17.Juni soll wieder Feiertag werden: Als Tag des Generalstreiks!

17. Juni 1953, Aufstand im Sowjet-Sektor von Berlin. Bild: Bundesarchiv, B 145 Bild-F005191-0040/CC BY-SA 3.0 DE

Theodor Marloth

Am 17.Juni 1953 gab es in der DDR Generalstreik und Arbeiteraufstände, die blutig niedergeschlagen wurden. Das wurde in der BRD 40 Jahre lang gefeiert. (Wobei nicht bei jedem klar war, ob die Aufstände oder ihr blutiges Niederschlagen -denn Arbeiter niederschlagen war  an sich beliebt bei den Westherrschern.) Im Westen hatte ein alter Nazi-Jurist 1952 bzw. 1955 ein Verbot von Generalsstreiks durchgesetzt -das bis heute gilt! Nur in Deutschland sind derart „politische Streiks“ (als ob es unpolitische gäbe) verboten, nicht etwa in Frankreich und Italien. Feiern wir den 17.Juni künftig als Tag des gelungenen Generalstreiks und fordern unser Recht darauf ein!

In Deutschland sind Generalstreiks, anders als etwa in demokratischen Staaten wie Frankreich oder Italien, juristisch nicht vom Streikrecht gedeckt und somit rechtswidrig. Der „Politische Generalstreik“ ist jedoch nicht ausdrücklich im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verboten, sondern sein Verbot wurde durch Gerichtsentscheidungen unter tatkräftigem Antikommunismus zweifelhafter (Ex-) Nazi-Juristen durchgedrückt. Das westdeutsche Rechtswesen wimmelte bekanntlich nach 1945 nur so vor Nazi-Juristen, da diese vor der Strafverfolgung ihrer Nazi-Verbrechen aus der DDR geflohen waren (falls sie aus ideologischen Gründen nicht schon im Westen waren). Der Rechtsstaat (West) verweigerte bekanntlich die Strafverfolgung selbst schwerster Nazi-Verbrechen bis weit in die 60er-Jahre, wo die „Auschwitz-Prozesse“ begannen. Auschwitz und die dort verübten Massenmorde waren bis dahin den Westdeutschen unbekannt geblieben und verurteilt wurden nur wenige der Verbrecher, teils wegen Verjährung, teils wegen Mangel an Beweisen nach derart langer Zeit.

Auch die Rechtsprechung im Arbeitsrecht (die heute bei weinerlichen Arbeitgebern, die ihren alten rechtswidrigen Privilegien nachjammern, als „links“ gilt) war damals von Nazi-Juristen geprägt. Die Entscheidungen gegen den Generalstreik basieren auf einem Gutachten (1952) und dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 1955. An beiden, Gutachten wie Urteilsspruch war der unter den Nazis hochbelobigte Jurist Hans Carl Nipperdey zentral beteiligt, weiß sogar Wikipedia (wenn auch erst sehr, sehr weit unten im Eintrag Generalstreik).

Hans Carl Nipperdey (1895-1968) war Professor für Arbeitsrecht in Jena und ab 1925 in Köln; von 1954 bis 1963 war er erster Präsident des Bundesarbeitsgerichts in Kassel. Im NS-Faschismus konnte er seine Lehrtätigkeit ungestört fortsetzen, ja, seine Karriere kam erst richtig in Schwung. Nipperdey wurde Mitglied der Akademie für Deutsches Recht und beteiligte sich an Hitlers „Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“. Er gehörte zu den führenden Nazi-Rechtswissenschaftlern und trieb die Anpassung des Arbeitsrechts an die Ideologie des NS-Faschismus maßgeblich voran. Seinen Kampf gegen Kommunisten und Gewerkschafter setzte er im Adenauer-Regime im Westen fort.

In seinem Gutachten zum Zeitungsstreik von 1952 gegen die Verabschiedung des Betriebsverfassungsgesetzes begründet Nipperdey das Recht auf Schadenersatz von bestreikten Unternehmen. Diese Auffassung setzt er auch 1958 als Vorsitzender Richter des Bundesarbeitsgerichtes im Urteil gegen den Grundsatz-Streik der IG Metall zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall als Richterrecht durch: Den Arbeitgebern wurden unter Nipperdeys Ägide 38 Millionen Deutsche Mark Schadenersatz zugestanden.

