Der „große“ und der kleine Schulz (Kevin Kühnert)

Wolfgang Bittner
Wofür steht die SPD? Wer sich Reden von Martin Schulz und auch von Kevin Kühnert angehört hat oder ins Koalitionspapier für die GroKo schaut, findet darin keine genuin sozialdemokratische Programmatik. Der kleine Schulz (Kühnert) ist offenbar ebenso wie der „große“ Schulz eine politisch-inhaltliche Null.

Der Herausgeber der NachDenkSeiten, Albrecht Müller, schreibt: „Es brennt überall auf der Welt, im Nahen Osten hat der Westen unter der Flagge des Kampfes gegen den Terrorismus große Teile des Irak verwüstet und Teile Syriens auch. Junge Deutsche im Alter der Jusos sind in Syrien und im Irak als Soldaten unterwegs. Kein Thema für die Jusos. Frau von der Leyen macht während des Entscheidungsprozesses über die große Koalition und ihre Inhalte Truppenbesuche – kein Thema für die Jusos. Das Feindbild Russland wird systematisch aufgebaut …“ (1)
Albrecht Müller war Wahlkampfleiter von Willy Brandt (1972 erreichte die SPD 45,8 Prozent der Wählerstimmen) und Planungsleiter im Bundeskanzleramt bei Willy Brandt und Helmut Schmidt. Er hat in den NachDenkSeiten, die fast 100.000 Follower haben, mehrmals programmatische Thesen veröffentlicht. (2)
Ich habe sie Kevin Kühnert mit der Bitte zugeschickt, sich ein paar Minuten Zeit dafür zu nehmen. Wie schon vermutet, kam keine Antwort. Der 28-jährige Newcomer, seit November 2017 Juso-Bundesvorsitzender, reist durch die Hinterstuben der Republik, um gegen die Große Koalition von CDU/CSU und SPD zu werben – ohne inhaltliche Themen für einen wirklichen Neuanfang der SPD in der Tasche, geschweige denn im Kopf.
Zu recht schreibt Albrecht Müller: „Die Entspannungspolitik ist die Tradition, in der Jusos heute stehen könnten und stehen müssten. Fehlanzeige. Fehlanzeige muss man auch bei anderen Themen feststellen … ‚NoGroko‘ das ist eine formale, von viel Beifall begleitete Forderung. Sie war unabhängig vom Ergebnis der Koalitionsverhandlungen aufgestellt und wird auch unabhängig davon durchgehalten. Das reicht aber nicht. Aus inhaltlichen Gründen gibt es heute Anlass, nein zu sagen zu dieser großen Koalition. Aber nicht aus formalen Gründen.“

Von allen guten Geistern verlassen?
Müller zitiert einen Ausspruch von Kühnert, damals Vorsitzender der JUSOS Berlin, aus dem Jahr 2013: „Sollte eine Isolierung des iranischen Regimes keinen Erfolg haben und keine diplomatischen Mittel mehr zur Verfügung stehen, um die atomare Bewaffnung des Iran zu verhindern, dann bedeutet Solidarität mit Israel auch gegebenenfalls die Unterstützung einer gezielten Militäraktion.“ Ist es das, was der Bundesvorsitzende der Jusos und seine Anhänger unter Friedenspolitik verstehen? Sind sie von allen guten Geistern verlassen? Ist ihnen nicht bekannt, dass Israel über Atomwaffen verfügt und sie „gegebenenfalls“ auch einsetzen würde?
Der ehemalige Vizepräsident der OSZE und Ex-Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Willy Wimmer, hatte – wie viele andere – noch im Januar in Kühnert unter parteipolitischem Aspekt große Hoffnungen gesetzt: „Wenn es so etwas wie einen ‚scout‘ in der Bundesliga auch für den politischen Bereich geben würde, er wäre auf dem Bonner Selbstfindungs-Parteitag der SPD in der Person des Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert fündig geworden“. (3)
Willy Wimmer (CDU) und Albrecht Müller (SPD) sind nicht die Einzigen, die sich inzwischen in ihrer Hoffnung auf den Phönix aus der Asche getäuscht sehen. Viele Beobachter der politischen Szene in Deutschland fragen sich, ob denn alles, was sich da in Berlin abspielt, nur Kasperletheater und Karrierismus ist. Warum ist niemand von den „Playern“ in der Lage, die wesentlichen Probleme der Bevölkerung in diesem Land, wie sie zum Beispiel Müller oder auch Wimmer immer wieder benennen, zur Sprache zu bringen.

