Der Neoliberalismus hat seine Helden -die Banker. Doch hinter ihnen steht ein Heer von Beratern, die ihre Ideologien und Strategien verbreiten. In der Öffentlichkeit wie in Hinterzimmern der Politik -oft gegen unverschämtes Honorar, natürlich zu begleichen vom Steuerzahler. Prof. Frederic Mishkin ist so ein Exemplar. Wie auch Madrid und Athen wurde Island eines ihrer Opfer, doch die Skandinavier kamen besser aus der Krise, auch dank Aufklärung durch Wikileaks.
Mishkin ist Wirtschaftsprofessor an der renommierten Columbia Business School. Vor der Finanzkrise war er zugleich Vorstandsmitglied der US-Notenbank Fed (Federal Reserve System), so DWN: Als Mitglied der Fed hätte er eigentlich rechtzeitig von einer nahenden Krise wissen sollen. Er unternahm nichts, schrieb aber 2006 ein Gutachten im Auftrag der isländischen Handelskammer. Doch von Krisengefahren war darin ebensowenig die Rede, wie vom Irrweg einer als Pyramidensystem auf Basis von faulen Subprime-Papieren organisierten Finanzhype. Politik-Berater Mishkin erhielt für sein Gutachten nach Angaben von DWN stattliche 124.000,- Dollar. Islands Politiker aber machten damals munter weiter mit ihrer Steueroasen-Bonanza und ihre Ökonomie brach kurz darauf unter der Schuldenlast zusammen, dann die Regierung unter den Protesten -ausgelöst auch durch Wikileaks.
Wikileaks gegen die Finanzmafia
Wikileaks hatte das getan, wobei alle Mainstream-Medien weltweit versagt hatten: Es hatte die Isländer punktgenau über die skandalöse Ausbeuterei der Bankster informiert. Julian Assange sollte noch juristischer Medienzensur unterworfen werden, aber man sendete die URL wikileaks.org und die Isländer wussten, was Sache war. Für Julian Assange war die Jagd auf kriminelle Banker schon Routine, denn Wikileaks hatte seine ersten Sporen an einer anderen Steueroase verdient: Den Caymans, wo die gewaltige Privatbank J.Baer ihre Schwarzgelder wusch.
In der Schweiz hatte sich J.Baer der Strafverfolgung unter Berufung auf das Bankgeheimnis entzogen. Dann erschienen die Dokumente, auf welche der Staatsanwaltschaft der Zugriff juristisch untersagt war, auf der Whistleblower-Plattform WikiLeaks. Ein kriminelles System aus Untergesellschaften und Finanztransaktionen sorgte dafür, dass das Schwarzgeld auf den Cayman Islands gut versteckt war. Julius Baer verwaltet ein Kundenvermögen von ca. 400 Milliarden Schweizer Franken, gut zehn Prozent des in der Schweiz gelagerten Kapitals (siehe Bloodmoney und Bankgeheimnis).
Islands Bankster geleakt
Am 9. Oktober 2008 stellte die Kaupthing Bank alle Auszahlungen an ihre Kunden sowie die Liquiditätsversorgung für ihre Niederlassungen im Ausland ein und wurde auf der Grundlage des wenige Tage zuvor erlassenen Notstandsgesetzes unter staatliche Kontrolle gestellt. Kaupthing war zusammen mit den beiden anderen führenden Banken Glitnir und Landsbanki zahlungsunfähig und konnten nur durch Verstaatlichung gerettet werden, die aufgelaufenen Schulden betrugen das Zehnfache der jährlichen Wirtschaftsleistung Islands. Wikileaks leakte eine Liste von Leuten, denen die Pleitebanlen noch schnell Geld aus der Kasse zugeschanzt hatten: Die Namen, die auf der Liste genannt wurden, ließen den gerechten Zorn der Isländer hochkochen. Die größten Schuldner der Bank waren gleichzeitig Aktionäre, also die Eigentümer der Bank –die sich von der Bank gleichzeitig 1,4 Milliarden Euro geliehen hatten. (Der Kaupthing-Leak 2009)

Island
Island zog radikale Konsequenzen. Eine davon war, die Banken auf ein vernünftiges Maß zurück zu stutzen. Der jetzige isländische Präsident rief kürzlich den Europäern zu: “Lasst eure Banken pleitegehen, sie sind keine heiligen Kirchen.” Den gleichen Rat gab auch der Berater-Kritiker und Experte für Finanz-Korruption Werner Rügemer.
Für Finanzprofessor Mishkin gab es jedoch keine Konsequenzen -auch er selbst zeigte sich kaum geläutert von dem Unsinn, den er vorher verzapft hatte. In der Liste der Institutionen, die Mishkin berät, finden sich alle großen Banken der Welt und Reden hielt Mishkin u.a. bei der UBS, Goldman Sachs, Barclays und bei der Deutschen Bank.
Island: Datenoase statt Geldwäscherei
Und was geschieht, wenn eine Whistleblower-Plattform in einem Land wirklich Furore macht? Das Land verändert sich –so geschehen in Island. Nicht nur wurden nach den finanzpolitischen und finanzkriminellen Verwerfungen, die WikiLeaks im Kaupthing-Leak enthüllte, völlig neue Parteien und Politiker an die Macht gebracht, es wurden auch Bedürfnisse nach einem neuen Umgang mit Medien, Transparenz und Information deutlich.
Gemeinsam mit WikiLeaks will die Icelandic Modern Media Initiative (IMMI) das fortschrittlichste Pressegesetz der Welt umsetzen. Die Initiative von Abgeordneten aller im isländischen Parlament vertretenen Parteien hatte am 16.02.2010 eine Resolution eingebracht. Die Vorschläge der IMMI wurden mit großer Mehrheit angenommen und die Erarbeitung einer Gesetzesvorlage begann.
Die IMMI-Sprecherin und Abgeordnete Birgitta Jónsdóttir gehörte zu den engsten Mitstreitern von Julian Assange und erlangte eine große Bekanntheit in den Medien -heute orientiert sie sich in Richtung der internationalen Piraten-Bewegung, die unsere Journaille sich gerade bemüht für tot zu erklären.