Showdown in London: Wird der Ecuadorianer Julian Assange wieder politischer Häftling des „Freien Westens“?

Wikileaks Founder Julian Assange 2018

Gerd R. Rueger

London, Quito, Washington, Madrid. Seit Ecuadors sozialistischer Präsident Correa die Regierung an seinen Nachfolger Lenin Moreno übergab, ist Julian Assange von einer Auslieferung an die Briten und US-Amerikaner bedroht. Hinter den Kulissen wird fieberhaft verhandelt, wie Ecuador sein Gesicht wahren, Washington und London ihren Hass auf Wikileaks befriedigen, und Madrid an Julian Assange Rache für dessen Kritik an spanischer Polizeigewalt in Katalonien üben kann. Morenos Wackelkurs zur Auslieferung deutet auf innere Konflikte seiner Regierung um den Wikileaks-Gründer: Erst im Januar war bekannt geworden, dass Ecuador Assange eingebürgert und Diplomatenstatus für ihn beantragt hatte.

Seit sechs Wochen tönen viele Medien wieder, eine Auslieferung von Assange an die britische Justiz (und damit wohl an die rachedurstigen USA) stünde kurz bevor. Dies erstaunt: Denn im Januar wurde bekannt, dass Julian Assange bereits im Dezember 2017 durch die Moreno-Administration die Ecuadorianische Staatsbürgerschaft zuerkannt worden war. Dies teilte Morenos Außenministerin María Fernanda Espinosa mit, wie Bertelsmanns SPIEGEL berichtete. Daraufhin habe Ecuador bei der britischen Regierung sogar beantragt, Assange einen Diplomatenstatus und damit Immunität zu gewähren.

Premierministerin Theresa May hat den Antrag natürlich ablehnen lassen, schon mit Rücksicht auf Washingtons Hass gegen den Wikileaksgründer. Obwohl Schweden sein Assange-Auslieferungsgesuch an London zur Befragung wegen dubioser Beschuldigung auf „sexuellen Missbrauch“ wegen Verjährung hat zurückziehen müssen (eine Verjährung, die übrigens bei den in Hetzkampagnen deutscher „Qualitäts“-Medien von ARD bis ZDF, und SPIEGEL, gebetsmühlenartig behaupteten „Vergewaltigungsvorwürfen“ nicht so schnell erfolgt wäre). Wir erinnern uns: Es handelte sich um Beschuldigung auf „sexuellen Missbrauch“, wie etwa das angeblich mutwillige Beschädigen des Condoms vor einvernehmlichem Sex, die tatsächlich wohl auf einer CIA-Sexintrige gegen den damaligen Staatsfeind Nr.1 der USA basieren. Sogar die Organisation Women Against Rape (Frauen gegen Vergewaltigung) verteidigte Julian Assange gegen die perverse Hasskampagne, die dennoch bis heute andauert). Doch die Britische Justiz will den Freiheitskämpfer Julian Assange nun festnehmen, weil er sich ihrer Verfolgung durch Flucht ins Botschaftsasyl entzogen hatte -auch das sei strafbar.

Wikileaks wurde Ziel einer intensiven Medienkampagne

Wer wirklich für die Menschenrechte eintritt, statt wie die meisten Westmedien und NGOs dabei auf einem Auge blind zu sein, hat die übelsten Kräfte auch der Westmächte am Hals, etwa das Bertelsmann-nahe Bilderbergerblatt „Die Zeit“, wo man immer noch die wahrheitswidrige Hetze von „Vergewaltigungsvorwürfen“ gegen Julian Assange trompetet -die (höchstwahrscheinlich erfundenen) Beschuldigungen lauteten maximal auf dubiose Formen „sexuellen Missbrauchs“, die nur in Schweden existieren, etwa, Assange hätte bei einvernehmlichem Sex das Condom mutwillig beschädigt. Dass dahinter eine schmutzige, aber genau geplante und perfide eingefädelte Medienkampagne steckt, ist seit langer Zeit bekannt, auch wenn die Mainstream-Journalisten diese Information natürlich verschweigen wollen.

John Pilger

John Pilger, Journalist, Träger der Goldmedaille der United Nations Association

„Ich kenne Julian Assange gut; ich betrachte ihn als einen engen Freund, einen Menschen von außerordentlicher Belastbarkeit und Mut. Ich habe mitbekommen, wie ihn ein Tsunami von Lügen und Verleumdungen überflutet hat, unaufhörlich, rachsüchtig, hintertrieben; und ich weiß, weshalb sie ihn verleumden. 2008 wurde in einem streng geheimen Dokument, datiert vom 8. März 2008, ein Plan entworfen, sowohl WikiLeaks als auch Assange zu zerstören. Verfasst hat ihn die Cyber-Spionageabwehr, eine Abteilung des US-Verteidigungsministeriums. Die Autoren beschrieben detailliert, wie wichtig es sei, das „Gefühl des Vertrauens“ zu zerstören, das den „Schwerpunkt“ von WikiLeaks ausmacht. Dies, schrieben sie, würde man mit der Androhung von „Entblößung“, „Strafverfolgung“ und einem unerbittlichen Angriff auf den guten Ruf erreichen. Ziel war es, WikiLeaks und seinen Herausgeber zum Schweigen zu bringen und zu kriminalisieren. Es war, als ob sie einen Krieg gegen einen einzelnen Menschen und das Prinzip der Redefreiheit planten. Ihre Hauptwaffe sollte die persönliche Verleumdung werden. Ihre Schocktruppen sollten in den Medien eingesetzt werden…“ John Pilger, Rubikon