Nipperdey, so Wikipedia, war Gründer des Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Universität zu Köln, das noch heute zur rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität gehört. Er war Herausgeber und Autor wichtiger Werke im Bereich des Arbeitsrechts und des allgemeinen Zivilrechts. Ferner äußerte er sich im Bereich der Grundrechte, wo er u. a. die Theorie der unmittelbaren Drittwirkung der Grundrechte vertrat und hier maßgeblich an der damaligen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mitwirkte. Bekannt wurde er auch als Verfasser des von Ludwig Enneccerus begründeten und von ihm fortgeführten Lehrbuchs zum BGB, dem Enneccerus/Nipperdey. -Womit wir auch ahnen können, auf wessen Seite sich die westdeutsche Rechtsprechung qua BGB geschlagen hat: Sicher nicht auf die der arbeitenden Bevölkerung.

Schon zu Lebzeiten Nipperdeys war bekannt, wendet Wikipedia immerhin gegen den hochbelobigten Juristen ein, dass dessen publizistische Produktivität auch Resultat einer außergewöhnlichen Inanspruchnahme von jüngeren Mitarbeitern war, deren Arbeiten er unter eigenem Namen veröffentlichte. So seien die meisten seiner Arbeiten aus der Nachkriegszeit, die unter seinem Namen erschienen, nicht von ihm verfasst gewesen. Dies manifestierte sich in dem mehrfach berichteten Bonmot, auf seinem Grabstein werde stehen: „Hier ruht Professor Nipperdey – diesmal wirklich er selbst.“ Er selbst äußerte sich in diese Richtung in einem Brief: „Ich […] weiß noch heute nicht, wie ich die Neuauflage meines Enneccerus trotz mancher Mithilfe durch jüngere Herren herausbringen soll.“

Ferner erfährt man bei Wikipedia noch, dass Hans Carl Nipperdey Vater der berühmten evangelischen Theologin Dorothee Sölle war, die ihr linkstheologisches Engagement wohl dem Abtragen ererbter reaktionärer Schuld widmete. Nipperdey erhielt für seine Leistungen im Kampf gegen die Rechte der Arbeiter das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland sowie die Ehrendoktorwürde der Universität Madrid (des faschistischen Spaniens). Von dieser in ihrer demokratischen Einstellung sehr zweifelhaften juristischen Persönlichkeit stammt maßgeblich das bei uns immer noch gültige Verbot „politischer Streiks“ (wobei gewerkschaftliche Arbeit damit ganz nebenbei von der Ausübung eines politischen Freiheitsrechtes zu unpolitischem Schachern um höhere Löhne degradiert wird).

Deutsches Generalstreikverbot ist rechtlich zweifelhaft

Ein Generalstreik dürfte sich aus juristischer Sicht der allgewaltigen h.M. („herrschenden Meinung“, das gilt in der Juristerei als „wissenschaftlicher Begriff“ mit bindender Wirkung für die Rechtssprechung) nur in äußerster Not auf  Artikel 20 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland berufen. Dieser Artikel erlässt das offensichtlich ohnehin gültige Recht eines Volkes, sich gegen Putschisten zu wehren, die es einer Diktatur unterwerfen wollen (an sich schon absurd): „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ (An welche andere Abhilfe gegen Putschisten nach einem Staatsstreich mögen die mehrheitlich christdemokratischen Väter des Grundgesetzes dabei wohl gedacht haben? Man solle den neuen Diktator verklagen? Auf Schadensersatz vielleicht? Oder friedlich demonstrieren und sich erschießen lassen? Vermutlich dachten viele auch, man solle sich aufs Beten beschränken -mehr hatten sie gegen die Nazis auch nicht unternommen, so sie denn selber keine gewesen waren.)

