Vorkämpferin gegen Bilderberger-Weltordnung verstorben

Theodor Marloth und Daniela LobmuehBilderbergerClubLogo

Berlins bekannteste Kassiererin Barbara Emme ( 57) besser bekannt unter ihrem Kampf- und Tarnnamen Emmely, verstarb am 23. März 2015. Ihr größter Sieg: Eine Unrechtspraxis zu widerrufen, die sogenannte „Verdachtskündigung“ gegen Beschäftigte aufgrund von Bagatellen. Dieses ultimative Totschlagargument von Arbeitgebern gegen ihre Untergebenen ermöglichte Kündigung selbst mittels untergeschobener Büroklammern als angebliches Diebesgut. Wenn etwas Willkür und Ausbeutung decken kann, dann die Erpressung mit derartigen Maßnahmen. Gegen eine Weltordnung zu kämpfen, in der alle Macht vom Gelde ausgeht, war Emmelys Leben. Sie zeigte, wie es in der Praxis aussehen kann, die Pläne der Bilderberger zu durchkreuzen -hier und heute, denn die Ausbeutung kommt nicht erst mit TTIP, sie ist schon da.

Die Kinder von Barbara Emme, Judith, Jana und Katharina, teilten mit (Labournet):
Unsere Mutter, „Emmely“ Barbara Emme, bekannt als die Kassiererin von Kaiser’s ist plötzlich und unerwartet am Montag, den 16.03.2015 verstorben; ein Schock für die ganze Familie, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen und Unterstützer. Sie ist an Herzversagen friedlich im Bett eingeschlafen…”

Unter dem Namen Emmely zog sie gegen ihren Arbeitgeber Kaiser’s Tengelmann und die deutsche emmely_solidaritaet-macht-stark_foto-uwe-pohlitz-erfurtArbeitsgerichtsbarkeit zu Felde. Mit ihrem Anwalt Benno Hopmann und MitstreiterInnen ihres Berliner Solidaritätskomitees konnte sie das Bundesarbeitsgericht dazu zu bringen, eine Unrechtspraxis zu widerrufen, die seit 1958 Bestand hatte: Die Verdachtskündigung gegen Beschäftigte aufgrund von Bagatellen.

Im Kampf für Gerechtigkeit wurde Emmely in den Jahren von 2007 bis 2010 zu einem Symbol des Widerstands aller Arbeitenden in Deutschland, die am Arbeitsplatz entrechtet und schikaniert werden. Ausbeutung ist im Kapitalismus Chefsache und ihre Unterstützung durch Medienmanipulation und gewieften Lobbyismus im Bilderberger-Stil ebenso. Nichts hat das Ausbeuten so leicht gemacht wie die Drohung mit Entlassung in den Jobcenter-Terror des Hartz-IV-Regimes. Ein Medienkonzern zählte zu den Hauptdrahtziehern der „Agenda 2010“, auch bekannt als „Agenda Ausbeutung“ der rotgrünen Bundesregierung unter Medienkanzler Schröder (SPD).

Die Durchsetzung von Hartz IV wurde maßgeblich durch Lobbyisten des Medienkonzerns Bertelsmann vorbereitet und durchgesetzt. Der Grund dafür: Die Pläne für die „Reformen“ stammten aus der Bertelsmann-Konzernstiftung. Heute schieben Bertelsmann-Medien die Schuld für alles auf die SPD und ihren Altkanzler Schröder: Eine Strategie, um die Grünen, aber auch Union und FDP reinzuwaschen? Letztere hatten alle Verschärfungen bejubelt, wollten später aber nicht dabei gewesen sein. Emmely kämpfte gegen die üble Welle von Lohndrückerei, Ausbeutung und Entrechtung der Arbeitenden an. Mit großem Erfolg.