Doch Medienkampagnen, von der CIA hier genau so betrieben, wie es z.B. auch Scientology vorgeworfen wird, haben ihre Wirkung und nur wenige Journalisten haben das Rückgrat eines John Pilger, preisgekrönter Dokumentarfilmer, zweimal „Journalist of the Year“ (höchste Auszeichnung im britischen Journalismus). Zugleich sollen sie politische Machenschaften in Lateinamerika flankieren, die im Fall Ecuadors sicher auch auf Julian Assange zielten. Die neue Regierung in Quito vollführte seit Mai 2017 unter Lenin Moreno einen Rechtsruck, warf sich Washington zu Füßen und drängt nun darauf, den WikiLeaks-Mitgründer aus ihrer Londoner Botschaft zu komplementieren. Im Juli sagte Präsident Moreno in Madrid, Assange müsse eventuell nunmehr die Botschaft verlassen, das aber solle sich in einem Dialog vollziehen.

Correas Nachfolger steht offenbar unter massivem Druck der USA, die sein kleines Land ihrer neoliberalen Rollback-Aggression unterworfen haben. Nachdem die CIA durch brutalen Terror, heimtückische Sabotage sowie langjährige Wirtschafts- und Propagandakriege das ölreiche Venezuela ruiniert haben, bekommt Washington seinen „Hinterhof“, wie US-Machteliten Lateinamerika nennen, immer stärker in den Griff. Der Lawfare-Justizputsch in Brasilien gegen die Sozialdemokraten Dilma Rouseff und Lula da Silva haben Südamerikas größte Demokratie nahezu zurück in die Militärdiktatur geschmettert. Zahllose versteckte Intrigen und Putsche, wie etwa in Honduras und Argentinien, brachten den Kontinent auf Kurs. Allein in Mexiko scheint derzeit ein nicht US-Gesteuerter Präsident an die Regierung zu kommen -falls es ihm nicht so geht wie Moreno, bei dem nicht ganz klar ist, wie er von der CIA auf Rechtskurs gebracht wurde.

Dazu kommt für Ecuador noch Druck aus Spanien, das als alte Kolonialmacht großen Einfluss in Lateinamerika besitzt. Moreno muss aber auch auf seine linke Regierungspartei Rücksicht nehmen, die Wikileaks freundlich gesinnt ist. Mit der Argumentation, es grenze an eine Verletzung der Menschenrechte, wenn „eine Person zu lange Zeit permanent asyliert“ ist, laviert Moreno unbeholfen zwischen diesen diversen Einflussfaktoren. Moreno war vor Madrid zunächst nach London gereist, will aber dort mit Regierungsvertretern nicht über Assange gesprochen haben. In Madrid erklärte er jedoch, man spreche „permanent“ mit der britischen Regierung darüber, wie man die Situation lösen könne. Offenbar Washington beschwichtigend beteuerte Moreno, nie mit dem Gott-sei-bei-uns der CIA, Julian Assange, persönlich gesprochen zu haben, sondern immer nur mit den Anwälten von Wikileaks. Kritische Beobachter halten es nicht für ausgeschlossen, dass die CIA Morenos Familie bedroht: Ecuadors Präsident ist verheiratet mit Rocío González und hat drei Töchter.

Washington jubelt: Freiheitskämpfer Assange in Gefahr

Fakt ist: Im siebten Jahr seines Asyls in den Räumen der ecuadorianischen Botschaft in London könnte Julian Assange, nunmehr in absehbarer Zeit an Großbritannien ausgeliefert werden. Entsprechende Gerüchte aus dem WikiLeaks-Umfeld bestätigte der wegen Drangsalierungen und Bedrohungen durch US-Justiz und Geheimdienste im Brasilianischen Exil lebende US-Journalist Greenwald: Bei einer Auslieferung an Großbritannien bestünde die reale Gefahr, dass die US-Regierung unter Präsident Donald Trump versucht, des Australiers habhaft zu werden.

Die US-Justiz will den Wikileaksgründer in ihre Gewalt bringen, um ihn wegen Publikation von Geheimdokumenten u.a. zu US-Kriegsverbrechen in Irak- und Afghanistan-Krieg wegen „Geheimnisverrat“anzuklagen. Dafür droht in den USA unbegrenzte Folterhaft, wie die Wikileaks-Informantin Chelsea Manning sie erleben musste, und sogar die von den meisten Westmächten geächtete Todesstrafe. Für die Enthüllung von Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen vorwiegend der USA wurde Julian Assange mit mit zahlreichen Preisen belohnt -auch in westlichen Ländern, wo sogar die Soros-nahe NGO Reporter ohne Grenzen ihm die Anerkennung als „Information Hero“ nicht verweigern konnte -dort wurde ihm aber hinterfotzig die Beschuldigung „some see him as an advocate of transparency, others as a terrorist“ untergeschoben: „einige“ würden ihn „als Terroristen sehen“. Wären die von „Finanzgenie“ und Multimilliardär Soros-finanzierten NGOler ehrlich: Genau das Gleiche gilt für fast alle ihrer dort aufgezählten „Information Heros“, dass diejenigen, deren Verbrechen sie bloßstellen, sie hinterher als „Terroristen“ beschimpfen -nur sind dies im Fall Assange die USA, CIA & Co., deren mutmaßliche (besonders raffiniert platzierte) Finanz-Marionette Soros und seine NGO Reporter ohne Grenzen womöglich sind.

