Harold Pinter: Tony Blair und tote Kinder im Irak

Harold Pinter (1930-2008), Nobelpreis für Literatur 2005

Harold Pinter

Den Vereinigten Staaten liegt nichts mehr am low intensity conflict. Sie sehen keine weitere Notwendigkeit, sich Zurückhaltung aufzuerlegen oder gar auf Umwegen ans Ziel zu kommen. Sie legen ihre Karten ganz ungeniert auf den Tisch. Sie scheren sich einen Dreck um die Vereinten Nationen, das Völkerrecht oder kritischen Dissens, den sie als machtlos und irrelevant betrachten. Sie haben sogar ein kleines, blökendes Lämmchen, das ihnen an einer Leine hinterher trottelt, das erbärmliche und abgeschlaffte Großbritannien.

Was ist aus unserem sittlichen Empfinden geworden? Hatten wir je eines? Was bedeuten diese Worte? Stehen sie für einen heutzutage äußerst selten gebrauchten Begriff – Gewissen? Ein Gewissen nicht nur hinsichtlich unseres eigenen Tuns sondern auch hinsichtlich unserer gemeinsamen Verantwortung für das Tun anderer? Ist all das tot? Nehmen wir Guantanamo Bay. Hunderte von Menschen, seit über drei Jahren ohne Anklage in Haft, ohne gesetzliche Vertretung oder ordentlichen Prozess, im Prinzip für immer inhaftiert. Diese absolut rechtswidrige Situation existiert trotz der Genfer Konvention weiter. Die sogenannte „internationale Gemeinschaft“ toleriert sie nicht nur, sondern verschwendet auch so gut wie keinen Gedanken daran. Diese kriminelle Ungeheuerlichkeit begeht ein Land, das sich selbst zum „Anführer der freien Welt“ erklärt. Denken wir an die Menschen in Guantanamo Bay? Was berichten die Medien über sie? Sie tauchen gelegentlich auf – eine kleine Notiz auf Seite sechs. Sie wurden in ein Niemandsland geschickt, aus dem sie womöglich nie mehr zurückkehren. Gegenwärtig sind viele im Hungerstreik, werden zwangsernährt, darunter auch britische Bürger. Zwangsernährung ist kein schöner Vorgang. Weder Beruhigungsmittel noch Betäubung. Man bekommt durch die Nase einen Schlauch in den Hals gesteckt. Man spuckt Blut. Das ist Folter. Was hat der britische Außenminister dazu gesagt? Nichts. Was hat der britische Premierminister dazu gesagt? Nichts. Warum nicht? Weil die Vereinigten Staaten gesagt haben: Kritik an unserem Vorgehen in Guantanamo Bay stellt einen feindseligen Akt dar. Ihr seid entweder für uns oder gegen uns. Also hält Blair den Mund.

blackwater

Warum treffen die Topgun-Helden der US-Airforce alles, nur nicht die Panzer der ISIS? Eine Erklärung kann uns ein Blick in die Geschichte des Iran geben: Die USA lieferten Anfang der 80er nicht nur ihrem Zögling Saddam Hussein Waffen, sondern heimlich auch dem Iran. Warum redet niemand über die Parallele zur heutigen Situation in Syrien/Irak?

Die Invasion des Irak war ein Banditenakt, ein Akt von unverhohlenem Staatsterrorismus, der die absolute Verachtung des Prinzips von internationalem Recht demonstrierte. Die Invasion war ein willkürlicher Militäreinsatz, ausgelöst durch einen ganzen Berg von Lügen und die üble Manipulation der Medien und somit der Öffentlichkeit; ein Akt zur Konsolidierung der militärischen und ökonomischen Kontrolle Amerikas im mittleren Osten unter der Maske der Befreiung, letztes Mittel, nachdem alle anderen Rechtfertigungen sich nicht hatten rechtfertigen lassen. Eine beeindruckende Demonstration einer Militärmacht, die für den Tod und die Verstümmelung abertausender Unschuldiger verantwortlich ist.

Wir haben dem irakischen Volk Folter, Splitterbomben, abgereichertes Uran, zahllose, willkürliche Mordtaten, Elend, Erniedrigung und Tod gebracht und nennen es „dem mittleren Osten Freiheit und Demokratie bringen“.

Wie viele Menschen muss man töten, bis man sich die Bezeichnung verdient hat, ein Massenmörder und Kriegsverbrecher zu sein? Einhunderttausend? Mehr als genug, würde ich meinen. Deshalb ist es nur gerecht, dass Bush und Blair vor den Internationalen Strafgerichtshof kommen. Aber Bush war clever. Er hat den Internationalen Strafgerichtshof gar nicht erst anerkannt. Für den Fall, dass sich ein amerikanischer Soldat oder auch ein Politiker auf der Anklagebank wiederfindet, hat Bush damit gedroht, die Marines in den Einsatz zu schicken. Aber Tony Blair hat den Gerichtshof anerkannt und steht für ein Gerichtsverfahren zur Verfügung. Wir können dem Gerichtshof seine Adresse geben, falls er Interesse daran hat. Sie lautet Number 10, Downing Street, London.

