Spiegel schützt Lobbyisten Elmar Brok in „Kasachen-Affäre“

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Elmar Brok (Bertelsmann, CDU)

Daniela Lobmueh

In der Affäre um heimliche PR für den kasachischen Diktator Nasarbajew stellt sich das Bertelsmann-Blatt schützend vor den Bertelsmann-Lobbyisten Elmar Brok (CDU). Weniger nett ging der „Spiegel“ mit Bertelsmanns „Ex-Medien-Kanzler“ Gerhard Schröder um: Er wird per Fahndungsplakat auf der Titelseite als Krimineller hingestellt. Rache für sein „Überlaufen“ nach Moskau?

Der eine arbeitet weiter brav für Bertelsmann, ob in Brüssel, in der ARD-Tagesschau oder beim Bertelsmann-Sender n-tv: Elmar Brok. Der andere ging lieber zu Gazprom, nachdem man ihn zugunsten von Angela Merkel abserviert hatte. Beide sind in die PR-Kampagne eines Diktators verstrickt: Des kasachischen Dauer-Präsidenten Nursultan Nasarbajew. Dieser ließ seinen politischen Widersacher Alijew im EU-Exil verfolgen und brachte ihn Anfang dieses Jahres in Wien zur Strecke: „Selbstmord“ in Untersuchungshaft. Elmar Brok war in die Verhaftung Alijews verstrickt.

Seit der friedlichen Auflösung der Sowjetunion 1991 regiert Präsident Nursultan Nasarbajew die “Republik” Kasachstan autoritär, man spricht von Wahlfälschung und Korruption, Oppositionelle werden inhaftiert und kritische Zeitungen verboten. In all das dürfte Ex-Geheimdienstler Alijew, der sich als Staatsfeind Nr.1 von Astana verfolgt glaubte, tief verwickelt gewesen sein. Alijew war Hauptaktionär einer der größten Banken der Kleptokratie Kasachstan: Der Nurbank, bei der  2007 zwei Bankmanager verschwunden waren. Damals forderte die kasachische Justiz von Wien (Alijew war dort Botschafter Kasachstans) die Auslieferung des Hauptaktionärs wegen des Verdachts der Entführung. Alijew wehrte sich vor einem Wiener Gericht gegen seine Auslieferung. Wien wollte abschieben,  aber das Gericht hatte erhebliche Zweifel daran, ob Alijew in Kasachstan ein fairer Prozess gemacht werden würde.

Der Kasache mit der schillernden Vergangenheit floh später aus Wien in den EU-Staat Malta, wo er sich dank seiner neuen Ehefrau, einer eingebürgerten Österreicherin, als EU-Bürger aufhalten durfte. Aber 2014 machte er einen Fehler und kehrte nach Österreich zurück, um sich der kasachischen Mordanklage zu stellen. Nicht freiwillig: Wien hatte ihm in Malta, wo Alijew sich ohnehin durch seine Ex-Untergebenen vom Kasachischen Geheimdienst verfolgt fühlte, die Papiere entziehen lassen. Seiner durchaus nicht unglaubwürdigen Version zufolge waren die Mordvorwürfe Astanas konstruiert. Sie könnten sehr wohl politisch motiviert sein, weil Präsident Nasarbajew in Alijew einen potentiellen Usurpator auf dem Diktatorensessel sah, der beseitigt werden sollte. Zu Bedenken sind auch die Verwicklungen Alijews in das Große Spiel um Geopolitik und Energiereserven: Kasachstan ist ein wichtiges Land. Auch Bertelsmann interessiert sich sehr für Geopolitik und auch Bertelsmann beschäftigt Lobbyisten.

Lobbyismus, Korruption und PR für Diktatoren

Nicht, dass es etwas Besonderes wäre, wenn Politiker ihren, ihnen von den Wählern treuhänderisch überlassenen Einfluss hinterrücks zu Geld machen. Elmar Brok tut dies seit über 30 Jahren, kassierte für angebliche Tätigkeit als Top-Manager für irgendwas mit Medien ein Top-Gehalt von Bertelsmann -neben seinen üppigen Diäten in Brüssel. Und Bertelsmann-Boss Mohn ist ebenso wenig demokratisch gewählt worden wie Diktator Nasarbajew und besetzte Führungspositionen und Pfründe ebenso mit seinen Clanmitgliedern und Amigos wie der Kasache.