Wikileaks bzw. Assange wurden sogar für den Friedensnobelpreis ins Gespräch gebracht. Wikileaks bekämpfte auch, wie hier auf Jasminrevolution dokumentiert, zahlreiche Milliardenschwere Wirtschaftsverbrecher: Großbanken, finanzkriminell-korrupte Verschwörungen, wie etwa das deutsche Autobahn-Mautkomplott, und Umweltverbrecher (was vom Nobelkommitee eher nicht gern gesehen wird). Es hätte aber aus Sicht der Menschen mehr als genug gute Gründe gegeben, Wikileaks den Friedensnobelpreis zu verleihen -und weit mehr Gründe als bei vielen tatsächlichen Preisempfängern vorlagen, wie etwa dem Drohnen-Killer Obama oder dem halbfaschistischen Führer Kolumbiens, der mit einem betrügerischen Friedensabkommen die linken Guerilleros über den Tisch gezogen hatte. Doch soweit zu gehen, konnte das Bilderberger-nahe Nobelpreis-Kommitee denn doch gerade noch abwenden. Auch wegen der schmutzigen Sex-Intrige, mit der die CIA das Ansehen von Julian Assange und Wikileaks in den gleichgeschalteten Westmedien ruinieren konnten.

Laut Snowden-Enthüller Glenn Greenwald von The Intercept hatte Moreno bereits vor seinen Antrittsbesuchen in London und Madrid eine bilaterale Vereinbarung mit der Regierung von Premierministerin Theresa May verhandeln lassen, um die Übergabe Assanges zu regeln. Der Bericht von Greenwald beruft sich auf eine Quelle, die dem ecuadorianischen Außenministerium nahestehen soll.

Morenos Regierung hatte Julian Assange nach einer CIA-Intrige nebst einer Medienkampagne gegen ihn („Assange hört uns ab!“) bereits alle Kommunikationskanäle gesperrt. Im Januar dieses Jahres bezeichnete Moreno, schon merklich unter US-Einfluss, den Wikileaks-Gründer als „Stein im Schuh“ für die neue, US-orientierte Außenpolitik seines Landes. Die Internetsperrung erfolgte wenig später dann offenbar auf Druck auch der spanischen Regierung, nachdem Julian Assange die brutale Gewalt der paramilitärischen Guardia Civil (ein faschistoider Hort der Franco-Verehrung) gegen Demonstranten der Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien kritisiert hatte.

Grund für die verweigerte Solidarität Ecuadors kann eigentlich kaum der Führungswechsel in Quito im Mai 2017 sein: Obwohl Moreno seinem Vorgänger Rafael Correa nahestand und als Gründungsmitglied von Correas sozialistisch-liberaler Partei Alianza País (Friedensallianz) die Wahlen gewann, vollführte er eine mysteriöse Kehrtwende. Er stoppte sogar das progressive Projekt von Correas „Bürgerrevolution“ und agierte urplötzlich wie eine Marionette der USA, dabei bekleidete er schon von 2007 bis 2013 das Amt des Vizepräsidenten unter Correa. Moreno ist in einer linksorientierten Mittelschichtsfamilie aufgewachsen und sein voller Name lautet Lenín Voltaire Moreno Garcés – eine Hommage seiner Eltern an den russischen Revolutionär und den französischen Philosophen. Soziales Engagement wurde ihm von den Eltern, beide Lehrkräfte, vorgelebt, die sich dafür einsetzten, dass Kinder ärmerer Familien eine Schulbildung bekommen und sowohl in spanisch als auch in ihren indigenen Sprachen unterrichtet werden. Und nun holt er die USA und den IWF ins Land?

Moreno ist ein Kenner des Yasuní und bestens informiert über die politischen Kämpfe um die Ölförderung in dem Biosphärenreservat: Correa scheiterte bekanntlich damit, internationale Finanzierung eines Ökoprojektes zu organisieren. Reiche NGOs und Mäzene wie Bill Gates, Liz Mohn, Angela Merkel oder Greenpeace und die deutschen Grünen hatten anderes zu tun als bettelarmen Latinos zu helfen, zwecks Ökologie auf Ölförderung zu verzichten. Nachdem Rafael Correa nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten durfte, kandidierte Lenín Moreno als Kandidat der Regierungsallianz PAÍS. In der ersten Wahlrunde am 19. Februar 2017 erhielt er 39% und verpasste somit nur knapp den direkten Wahlsieg. In der Stichwahl am 2. April 2017 gegen Guillermo Lasso vom Bündnis CREO erhielt Moreno 51,14% der abgegebenen Stimmen und wurde damit Präsident Ecuadors ab dem 24. Mai 2017. Vom Fernsehen live übertragen waren am 18. April 2017 elf Prozent der Stimmen nachgezählt worden. Die Nachzählung zeigte nur minimale Abweichungen, weder die Wahlbehörde noch das Wahlgericht gingen auf die Forderungen der Opposition nach einer kompletten Nachzählung ein.

Ecuadors mysteriöser Rechtsruck in Washingtons Arme

Am 2. April 2017 wurde Moreno so zum Nachfolger Correas gewählt, seither hat sich Ecuador mysteriöser Weise im Eiltempo an die USA, EU und denen Finanzterroristischen Arm, den IWF angenähert. Damit ist Quito ins Lager der „neoliberalen“, also rechtskonservativen bzw. faschistischen US-hörigen Staaten Lateinamerikas gewechselt. Assange befindet sich somit seit dem Regierungswechsel in Ecuador quasi auf feindlichem Gebiet. Einfach ausliefern kann Moreno den Freiheitskämpfer Assange aber (noch) nicht. Er suche nach Wegen, um zu garantieren, dass sein Leben nicht in Gefahr gerät. Damit scheint Moreno auf die britische Regierung zu zielen, wenn sie Assange in die USA ausliefern würde: „In Ecuador gibt es die Todesstrafe nicht. Wir wissen, dass es diese Möglichkeit gibt. Das einzige, was wir wollen, ist die Garantie, dass sein Leben nicht in Gefahr geraten wird.“ Das könnte aber auch heißen, dass Assange durchaus in die USA ausgeliefert werden könnte, wenn dort versichert würde, dass er dort nicht zum Tod verurteilt wird. Man weiß zwar, was von solchen US-Zusicherungen zu halten ist, aber für tendenziöse Westmedien ist solche Propaganda natürlich der Honig der Götter:

