilt auch für die Eurokrise 2010 und die daraus folgende Plünderung und Verelendung von (vorerst hauptsächlich) Südeuropa, insbesondere Griechenland. So kamen nach der Krise Forderungen nach strengeren Regulierungen dieser Instrumente auf. Aber International Swaps and Derivatives Association (ISDA), die Vereinigung von Derivatehändlern, besonders ihr mächtiges Mitglied Goldmann Sachs, haben aggressive Lobbyarbeit betrieben, um dies zu verhindern. Die Europäischen Kommission wäre verantwortlich gewesen, die EU-Staaten vor dem weiteren Zugriff der Finanzfirmen zu schützen, doch sie versagte total im lobbyistischen Sumpf der Korruption.

Die Bankster-Lobby-Gruppe ISDA bezog als offizielle Lobbygruppe („Working Party on Derivatives“) der Europäischen Kommission Stellung und übernahm sogar die Führung. Natürlich unterstützte sie nur solche Vorschläge, die Derivate weitestgehend unreguliert lassen sollten. Sie drängte die Kommission, eine ‚Expertengruppe‘ zu Derivaten zu bilden – diese wurde dann von ISDA-Mitgliedern dominiert. Goldman Sachs manövrierte sich in diese Gruppe, genauso wie die Bank es in fast alle Beratergruppen der Kommission zur Finanzmarktregulierung nach der Krise geschafft hat, so Worst Lobby Award.

EU-Kommission öffnete Goldman die Tore

Indem sie faktisch die Beratung der Kommission kontrollierten, gelang es Goldman Sachs und der ISDA, die Arbeit auf eher 220px-European_central_bank_euro_frankfurt_germanymoderate Formen der Regulierung zu konzentrieren. ISDA startete auch eine Propagandaoffensive, um die europäischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier von Überlegungen für eine effektivere Regulierung abzubringen – unter anderem durch die Organisation von Workshops im europäischen Parlament zur „Schulung“ der Assistentinnen und Assistenten der Abgeordneten. Auch hat die ISDA sich gegen Restriktionen von Lebensmittelspekulationen eingesetzt, mit der Begründung, dass Spekulationen „keine systemischen finanziellen Risiken“ verursachten.

Der globale Markt der Derivate wurde bereits 2007 auf 457 Billionen Dollar geschätzt. Dieses lukrative Finanzprodukt spielte eine Schlüsselrolle in der Finanzkrise 2008, wo es weltweite wirtschaftliche Instabilität und Arbeitsplatzverluste verursachte. Derivate waren 2008 Mitverursacher der Lebensmittelkrise, die Mangel und Hunger für 100 Millionen Menschen bedeutete, und der Eurokrise 2010, die die griechische Wirtschaft destabilisierte. Kein Wunder, dass Warren Buffet – der weltweit zweitreichste Mann – sie „finanzielle Massenvernichtungswaffen“ nannte. Mit ihnen feuerten Bankster auf Europa, die Medien deckten sie und jammerten „die Märkte, die Märkte“, als ob man keine verantwortlichen benennen könnte.

Der Derivatemarkt ist durch Mangel an Transparenz und schwache Regulierung charakterisiert. Sie werden meist „over-the-counter“ (OTC) ohne öffentliche Kontrollen gehandelt. Das ließ Regulierungsbehörden wenig Chancen, die entstehende Krise zu erkennen, und wenig Instrumente, sie zu verhindern oder abzuschwächen. Diese Chancen wurden jedoch absichtsvoll verspielt und sie machten die öffentlichen Kassen zur leichten Beute krimineller Banken. Vor allem bei den deutschen Landesbanken lautete hinterher die Erklärung: Politiker sind eben blöd. Manche Politiker lassen sich aber vielleicht auch von Bankstern schmieren –wer kann das wissen? Und wer wären die kriminellen Übeltäter auf Bankenseite, denen Europa zerfallende Infrastruktur, Sparterror gegen Gesundheit, Bildung, Renten und zuletzt sogar hungernde Kinder verdankt? Lobbyisten?

Bankster-Lobby in Berlin

In Brüssel und auch in Berlin regieren Bankster mit. Eingetragen als Lobbyist ist bekanntlich der Bundesverband deutscher Banken, faktisch aber ist er ziemlich unwichtig. Denn die Banken agieren längst in eigener Regie. Obwohl traditionell nicht einmal als Lobbyisten registriert, stellen sie gegenwärtig die mächtigste und erfolgreichste Lobby dar. Bestes Beispiel für die heimliche Lobby im Staat sind somit die Banken und ihre immense „Staatsmacht“, die zu einer unterwanderten Demokratie führt.

Dominierender Berater und sogar Mitentscheider bei der ersten Bankenrettung 2008 war allerdings die (von Goldman unterwanderte) Deutsche Bank, damals vertreten durch ihren omnipräsenten Vorstandssprecher, Josef Ackermann. Der ging mit seinem Stab zu offiziellen und privaten Anlässen im Kanzleramt und bei Beratungen der europäischen Finanzminister ein und aus. Damals und auch für Merkels gegenwärtige Bundesregierung wurde aber zusätzlich Goldman Sachs zum wichtigsten Dauerberater in Sachen Eurokrise. Lobbyist Christoph Brand, als deutscher Vertreter von Goldman Sachs der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt, traf seit der Finanzkrise 48 Mal mit Vertretern der Bundesregierung zusammen. Allein der Staatsminister im Kanzleramt, Eckart von Klaeden, wurde von ihm 25 Mal beraten –mehr Macht kann sich ein Lobbyist kaum wünschen.