In neuerer Zeit wird die Vereinbarkeit des Verbots politischer Streiks in Deutschland mit internationalem und europäischem Recht zunehmend in Zweifel gezogen. So wird das Streikrecht im Rahmen mehrerer internationaler Abkommen, aber auch im Rahmen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), weiter als in Deutschland ausgelegt. Mangels eines Anlasses haben sich die deutschen Gerichte jedoch noch nicht weiter damit auseinandersetzen müssen. Gäbe es aber nicht Anlass genug zum Generalstreik? Hartz IV zum Beispiel, womit der UNO-Sozialpakt gebrochen und das Menschenrecht auf Menschenwürde und sogar auf Leben und körperliche Unversehrtheit gebrochen wird.

Zur Erinnerung: 1973 ratifizierte die Bundesrepublik Deutschland den UNO-Sozialpakt, dem damit formell der Rang eines deutschen Bundesgesetzes zukommt. Der Sozialpakt konkretisiert die Menschenrechte und verbietet Zwangsarbeit und das Vorenthalten eines angemessenen (bescheidenen) Lebensstandards. In beiden Punkten wurde die heutige Hartz-IV-Sozialpolitik Deutschlands von der UNO gerügt. DGB aufwachen!

Historischer Hintergrund: Auch im Westen Arbeiter blutig niedergeschlagen

In Folge der Währungsreform gab es schon im Herbst 1948 Proteste und den einzigen Generalstreik, den Nachkriegs-Westdeutschland je erlebt hat, so berichtet Ruth Berger auf Telepolis. Die Arbeiterproteste und Massenstreiks richteten sich gegen die Preiserhöhungen. Die Freigabe der meisten Preise mit der Reform hatte dazu geführt, dass es zwar alles gab, die Preise aber wegen Mangels so hoch waren, dass sichuf der gewöhnliche Lohnarbeiter und schon gar der Arbeitslose wenig leisten konnte.

Somit handelte es sich bei den 1948er Protesten in den westlichen Besatzungszonen um Proteste gegen die freie Marktwirtschaft und deren Preis- und Lohnregulierung durch Angebot und Nachfrage, wobei eben im Falle von Mangel die Ärmeren leer ausgehen. Aus dem US-Oberkommando war betreffs der West-Proteste von linksextremen und nationalistischen Unruhestiftern die Rede. Die Besatzungsmächte fuhren (wie 1953 dann die Russen in der DDR) mit Panzern gegen die Arbeiter auf und schlugen den Generalstreik blutig nieder. Die Anlässe für die 1948er Proteste im Westen und die 1953er Proteste im Osten waren einander sehr ähnlich: Es waren die De-facto-Lohnsenkungen durch staatliche Entscheidungen, die für die Ärmsten einen Nahrungs- und Wohnraummangel verschärften. Einer Situation also, die sich bei uns für breite Bevölkerungskreise durch die Hartz-IV-Lohnsenkungspolitik der Rotgrünen, Schwarzgelben und Schwarzroten Regierungen in Berlin wiederholte. Hartz IV-Kinder hungern, die Arbeitslosen werden vom Jobcenter schikaniert, mit Sanktionen überzogen und ihnen werden lebensnotwendige Mindestzahlungen für Essen, Medikamente und Miete verweigert -viele landen auf der Straße und etliche sterben dort (ich berichtete hier über solche Fälle). Wird es nicht endlich mal wieder Zeit für einen Generalstreik?

Übrigens haben die Machthaber im Westen wie im Osten nach den zwar besiegten Generalstreiks dennoch die Forderungen der Streikenden weitgehend erfüllt und die Lebensumstände der arbeitenden bzw. arbeitslosen Bevölkerung deutlich verbessert. Ein Generalstreik macht den reichen Herrschaftseliten eben doch etwas mehr Eindruck als Kleinstreikerei bei Post und Bahn (wobei unsere dem Lügen geneigten Medien fast so so tun, als wäre es ein Generalstreik, der das Land lahm legt). Die Geldeliten merken dann endlich einmal wieder (oder zum ersten Mal in ihrem Leben), dass sie sich für all ihr zusammen gerafftes bzw. ergaunertes Geld nur deshalb etwas kaufen können, weil (andere) Menschen dafür arbeiten.