US-Justizminister Jeff Sessions bekräftigte die Vorwürfe gegen Assange. Dennoch ist unklar, ob die USA eine Auslieferung des WikiLeaks-Gründers fordern würden. Medien haben sich in den USA große Freiheiten beim Veröffentlichen von geheimen Dokumenten erkämpft. DIE ZEIT

Wenngleich man den Jubel über die eigenen Herrscher in den USA dieses Tendenzblattes nicht teilen kann, gibt es doch Hoffnun: Eine Auslieferung würde die scheinbar US-hörige Moreno-Regierung ins moralische Zwielicht rücken. Denn die UNO-Menschenrechtsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen verurteilte bereits jetzt die verschiedenen Formen der Freiheitsberaubung, denen Julian Assange ausgesetzt wurde, wie wir berichteten -während der westliche Medienmainstream dazu in betretenes Schweigen verfiel. Zum anderen erklärte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte unlängst, dass Ecuador zum Schutz der Sicherheit von politischen Flüchtlingen verpflichtet sei, die sich in die diplomatischen Vertretungen des Landes geflüchtet haben. Auch dazu schwiegen ARD, Bertelsmann & Co ebenso verbissen, wie sie sich gierig auf die CIA-Lügen über „Assange beschuldigt als Vergewaltiger“ gestürzt hatten; tatsächlich lauteten die (falschen) Beschuldigungen vor schwedischen Gerichten immer nur auf dubiose Formen angeblichen „sexuellen Missbrauchs“ (hatte vor einvernehmlichem Sex Condom beschädigt etc.) und Anwälte von Wikileaks gewannen zahlreiche Verleumdungsklagen gegen die Diffamierung „beschuldigt als Vergewaltiger“ vor britischen Gerichten. Die deutschen Journalisten, die bei der mutmaßlich CIA-gesteuerten Schmutzkampagne mitmachten, hatten Glück, dass hierzulande nicht auch geklagt werden konnte.

Selbst das als links verschrieene Blog Telepolis stimmt heute in den Chor der Mainstreamer ein und schwadroniert von „Vergewaltigungsvorwürfen“ (wenn oft genug wiederholt, wird jede Lüge für wahr gehalten, sagt das kleine Einmaleins der Propaganda), auch wenn man sich bei Telepolis immerhin noch um etwas mehr Sachlichkeit bemüht als bei ARD, Bertelsmann & Co.:

Lange Zeit bestand gegen Assange ein Haftbefehl der schwedischen Staatsanwaltschaft wegen Vergewaltigungsvorwürfen. Dieser Haftbefehl wurde im Mai vergangenen Jahres fallengelassen. Im Februar dieses Jahres wollte die Verteidigung des Internetaktivisten erreichen, dass auch die britische Justiz von der Festnahme ihres Mandanten absieht. Dies lehnte die Richterin jedoch ab: Indem Assange sich 2012 in die Botschaft des südamerikanischen Staates geflüchtet hat, habe er gegen die damaligen Kautionsauflagen verstoßen und damit ein eigenständiges Delikt begangen. Ihm drohe dafür Haft in Großbritannien – von wo er an die alliierten USA ausgeliefert werden könnte. Telepolis

In unseren gleichgeschalteten Mainstreammedien sind Verteidiger von Julian Assange rar geworden, und man muss lange suchen um eine Stimme zu finden wie das kritische Blog Rubikon hier:

Assange verlangt keine Sonderbehandlung. Die Regierung hat die klare diplomatische und moralische Verpflichtung, australische Bürger vor schwerem Unrecht zu schützen: In Julians Fall vor einem krassen Justizirrtum und der außerordentlichen Gefahr, die ihn erwartet, sollte er die ecuadorianische Botschaft in London ohne Schutz verlassen. Wir wissen vom Fall Chelsea Manning, was er zu erwarten hat, wenn der US-Auslieferungsbefehl Erfolg hat – ein UN-Sonderberichterstatter nannte es Folter. John Pilger, Rubikon

Hintergrundinformationen? Bei ARD, ZDF, Bertelsmann usw.: Fehlanzeige. Dafür hier:

Buch zu Wikileaks von Gerd R. Rueger

Filmkritik von Anti-Assange-Propagandafilm von Gerd R. Rueger

Sex-Intrige gegen Assange

Assange zum Sexskandal umgelogen

Propagandafilm mit Assange-Hetze

Politik der Einkerkerung: Die Detainee Policies

Wikileaks und Anonymous

Assange kritisiert Obama

Hexenjagd auf Assange -London im Abseits

Kritik an Anti-Assange-Hetzfilm

Whistleblower in Folterhaft: Bradley Manning

Finanz-Terror gegen Wikileaks

Globale Sklavenhaltung und neoliberaler Sozialdarwinismus

Hannes Sies Sklavenhalter

Globalisierungskritiker wie Attac kämpfen seit Jahrzehnten gegen die globale Ausbeutung, doch nun sollen ihnen ihre schärfsten Argumente aus der Hand geschlagen werden: In der BWL (Betriebswirtschaftslehre) hat eine PR-geschulte Professorin das Thema Sklavenarbeit und globale Ausbeutung in neoliberalem Sinne umgedeutet und versucht, eine großangelegte Kampagne daraus zu machen: Nicht neoliberale Ideologen und globale Konzerne sind verantwortlich für Ausbeutung und Sklaverei in der Dritten Welt, sondern „wir alle“. Eine bequeme Methode für die Konzerne und Geldeliten, sich ihrer Verantwortung zu entledigen und dem Kampf für Menschenrechte in den Rücken zu fallen. Zur neoliberalen Kampagne „Wie viele Sklaven halten Sie?“