Christoph Brand: Goldman-Abzocke der Landesbanken

Brand ist promovierter Jurist und absolvierte von 1992 bis 1994 ein MBA an der Harvard Business School. Er war Bundesvorsitzender des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) und ist Mitglied der schlagenden Studentenverbindung Turnerschaft Gottingo-Normannia Göttingen. Mit Schmiss und Filz ging‘s dann zur Goldman-Gang. Der promovierte Jurist Brandt war seit 2010 Goldman-Partner, aber bereits seit 2008 als Chairman des deutschen Investmentbankings bei Goldman Sachs verantwortlich für das besonders dubiose Geschäft mit dem öffentlichen Sektor und den Landesbanken.

Der Rückzug aus der Goldman Sachs –Partnerschaft im Oktober 2014 ist im Fall Brands nicht gleichbedeutend mit einem Ausscheiden aus der Bank. Brand war weiterhin als Ratgeber für Goldman tätig. Wie der frühere EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing ist der 54-jährige Brand nun Teil des internationalen Ratgeberkreises von Goldman Sachs. Christoph Brand gilt als mächtiger Banker und bestens verfilzt mit Regierungskreisen und soll unter anderem bei der Aktientransaktion von Daimler an die KfW beratend tätig gewesen sein.

Seitenwechsler: Lobbyismus oder Korruption?

Goldman Sachs gilt laut Lobbypedia als Paradebeispiel für das Seitenwechsler-Phänomen: das Unternehmen hat zahlreiche ehemalige Entscheidungsträger als Berater angeworben, zugleich wechseln immer wieder Mitarbeiter in Regierungs- oder Aufsichtsposten:

  • Mario Draghi: ist seit dem 1. November 2011 Präsident der Europäischen Zentralbank. Draghi war davor, seit Januar 2006, Gouverneur der italienischen Zentralbank Banca d´Italia. Von 2002-2005 war Mario Draghi stellvertretender Vorsitzender und Managing Director von Goldman Sachs International.
  • Mario Monti, neuer Regierungschef Italiens, ehemaliger EU-Kommissar, wird als Berater von Goldman Sachs („Board of International Advisors“) in dessen Jahresbericht 2010 geführt
  • Romano Prodi, ehem. italienischer Ministerpräsident und EU-Kommissionspräsident, von 03/1990-05/1993 bei Goldman. Wenn Prodi kein öffentliches Amt bekleidet, arbeitet er als Berater für Goldman Sachs.
  • Philip D. Murphy Der ehemalige Goldman Sachs Senior Director wurde 2009 zum Botschafter der USA in Deutschland ernannt.
  • Robert Zoellick, ab 2007 Präsident der Weltbank, United States Trade Representative (2001-2005), Deputy Secretary of State (2005-2006). Zoellick in den 1990ern erst Goldman Sachs-Berater, später leitender Angestellter.
  • Henry Paulson, US-Finanzminister unter George W. Bush. In Paulsons Amtszeit fielen einige wichtigsten Banken-Rettungmaßnahmen der USA, ehemaliger Aufsichtratschef (CEO) von Goldman Sachs.
  • Peter Sutherland, bis 1989 EU-Kommissar (u. a. für Wettbewerb) und bis 1995 GATT-Generaldirektor, ist seit 1995 Vorstandsmitglied von Goldman Sachs International.

 

 

 

Goldman Sachs und die Kriminalgeschichte der Fed

Gerd R. Rueger DollarPyramid

An der Fed-Spitze wurde jüngst ein Gesicht ausgetauscht –für die deutschen Mainstream-Medien wäre dies Gelegenheit gewesen, endlich ihre Vernebelungs-Kampagnen in Sachen Finanzkrise zu beenden. Doch nichts dergleichen geschah. Nur „Arte“ klärte uns auf über die Fed und Goldman Sachs. Und über die deutsche Finanzmisere unter der ganz Europa leidet, nur die Banken nicht. Die Banken meinten Merkel, ARD & ZDF wohl, als sie uns einhämmerten: „Uns geht’s doch gold!“

An der Fed-Spitze wurde jüngst ein Gesicht ausgetauscht, immerhin gegen das einer Frau –ungewöhnlich im Abzocker-Gewerbe der Großbanken. Janet L. Yellen wird auch nichts anders machen als ihr Vorgänger. Für die deutschen Mainstream-Medien wäre dies aber die Gelegenheit gewesen, endlich ihre Lügen- und Vernebelungs-Kampagnen inPhoto of Vice Chair Janet L. Yellen Sachen Finanzkrise zu beenden und den Zuschauern die Wahrheit zu sagen. Doch nichts dergleichen geschah. Man log munter eine Mehrheit für Merkel herbei, mit dem Schönheitsfehler, dass mit FDP und AFD die Direktvertreter der Bankster nicht ins Parlament kamen. Was die da wollten? Finanzpolitik machen, aber die versteht ja keiner… Nur eine winzige Minderheit der Deutschen weiß etwa, wie die US-Finanzpolitik funktioniert, dabei ist die Sache bei weitem nicht so kompliziert, wie uns immer erzählt wird.

Die Kriminalgeschichte der Federal Reserve

Die US-Zentralbank Federal Reserve (kurz Fed) ist keine staatliche Bank, sondern ist seit ihrer geheimen Gründung 1910 (kodifiziert im Fed-Act von 1913) in den Händen der mächtigsten US-Banken –die ihrerseits traditionell mit europäischen Banken verknüpft sind (1). US-Regierung und US-Kongress gaben ihre Zustimmung 1913 nur deshalb, weil der Name nicht an eine Bank denken lässt (2), geschweige denn an ein Bankenkartell von J.P.Morgan, Rockefeller, Kuhn-Loeb-Rothschild und Warburg (3). Von Anfang an ging es den Finanzbossen darum, ihre Aktivitäten mit viel krimineller Energie zu vernebeln. Daran hat sich bis heute nichts geändert –nur ihre Macht über Wirtschaft, Medien und Politik in der westlichen Welt hat sich ins Kolossale gesteigert. Basis ist dabei, wie bei den meisten Wirtschaftsverbrechen, die gute alte Korruption.