Der Tod spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Für Bush und Blair ist der Tod eine Lappalie. Mindestens 100.000 Iraker kamen durch amerikanische Bomben und Raketen um, bevor der irakische Aufstand begann. Diese Menschen sind bedeutungslos. Ihr Tod existiert nicht. Sie sind eine Leerstelle. Sie werden nicht einmal als tot gemeldet. „Leichen zählen wir nicht“, sagte der amerikanische General Tommy Franks.

Ganz zu Beginn der Invasion veröffentlichten die britischen Zeitungen auf der Titelseite ein Foto von Tony Blair, der einen kleinen irakischen Jungen auf die Wange küsst. „Ein dankbares Kind“, lautete die Überschrift. Einige Tage später gab es auf einer Innenseite einen Bericht und ein Foto von einem anderen vierjährigen Jungen, ohne Arme. Eine Rakete hatte seine Familie in die Luft gesprengt. Er war der einzige Überlebende. „Wann bekomme ich meine Arme wieder?“ fragte er. Der Bericht wurde nicht weiter verfolgt. Nun, diesen Jungen hielt auch nicht Tony Blair in den Armen, weder ihn noch sonst ein anderes verstümmeltes Kind oder irgendeine blutige Leiche. Blut ist schmutzig. Es verschmutzt einem Hemd und Krawatte, wenn man eine aufrichtige Ansprache im Fernsehen hält.

Die 2000 toten Amerikaner sind peinlich. Sie werden bei Dunkelheit zu ihren Gräbern transportiert. Die Beerdigungen finden dezent statt, an einem sicheren Ort. Die Verstümmelten verfaulen in ihren Betten, manche für den Rest ihres Lebens. Die Toten und die Verstümmelten verfaulen beide, nur in unterschiedlichen Gräbern.

Lügen, Grausamkeit und Heuchelei von Politik und Medien

Harold Pinter (i.Mem.)

Der Nobelpreisträger Harold Pinter äußerte sich 2005 zu Lügen, Grausamkeit und Heuchelei von Politik und Medien -leider blieb seine wichtige Rede weitgehend unbekannt, obwohl sie seither leider Jahr für Jahr an Aktualität gewonnen hat.

Der Londoner Romanautor und Dramaturg Harold Pinter erhielt 2005, drei Jahre vor seinem Tod, den Nobelpreis für Literatur. Dies war eine kleine Sensation, da er auch die Politik „des Westen“ kritisierte (meist geht der Preis an Literaten, die aktuelle oder besiegte Feinde „des Westens“ kritisieren, besonders „sozialistische“ Feinde). Harold Pinter (1930-2008) hatte in seinen Stücken meist in poetisch verkleideter Form Lügen, Grausamkeit und Heuchelei auch der Regierungen in London und Washington gemeint. Bei der Nobelpreisverleihung nutzte er die ihm zuteil werdende Öffentlichkeit, um seine kritische Intention noch einmal unmissverständlich deutlich zu machen.

Pinters Nobelpreis-Lecture „Kunst, Wahrheit und Politik“ bestand zu einem großen Teil aus der Verurteilung der verdeckten völkerrechtswidrigen Kriege des Westens unter Führung der USA. Namentlich des geheimen Krieg des US-Präsidenten Ronald Reagan gegen die sozialistische Revolution der Sandinisten in Nicaragua in den 1980er Jahren sowie des völkerrechtswidrigen Irak-Kriegs, geführt hauptsächlich von den USA und Großbritannien ab 2002.

Die Invasion des Irak sei ein Banditenakt, ein Akt von unverhohlenem Staatsterrorismus gewesen, der die absolute Verachtung des Prinzips von internationalem Recht demonstriert habe. Die westlichen Medien hätten durch eine Art Hypnose der westlichen Bevölkerung die verbrecherischen Kriege ihrer Regierungen gedeckt. Die ungewöhnlich offene Kritik wurde medial wenig gewürdigt, obwohl (oder weil) sie aus offiziell berufenem Mund eines berühmten Mannes kam.

Harold Pinters Nobelpreis-Lektion soll daher auszugsweise noch einmal in einer Artikel-Reihe dokumentiert werden (unter Absehung von rein literarischen Ausführungen, mit denen Pinter seine Lektion einleitete; diese führen leider dazu, dass wichtige politische Teile von flüchtigen Lesern oft übersehen werden).