Athen: Massenproteste und morgen Generalstreik

Galindo Gaznate 15.07.2013 Griechflag

Athen. Der Spar-Terror der Troika treibt die Griechen erneut auf die Straßen. Mit dreitägigen Streiks wehren sich die Staatsbediensteten gegen geplante Massenentlassungen im öffentlichen Dienst. Dazu legten am Montag unter anderem Angestellte der Kommunen die Arbeit nieder, in vielerorts blieb der Müll liegen. In Athen sorgten Polizei und andere Staatsangestellte mit Auto- und Motorradkorsos für ein Verkehrschaos. Hupend fuhren sie vor die Büros der  Koalitionsparteien der Rechtsregierung Samaras.

Die grössten griechischen Gewerkschaften kündigten für Dienstag einen Generalstreik gegen die Folgen der von der Finanzwirtschaft verschuldeten Bankenkrise an. Motto: „Wir sind Menschen, keine Zahlen“. Davon dürften vor allem Behörden und Bahnverkehr betroffen sein. Hotels, Banken und Taxis sowie Geschäfte sollen nicht bestreikt werden. Störungen wird es aber im Inlandflugverkehr geben, denn die Airport-Beschäftigten wollten von 11-15 Uhr (MESZ) ihre Arbeit niederlegen, die Fähren sollen hingegen regulär verkehren.  Am späten Mittwochabend will das griechische Parlament das umstrittene Gesetz zu Massenentlassungen im öffentlichen Dienst billigen. Nur so kann das Land mit der nächsten Hilfstranche der internationalen Geldgeber in Höhe von 2,5 Milliarden Euro bis Ende Juli rechnen. Die griechische Presse berichtete von einer „dreitägigen Hitzewelle“ im Land -und meinte damit nicht das Wetter. Bis Ende 2014 sollen im Rahmen des unsozialen und wirtschaftlich nutzlosen Sparprogramms noch 15.000 weitere Staatsbedienstete entlassen werden, davon 4.000 noch in diesem Jahr. Die Verelendung der Bevölkerung hat inzwischen Ausmaße angenommen, die man vor ein paar Jahren noch nicht für möglich gehalten hätte. Merkels Regime der Sparprogramme hat nur den Banken genützt und letztlich Athen immer tiefer in die Schuldenfalle getrieben -ein weiterer Schuldenschnitt wird kaum vermeidbar sein.

Das Staats-Fernsehen ERT wurde vor einem Monat von Samaras weggeputscht, dann startete die Regierung der Rechtspopulisten ihren eigenen Sender EDT, der inzwischen ein Unterhaltungsprogramm aus beruhigenden Spielfilmen aus dem Archiv sendet. Der Spar-Terror der von Merkel geführten Troika machte es möglich: Die globale Finanzdiktatur zeigt sich totalitär auch im Ursprungsland der westlichen Demokratie. Elend für die Bevölkerung statt Steuerneintreiben bei den korrupten Geldeliten ist das Programm. Die über Nacht gefeuerten ERT-Medienarbeiter senden seit Wochen im Internet. Siehe dort:

Athen: Putsch-Sender EDT sendet Testbild

Des-Troika und Generalstreik: Von Athen nach Europa

Gerd R. Rueger 12.11.2012

Die hemmungslose Ausbeuterpolitik gegen das griechische Volk rüttelt immer mehr Menschen in ganz Europa auf -trotz medialer Nebelschirme, die alle Schuld den einfachen Griechen geben. In zwei Tagen, am Mittwoch den 14. November, wird nach den heldenhaften Arbeitskämpfen der Griechen nun auch in Italien, Spanien, Portugal, Zypern und Malta  erstmals ein koordinierter Generalstreik gegen die neoliberale „Krisenpolitik“ ausgerufen. Der Europäische Dachverband der Gewerkschaften ETUC (European Trade Union Confederation) initiierte den Streik, zu dem  auch zahlreiche Basisgewerkschaften aufrufen, Motto: „Wir zahlen nicht für deren Krise!“ (Ne payon pas leur crise)

Die Lüge, die Menschen hätten „über ihre Verhältnisse gelebt“, glaubt heute kaum noch einer: Zu offensichtlich ist die Fettlebe der Millionäre und Konzerne, die Medien und Politik schmieren, um ihre Interessen durchzusetzen.