Eine besondere Rolle spielt im heimlichen Treiben die Federal Reserve Bank of New York, denn sie ist  zuständig für das US-Finanzzentrum Wall Street, auch sie ist natürlich in den  Händen der US-Investmentbanken. Der erste Gouverneur der Fed-NY wurde 1914 Benjamin Strong, dessen Karriere unter der Fuchtel von Henry P. Davison (J.P.Morgan) ihn zunächst zum Sekretär der Bankers Trust Company NY machte, dann zum wichtigsten Fed-Banker (4). Die US-Wirtschaft wurde zu dieser Zeit zunehmend von der Morgan-Rockefeller-Gruppe dominiert, die mit der Fed das Geldsystem unter ihre Kontrolle bringen wollten.

Die Fed kann Dollars drucken soviel sie möchte und davon Anleihen des Staates USA kaufen oder den privaten Banken zinsgünstige Kredite geben. Sie stand  von 1987-2006 unter der Leitung von Alan Greenspan, der 1974 von US-Präsident Gerald Ford zum Vorsitzenden des Wirtschaftsrates Council  of Economic Advisers ernannt wurde. Greenspan, der nach neoliberaler  Ideologie Gewerkschaften und Mindestlöhne hasste, hat danach als Wirtschaftsberater von  US-Präsident Ronald Reagan zur Senkung der Unternehmens- und Einkommenssteuern sowie zur Ausplünderung der staatlichen Rentenkasse  (Social Security Trust Fund) beigetragen (5).

Von „Mr. Bubble Greenspan“ zu Timothy „Bailout-King“ Geithner

Greenspan, unter dessen Anleitung die Reagan folgenden US-Präsidenten Bush (Senior), Clinton und Bush (Junior) DollarPyramidPrison die Deregulierung  des Finanzsystems vorantrieben, weitete als Fed-Chef die Geldmenge durch Nullzins in historisch einmaliger Weise aus (6). Unter dem Vorwand, die Wirtschaft zu fördern, heizte Mr.Bubble damit die spekulative Aufblähung der privaten Kreditvergabe an. Nach seinem  Ausscheiden machte er 2007 einen Europa-Urlaub als Berater der Deutschen Bank und konnte nach dieser Schamfrist dann 2008 als Berater des Hedgefonds Paulson & Co. groß absahnen. Paulson & Co hatte in der von Greenspan  mit verursachten Finanzkrise Milliarden dadurch verdient, dass er  frühzeitig Wetten auf den Verfall der Immobilienpreise verkaufte.

Viele Finanzfirmen hatten gegen Subprime gewettet, während sie ihrer arglosen die Schrottpapiere noch fleißig andrehten. Insbesondere bei den deutschen Landesbanken, besteht der Verdacht, dass die meist aus dem Dunstkreisen der neoliberalen Parteien stammenden Staatsbank-Funktionäre hier mit beiden Händen das Geld der Steuerzahler bis in letzter Sekunde vor dem Lehman-Crash in den Krisenorkus schaufelten –nicht weil sie zu dumm, sondern weil sie korrupt waren. Eine deutsche Staatsanwaltschaft hat sich diese Frage freilich nie gestellt.

In der Finanzkrise 2008 rettete die  Fed New York unter Timothy Geithner, mit Umgehung der Börsenaufsicht, des Finanzministeriums und der Fed-Zentrale zum Beispiel den  Versicherungskonzern American International Group (AIG) mithilfe  staatlicher Milliardenbeträge, die anschließend an Deutsche Bank,  Goldman Sachs, Société Générale, Merrill Lynch und weitere AIG-Gläubiger  weitergereicht wurden. Die Banken hatten spekulative Kredite bei  AIG versichert, AIG konnte aber nicht zahlen. Geithner zog zahlreiche private Berater wie den größten Hedgefonds Blackrock hinzu. So wurde  Geithner zum »bailout king« (Banken-Rettungs-König), Im März 2008 hatte Geithner noch bei den Think tankern vom CFR über die Kreditrisiken schwadroniert, die US-Banken im Dollar-Blasen-Rausch „mit Leichtigkeit an liquiden Märkten streuen“ wollten (7).

Weniger schmeichelhaft sprach der Wiener Banker und Club of Rome-Mitglied Karl Vak 15 Jahre früher von dieser Praxis: Er warnte vor der Verlockung von betrügerischen Kreditgeschäften, die bei deregulierter Verbriefung ermöglichen würden, „das Risiko einem weitentfernten Investor“ umzuhängen. Aber statt dessen deregulierten Geithner, Goldman und der CFR-Lobbyismus munter weiter und zockten dabei Billionen ab. US-Präsident Barack Obama berief Timothy Geithner später zur Belohnung für seine Verdienste um die Bereicherung der Suprreichen zu seinem Finanzminister (9), Goldman Sachs wird gejubelt haben.

Goldman Sachs: Narrenfreiheit in deutschen Medien

Basis für die korrupte Politik sind in westlichen Demokratien die überwiegend korrupten Massenmedien, die einen Griechflag Nebelschirm an Lügen über Finanzmachenschaften und andere üble Aktivitäten der Machteliten breiten. Dabei gibt es in Europa gewisse nationale Differenzen: Goldman Sachs genießt in deutschen Medien absolute Narrenfreiheit –ganz anders in Frankreich, von wo aus über den interkulturellen Sender „Arte“ manch staunenswerte Doku den deutschen Michel erreicht. Blicken wir kurz zurück in den Sommer 2012, wo in deutschen Medien eine erbärmliche, fast schon rassistische Hetzkampagne gegen Griechenland und die „Pleite-Griechen“ (BILD) zelebriert wurde. Zweck war, Merkels asoziale, aber kapitalschonende Politik des Kaputtsparens zu rechtfertigen.