Der Neoliberalismus will die Gesellschaft nach dem sozialdarwinistischen Wettbewerbsregime umformen. Sozial Schwache sollen dem Zugriff der Geldeliten schutzlos ausgeliefert werden. Zentraler Hebel sind dabei die globalen Finanzmärkte, deren Deregulierung Großkonzernen (fast immer von Weißen geführt) den Weg zu grenzenloser Macht öffnet -statt demokratischer Transparenz herrschen oligarchische Kartelle. Nur der „Erfolgreiche“ (sprich: der neoliberale Konformist, meist schon durch Herkunft und Erbe privilegiert) soll seine Menschenrechte zugestanden bekommen -für alle anderen gilt: Bist du arbeitslos, bist du grundsätzlich selber schuld (auch wenn gar nicht genug Arbeitsplätze für alle vorhanden sind) und wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. Hartz IV bei uns und globale Ausbeutung für den armen Teil der Welt sind Programme, um diese Ideologie umzusetzen. BWL-Professorin Hartmann will die Verantwortung für Ausbeutung jetzt großzügig mit jenen Hartz-IV-Drangsalierten teilen, mit denen unsere Machtelite sonst am liebsten gar nichts teilen würde:

„Wenn Sie Kleidung tragen, Nahrung zu sich nehmen, ein Auto fahren oder ein Smartphone haben, arbeiten derzeit ungefähr 60 Sklaven für Sie und mich. Ob wir wollen oder nicht. Und ohne dass wir das veranlasst hätten. Wie fühlen Sie sich damit?“, fragt uns BWL-Professorin Evi Hartmann. Das klingt kritisch, das klingt gut und viele auch links der Mitte haben den Köder geschluckt (Bertelsmann-Medien Stern/Spiegel usw. sind natürlich die Haupt-Propagandisten): Sogar Labournet und die altsozialdemokratischen Nachdenkseiten haben es empfohlen -offensichtlich ohne es zu lesen. Die immer mehr nach rechts abdriftenden „Blätter für deutsche und internationale Politik“ haben der Autorin sogar ihre Titelseite geschenkt (Nr.3+4/2016) und sie einen Zweiteiler von unsäglich miserabler Qualität schreiben lassen, um für ihr Opus werben zu können.

Das allerorten hochgepriesene Buch verspricht im Untertitel „Über Globalisierung und Moral“ zu informieren. Genau das tut es aber nicht. Es bemüht sich vielmehr auf raffinierte Weise, die moralische Verantwortung für Ausbeutung und Sklaverei zu vertuschen: Am Ende sind wir bei Evi Hartmann alle „Sklavenhalter“, denn „unsere Wirtschaft“ mache uns alle zu Sklavenhaltern – das führe uns „jedes Drei-Euro-T-Shirt und jede Reportage über die Sweatshops in der Dritten Welt vor Augen“. Ob die Professorin wohl jemals ein solches Billig-T-Shirt getragen hat?

„Über den Daumen gerechnet eineinhalb Milliarden privilegierter Menschen im Westen konsumieren rund 80 Prozent aller Güter dieser Welt.“ (Hartmann, a.a.O., S. 22)

Das meiste davon, das verschweigt Hartmann, konsumieren freilich nicht die im Westen ausgebeuteten Träger von Drei-Euro-T-Shirts, sondern die reichen zehn Prozent, die über 50% des Vermögens angehäuft haben (zu denen Frau Hartmann selber zählen dürfte). Worauf will sie also hinaus? Wir kennen diese Anklagen gegen eine ausbeuterische globale Industrie doch seit Jahrzehnten, besonders von Globalisierungskritikern wie Attac. Doch die Logistik-Professorin Hartmann hat ein Mantra für ihre Kritik, das für Attac wie ein Schlag ins Gesicht klingt: „Wir können die Globalisierung nicht abschaffen, auch können wir die Spielregeln nicht ändern.“

Wäre ja auch dumm für ihr Fach Logistik, das seinen Reputations- und Postengewinn (unter dem neuen Label „Supply Chain Management“) der Globalisierung verdankt: Professorinnen wie sie bringen den Konzernen bei, wie sie die Ausbeutung global organisieren und die Produktion dahin verlegen müssen, wo sie ihre Arbeiter bis aufs Blut ausbeuten können. Besonders gern werden die Lieferketten bis in Länder verlegt, wo kleine Kinder wie Sklaven gehalten werden. Aber ist daran wirklich der hiesige prekär schuftende oder Ein-Euro-Sklave, der sich nur billige Hemden leisten kann, Schuld? Oder nicht vielmehr die Konzerne, die korrupte Politik, die keine Gesetze dagegen erlässt, und vor allem die VWL- und BWL-Professoren, die der Politik die Deregulierung und Globalisierung predigen und den Konzernen erklären, wie sie damit am meisten Profit machen können?