Der Fall Emmely schrieb Rechtsgeschichte

Wikipedia weiß: Der Fall Emmely war ein Arbeitsrechtsstreit um die fristlose Kündigung einer langjährig beschäftigten Kassiererin der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann, der 2009 bundesweit ein kontroverses Medienecho erregte und eine gesellschaftliche Diskussion zu Bagatellkündigungen hervorrief. Der Kassiererin, die in der Öffentlichkeit oft als Emmely bezeichnet wurde und mit bürgerlichem Namen Barbara Emme hieß, war vorgeworfen worden, zwei ihr nicht gehörende Flaschenpfandbons im Wert von 1,30 Euro eingelöst zu haben; ihr wurde fristlos gekündigt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt erklärte die Kündigung am 10. Juni 2010 für unverhältnismäßig und damit für unwirksam (Az. 2 AZR 541/09)

Hartz IV macht Ausbeutung erst richtig schön

Emmely arbeitete bereits in der DDR in jener HO-Filiale, die später zu Kaiser’s Tengelmann gehören sollte. Das Kaiser’s Management wollte sie nach 31 Jahren wegen zweier Pfandbons im Wert von 1,30 Euro feuern. Wir gehen bis heute davon aus, dass man ihr diese scheinbaren “Beweise” untergejubelt hat, weil sie sich gewerkschaftlich organisierte und an Streiks teilnahm. Weil Leute, die aus ihrem Holz geschnitzt waren, in der schönen neuen Arbeitswelt keinen Platz mehr haben sollten.
Doch Emmely konnte nach langem Kampf in ihre Filiale zurück kehren. In ihrem Stadtteil Hohenschönhausen blieb sie eine Größe. Die Presse berichtete noch im August 2014, dass sie an der Kasse mitunter Autogramme geben musste, nicht selten von Anwohnern um Rat und Beistand gefragt wurde.

2012 publizierte  Barbara Emme mit Benedikt Hopmann und Reinhold Niemerg das Buch “Emmely und die Folgen” (Inhaltsverzeichnis und ein Text von ihr als pdf). Im März 2014 wählten die Kaisers-Beschäftigten Emmely in den 33-köpfigen Berliner Betriebsrat der Kette.

Das Blog Arbeitsunrecht: Wir trauern um Emmely

 

Nachruf des Komitees “Solidarität mit Emmely” vom 26.3.2015
Solidarität mit dem Emmelys dieser Welt