Die Rolle Goldmans wurde dabei von der vereinigten deutschen Journaille verbissen totgeschwiegen. Zum Beispiel die SZ (Süddeutsche Zeitung), eine ehemals liberale, heute neoliberale angebliche „Qualitätszeitung“, berieselt ihre altlinke Leserschaft mit pseudokritischer Berichterstattung, die aber eng an den Interessen der Macht- und Geldeliten orientiert bleibt. Die SZ-Schreiberlinge schafften es, in ihrem Wirtschaftsteil am 5.September 2012 eine komplette Seite mit belanglosen Berichten über Ex-Goldman-Manager und EZB-Boss Draghi, und sogar über die US-Fed zu füllen, ohne den Namen Goldman Sachs zu erwähnen.

Die SZ, die inzwischen sogar fand, Hartz-IV sei eine tolle Reform gewesen  und nicht zögerte, Unterschichtlern, die auf ihre Menschenrechte pochen, die Westerwelle-Phrase von der „spätrömischen Dekadenz“ entgegen zu schleudern, hatte aber viel Pech an diesem Tag. Just am Abend davor war auf Arte eine sehenswerte Doku gelaufen: „Goldman Sachs –Eine Bank regiert die Welt“, welche vielen SZ-Lesern wohl den Eindruck vermittelte, ein unkritisches Käseblatt für zurückgebliebene Hinterwäldler abonniert zu haben, so sie denn zu den 1%-Arte-Publikum gehörten. Draghis Vergangenheit bei Goldman wurde von „Arte“ skandalisiert und im Zusammenhang mit der wuchernden Filzokratie dieser führenden US-Bank dargestellt, die neben der EZB auch den Finanzsektor zahlreicher EU-Länder umfasst. In den deutschen Mainstream-Medien blieb diese Doku fast unbeachtet, nur einige Kabarettisten brachten launige Zitat-Schnipsel –selten so gelacht.

Finanzverbrechen-Vernebelung: Die Lügen gehen weiter

„Arte“ hat jüngst, im Herbst 2013, mit weiteren Dokus nachgelegt, die Goldmans treibende Rolle im Subprime-Megaschwindel belegen, der 2008 in der großen Finanzkrise kulminierte. Goldman-Konkurrent Lehman ging pleite, die deutschen Landesbanken wurden abgezockt, dank neoliberalen Politikern, die dort Staatsgelder Milliardenweise in US-Banktresore schaufelten, erfuhr der „Arte“-Zuschauer. Auch teutonischen Privatbanken ging es jedoch nicht viel besser, Aktien der Deutschen Bank brachen auf die Hälfte ein, die Nr.2 in Frankfurt, die Commerzbank, musste de facto verstaatlicht werden. Ein Pariser Kriminalpolizist, Spezialist für Wirtschaftsverbrechen, erklärte in der „Arte“-Doku weiter, wie in den USA die Politik seit den 70ern und 80ern unter Kuratel der Finanzbosse gerieten und scheute sich nicht, den Begriff einer Plutokratie zu verwenden.

Bei ARD und ZDF wird den Gebührenzahlern dagegen täglich frech ins Gesicht gelogen und die Version der Finanzhaie heruntergeleiert: Die Staatsschuldenkrise käme daher, dass „wir“ über unsere Verhältnisse gelebt hätten, vor allem die Griechen. Darum müssen jetzt alle Löhne und Sozialsysteme bluten, damit die Profite der Banken wieder sprudeln… und (Hurra, hurra!) es geht ja schon wieder aufwärts in Athen, dank Merkelscher Sparorgien am einfachen Volk. Kein ARD-Wort dazu, dass da nur neoliberale Strohfeuer abgebrannt werden, wie der Sale-and-lease-back-Betrug, der noch nie irgendwo funktioniert hat: Athen verscherbelt Immobilien, mietet sie teuer zurück und so für einen kleinen Propaganda-Moment etwas Geld in der Kasse, das natürlich morgen doppelt und dreifach fehlen wird. Der deutsche Kaufhaus-Multi Karstadt ging so pleite, wie auch die deutsche Kommune (10), aber in Athen soll das jetzt die große Lösung sein? Medientenor: Es geht jetzt langsam aufwärts.

Den Zuschauern von RTL und Prosat wird natürlich dieselbe Propaganda nur knapper und mit mehr Promi-Klatsch dazu serviert. Der deutsche Weg der Austerität, sprich: Spar-Terror, wird bejubelt, der angelsächsische Weg des Gelddruckens mit besorgtem Unterton bedacht –die Alternative einer Rettung der Sozialsysteme totgeschwiegen oder als sozialistische Utopie diffamiert. Mit Geld der für die Krise verantwortlichen Banken aus der Krise heraus zu kommen, wie es die Isländer erfolgreich praktizierten, erscheint dem deutschen Michel und seiner Micheline daher völlig unmöglich.

Die Fed wird auch unter ihrer neuen Chefin weiter Dollars drucken, Goldmans Draghi denselben Kurs in der EZB 5be84-merkel_dritte_welle etablieren und irgendwann muss unvermeidlich die nächste Inflation über Europa schwappen. Lebenshaltung wird verteuert ohne Lohnausgleich, Elend für die von den Medien verdummten Massen, mehr Profit und protzige Luxusgüter für eine parasitäre Ausbeuterelite. Die interessanteste Frage dabei: Wie lange werden unsere verlogenen Medien von ARD & RTL bis SZ, BILD und SPIEGEL den Leuten diese präzise Beschreibung der Gegenwart bzw. glaubwürdige Prognose der näheren Zukunft noch als „linksradikal“ oder „rückwärts gewandter Sozialismus“ verkaufen können? Man muss weder links noch Sozialist sein, um Menschenrechte und Demokratie einzufordern: Demokratie im Sinne einer Staatsführung, die nicht eine parasitären Geldelite, sondern die Mehrheit der Bevölkerung in ihren Interessen vertritt.