Doch setzte der „Spiegel“ nur Schröder auf ein fingiertes Fahndungsplakat und dieses auf seine Titelseite, obwohl eher Brok als Schröder eine Schlüsselrolle in den Plänen Nasarbajews gespielt zu haben scheint. Auf Elmar Broks Intervention hin wurde Alijew, der Widersacher des Diktators Nasarbajew, in Wien verhaftet. Er starb kurz darauf in Haft unter merkwürdigen Umständen, offiziell war es Selbstmord. Der „Spiegel“ behauptet, Brok wäre dazu erst von Ex-DDR-Regierungschef Lothar de Maiziere (CDU) angestiftet worden:

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Femen protestierte gegen Bordellbesuche Elmar Broks

Elmar Brok, CDU, Europaabgeordneter. Der EU-Parlamentarier forderte die österreichische Regierung auf, scharf gegen Alijew vorzugehen. In die Spur gesetzt wurde er von Lothar de Maiziere.Spiegel Nr.25, 13.6.2015, S.26

Für diese letzte Behauptung liefert das Bertelsmann-Blatt jedoch keine Beweise und stellt sich somit mit seiner eigenen journalistischen Reputation schützend vor den (als solchen wie üblich nicht kenntlich gemachten) Bertelsmann-Lobbyisten Brok. Dafür wird weitschweifig eine Hintergrundanalyse einer PR-Kampagne Nasarbajews vorgelegt, die sein und das Ansehen Kasachstans in der EU verbessern sowie scheinbar zugleich den Nasarbajew verhassten Alijew in seinem europäischen Asyl jagen sollte.

Das „Independent International Advisory Council“

Dafür organisierte der Wiener Anwalt Gabriel Lansky mit Geld aus Astana einen „Berater-Kreis“ unter dem Namen „Independent International Advisory Council“ (IIAC), dem Ex-Staatschefs und Top-Politiker angehörten: Neben Gerhard Schröder auch Ex-Kurzzeit-Bundespräsident Horst Köhler, Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, Romano Prodi, Aleksander Kwasniewski, Marcelino Oreja; als „Team Operation“ sollen weitere EU-Mächtige noch tiefer verstrickt sein: Peter Gauweiler, Otto Schily, Max-Peter Ratzel (Europol-Exchef), Jürgen Kapplinghaus (EU-Justiz) -sie alle sollen im Auftrag Nasarbajews dessen Feind Alijew gejagt haben. Nur vergisst der „Spiegel“ in dieser Darstellung die Schlüsselrolle Elmar Broks bei Alijews Inhaftierung genauer zu betrachten.

Alijew war als Schwiegersohn Nasarbajwes in Ungnade gefallen. Er hatte am Hofe eines kleptokratischen Regimes wohl getan, was ein Clanmitglied dort eben tut: Sich kriminell bereichert und intrigiert, letzteres aber etwas zu ehrgeizig, so dass der Diktator sich von vorzeitiger Absetzung bedroht fühlte. Der „Spiegel“ meidet beim Ausschlachten dieser Story jeden Bezug zum reichen Clan der Mohns, zu deren Imperium er selbst ebenso gehört wie auch Lobbyist Brok. Indem er Brok in Unschuld wäscht und jeden Verdacht von ihm weg auf andere lenkt, exkulpiert sich die Redaktion des Blattes letztlich auch selbst. In seiner neuesten Ausgabe spinnt das Blatt die Story auf kleiner Flamme weiter, gegen Schröder und Schily, jagt einer 411-Honorarnote nach und empört sich über zwei Seiten, dass sich der Ex-Medienkanzler offenbar Mühe gab, seine Verstrickungen geheim zu halten. Eigentlich genauso, wie der „Spiegel“ sich Mühe gibt, Elmar Broks Verstrickungen mit Bertelsmann geheim zu halten.

