Prometheus 12.06.2013
Athen. Rechtsregierung putscht gegen Pressefreiheit. Die putschartige Schließung des öffentlichen Rundfunks in Athen ist ein Angriff auf die Demokratie, wie ihn nicht einmal Rechtspopulist Orban in Ungarn wagte. Der Spar-Terror der von Merkel geführten Troika machte es möglich –die globale Finanzdiktatur zeigt frech ihre totalitäre Fratze, ausgerechnet im Ursprungsland der westlichen Demokratie. Terror gegen die Bevölkerung statt Steuerneintreiben bei den korrupten Geldeliten ist das Programm.
Neben Gesetzgebung, Rechtsprechung und demokratisch gewählter Regierung sind freie Medien die vierte Säule der Demokratie westlicher Prägung. Ihre putschartige Schließung hat totalitäre Züge, auch wenn sie „nur“ den nicht kommerziellen, aber den griechischen Rechtspopulisten wohl unbequem gewordenen Teil der Medien betrifft. Reaktion der Arbeitenden: Alle griechischen Journalisten sind in Streik getreten, es gibt keine Nachrichten mehr und ab Donnerstag auch keine Zeitungen in Griechenland. „Wir werden solange streiken, bis die Regierung ihren Beschluss zurücknimmt“, sagte der Präsident des Verbandes der Athener Zeitungsredakteure (ESIEA), Dimitris Trimis. Es ist ein “Verbrechen gegen die Medien”, so der Ökonom und Blogger Yanis Varoufakis.
In der Nacht zum Mittwoch wurde ein staatliches TV-Programm nach dem anderen abgeschaltet, Begründung: Intransparenz, Korruption -aber da müsste die Regierung von Samaras sich doch als erstes selbst abschalten? Sogar die öffentlichen Radiostationen stellten den Sendebetrieb ein. Das Finanzministerium hatte einfach so erklärt, dass der staatliche Fernseh- und Hörfunksender ERT nicht mehr existiere. Journalisten des Staatsfernsehens blieben am Mittwochmorgen in einem Studio des Zentralgebäudes und sendeten weiter via Web-TV gegen die fristlose Entlassung von 2656 Menschen.
Ob die ERT die griechische Bevölkerung gut informiert hatte, sei dahin gestellt –immerhin hatten die verwirrten Griechen nicht nur die Rechtspopulisten der alten Korruptokratie als Chefs gewählt, sondern auch rassistische Extremisten. Die ERT-Schließung über Nacht steht in einer Reihe mit diktatorischem Sparterror ohne jede Rücksicht auf Menschenrechte und mit der Anwendung von Militärrecht gegen Gewerkschaften und streikende Arbeitende, die sich dem Troika-Terror (propagandistisch zur „Austeritätspolitik“ verniedlicht) entgegenstellen wollten. Selbst der IWF hat inzwischen bekanntlich zugegeben, dass der blindwütige Sparterror als Finanzpolitik total versagt hat, so LostinEurope.

Zurück zum Papyrus?
Die griechische Regierung gab am Abend des 11 Juni 2013 die Schließung der öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt ERT mit sofortiger Wirkung bekannt. In einer besonders hart formulierten Bekanntmachung, die am 11 Juni 2013 um 18:00 im Fernsehen ausgestrahlt wurde, gab der Regierungssprecher Simos Kerdikoglou die Schließung der öffentlichen griechischen Rundfunk- und Fernsehanstalt (ERT) ab dem selben Abend an und charakterisierte die ERT als einen “einzigartigen Fall der Intransparenz“. Vollständige Athener Regierungserklärung zum Rundfunk-Putsch auf griechenlandblog
Die Regierung in Athen griff zu einem handstreichartigen Express-Verfahren bei der Schließung der öffentlichen Rundfunkanstalten und kündigte die Gründung einer “modernen öffentlichen, jedoch nicht staatlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt” anstelle der ERT an. Beschwichtigend wurde dabei versicherte, dass das Personal der ERT regulär abgefunden und der neue womöglich teilprivatisierte Träger mit erheblich weniger Personal betrieben werden solle. Es geht den Rechtspopulisten offenbar darum, der Demokratie das Herz herauszureißen, die ins Elend gestürzten Menschen zu isolieren und künftig ungehemmt mit Desinformation zu manipulieren.
Zur Begründung werden die üblichen neoliberalen Litaneien ineffizienter Verwaltung usw. angeführt, die sicherlich richtige Teile enthalten –so wollte man auch schon 15.000 Beamte entlassen. Eine grundsätzliche Neustrukturierung des Rundfunks jenseits von im öffentlichen Bereich (nicht nur in Athen, auch z.B. in Berlin) üblicher Vetternwirtschaft im Sinne besserer Medienarbeit wäre schön. So und von dieser Regierung ist dergleichen aber nicht zu erwarten -stattdessen köderte der für den auch ERT verantwortliche Presseminister die verelendete Bevölkerung mit einem zeitweisen Aussetzen der Rundfunkgebühren. Er verwies darauf, dass die Griechen für ihre 300 Millionen Euro Gebühren keine adäquate Gegenleistung erhalten, was stimmen könnte. Er verschwieg jedoch, dass ca. 140 Millionen davon durch die Regierung zweckentfremdet wurden: Finanzminister Yannis Stournaras zahlte damit für Strom aus erneuerbaren Energiequellen, 65 Millionen Euro flossen direkt zu den Stromerzeugern. Aus den Gebühren wird auch die Übertragung aller privaten Programme finanziert: Die Privaten zahlen nichts für die staatlichen Sendedienste und sie zahlen nicht einmal Steuern, so Wassilis Aswestopoulos auf heise. Direkter Nutznießer des Rundfunk-Putsches ist der private Sender ANT1, der das Land mit Werbung berieselt. Schon bald wird der Grieche und die Griechin wieder zahlen müssen –mehr als zuvor vermutlich und dann für noch miesere Infotainment-Propaganda der Rechtspopulisten. Wer in Deutschland zum GEZ-Boykott aufruft, sollte daran denken, dass es noch viel schlimmer geht als mit ARD, ZDF & Co.
Athen hatte bereits im Mai die griechischen Generalkonsulate in Brüssel, London, Paris, Hannover, Köln, Leipzig und Napoli sowie die Konsulate in in Nis (Serbien) und Durban (Indien) geschlossen, so griechenlandblog. Eine skandalöse Aufgabe von staatlicher Souveränität und eine Rücksichtslosigkeit gegenüber den vielen Zehntausenden griechischer Arbeitssuchender, die vor der katastrophalen Politik ihrer Regierung ins Ausland fliehen mussten -sie sind auf die Dienste der Konsulate angewiesen. Am Ende soll offenbar nur noch eine korrupte Technokraten-Staffage als Regierung übrig bleiben, die Land und Leute an meistbietende Konzerne verschachert -wie man es aus sogenannten „gescheiterten Staaten“ wie Somalia kennt, also aus den Trümmerlandschaften neokolonialer Ausbeutungs- und Raubkriege, getarnt als „humanitäre Aktionen gegen islamistischen Terror“, siehe auch Mali/Niger.
Update: Regierungskrise war Troika-Plan