Quellen

(1) Warburg, Paul, The Federal Reserve System: Its Origin and Growth, New York 1930, S.58

(2) Galbraith, J.K., Money: Whence It Came, Where It Went, Boston 1975, S.122

(3) Griffin, G.E., Die Kreatur von Jekyll Island: Die US-Notenbank Federal Reserve, Rottenburg 2006, S.20

(4) Quigley, Carroll, Katastrophe und Hoffnung: Eine Geschichte der Welt in unserer Zeit, (Or. 1966) dt. Erstausgabe Basel 2007, S.218

(5) Rügemer, Werner, Ratingagenturen: Einblicke in die Kapitalmacht der Gegenwart, Bielefeld 2012, S.26

(6) Fleckenstein, W.A./Sheehan, F., Mr. Bubble: Wie Alan Greenspan die Welt in den Abgrund führte, Finanzbuch 2010, S.34ff

(7) Geithner, T., The Current Financial Challenges, Remarks at the Council on Foriegn Relations Corporate Conference 06.03.2008, zit. n. Köhler, W., Wall Street Panik: Banken außer Kontrolle, Mankau 2008, S.95

(8) Vak, Karl, Gefährliche Zukunft: Banken in der Informationsgesellschaft, S.50f

(9) Rügemer, Werner, Ratingagenturen: Einblicke in die Kapitalmacht der Gegenwart, Bielefeld 2012, S.26

(10) Rügemer, Werner, Privatisierung in Deutschland, in: Altvater, E., Privatisierung und Korruption: Zur Kriminologie von Globalisierung, Neoliberalismus und Finanzkrise, Hamburg 2009, S.55-67, S.60 ff.

Anonymous hackt: US-Notenbank, Goldman, Stratfor

Gerd R. Rueger 16.04.2013 anonymous gov hack

Anonymous-Hacker sind letzte Woche in das interne Netzwerk der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) eingedrungen. Die Fed bestätigte den Angriff, nachdem das Hacker-Netzwerk Anonymous beschuldigt worden war,  Informationen von mehr als 4.000 Mitarbeitern erbeutet zu haben: Kontaktinformationen und Zugangscodes der Notenbank-Mitarbeiter wurden veröffentlicht. Der Angriff ist offenbar Teil der Kampagne OpLastResort des Anonymous-Netzwerkes, mit der Hacker gegen die Hetzjagd auf den Internetaktivisten Aaron Swartz protestieren, der am 11.01.2013 nach inquisitorischer Verfolgung durch die US-Justiz einen Suizid verübt hatte. Zunächst hatte Anonymous an Wikileaks Daten über den privaten Geheimdienst Stratfor geleakt, die u.a. auch auf eine Kooperation mit der US-Bank Goldman Sachs hinwiesen. Goldman gilt als Spinne im Netz der Wallstreet-Finanzmacht, deren offiziöser Arm die Fed ist -mit der Macht über den Dollar (siehe unten).

Von Occupy Wallstreet zum Fed-Hack

Occupy Wall Street - ProtestplakatBereits die seit Jahren vom Online-Kollektiv Anonymous maßgeblich mit organisierten „Occupy Wall Street“-Proteste richteten sich gegen die Fed. Die Demonstranten wollten die Öffentlichkeit über Korruption, die Gier großer Unternehmen und den undemokratischen Einfluss des Finanz-Systems auf die US-Regierung informieren. Verbindungen zu den Bilderbergern lassen sich ebensowenig leugnen, wie der Verdacht einer Verwicklung in den derzeitigen Absturz der Goldpreise.

Eine Sprecherin der Federal Reserve wiegelte ab, dass die Informationen durch eine „temporäre Schwachstelle“ bei der Website eines Anbieters abgerufen werden konnten. Es seien keine kritischen Bereiche der Notenbank betroffen, die Lücke sei schnell wieder geschlossen worden und alle betroffenen Personen seien über den Angriff informiert -na dann kann es ja nicht so schlimm gewesen sein. Auf der angegriffenen Seite waren offenbar Kontaktinformationen vieler Mitarbeiter aufgelistet. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters sollen E-Mail-Adressen und Telefonnummern von den Hackern veröffentlicht worden sein. Eine Frage umgehen die Agenturen und Medien jedoch peinlichst: Wessen Daten sind hier von Anonymous gehackt und publiziert worden?

Bilderberger, Banker, think tanks

Es geht um Netzwerke von Finanzmafia und korrupter Politik, die sich zu einem plutokratischen Schattennetzwerk verknüpfen. Die wichtigen Banker, Politiker und Konzernchefs, die seit Ende des 2. Weltkriegs mit den Regulierungen und Reformen der Wirtschaft und der Banken (Bankenaufsicht, Kartellgesetze, Mitbestimmung, Arbeitsrecht, Mindestlöhne, Devisenkontrolle…) nicht einverstanden waren, haben sich frühzeitig in solchen Insiderzirkeln zusammengetan. Rund um die Fed und Goldman Sachs existiert ein Wallstreet-Konglomerat, dass sich unter Führung von Goldman inzwischen auch Macht und Einfluss in Europa sichert -und bei der Euro-Krise maßgelbich Fäden zog.

Ab 1954 trafen sich die Bilderberger, dann die Trilaterale, die um Rockefeller-Stiftungs-nahe think tanks wie den CFR (Councel on Foreign Relations) entstanden. In Deutschland ist z.B. noch die Atlantikbrücke zu nennen. Dort haben sie erstmal mehr oder weniger im Verborgenen sich selbst verständigt, neoliberale Ökonomen hinzugezogen, dann über Lobbyarbeit die Entwicklung eingeleitet, die zur immer hemmungsloseren Selbstbereicherung der Eliten und letztlich zur Krise geführt hat – wobei für sie das ja gar keine Krise ist, wie wir sehen, sondern eine zusätzliche Quelle der Selbstbereicherung, so Werner Rügemer auf gulli.com.