Von wem wird die deutsche Politik gesteuert?
Mag sich denn niemand von den Volksvertretern in der SPD aus der Deckung trauen und für eine echte sozialdemokratische Politik zum Nutzen der breiten Bevölkerung eintreten? Sind sie in Berlin allesamt mit dem Dämelsack geschlagen? Oder sind sie, ebenso wie ein Großteil der Bevölkerung, indoktriniert, von wem auch immer? Es stellt sich die Frage, von wem die deutsche Politik gesteuert wird. Steckt vielleicht noch mehr dahinter als Unwissenheit, Opportunismus und Karrierismus? Willy Wimmer schreibt mir, die Aussage Kühnerts zum Iran werfe die Frage danach auf, „nach welcher Motivlage er den derzeitigen Wirbel in der SPD veranstaltet“.
Fussnoten:
1 http://www.nachdenkseiten.de/?p=42421
2 http://www.nachdenkseiten.de/?p=41876
3 https://de.sputniknews.com/kommentare/20180121319172053-kein-weg-zurueck/
Der Schriftsteller und Jurist Dr. Wolfgang Bittner lebt in Göttingen. Im Juni 2017 erschien von ihm im Westend Verlag eine überarbeitete und um 111 Seiten erweiterte Neuausgabe seines Buches „Die Eroberung Europas durch die USA“.

NRhZ-Online-Flyer Nr. 648  vom 21.02.2018, Erstveröffentlichung bei KenFM am 14.2.2018

SPD kriegt die Merkel-Raute, Schulz ein fettes Amt

Hannes Süß bilderbergerclublogo

Raute: geom. Figur, spätmittelhochdeutsch „Rute“. Groko-Propaganda hat es vorbereitet, SPD belügt Wähler und Mitglieder. Martin Schulz bricht Wort und kassiert fette Minister-Pension, Scholz macht den Schäuble… Oder alles doch nur Bilderberger-Scharade für die große Personal-Rochade von Merkel zu Bilderberger-Darling Jens Spahn? Reichsbürger haben Angst vor Merkel-Putsch von oben.

Bild Martin Schulz: Christallkeks / CC-BY-SA-4.0; Bild Olaf Scholz: Frank Schwichtenberg / CC-BY-3.0; Bild Horst Seehofer: Ralf Roletschek / CC-BY-3.0

Ist das wahr? Es behält die SPD das Außenministerium und bekommt das Finanzministerium für ihren Hamburger Dorf-Schulz (der „Held vom G20-Gipfel“) dazu -Schäuble schiebt ab in ein höheres Amt… Gerangel soll es um das Ministerium für Arbeit und Soziales gegeben haben, das aber schließlich ebenfalls an die SPD fiel. Die Bild-Zeitung wollte wissen, dass der bisherige SPD-Außenminister Gabriel (der „Held von Athen“) seinen Posten zugunsten des SPD-Vorsitzenden Martin Schulz räumen wird. Für Schulz-Effekt-Schulz, der vorher mehrfach geschworen hatte, keine Kabinettsposition unter Merkel einnehmen zu mögen.

Somit stehen nun aktuell 463.723 SPD-Mitglieder vor der Wahl, sich in einer Urabstimmung für oder gegen den Koalitionsvertrag zu entscheiden. Bedenkt man die Mitgliederstruktur der stark von Angehörigen des öffentlichen Dienstes geprägten SPD und die Urabstimmung 2013, scheint eine Zustimmung wahrscheinlicher. Gegner einer großen Koalition konnten mit dem Slogan „Tritt ein, sag nein“ trotzdem über 20.000 Gesinnungsgenossen dazu überreden, neu in die SPD einzutreten, um gegen die Koalition zu stimmen. Weil sich die Koalitionsverhandlungen verzögerten, könnte auch die Auszählung des Mitgliederentscheids später als ursprünglich geplant erfolgen. Als wahrscheinlicher Termin gilt das Wochenende vom 3./4. März und Andrea Nahles reibt sich schon die Hände, weil sie glaubt, in vier Jahren kann sie Merkel beerben…