NO to Austerity

„Austeritätspolitik“, so nennt man vernebelnd die ausbeuterische „Sparpolitik“, die immer nur Sparen an den Armen, Alten und Kranken meint. Von Südeuropa angestoßen, wollen sich nun auch belgische Gewerkschaften daran beteiligen, wo das Ford-Werk in Genk geschlossen werden soll: 200 Arbeiter unternahmen am 7. November eine Solidaritätsaktion vor den Fordwerken in Köln, am 14. November planen die belgischen Ford-Arbeiter erneute Streiks und Demonstrationen.

14.11.2012: European Day of Action and Solidarity

„Am 14. November ruft der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) auf zum europäischen Aktions- und Solidaritäts-Tag. Die europäische Gewerkschaftsbewegung ist entschlossen, die Bevölkerung für Beschäftigung und Solidarität und gegen die neoliberalen Sparmaßnahmen zu mobilisieren.
Seit Jahren haben die Gewerkschaften Europas gegen Sparmaßnahmen argumentiert. Diese Maßnahmen treiben Europa in wirtschaftliche Stagnation, die sich unaufhaltsam zur Rezession steigert -mit dem Ergebnis, dass Wachstum gebremst und Arbeitslosigkeit gefördert wird. Kürzungen bei Gehältern und Sozialschutz greifen das Europäische Sozialmodell an, Ungerechtigkeit wird gefördert. Der EGB fordert jetzt endlich einen Kurswechsel. Worte sind den Gewerkschaften nicht mehr genug, man brauche Maßnahmen, um nachhaltiges Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen.“ (So der EGB)

Devise: Dies ist ein sozialer Notfall

Der Aktionstag am 14. November soll verschiedene Arten von Aktionen umfassen: Streiks, Demonstrationen, Kundgebungen, um die Bevölkerung endlich für die Belange der immer mehr verelendeten Mehrheit zu sensibilisieren.

Leider wird es in Deutschland am Mittwoch nicht zu Solidaritätsstreiks, aber immerhin zu Kundgebungen und Demonstrationen kommen, zu denen auch der DGB und viele linke Gruppen mobilisieren wollen.

Proteste gegen Rajoys Sparpolitik

Gerd R. Rueger, 13.Juli 2012

In Madrid kam es zu Kämpfen zwischen Bergarbeitern und Polizei, die meisten Proteste blieben jedoch friedlich. Polizisten zeigten Verständnis angesichts der barbarischen Sparpolitik. Die konservative Regierung will binnen nur zwei Jahren zusätzlich 65 Milliarden Euro einsparen.

Im Parlament wurde  Ministerpräsident Mariano Rajoy kritisiert, er würde „Benzin auf die Straßen“ gießen.

Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Madrid. Am Donnerstag gingen Angestellte und Beamte auf die Straße, denen schon 2010 der Lohn gekürzt wurde und nun das Weihnachtsgeld gestrichen werden soll. In der Innenstadt von Madrid wurden Straßen blockiert und Sprechchöre skandiert:  „Das ist keine Krise, sondern ein Betrug“ und in Anspielung auf die Bankster (Banker, die zu Gangstern wurden) „Hände hoch, das ist ein Überfall“.

Dabei stießen sie sogar auf Sympathien der sonst wenig zimperlichen Guardia Civil, die Blockaden sprengen sollten. Die großen spanischen Gewerkschaften riefen zu Protesten am Freitag auf. Sie fordern auch ihre Mitglieder am 19. Juli zu landesweiten Großdemonstrationen auf, ein neuer Generalstreik liegt in der Luft. Die spanische Linke kann dabei an eine tragische, aber auch ruhmreiche Geschichte anknüpfen (Film zur  Spanischen Revolution).

Die Tagesschau zeigte jüngst bürgerkriegsähnliche Szenen in Madrid von Protesten der Bergarbeiter am Mittwoch. Die Polizei griff zu Gummigeschossen und Knüppeln, bis in die Nacht kam es im Zentrum zu Auseinandersetzungen. Rajoy hatte schon in seinem ersten Sparpaket die Subventionen für den Bergbau um 63 Prozent (190 Millionen Euro) gekürzt und damit den Kohlepakt aufgekündigt, was viele der 47 spanischen Kohleminen und mit ihnen ganze Regionen in den Abgrund stürzen könnte -geschätzte 30.000 Arbeitsplätze werden verloren gehen.