Hintergrund: Die Fed, mächtigste Bank der Welt

Die US-Zentralbank Federal Reserve (kurz Fed) ist keine staatliche Bank, DollarPyramidsondern ist seit ihrer geheimen Gründung 1910 (kodifiziert im Fed-Act von 1913) in den Händen der mächtigsten US-Banken, die mit europäischen Banken verknüpft sind (1). US-Regierung und US-Kongress gaben ihre Zustimmung auch deshalb, weil der Name nicht an eine Bank denken lässt (2), geschweige denn an ein Bankenkartell von J.P.Morgan, Rockefeller, Kuhn-Loeb-Rothschild und Warburg (3). Eine besondere Rolle spielt die Federal Reserve Bank of New York, denn sie  ist zuständig für das US-Finanzzentrum Wall Street, auch sie ist natürlich in den  Händen der US-Investmentbanken. Der erste Gouverneur der Fed-NY wurde 1914 Benjamin Strong, dessen Karriere unter der Fuchtel von Henry P. Davison (J.P.Morgan) ihn zunächst zum Sekretär der Bankers Trust Company NY machte, dann zum wichtigsten Fed-Banker (4). Die US-Wirtschaft wurde zu dieser Zeit zunehmend von der Morgan-Rockefeller-Gruppe dominiert, die mit der Fed das Geldsystem unter ihre Kontrolle bringen wollten.

Die Fed kann Dollars drucken soviel sie möchte und davon Anleihen des Staates USA kaufen oder den privaten Banken zinsgünstige Kredite geben. Sie stand  von 1987-2006 unter der Leitung von Alan Greenspan, der 1974 von US-Präsident Gerald Ford zum Vorsitzenden des Wirtschaftsrates Council  of Economic Advisers ernannt wurde. Greenspan, der nach neoliberaler  Ideologie Gewerkschaften und Mindestlöhne hasste, hat danach als Wirtschaftsberater von  US-Präsident Ronald Reagan zur Senkung der Unternehmens- und Einkommenssteuern sowie zur Ausplünderung der staatlichen Rentenkasse  (Social Security Trust Fund) beigetragen (5).

Von „Mr. Bubble Greenspan“ zu Timothy „Bailout-King“ Geithner

Greenspan, unter dessen Anleitung die Reagan folgenden US-Präsidenten Bush (Senior), Clinton und Bush (Junior) die Deregulierung  des Finanzsystems vorantrieben, weitete als Fed-Chef die Geldmenge durch Nullzins in historisch einmaliger Weise aus (6). Unter dem Vorwand, die Wirtschaft zu fördern, heizte Mr.Bubble damit die spekulative Aufblähung der privaten Kreditvergabe an. Nach seinem  Ausscheiden machte er 2007 einen Europa-Urlaub als Berater der Deutschen Bank und konnte nach dieser Schamfrist dann 2008 als Berater des Hedgefonds Paulson & Co. groß absahnen. Paulson & Co hatte in der von Greenspan  mit verursachten Finanzkrise Milliarden dadurch verdient, dass er  frühzeitig Wetten auf den Verfall der Immobilienpreise verkaufte. Viele Finanzfirmen hatten gegen Subprime gewettet, während sie ihrer arglosen die Schrottpapiere noch fleißig andrehten. Insbesondere bei den deutschen Landesbanken, besteht der Verdacht, dass die meist aus dem Dunstkreisen der neoliberalen Parteien stammenden Staatsbank-Funktionäre hier mit beiden Händen das Geld der Steuerzahler bis in letzter Sekunde vor dem Lehman-Crash in den Krisenorkus schaufelten –nicht weil sie zu dumm, sondern weil sie korrupt waren. Eine deutsche Staatsanwaltschaft hat sich diese Frage freilich nie gestellt.

In der Finanzkrise 2008 rettete die  Fed New York unter Timothy Geithner, mit Umgehung der Börsenaufsicht, des Finanzministeriums und der Fed-Zentrale zum Beispiel den  Versicherungskonzern American International Group (AIG) mithilfe  staatlicher Milliardenbeträge, die anschließend an Deutsche Bank,  Goldman Sachs, Société Générale, Merrill Lynch und weitere AIG-Gläubiger  weitergereicht wurden. Die Banken hatten spekulative Kredite bei  AIG versichert, AIG konnte aber nicht zahlen. Geithner zog zahlreiche private Berater wie den größten Hedgefonds Blackrock hinzu. So wurde  Geithner zum »bailout king« (Banken-Rettungs-König), Im März 2008 hatte Geithner noch bei den Think tankern vom CFR über die Kreditrisiken schwadroniert, die US-Banken im Dollar-Blasen-Rausch „mit Leichtigkeit an liquiden Märkten streuen“ wollten (7). Weniger schmeichelhaft sprach der Wiener Banker und Club of Rome-Mitglied Karl Vak 15 Jahre früher von dieser Praxis: Er warnte vor der Verlockung von betrügerischen Kreditgeschäften, die bei deregulierter Verbriefung ermöglichen würden, „das Risiko einem weitentfernten Investor“ umzuhängen. Aber statt dessen deregulierten Geithner, Goldman und der CFR-Lobbyismus munter weiter und zockten dabei Billionen ab. US-Präsident Barack Obama berief Timothy Geithner später zur Belohnung für seine Verdienste um die Bereicherung der Suprreichen zu seinem Finanzminister (9), Goldman Sachs wird gejubelt haben.

Finanzkorruptions-Experte Rügemer gab 2009 an, er könne noch nicht wirklich beurteilen, ob Obama mit seinen angekündigten Reformen etwa im Gesundheitssystem subjektiv weitergehen wollte als seine Wall Street Boys oder ob ihm die Grenzen, auf die er als gewählter Präsident stößt, auch etwa in Militär- und Sicherheitsfragen, von vornherein klar waren. Obama bewirke international an der Oberfläche einen gewissen Wandel des Politikstils -entscheidend sei aber natürlich das Ergebnis. Diese Einschätzung lag jedoch noch vor der Offenbarung des ungehemmten Drohnen-Terrors unter Obama.