Barbara Emme, auch bekannt als Emmely, ist in der Nacht von Montag auf Dienstag überraschend an Herzversagen gestorben, sie wurde 57 Jahre alt. Sie hat 1977 begonnen, bei der HO (Handelsorganisation) zu arbeiten, und war damit 38 Jahre im selben Arbeitsverhältnis im Einzelhandel tätig.
Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde sie durch den Kampf gegen ihre Kündigung. Die Kaiser’s-Tengelmann AG hatte ihr im Februar 2008 kurz nach dem Streik im Einzelhandel gekündigt, Emmely hatte für ihre Gewerkschaft ver.di die Streikliste in ihrer Filiale in Berlin-Hohenschönhausen geführt. Die Kaiser’s-Tengelmann AG kündigte , Emmely wegen des Verdachts, sie habe Pfandbons zu insgesamt 1,30 Euro, die ein Kunde im Laden verloren hatte, zu Unrecht eingelöst.
Ihre Gewerkschaft hatte ihr immer wieder geraten, eine Abfindung zu akzeptieren, aber Emmely ging trotz zwei verlorener Verfahren beim Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht in Berlin vor das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Alle drei Gerichte gingen davon aus, dass die Emmely die Pfandbons zu Unrecht eingelöst hatte. Emmely hat diesen Vorwurf immer abgestritten. Trotzdem gab das Bundesarbeitsgericht im Juni 2010 der Klage Emmelys gegen die Kündigung statt, indem es die Kündigung als unverhältnismäßig einstufte und Emmely erhielt ihren Arbeitsplatz zurück.
Für Emmely bedeutete der Kampf gegen die Kündigung einerseits viel Unterstützung durch die Öffentlichkeit, neue Bekanntschaften in ganz Deutschland und viele neue Erfahrungen, aber auch eine hohe nervliche Belastung: ständig wollte die Presse mit ihr sprechen, Juristen der Arbeitgeberseite bezeichneten sie als „notorische Lügnerin“, sie musste in eine kleinere Wohnung ziehen und der Ausgang des Verfahrens war ungewiß. Ihre Berühmtheit war ein hohes Risiko: Wer will schon eine engagierte Gewerkschafterin einstellen, die ihre Renitenz sogar in der Show von Johannes B. Kerner bekräftigt?
Es war beeindruckend, mit welcher Energie und welchem Trotz, die auch aus Stolz auf die von ihr geleistete Arbeit rührten, sich Emmely gegen die Anschuldigungen gegen sie und dem Verlust ihres Arbeitsplatzes gewehrt hat. Noch am selben Tag, an dem Sie ihren zweiten Prozess verloren hatte und unter Tränen zur Presse sprach, fuhr sie mit ihrem Anwalt, Benno Hopmann, nach Hamburg, um abends im Fernsehen aufzutreten. Niemand von den erfahrenen AktivistInnen, die sie unterstützt haben, hätte dazu den Mut aufgebracht. Wir haben ihr sogar abgeraten, doch Emmely hatte keine Scheu davor. „Jetzt erst recht.“ – dies war die Haltung, die sie ausgestrahlt hat.
Nach ihrem Erfolg vor dem Bundesarbeitsgericht erhielt Emmely erst einmal auch den Urlaub und den Lohn für mehr als 2 Jahre und konnte so an der Weltfrauenkonferenz in Venezuela im Jahr 2010 teilnehmen. An ihrem alten neuen Arbeitsplatz erhielt sie weiterhin viel Zuspruch von KundInnen und auch von MitarbeiterInnen, oft erhielt sie kleine Geschenke oder wurde nach Autogrammen gefragt. Sie blieb weiterhin politisch engagiert, hat regelmäßig ihren Bildungsurlaub bei einer von GewerkschafterInnen organisierten Reise nach Frankreich verbracht und lernte dort viele AktivistInnen kennen, die wie sie gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung kämpften. Im Einzelhandelsstreik 2013 hat Emmely sich an Aktionen beteiligt, bei denen Berliner Beschäftigte KollegInnen in Brandenburg mit der Blockade einer Supermarktfiliale unterstützt haben.
Bei den Betriebsratswahlen 2014 wurde sie bei Kaisers in den Betriebsrat gewählt. Wenige Monate später hat Kaisers Tengelmann das Aus für die Lebensmittelkette verkündet, die nun zwischen Edeka und Rewe aufgeteilt werden wird. Emmely klagte häufig über lange zehnstündige Schichten, die sie sehr erschöpft haben. Zuletzt hat Emmely sich in einem Bündnis von GewerkschafterInnen gegen das Tarifeinheitsgesetz engagiert. Ihr Bildungsurlaub in Frankreich im April dieses Jahres wurde nach langem Hin und Her mit dem Arbeitgeber genehmigt. Sie kann ihn nicht mehr antreten. Emmely hinterläßt drei Töchter. Wir werden sie nicht vergessen.
An Emmelys Fall wurden Bagatell- und Verdachtskündigungen breit diskutiert und kritisiert. In mehreren Städten der BRD fanden Veranstaltungen statt. Zahlreiche vergleichbare Fälle wurden in den Medien aufgegriffen. Emmelys Erfolg vor dem Bundesarbeitsgericht kam für alle erfahrenen Beobachter völlig überraschend. Unmittelbar danach gewannen mehrere gekündigte ArbeiterInnen ihre Bagatellkündigungen vor Arbeitsgerichten, die zuvor immer zu Gunsten der Arbeitgeber geurteilt hatten.
ArbeitsrechtlerInnen beobachteten danach einen Rückgang von Bagatellkündigungen, aber auch eine Anpassung der Arbeitgeber: Die Zunahme von Abmahnungen auf Vorrat und die Hortung von abgelaufenen Abmahnungen in Parallelakten, um ArbeiterInnen weiterhin prozessfest kündigen zu können.
Nach unserem gegenwärtigen Wissenstand möchte die Familie eine Beerdigung im kleinen Kreis ohne öffentliche Aufmerksamkeit.
Aus dem Komitee “Solidarität mit Emmely”: Jörg, Willi, Gregor