Reichsbürger sehen Regierungskriminalität

Auch im Reichsbürgermilieu (so eins existiert) graust es vor der Groko, aber aus den falschen Gründen. Man meint, Merkel wurde 2005 als Kanzlerin bestimmt, beschlossen auf dem Bilderbergertreffen im Dorint Sofitel Seehotel Überfahrt in Rottach-Egern am Tegernsee vom 5.-8. Mai 2005. Schröder musste demnach quasi gegen sich selbst einen Misstrauensantrag stellen, auch er war auf diesem Treffen. Die westlichen Machteliten der sog. Bilderberger beschließen jedes Jahr auf ihren Treffen, was sie zur Umsetzung ihrer Ziele in der Welt planen -soweit ganz richtig. Politisch oft weit rechtsstehend fallen Reichsbürger aber zuweilen auf die Mainstreamer herein, die auch hier bei der Groko wieder die Themen Migration, Flüchtlinge in der Aufmerksamkeit hochpeitschten: Wasser auf die Mühlen von AfD & Co., die nur auf eine Koalition mit der ihnen schon gleichenden CSU und der ihr Fähnchen in jeden Wind hängenden CDU lauern (Modell Wien).

Tatsächlich sind ein oder auch zwei Millionen Neubürger für ein reiches Land leicht zu integrieren (verglichen mit armen Ländern wie Libanon oder Jordanien, die mehr Asylanten aufnehmen): Einfach Steuern bei den oberen 10% eintreiben, die sich seit Jahrzehnten drücken und nur schamrotzen, und Lehrer einstellen. Doch die Sorgen vieler Menschen, vor allem im Osten, klingen dagegen so:

Die installierten Vasallen und Hofnarren bekommen ihre Order. Beispiel Deutschland: Putsch von oben – Angela Merkel löst das Rechtssystem auf. Es findet ein permanenter Gesetzesbruch von oben statt, mit dem was hier in Deutschland durch Merkel und Vasallen betrieben wird.
Im Prinzip wurde das Rechtssystem von oberster Stelle aufgehoben, von der Bundeskanzlerin Angela Merkel, als sie diese “Flüchtlinge”, besser arglistig Umgesiedelte am 4. September 2015 durchgewinkt hat, denn das ist rechtlich nicht möglich, denn das sind illegegale Einwanderer, es handelt sich also um illegale Einwanderung und wenn jemand dazu Beihilfe leistet oder anstiftet, der macht sich strafbar.
Angela Merkel wurde ja auch von unerschrockenen Kritiker als oberste Schleuserin betitelt.
Das ist ja ganz erstaunlich für die Verfasstheit dieser Republik, dass eine einzelne Person eine solche Entscheidung treffen kann, warum auch immer, und der gesamte Apparat bricht mit ihr die Gesetze, es ist somit ein völliges Abdanken des Rechtstaates und das genau ist absolut erschreckend.
Das ist praktisch eine Revolution, ein Putsch von oben, auch der frührere Verteidigungsstaatssekretär Willi Wimmer, hat das so genannt ! (Leserpost an Jasmin)

Hier mischen sich berechtigte Sorgen um die Machenschaften der Bilderberger, Gladio & Co. mit einer medial geschürten Angst vor Flüchtlingen (so nannte man früher mal Deutsche, die nach Westen vertrieben wurden) und Migranten. Schade. Probleme gibt es mit Migranten. Aber die gibt es auch mit z.B. Nazis. Oft sogar ganz ähnliche -junge, ungebildete Männer, die ihre Wut nicht kontrollieren können und verwirrt herumlaufen, weil ihnen vernünftige Perspektiven fehlen. Diese noch naiven Suchenden und Zornigen fallen auf Scharlatane aller Art herein, besonders, wenn sie ihnen Sündenböcke präsentieren. Da hilft nur mehr Bildung, auch Charakterbildung zur Menschlichkeit… und deshalb machen IWF, Rockefeller and friends auch als erstes Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen kaputt, wenn sie ein Land steuern wollen: Sie lieben das Volk arm, dumm und krank.

Siehe:

Seehofer und Pegida: Wie faschistisch ist die CSU?

Kipping: Merkel und Nahles versagen bei Armutsbekämpfung

Katja Kipping

Die Armutsgefährdungsquote verharrt im Jahr 2016 unverändert gegenüber dem Vorjahr auf dem Höchststand von 15,7 Prozent, wie das Bundesamt für Statistik heute mitteilte. Auf 20,7 Prozent ist die Armutsquote von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahre gestiegen – jedes fünfte Kind, jeder fünfte Jugendliche unter 18 Jahren ist damit von Armut bedroht. Fast 57 Prozent der Erwerbslosen leben in Einkommensarmut, ebenso 43,6 Prozent der Alleinerziehenden, darunter insbesondere Frauen.