Fußnoten/Quellen

(1) Warburg, Paul, The Federal Reserve System: Its Origin and Growth, New York 1930, S.58

(2) Galbraith, J.K., Money: Whence It Came, Where It Went, Boston 1975, S.122

(3) Griffin, G.E., Die Kreatur von Jekyll Island: Die US-Notenbank Federal Reserve, Rottenburg 2006, S.20

(4) Quigley, Carroll, Katastrophe und Hoffnung: Eine Geschichte der Welt in unserer Zeit, (Or. 1966) dt. Erstausgabe Basel 2007, S.218

(5) Rügemer, Werner, Ratingagenturen: Einblicke in die Kapitalmacht der Gegenwart, Bielefeld 2012, S.26

(6) Fleckenstein, W.A./Sheehan, F., Mr. Bubble: Wie Alan Greenspan die Welt in den Abgrund führte, Finanzbuch 2010, S.34ff

(7) Geithner, T., The Current Financial Challenges, Remarks at the Council on Foriegn Relations Corporate Conference 06.03.2008, zit. n. Köhler, W., Wall Street Panik: Banken außer Kontrolle, Mankau 2008, S.95

(8) Vak, Karl, Gefährliche Zukunft: Banken in der Informationsgesellschaft, S.50f

(9) Rügemer, Werner, Ratingagenturen: Einblicke in die Kapitalmacht der Gegenwart, Bielefeld 2012, S.26

Project-Kissinger

Cable vom 01.01.1976 zeigt den quasi-diplomatischen Status der Banker der (privatwirtschaftlichen) Fed: Mr.Burns Bodygard durfte seine Smith&Wesson durch die Zollkontrollen auf Jamaika bringen, nach Intervention von Kissingers Behörde.

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1. CHAIRMAN FEDERAL RESERVE BOARD, ARTHUR F. BURNS, ALTERNATE GOVERNOR TO THE IMF AND MRS. BURNS ARRIVE KINGSTON, JANUARY 6 ABOARD EAL 995 AT 1:26 P.M. PLEASE INFORM SHAPIRO AND ENSURE THAT THE BURNS‘ PARTY IS MET UPON ARRIVAL.

2. CHAIRMAN BURNS WILL BE ACCOMPANIED BY HIS PERSONAL SECURITY GUARD, U.S. MARSHALL ROBERT A FISAK. FISAK WILL BE CARRYING A SMITH AND WESSON, MODEL 60 HAND GUN, SERIAL NUMBER R26264, FRAME NUMBER 00562. PLEASE ARRANGE WITH JAMAICAN AUTHORITIES FOR ENTRY OF THISWEAPON. ROBINSON

LIMITED OFFICIAL USE

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Ungarn: Kulturkampf und EU-Kompromisse

Gerd R. Rueger 02.02.2013

Die Zensur der staatlich finanzierten Hochkultur Ungarns macht derzeit Schlagzeilen im deutschen Feuilleton. Orban wolle dumpf-nationalistische Töne durchsetzen, seine Regierung habe wohl ein Problem damit, dass Künstler sich zu ihrer Homosexualität bekennen usw.  ABER: Die Integration des Rechtspopulisten in die Brüsseler EU-Plutokratie kommt voran. Doch im Parlament wird von rechtsextremen Jobbiks, einer Abspaltung von Orbans Fidesz-Partei, offen Antisemitismus proklamiert und gegen Roma hetzt man ebenfalls weiterhin in Budapester Medien.

Orban und Barroso

„Es war ein sehr gutes Treffen!”, sagte Minister­prä­sident Viktor Orbán, nachdem er am Mittwoch dieser Woche bei  EU-Kommis­si­ons­präsident José Manuel Barroso  in Brüssel vorstellig wurde. Nach seinem Gespräch mit Orbán erklärte Barroso bei einer gemeinsamen Presse­konferenz, er habe versucht, den ungarischen Regierungschef davon zu überzeugen, dass ein Beitritt zur entstehenden EU-Bankenunion nötig sei.

Orban und EZB-Chef Trichet

Nach seinem Vortrag im Brüsseler Think-Tank „Bruegel-Institut“, sagte Orbán, dass er den Namen des neuen ungarischen Notenbank­prä­si­denten dem ungarischen Staatsoberhaupt János Áder erst einen Tag vor Ablauf der Frist vorschlagen werde, berichtete die Budapester Zeitung. Der Premier habe betont, dass er der Unabhängigkeit der Notenbank verpflichtet sei, es sei aber auch sinnvoll zu überprüfen, wie in anderen Ländern die Zusammenarbeit zwischen Noten­bank und Regierung funktioniere. Ob etwa das in den USA bewährte System, wo die Nationalbank (Federal Reserve) aktiv helfe, die wirtschaftlichen Ziele der Regierung zu erreichen, nicht besser sei als die EZB in Europa. Orbán habe gesagt, dass sich die Frage ganz Europa stellen müsse: Ist denn nun die absolute Unabhängigkeit der Notenbank der richtige Weg oder das amerikanische System? Leider fragt  Budapester Zeitung nicht, ob Orban bewusst ist, wer bei der Fed in den USA das Sagen hat: Goldman Sachs, J.P.Morgan und andere Großbanken -denen gehört die privatisierte US-Notenbank. Doch was ist mit den europäischen Vorbehalten gegen Orban geschehen?