Was das spanische Volk denkt, ist schwer zu sagen. Viele sind frustriert, weil die offensichtlichen Verursacher der Misere mal wieder ungeschoren davon kommen sollen: Die Banken. Wer aus Angst vor Chaos den konservativen Rajoy gewählt hatte,  sieht sich jetzt enttäuscht und sympathisiert mit den friedlichen Demonstranten. Ein DEMIAN Demi kommentierte beispielsweise auf El Pais:

„All jene, die gegen das staatliche Anti-System protestieren, denke ich, sind Menschen die dies als einzige Möglichkeit sehen, sich gegen Aggressionen ihrer Regierung zu verteidigen, die selbst der Niedergang des Systems ist; wenn sie zum Anti-System wird, ist die Verteidigung ein Recht des Volkes. Offensichtlich sorgen sich die Politiker, dass die Menschen jetzt aus der Verblendung erwachen und es geht sicher noch nicht zu weit, der Polizei bei einer Aktion Blumen zu überreichen; unberufen habe ich immer noch keine Bilder eines verletzten Polizisten gesehen, selbst wenn Bürger geschlagen wurden.“ (Übersetzung GRR)

Dank der „Reformen“ und Spardiktate der erst im November gewählten Regierung Rajoy ist  die Arbeitslosigkeit explodiert und reißt immer tiefere Löcher ins Staatsbudget. Der neoliberale Plan sieht vor, das Arbeitslosengeld zu kürzen, während die Arbeitgeber sich weiter aus der Sozialversicherung verabschieden dürfen –und das, nachdem der Kündigungsschutz bereits reduziert wurde. Finanzieren soll diese Geldgeschenke an die Arbeitgeber  eine Anhebung der Mehrwertsteuer um drei Punkte auf nun 21 Prozent (für meritorische Güter von 8 auf 10). Die so gepuschte Inflation trifft bekanntlich Bezieher niedriger Einkommen härter, während der reiche Spanier in Ruhe nach guten Anlagemöglichkeiten bei neuen „Finanzprodukten“ der Finanzmafia sucht.

Die Banken sollen mit bis zu 100 Milliarden Euro gerettet werden und dafür soll die einfache Bevölkerung bluten –das war zu erwarten nach Zapateros Niedergang. Und kommt nun bald die Spanish Revolution? Wohl eher noch nicht. Ein bekennendes Mitglied der anarchistischen Confederación Nacional del Trabajo (CNT) erklärte in einem deutschen Forum:

„Als aktives Mitglied der CNT Barcelona kann ich dir versichern, daß die soziale Revolution nicht vor der Tür steht. Wenn du schon vergleichen willst, dann vielleicht mit sagen wir 1899, kurz
nachdem die letzten paar größeren Kolonien im spanisch-amerikanischen
Krieg verloren gegangen sind und außer Armut in Spanien nix mehr zu
holen war. 1911, als die CNT als Massenorganisation die Nachfolge der
anarchistisch geprägten spanischen Internationale antrat, war man vom
libertären Klassenbewusstsein wesentlich weiter als heute. Heute
beherrschen immer noch weitestgehend Sozialdemokraten und Marxisten
das politische und gewerkschaftliche Spektrum, und entsprechend
verlogen sind dann auch die Aktionen von CCOO, UGT und PSOE. Von den
reaktionären Separatisten und dem ganzen rechten Abschaum mal zu
schweigen. Das libertäre Umfeld ist immer noch sehr zersplittert und
komplett marginalisiert. Da wartet noch eine ganze Menge Arbeit, das
wieder geradezubiegen. Nicht mal die verf** Monarchie sind sie bis
heute losgeworden, die Bourbonenw** klebt nach wie vor mit ihrem
fetten A** auf den Thron.“ (Telepolis)

Siehe auch

G.R.Rueger

auf

The Intelligence