Ihre Lösung: Statt Politik muss der Markt die Menschenrechte regeln. Wenn wir alle nur bei „guten Konzernen“ kaufen, die nicht ausbeuten, dann gibt es keine Ausbeutung mehr. Also ein moralisch begründeter Warenboykott. Leider hat Hartmann scheinbar keine Ahnung von der bei ihr behandelten Materie. Sonst wüsste sie, dass Boykott -wenn überhaupt- nur bei Markenprodukten wirksam ist (etwa Greenpeace-Kampagne gegen Schokoriegel Kittkat mit ökologisch bedenklichem Palmöl). Ihr Fokus liegt nicht auf den Menschenrechten der Kinder, deren Leid sie ausufernd schildert, was ein guter Beitrag zur Globalisierungskritik wäre, wäre es nicht allzu offensichtlich als bloße Manipulation der Emotionen der Leser gedacht. Politische Ansätze sind ihr nicht bekannt, mit den Büchern etwa von Jean Ziegler, der sein Leben dem Kampf gegen globales Unrecht widmet, ist sie nicht vertraut.

Sie will den ausgebeuteten Menschen nicht mehr Rechte geben, sich etwa gewerkschaftlich zu organisieren und für bessere Arbeitsbedingungen, menschenwürdigen Lohn und Befreiung der Kindersklaven zu kämpfen. Hartmanns Perspektive ist ausschließlich die der Managerin, die geschockt von Tausenden Toten Näherinnen bei Fabrikbränden und -einstürzen in Bangladesh, nach Verantwortlichen sucht. Nach anderen Verantwortlichen als ihr selbst, hilfsweise nach Verantwortung „bei uns allen“. Von Ethik und Politik versteht sie nichts. Aber viel von BWL, PR und Marketing, wie der künstliche, nicht durch das dümmliche Propaganda-Büchlein zu rechtfertigende Hype um sie und ihre Opus zeigt.

„Jeder von uns ist ein Sklavenhalter, wenn er meint bestimmte Produkte so günstig kaufen zu sollen wie sie ihm angeboten werden. Jeder kennt die Unternehmen, die ihre Lieferanten ausquetschen. Globalisierung ist das Fortsetzen dieses Ausquetschens über moralische Grenzen hinweg mit Kinderarbeit und Sklaven, die in würdelosen Umgebungen menschenentrechtet arbeiten müssen. Der Kampf Moral gegen Moneten wird nicht gewonnen, wenn wir Konsumenten nicht beginnen, diese Dinge zu durchschauen – und zu handeln.“ So lässt sich Hartmann in zahlreichen auffällig oft positiven (angeblichen) „Kunden-Rezension“ bei Amazon bejubeln: Hat sie wirklich schon so viele begeisterte Leser gefunden, die ihr dort fünf von fünf Sternchen geben? Oder betreibt sie nur hochprofessionelles Marketing für ihre Rechtfertigung der Globalisierung?

Eine unter dem Decknamen „Vielleserin“ schreibende angebliche Kunden-Rezension klingt fast wie ein marktschreierischer Werbetext aus der PR-Branche: „..sie überzeugt auch durch einen spritzigen Schreibstil, der dazu verleitet, ihr Buch in einem Rutsch durchzulesen – fast schon wie bei einen packenden Krimi.“ Auf mich wirkte das zynisch herunter geschnodderte Opus der Professorin weniger spritzig als vielmehr wie kalter Kaffee, der altbekannte Kritik von Links in stramm rechtspopulistische Formen gießt. Der Krimi besteht allenfalls darin, wie hier eine Gruppe von hoch kriminellen Sklavenhalter-Konzernen durch eine aalglatte Anwältin die Fakten zu ihren Gunsten hinbiegen lässt. Sie vermischt dabei ohne jeden wissenschaftlichen Anspruch Ausbeutung, Menschenhandel, Sklavenhaltung und (angebliche) Konsumkritik.

Die von ihrem Verlag zur „Expertin für globale Netzwerke“ hochgejubelte Autorin („BWL-Professorin und vierfache Mutter“) liefert angeblich „weit mehr als eine kritische Analyse“, nämlich einen „Wegweiser, wie Fairplay in der Globalisierung funktioniert“, „die persönlichste Globalisierungskritik, die Sie je gelesen haben“. Das Buch sei zwar „keine Aufforderung, die Globalisierung abzuschaffen“, aber biete „eine Anleitung zum kritischen Denken und pragmatischen Handeln“. Kritisches Denken ist aber nicht feststellbar und die „globalen Netzwerke“, für die Evi Hartmann „Expertin“ ist, sind nicht die der Menschen, die auf Sozialforen, bei Attac und in der UNO für Menschenrechte kämpfen. Hartmann steht für die Finanz-Netzwerke der Großkonzerne und ihre rassistische Ausbeutung (weiße Menschen werden weniger brutal ausgebeutet als farbige). Expertin ist sie dafür, diese Ausbeutung zu verschleiern, indem Konzerne etwa mit windigem, unverbindlichem Firmenkodex der kritischen Öffentlichkeit Sand in die Augen streuen können. Die dort oft versprochene „Social Responsibility“ der Großkonzerne ist nur PR und soll den Kampf für echte soziale Verantwortung per Gesetz und Regulierung schwächen.

Das „pragmatische Handeln“ der Expertin besteht darin, mit dem Finger auf andere zu zeigen und in Wahrheit nichts am Elend der Ausgebeuteten ändern zu wollen. Denn die Möglichkeiten dafür liegen seit Jahrzehnten auf dem Tisch, die unter Dominanz des Neoliberalismus deregulierte Weltwirtschaft braucht dringend eine Reregulierung. Im Weg stehen korrupte Politik und Medien (zu denen jetzt offenbar auch der Campus-Verlag gehört), die Globalisierungskritik weitmöglichst totschweigen und Bücher und Texte von Akteuren der Globalisierung unters Volk bringen, wo sie nur können. vgl. SolidarWerkstatt (Österreich)

Hartmann, Evi: Wie viele Sklaven halten Sie? Über Globalisierung und Moral, Campus Verlag: Frankfurt/NY 2016.