EU-Justizkommissarin Reding bemängelte 2012, dass Orban das Renteneintrittsalter für Richter, Staatsanwälte und Notare in Ungarn von 70 auf 62 Jahre abgesenkt hat. Reding sieht darin eine unzulässige Altersdiskriminierung und kritisiert, dass im Jahr 2012 alleine schon 236 Richter früher in Pension gehen müssen, also zehn Prozent der ungarischen Richterschaft. Dies weckte den Verdacht, dass die Justiz damit politisch “gesäubert” werden sollte –von Orban-Kritikern nämlich. Die EU-Kommissarin beantragte ein Eilverfahren beim EU-Gerichtshof und forderte Ungarn auf, das strittige Gesetz bis zum Urteil nicht in Kraft zu setzen -und gewann gegen Orban. Die EU-Kommission betonte damals, dass Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz in Ungarn bestehen. Brüssel behält sich hier die Eröffnung eines weiteren Vertragsverletzungsverfahrens vor, weil fragwürdig scheint, dass Orbans neuer Präsident des von den Rechtspopulisten installierten neuen Justizamtes den Gerichten Fälle zuweisen darf; ferner darf er Richter ohne deren Zustimmung versetzen, sollten sie nicht wie von Orban geplant funktionieren. Ein Rechtsstaat sieht anders aus. Am rechten Rand der Medien war seinerzeit schon ein Aufatmen zu vernehmen, denn am wichtigsten nimmt man dort das Geld. Und Orbans Notenbankgesetz fand nach zähen Verhandlungen doch die Gnade Brüssels -die EZB hatte nur Einwände gegen eine Gehaltskürzung des Notenbankgouverneurs. Jetzt herrscht an dieser Front eitel Sonnenschein. Für die Menschen in Ungarn sind das keine guten Nachrichten.

Schon nach den umstrittenen Mediengesetzen sahen viele ein Horrorszenario für Europa, wenn es Viktor Orban langfristig gelänge, in Budapest eine Mediendiktatur zu installieren – nach Vorbild Berlusconis, nur schlimmer. Sie zeichnet sich bereits ab, und das auch noch ohne große Scheu vor Anleihen bei neofaschistischen Bewegungen. Vorbereitet wurde Orbans Machtübernahme auch durch militante Rechtsextreme, Skinheads und die schwarz uniformierte “Ungarische Garde” im Stil von Ferenc Szálasis Pfeilkreuzlern. In Straßenschlachten mit der Polizei übte sich das neoliberale Gegenmodell zum Sozialstaat für den individualisierten, eigenverantwortlich geführten Krieg des Homo Ökonomikus.

Vorbereitet wurde Orbans Ungarn durch die “postkommunistischen” Sozialisten der MSZE in Budapest, die der Rechtspopulist beerben konnte. Die Donausozialisten standen in der Tradition des New Labour von Blair und Schröder – quasi nach Balkan-Art aber letztlich nicht so unterschiedlich. Die hemmungslose Bereicherung einer Machtelite, die Sozialabbau und Lohndumping mit hoher PR-Kompetenz als “Notwendigkeit im scharfen Wind des internationalen Wettbewerbs” verkauft (vergleiche Agenda2010). Der Clou dabei: Weil die verantwortlichen Akteure angeblich Sozialdemokraten oder Sozialisten sind, kann man den Zorn über die Sparprogramme auf den “Sozialismus”, sprich den Sozialstaat umlenken. Am Ende greifen die solcher Medien-Bearbeitung ausgesetzten Menschen auf überkommenen Nationalismus zurück, fallen auf Hetze gegen Minderheiten herein – in Ungarn vor allem die Roma – und rufen nach einer starken, wenn nicht autokratischen Führungspersönlichkeit.

Hier kann keine Entwarnung gegeben werden. Ein jüngst in der Tageszeitung Magyar Hírlap erschienene Meinungsartikel des Publizisten Zsolt Bayer etwa hat die „Zigeunerfrage” wieder auf die rassistische Agenda gesetzt. In seinem skandalösen Kommentar hat Bayer Roma und Sinti grob denunziert: „Diese Zigeuner sind Tiere, und sie verhalten sich auch wie Tiere”. In Bayers Text sollte offenbar auch der Eindruck erweckt werden, dass ein Großteil der Roma Verbrecher sei -ein übliches Vorurteil, das nicht auf Ungarn beschränkt ist.

Der Rechtspopulist Orban profilierte sich gegenüber der MSZE als angebliches Bollwerk gegen den “wilden Kapitalismus” und überschlug sich mit sozialen Versprechungen, etwa einer 14. Monatsrente. Er spielte aber auch die nationale und die rassistische Karte gegen eine prekarisierte Roma-Minderheit und mit der erwähnten Einführung einer Auslands-Ungarn-Staatsbürgerschaft, die vor allem in der Slowakei Besorgnis auslöste. Seine Fidesz schluckte neben den Christdemokraten auch die rechtsextreme MIEP, die Orbans erste Regierung schon 1998-2002 im Parlament toleriert hatte.

Rechtsextremer Ableger des Fidesz wurde die 2004 von Studenten gegründete Jobbik-Bewegung, die sich auch aus der MIEP speiste. Nach den Budapester Unruhen 2006 gründete Jobbik 2007 die militante “Ungarische Garde”, die 2009 verboten wurde. Jobbik-Chef Vona legte trotz Verbots (auch gerade des Tragens der schwarzen Uniform wegen) am 14.5.2010 seinen Eid vor dem Parlament in der Uniformweste der Ungarischen Garde ab, die der Tracht der Pfeilkreuzler-Faschisten des mit Hitler verbündeten Horthy-Regimes nachempfunden ist. In dieser schwarzen Uniform marschierten die Neofaschisten bis zum Verbot auch durch Roma-Dörfer, um die ins Abseits gedrängte Minderheit zu terrorisieren und zu verhöhnen. Vom neoliberalen Marktglauben über heuchlerische Pseudo-Sozialisten bzw. -Sozialdemokraten führt so ein direkter Weg zu neorassistischen und neofaschistischen Bewegungen. Das wäre ein Horrorszenario für ganz Europa: Ungarn unter Orban als neorassistisches Modell für ganz Europa -als Plan B des Neoliberalismus, falls Demokratie nicht mehr im Sinne der Finanzeliten funktioniert. Also falls die plutokratisch-korrupten Politiker abgewählt würden, die heute Finanzmafia-Interessen gegen ihre von korrupten Medien getäuschten Wähler durchsetzen.