Der „Spiegel“ verglich in seiner letzte Woche breit ausgewalzten Phillipika gegen Schröder & Co. den Clanchef Nasarbajew mit dem „klebrigen Kleberfabrikanten“ Haffenloher aus „Kir Royal“, der alle schmiert und sich Einfluss kauft. Den Bertelsmann-Journalisten ist dabei völlig entgangen, dass dieser Vergleich viel besser auf ihren eigenen Herrn und Meister, den Clanchef Reinhard Mohn von Bertelsmann gepasst hätte bzw. auf ihre neue Herrin und Meisterin, die Konzernerbin Liz Mohn.

Anscheinend können sie auch darauf vertrauen, dass ihre schlecht informierten Leser ebenso wenig auf diese Parallele kommen. Zu dicht ist das klebrige Netz von Bertelsmann gespannt, von üppigen Kaviar-Empfängen im Bertelsmann-Prachtbau in Berlin unter den Linden, über RTL-, n-tv, „Stern“- und „Spiegel“-Berichterstattung bis hin zu bald wöchentlich auf allen Medienkanälen inklusive ARD-Tagesschau präsentierten neuesten „Studie“ der Bertelsmann-Stiftung.

Feigheit vor dem Freund: Wirtschaftspresse verrät ihre Anzeigenkunden

Gilbert Perry und Daniela Lobmueh ObamaTheKing

Noch im Herbst 2014 gab es von der deutschen Wirtschaft lautstarken Widerstand gegen den US-Kurs im Ukraine-Konflikt. Heute herrscht feiges Schweigen im Walde, obwohl z.B. Southstream nun von den Türken gebaut wird. Aber wirtschaftsnahe Blätter wie WELT und FAZ trompeten Obamas Parolen und kehren sich nicht um die Nöte der Firmen, die sie seit Jahrzehnten mit Anzeigen alimentieren. Ob deutsche Unternehmen sich diese Feigheit vor dem Freund unendlich lange bieten lassen? Eine Analyse.

Noch im Herbst 2014 hörte man vor allem von Seiten der deutschen Wirtschaft lautstarken Widerstand gegen die geopolitische Wende im Ukraine-Konflikt. Die deutsche Wirtschaft nebst ihr nahestehender Öffentlichkeit hatten sich im Herbst 2014 heftig gegen die immer aggressiver werdende Sanktionspolitik seitens der amerikanischen Außenpolitik zur Wehr gesetzt. Wirtschaftsblätter und Verbandsfunktionäre hatten darauf verwiesen, wie tief bei der Fortsetzung einer solchen Politik der Schnitt ins eigene Fleisch gehen würde. Heute herrscht feiges Schweigen im Walde, die Mainstream-Edelfedern wissen nichts von US-Fracking-Geschäften als Hintergrund der Ukraine-Krise.

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Russische Raketen -nur Aggression? Oder nicht doch notwendige Verteidigung gegen Nato und USA?

Die Mainstream-Medien trommeln stupide ihre Anti-Putin-Propaganda, stempeln Russland zum Aggressor, auch wenn etwa seine Isklander-Raketen, die an der Westgrenze in Kaliningrad stationiert werden, auch als defensive Reaktion auf das dauernde Säbelrasseln von Nato und USA rund um Russlands Staatsgebiet gesehen werden könnte. Auch wirtschaftsnahe Blätter wie WELT und FAZ trompeten Obamas Parolen und kehren sich nicht um die Nöte der Firmen, die sie seit Jahrzehnten mit fetten Anzeigen alimentieren. Eingeknickt wie abgebrannte Streichhölzer kriecht die rechte Journaille vor Washington und verrät täglich die Hand die sie füttert, wenn sie ihre Propaganda gegen Putin macht. Sind deutsche Firmen selbst schuld an 20 Milliarden Einbußen im Ostgeschäft? Sie hätten ja mutige Blätter belohnen können, die nicht ganz so flott vor Obama auf den Teppich fielen, etwa das Handelsblatt. Der US-Bellizismus triumphiert: Russland orientiert sich nach Fernost.