Schock im Bioladen: Greenpeace entdeckt Ukraine-Medienkrieg

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Manch ein Grüner wird aus allen Wolken gefallen sein: Seine Mainstream-Medien haben ihn belogen. Sie haben Propagandalügen gegen Putin gebracht. Und das sagt nicht irgendein Blog im Internet, die ja sowieso alle von Moskau bezahlt werden, sondern –Greenpeace! Schock lass nach. Die Greenpeace-Medien-Schelte ist jedoch so lauwarm, dass sie selber schon als tendenziös gelten muss.

Das von Greenpeace heraus gegebene „Greenpeace-Magazin: politik umwelt wirtschaft“ für Spender und Mitglieder der Öko-Lieblings-NGO, entdeckt die Ukraine-Propaganda. Nachdem im Netz schon ein halbes Jahr jede Woche eine Lüge von „Spiegel“, „Zeit“, ARD & Co. aufgedeckt wurde, kamen die Öko-PR-Profis wohl darauf, dass einige ihrer Leser, deren Entpolitisierung noch nicht völlig gelungen ist, davon womöglich langsam Wind bekommen. Die deutschen Greepeacer mussten offenbar reagieren, doch allzu weit vom Mainstream wollten sie sich auch nicht entfernen.

Putin, Russland und russische Medien werden ausgiebig gescholten, aber die USA haben für Greenpeace offenbar gar nichts mit dem Ukraine-Konflikt zu tun. Obama, die CIA, die USA, die Nato werden mit keinem Wort erwähnt. Weder hat für Greenpeace in Kiew ein Putsch stattgefunden, noch haben die USA unter Obama zuvor fünf Milliarden Dollar in diesen „Regime-Change“ investiert, noch wurden Blackwater-Söldner dabei gesichtet, die faschistischen Paramilitärs von Svoboda und Rechtem Sektor auszubilden (die bei Greenpeace nur nebenbei als „Nationalisten“ erwähnt werden). Der Medienkrieg ist für die Öko-NGO eine Sache allein zwischen Poroschenko, Putin und den Medien; einzig der US-Milliardär Soros wird mit seiner prowestlichen Propaganda kurz erwähnt –hat er zu wenig für Greenpeace gespendet?

Medienkritik: Aber ausgewogen – ausgelogen

Der medienkritisch und aufklärerisch daher kommende Greenpeace-Artikel über Ukraine-Medienlügen „Die Wahrheit stirbt zuerst“ holt seine Leser da ab, wo sie vermutlich stehen, und beginnt mit einer aus dem „Spiegel“ stammenden Story. Natürlich nicht über westliche, sondern über russische Propaganda. Die OSZE-Mission wurde missbraucht, um gegen die Westmedien-Behauptung vorzugehen, Putin würde die Ostukraine mit Waffen beliefern. In russischen Medien, so Greenpace, dominiere „ein patriotischer Eifer“, weil sie fast alle auf Linie des Kreml seien. Ob dieser Eifer auch etwas mit der aggressiven Nato-Strategie der Osterweiterung zu tun haben könnte? Oder mit der kriegerischen US-Strategie der Umzingelung Russlands mit US-Militärbasen (die USA haben weltweit hunderte Basen, Russland hat nur wenige)? Greenpeace mutet seinen Lesern diese Fragen nicht zu, aber immerhin gibt man nach viel Kritik an Russland zu bedenken:

„Auch die westlichen Medien berichten häufig unausgewogen über die Ereignisse und lassen sich immer wieder von der ukrainischen Propaganda instrumentalisieren.“ Greenpeace

Aha. Die armen, dummen Westmedien lassen sich instrumentalisieren. Von der ukrainischen Propaganda. Dass diese Propaganda von einem Regime stammt, welches der Westen dort erst mittels eines blutigen Putsches installiert hat, müssen Greenpeace-Spender ja nicht wissen. Und auch die wenigen westkritischen Details, die dem Leser zugemutet werden können, müssen sorgfältig dem lang antrainierten „einerseits-andererseits“ aus den Öffentlich-Rechtlichen Medien folgen. Dass ARD und ZDF in Sachen Ukraine diese Ausgewogenheit fallen ließen, und vom eigenen Programmbeirat dafür mit fundierter Kritik gerügt wurden, erfährt der Greenpeacer nicht. Auch mit den Neonazis von Svoboda und Rechtem Sektor soll die Öko-Gemeinde nicht belastet werden. Greenpeace kritisiert die Westmedien:

„Negatives, wie der Einfluss der Nationalisten, fand erst mit der Zeit Eingang in die Berichterstattung. Zudem schien die Redaktionen dabei oft nur die Frage zu interessieren, ob die Nationalisten antisemitisch seien. Dabei spielte Antisemitismus auf dem Maidan praktisch keine Rolle, umso mehr jedoch antirussische Tendenzen.“ Greenpeace

Damit liegt Greenpeace auf Höhe der Mainstreamer, die inzwischen gewisse dubiose „Nationalisten“ unter ihren geliebten und als friedliche Freiheitskämpfer gepriesenen Maidan-Putschisten nicht mehr völlig leugnen können (den Putsch selbst übergeht Greenpeace genauso wie die faschistischen Paramilitärs).