Die hohen beziehungsweise steigenden Armutsquoten zeigen, dass die Bundesregierung bei der Armutsbekämpfung kläglich versagt hat. DIE LINKE streitet dagegen für gute Löhne, auch in frauentypischen Berufen, sowie für eine sanktionsfreie, individuelle Mindestsicherung, ein BAföG und eine Mindestrente von derzeit 1050 Euro netto – nur so kann Armut bei Erwachsenen abgeschafft werden.

Um auch Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren ein von Armutssorgen freies Leben zu ermöglichen, setzen wir uns gemeinsam mit vielen Wohlfahrtsverbänden und Wissenschaftler/innen für eine Kindergrundsicherung in Höhe von 573 Euro ein.

Brutale Sanktionspraxis gegen Hartz IV-Abhängige

Die brutale Sanktionspraxis gegen Hartz IV-Abhängige ist eine Menschenrechtsverletzung. Und sie ist größtenteils sogar nach hier geltendem (Un-) Recht rechtswidrig: Fast 40 Prozent aller Klageverfahren gegen Entscheidungen der zuständigen Hartz-IV-Ämter vollständig oder teilweise erfolgreich. Das H4-Regime bedroht Arbeitslose mit Obdachlosigkeit, um sie in miese 1-Euro-Jobs zu pressen -trotz Verbot von Zwangsarbeit in unserer Verfassung. Gedeckt wird die amtliche Schikane von den Medien, ob ARD oder privat: Bertelsmann (RTL/Stern/Spiegel) hängt sogar selbst mit in der H4-Mafia.

Wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf meine Anfrage im Mai  zugeben musste, gingen im Jahr 2016 39,9 Prozent aller Klageverfahren gegen Entscheidungen der zuständigen Hartz-IV-Ämter vollständig oder teilweise zugunsten der klagenden Leistungsberechtigten aus. Bei Klageverfahren gegen Sanktionen sind es 38,4 Prozent und bei den Kosten der Unterkunft und Heizung sogar 42,8 Prozent.

Diese hohe Zahl von erfolgreichen bzw. teilweise erfolgreichen Klageverfahren gegen die Hartz-IV-Behörden zeigt nur die Spitze des Eisbergs. Das ganze skandalöse Ausmaß der rechtswidrigen Praxis ist unbekannt. Denn viele Betroffene klagen aus unterschiedlichen Gründen nicht. Aber schon das bekannte Ausmaß lässt nur einen Schluss zu: Hartz IV öffnet offensichtlich rechtlicher Willkür Tür und Tor. Das soziale Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenz- und Teilhabeminimum ist mit Hartz IV schon aus diesem Grund nicht zu gewährleisten. katja-kipping.de

Peter Hartz -ein unverbesserlicher Sozialdiktator?

Seit zwölfeinhalb Jahren müssen nun viele Millionen von Menschen in diesem Land tagtäglich mit den Folgen von Hartz IV leben. In Politik und Sozialwissenschaft wird die „Reform“ der rotgrünen Regierung von Schröder/Fischer, in Wahrheit ein reaktionärer Abbau von Arbeiter- und Armenrechten, als sozialpolitisches Desaster gewertet. Man sollte meinen, dass eine derart lange Zeit auch für den Namensgeber der Hartz-Reformen reichen müsste, um seine Fehler von damals einzugestehen.

Fehlanzeige. Auf einer Pressekonferenz von Peter Hartz war davon nichts zu hören. Keine Vorschläge zur Erhöhung der Regelsätze, keine Kritik an den Sanktionen die zu Existenznot, Existenzangst ja sogar zu Wohnungslosigkeit führen. Kein Satz dazu, dass die Sanktionsregeln bei Hartz IV auch die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten beeinträchtigen. Keine Kritik daran, dass das Konstrukt Bedarfsgemeinschaft das Zusammenleben von Menschen, die nur ein geringes Einkommen haben, erschwert.

Die mageren Vorschläge von Peter Hartz zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit und der Jugendarbeitslosigkeit sind nicht neu. Jugendliche dabei als Menschen zu betrachten, ist eine anderer Ansatz als sie zu „werthaltigen Ausbildungssuchenden“ zu machen – so viel Marktzynismus hört man selten. Das Konzept ist zudem bei Weitem nicht so gut wie das Konzept des öffentlichen Beschäftigungssektors der LINKEN. Vielleicht müsste Peter Hartz einfach mal einige Monate in dem nach ihm benannten System von Armut und Schikane leben, um wirklich zu begreifen, was das Leben mit Hartz IV bedeutet.

von Scharf-Links Soziales