Obama sanktioniert, Europa zahlt

Obama erklärt Sanktionen gegen Russland, steht innenpolitisch als harter Kerl und strahlender Held da, ObamaKarikaturaber zahlen soll die EU. Die Schäden sind für viele europäische und vor allem deutsche Unternehmen beträchtlich. So kann die US-Wirtschaft sich stolz an der lästigen Konkurrenz aus Berlin vorbeimogeln. Negativ betroffen sind Unternehmen mit einem traditionell starken Interesse in Russland und in der Ukraine (also Stahl, Röhren, Maschinen-, Anlagen- und Fahrzeugbau und Energie), aber auch die Konsumgüterindustrie, der Handel, die Logistik sowie Finanzinstitute und diverse Dienstleister.

Die Verbände der deutschen Wirtschaft, vor allem der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft beim BDI und der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) haben wiederholt und eindringlich vor den unübersehbaren Folgewirkungen einer verschärften Sanktionspolitik gewarnt. 6300 deutsche Unternehmen wären direkt betroffen. Sie hätten in Russland und in der Ukraine mehr als 23 Milliarden Euro investiert. Mit 250.000 Mitarbeitern würden sie dort 80 Milliarden Umsatz machen. Es wären nicht nur die schon jetzt spürbaren Umsatz- und Gewinneinbußen, die schmerzhaft wären, sondern auch die Folgeerscheinungen von  in Zukunft verlorenen Märkten. Derweil manipuliert die US-Zentralbank, also die private „Federal Reserve“, betrieben von Goldman Sachs und anderen Wallstreet-Banken, munter den Goldpreis gegen Putin und sahnt nebenbei gut ab.

Southstream von Sanktionen auf Eis gelegt -Ankara freut sich

Bestes Beispiel für die Auswirkungen der Sanktionen ist das Pipeline-Projekt „Southstream“, das im Beim Treffen in Ankara wurde die Route einer neuen Gaspipeline aus Russland in Richtung Türkei festgelegtJanuar 2015 von Gazprom erst einmal auf Eis gelegt wurde. Wie die „Northstream“ in der Ostsee sollte im südlichen Europa eine 2400 Kilometer lange Pipeline gebaut werden, in der russisches Erdgas unter Umgehung der Ukraine durch das Schwarze Meer über Bulgarien, Serbien und Ungarn nach Österreich und weiter nach Westeuropa strömen sollte. Mit Kosten zwischen 19 und 24 Milliarden Euro war „Southstream“ eines der größten Energieprojekte der Welt, an dem viele EU-Unternehmen, vor allem deutsche und österreichische, an Projektierung, Finanzierung und Bauausführung beteiligt werden sollten. Wintershall, eine BASF-Tochter, mit 15 Prozent an der Gesellschaft für den Bau des Offshore-Teils beteiligt, wollte 1,5 Milliarden Euro investieren. Siemens sollte unter anderem die Kompressor-Stationen sowie Automatisierungs- und Telekommunikations-Systeme liefern.

Merkel fragt Obama: Wie kommen wir jetzt an das russische Öl?

Was? Die Türken kriegen unser Öl?

In Ankara fand am 27.Januar 2015 ein Arbeitstreffen zwischen dem Vorstandsvorsitzenden der ОАО Gazprom Alexey Miller und dem Minister für Energie und Naturressourcen der Republik Türkei Taner Yildiz statt. Die Parteien diskutierten Schlüsselfragen des Baus einer neuen Gaspipeline aus Russland in Richtung Türkei auf dem Boden des Schwarzen Meeres. Die Jahreskapazität der vier Stränge der Pipeline wird 63 Milliarden Kubikmeter Gas betragen. Die Pipeline soll 660 Kilometer im ursprünglichen Korridor des South Stream Projekts verlaufen und 250 Kilometer in einem neuen Korridor zum europäischen Teil der Türkei hin.