Greenpeace geißelt die „Zeit“

Doch dann kommt der Greenpeace-Artikel zum Abschuss von MH-17: Da hätten die Westmedien Putin ohne Beweise zum Täter gestempelt und mit dreckigen Propaganda-Tricks gearbeitet. Die betuliche Wochenzeitung „Zeit“  (Ableger des Bertelsmann-Medienclans von dessen Macht Greenpeace-Leser niemals etwas erfuhren) sei bei Fälschungen erwischt worden. Sie hätte die „prorussischen“ Ostukrainer als die Absturzstelle plündernde Barbaren hingestellt:

„Das wird an Wladimir Putin für immer haften bleiben. Uniformierte Separatisten, besoffen von geraubtem Whisky, die Geldbörsen der Toten durchwühlen, ausgerüstet mit den Handys der Absturzopfer und mit Schusswaffen aus russischen Beständen: So sehen Putins Sturmtruppen in der Ostukraine also aus.“ Die „Zeit“ zitiert nach Greenpeace (ohne Datum)

Nach solcher Propaganda hätten, so Greenpeace, viele Medien das Bild eines „prorussischen Separatisten“ gebracht, der an der Absturzstelle scheinbar triumphierend ein Kuscheltier hochhält. Greenpeace berichtet, dies Bild sei aber in Propagandamanier aus einem Video geschnitten worden. Der Ostukrainer hätte das Spielzeug vielmehr anklagend hochgehalten, es dann wieder abgelegt und sich bekreuzigt (Greenpeace belegt dies mit entsprechenden weiteren Bildern aus dem Clip, das ist lobenswert!).

Die PR-Profis von Greenpeace wissen, wie man Emotionen manipuliert, in diesem Fall hoffentlich wirklich für eine gute Sache. Sie bringen nach dieser lang ausgewalzten, herzergreifenden (Toy-) Story tatsächlich sogar noch einen Absatz mit knapper Erwähnung der Maidan-Toten und des „‘Massaker von Odessa‘, wie es in Russland genannt wird“. Greenpeace nennt immerhin auch den US-Milliardär George Soros, der Anfang März im Hotel Ukraina am Maidan ein „Informations“-Zentrum für Westjournalisten finanzierte: Ein Propaganda-Motor für Poroschenkos Kriegslügen gegen Russland. Aber war dies der einzige Einfluss aus den USA im Ukraine-Propagandakrieg, gar im Ukraine-Krieg selbst?

Putin köpft Redaktion

Putin aber, so Greepeace, habe dafür westfreundliche bzw. kritische Medien in Moskau „geköpft“ das heißt, Redakteure entlassen –hier rutscht dem Greenpeacer unbewusst die martialische Propagandasprache der Westmedien heraus (liest er die SZ?)greenpeace-logo2. Ein „perfide Methode der russischen Propagandamaschine“ sei die „Weiterverbreitung von Gerüchten aus dem Internet“, so Greenpeace.

Wirklich nur der russischen Propaganda? Und warum ist diese eine „perfide Maschine“, nicht aber die viel mächtigeren Medienkonzerne im Westen, nebst der Nato-, EU- und US-Pressezentren, die unablässig gegen Moskau hetzten? Dann folgen noch ein paar Absätze –über Kiews Propaganda-Untaten und Bilder die den berüchtigten „Stoppt-Putin-Titel“ von Bertelsmanns Zentralorgan „Spiegel“, dabei auch US-Medien als einzigem Hinweis auf die Verstrickung der USA.

Nun ja, Greenpeace bringt ein paar Bröckchen Medienkritik an seine satte, wohlsituierte Klientel. Das ist zwar die richtige Richtung, aber es ist zu befürchten, dass die so verpackten Informationen auch gegen eine umfassendere Kritik immunisieren. Da gilt es nach zu setzen und unsere ökologisch behinderten MitbürgerInnen mit mehr Hintergrundwissen zu konfrontieren. Eingeklemmt war der 4-Seiten-Politartikel im Greenpeace-Magazin (getreu der Brecht-Weisheit, erst kommt das Fressen und dann die Moral) zwischen einem doppelt so langen Bericht zum „Deutschen Kulturgut Brot“ und einer Enthüllungs-Story über die himmelschreiend ungerechte Behandlung der Quittenkonfitüre durch Brüsseler Bürokraten. Guten Appetit.

Fazit

In dem medienkritisch und aufklärerisch daher kommenden Greenpeace-Artikel über Ukraine-Medienlügen „Die Wahrheit stirbt zuerst“ erfahren die grünbewegten Ökos auch nichts über die Drahtzieher im Westen, etwa die grüne Böll-Stiftung. Die USA werden komplett geschont, als hätten sie mit der Ukraine-Krise nichts zu tun –das grenzt an eine Propagandalüge durch weglassen. Die Leser werden von Greenpeace nur mit ein paar entschärften kritischen Häppchen gefüttert, die ihr neoliberales Weltbild vom rosigen Westen und den strahlenden USA nicht gefährden. Denn sie leben weiter im Tal der Seligen, sollen ihre Ablasszahlungen im Bioladen leisten (und natürlich an Greenpeace). Die ZynikerInnen unter den Ökos haben ohnehin schon lange den Kampf für eine bessere Welt aufgegeben und denken nur noch an ihre eigene gesunde Ernährung und den Endsieg ihrer Sprösslinge im sozialdarwinistischen Kampf gegen die verelendeten Hartz-4-Massen. Die Scheiße fressen die anderen.

Erst wenn der letzte Weg vermint, die letzte Hütte zerbombt und das letzte Kind erschossen ist, merken Ökos, dass man aus Birkenstocklatschen keine Särge zimmern kann –und sie sich doch beizeiten besser für den Frieden interessiert hätten. Alte Indianerweisheit.