Die Türkei ist nach Deutschland der zweitgrößte Absatzmarkt der Gazprom. 2014 exportierte die Gazprom 27,4 Milliarden Kubikmeter Gas in die Türkei. Gegenwärtig wird russisches Gas in die Türkei durch die Blue Stream Pipeline und die Trans-Balkan Pipeline geliefert. Am 1. Dezember 2014 unterzeichneten die ОАО Gazprom und die türkische Gesellschaft Botas Petroleum Pipeline Corporation ein Memorandum of Understanding für den Bau einer Seepipeline durch das Schwarze Meer in Richtung Türkei. Die Pipeline wird eine Kapazität von 63 Milliarden Erdgas haben, von denen rund 50 Milliarden Kubikmeter an einen neuen Gas Hub an der türkisch-griechischen Grenze geliefert werden sollen. Für den Bau der Erdgasleitung ist die Gesellschaft Gazprom Russkaya zuständig -deutsche Firmen gucken dumm in ihre unverkaufte Röhre.

Langfristige Folgen befürchtet: China lachender Dritter

Doch nicht nur die Türken freuen sich über Obamas Sanktionitis und die deutsche Feigheit vor dem Freund. Der Chefanalyst der Bremer Landesbank und regelmäßige Kommentator auf Cashkurs, Folker Hellmeyer, hat wiederholt die Sanktionspolitik kritisiert. Der Banker formulierte seine Bedenken im Juli 2014 so: „Das Markenzeichen Deutschlands, geprägt von Zuverlässigkeit, Qualität und schnellem Service, verliert hinsichtlich der drohenden Wirtschaftssanktionen seinen Glanz. Der Blick Moskaus geht gen Osten. Südkorea, Japan und allen voran China erfreuen sich eines verstärkten Interesses bei russischen Auftraggebern. Die Werbung in diesen Ländern stellt explizit auf sanktionsfreie Lieferungen ab… Deutsche Unternehmen (berichten), dass russische Gesprächspartner die deutschen Unternehmen nicht mehr als zuverlässige Geschäftspartner ansehen. Bereits die Diskussion über Sanktionen führe dazu, dass sich langjährige Geschäftspartner abwenden.“

Die Kritik an dem neuen Trend der deutschen Außenpolitik formulierte der Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft in einer großen „Gemeinsamen Erklärung“ des BDI, Petersburger Dialog, Deutsch-Russisches Forum und Deutsch-Ukrainisches Forum noch am 7. März 2014: „Deeskalation auf allen Seiten ist bei allen laufenden und bevorstehenden Verhandlungen das Gebot der Stunde für die Beteiligten. Dazu gehört auch, dass konfliktsteigernde militärpolitische wie wirtschaftliche Maßnahmen von allen Seiten zurückgestellt werden und konfliktreduzierende Maßnahmen … absolute Priorität haben. … Der Dialog auf möglichst vielen Ebenen ist in dieser Stunde der Krise der einzige Weg, den vielfältigen Interessen an den europäisch-russischen Beziehungen gerecht zu werden.“

Gabor Steingart

Gabor Steingart, Handelsblatt

Besonders lautstark donnerte Talkshow-Darling Gabor Steingart, Leitartikler und Herausgeber des Handelsblatts warf sich für seine Anzeigenkunden in die Brust. Anders als viele feige Kollegen, die längst vor den Bilderberger-Gleichschaltern auf die Knie gegangen waren, zog er in seiner Kritik gegenüber dem den USA alle Register. Es müsse darum gehen, „der bisherigen Debatte den Schaum abzuwischen, den Scharfmachern und Scharfgemachten die Worte aus dem Mund zu nehmen und ihnen neue Vokabeln auf die Zunge zu legen.“ Realismus wäre gefordert. Die deutsche Politik täte gut daran, sich an die Politik der Verständigung und des Interessenausgleichs von Willy Brandt und Egon Bahr zu erinnern. In seinem Essay „The West on the wrong path“, der auf Deutsch, Englisch (auch auf ZeroHedge) und sogar Russisch (!) verbreitet wurde: „Der Irrweg des Westens“ (Ложный путь Запада, in der Russlandbeilage des Handelsblattes vom 08.08.14. Da wollte einer gut Wetter nach Osten machen. Aber nun ist auch diese letzte Trompete einer deutsch-egoistischen Wirtschaftspresse verstummt. Die Pfeifen von FAZ und WELT hatten schon lange ihre Klientel verraten und mit vollen Hosen aus vollen Rohren gegen Putin geschossen.

Nur Rüstungsindustrie verdient am Krieg

Zwischen FAZ und Handelsblatt kam es sogar zu einem kleinen Schlagabtausch. Die FAZ forderte im blackwaterLeitartikel „Stärke zeigen“ am 03.08.14 gegenüber Russland politisch und strategisch einen „neuen Doppelbeschluss“; der Westen müsse seine wirtschaftliche, politische und militärische Abwehrbereitschaft stärken und auch demonstrieren. Handelsblatt-Chef Gabor Steingart warf am 05.08. der FAZ vor „unverhohlen zum Losschlagen gegen Russland“ aufzurufen und bezeichnete den Leitartikel der FAZ als „geistigen Einberufungsbescheid“. Die Reaktion der FAZ: Das „Handelsblatt“ solle sich nicht „zum publizistischen Rohr eines Ökonomismus machen, dem Geschäfte über alles gehen.“ Nein, vor dem Geld kommt der FAZ ihr Bibbern vor den Machthabern in Washington und so moralisieren sie gegen den schnöden Materialismus der Konkurrenz –die freilich auch bald einknickte. Denn ihre eigene Klientel, die deutsche Wirtschaft bibberte selbst vor Obama: Sie belohnte nicht etwa den tapferen Gabor mit einem Geldregen an Anzeigen in seinem wackeren Blättchen. Ihre PR-Etats flossen weiterhin auch an FAZ und WELT. Selber Schuld.

Das Handelsblatt tröstet seine Kundschaft jetzt nur noch, wenigstens seien nicht alle Branchen von den Sanktionen negativ betroffen. Die europäische Rüstungs- und Sicherheitsindustrie und das Netz ihrer Zulieferer profitiert von jeder Art Verschärfung internationaler Spannungen. Hurra auf die NATO! Nach Beschlüssen auf dem Nato-Gipfel in Wales sollen alle Nato-Staaten ihre Rüstungsetats aufstocken. Der deutsche Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann (KMW)ist mit dabei und jubiliert:

Mit dem PUMA nach Moskau?

„An Standorten in Deutschland, Brasilien, Griechenland, Großbritannien, Mexiko, den Niederlanden, Singapur, der Türkei und den USA entwickeln, fertigen und betreuen rund 3.200 Mitarbeiter ein Produktportfolio, das von luftverladbaren und hochgeschützten Radfahrzeugen, über die Aufklärungs-, Flugabwehr- und Artilleriesysteme, bis hin zu schweren Kampfpanzern, Schützenpanzern und Brückenlegesystemen reicht. …Wie erwartet bietet das Erprobungsgelände in Nord-Norwegen hervorragende Möglichkeiten den SPz PUMA in einer subpolaren Klimazone zu testen. KMW: ProTECts your Mission.“

KMW sprach für viele Rüstungsfirmen, als die Firma erklärte: „Die Nachfrage nach dem Leopard 2 hatte in den vergangenen Jahren in Europa nachgelassen, da sich die Beziehungen zu Russland verbesserten. (…) Jetzt lassen jedoch die zunehmenden Spannungen in Osteuropa die Verteidigungsbudgets in der Region wachsen. Polen, Finnland, Norwegen, Estland, Lettland und Litauen -allesamt direkte Nachbarn Russlands- sehen … mehr Geld für die Verteidigung vor.“

Hurra! Hurra! Hurra! Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei, das muss doch auch für Weltkriege gelten, meint unsere Journaille. Und die Wirtschaft stand nach 1918 und 1945 doch immer noch goldig da. Nach 20 Millionen Toten bei WWI und 50 Millionen in WWII dürften jetzt wohl hochgerechnet 125 Millionen Tote zu erwarten sein. Aber vielleicht steht Berlin ja endlich einmal auf der Siegerseite. Hurra! Hurra! Hurra!