Neue Snowden-Files geleakt: The Intercept öffnet NSA-Akten

Gerd R. RuegerNSA-LauschLogo

Glenn Greenwald publizierte vor drei Jahren die ersten Snowden-Files. Jetzt legt er kräftig nach: The Intercept leakt weitere 166 Artikel der internen NSA-Hauszeitschrift SIDtoday (SID: Signals Intelligence Directorate), die 2003 während des Irakkriegs startete und  TheIntercept bis zum Jahrgang 2012 vorliegt. Die Geheimdateien geben auch Einblick in die bislang unbekannte, finstere Rolle der NSA bei den Folter-Verhören der USA in Guantánamo, der (im Gegensatz zur Krim durch Russland) illegal von den USA annektierten US-Basis auf Kuba, wo Washington ein menschen- und völkerrechtswidriges Folter-KZ betreibt. Vor der Veröffentlichung hat The Intercept die NSA-Dokumente zum Schutz von Persönlichkeitsrechten redigiert. Greenwalds Leute präsentieren auch eine Auswahl der „most intriguing“, also „fesselndsten Artikel„.

Greenwald

Die USA-getreue Opposition in Brasilien hatte kürzlich die gemäßigt-sozialdemokratische Regierungspartei PT durch einen illegalen Parlamentsputsch gestürzt. Da Brasilien seit elf Jahren Glenn Greenwalds Exil-Wahlheimat ist (er musste die USA wegen politischer Drangsalierung verlassen, wie auch Laura Poitras und viele weitere Dissidenten, die im Westen als solche kaum gewürdigt werden) vermuten nun Beobachter eine Retourkutsche von The Intercept: Die massive Freigabe von NSA-Geheimdateien wird die Drahtzieher des Brasilien-Putsches empfindlich treffen -Obama dürfte von seinen Geheimdienstlern aus dem Schlaf geklingelt worden sein. Doch die Publikation der neuen Leak-Files wäre ohnehin irgendwann erfolgt, wenn auch wohl in kleineren Portionen. Zu SIDtoday schreibt The Intercept:

NSA: „brutal questioning and mistreatment“
Snowden

Edward Snowden

„SIDtoday is the internal newsletter for the NSA’s most important division, the Signals Intelligence Directorate. After editorial review, The Intercept is releasing nine years’ worth of newsletters in batches, starting with 2003. The agency’s spies explain a surprising amount about what they were doing, how they were doing it, and why.

Personnel from the National Security Agency worked alongside the military, CIA, and other agencies on interrogations at Guantánamo in the early days of the war on terror, new documents show. Entries from an internal NSA publication, which were among the documents provided by whistleblower Edward Snowden, described staffers’ deployments to Guantánamo Bay during a time period when prisoners were subjected to brutal questioning and mistreatment. An NSA employee also described participation in a rendition, when U.S. forces seized six men in Bosnia and secreted them off to Cuba. SIDtoday/TheIntercept“

GCHQ in die Parade gefahren

Greenwalds TheIntercept konterkarierte mit dem Leak auch eine PR-Operation des Britischen Dienstes Government GCHQlogoCommunications Headquarters (GCHQ) aus Cheltenham, denn just sind die Abhörspione auch  mit einem offiziellen Account auf Twitter vertreten: https://twitter.com/GCHQ. Der twitternde Geheimdienst ihrer Majestät rühmt sich seiner heroischen Geschichte im Ersten Weltkrieg und lädt kumpelhaft zum Fußballsudoku ein. In der ersten drei Stunden seiner Existenz sammelte das GCHQ über 17.000 Follower ein, so telepolis. Der GCHQ-Account folgt offiziell nur 59 anderen Accounts, tatsächlich dürften die Spione des Britischen Empire allen Twitternutzern folgen, insgeheim natürlich. Und da der GCHQ auf Online-Zersetzung politischer Gegner der Echelon-Allianz (USA, UK, Canada, Aus, NZ) spezialisiert ist -Hundertausende Twitter-Sockenpuppen dürften ihr Zuhause in Cheltenham haben und von dort aus ihr teilweise automatisch generiertes kommunikatives Lügengift in alle Welt vertwittern.

 

Obama gib Guantanamo heraus! (Forum Sao Paulo, Mexico)

Galindo GaznateWappen Venezuelas

Mexiko. Das Forum Sao Paulo, eine der wichtigsten Plattformen des Neuen Lateinamerikas, fordert von Obama, das völkerrechtswidrig besetzte Gebiet Guantanamo endlich freizugeben und die Wirtschaftsblockade Kubas aufzuheben, statt mit Lippenbekenntnissen Entspannung nur symbolpolitisch zu betreiben. Weiter forderte das Forum von Obama, in Puerto Rico (US-Territorium in der Karibik) eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit von den USA abzuhalten. Die Versammelten sahen es als großen Erfolg, dass inzwischen zwölf Länder der Region von Parteien regiert werden, die dem Forum angehören, warnten aber vor offenen und verdeckten Aggressionen der USA gegen diese Regierungen.

Deutsche Medien haben ein stramm an US-Interessen orientiertes Bild von Lateinamerika,  das deutsche Wikipedia (das inzwischen mit dem deutschen Mediengiganten Bertelsmann kooperiert) ebenso. Da kommen Bewegungen, die sich gegen Neoliberalismus und Imperialismus wehren, kaum vor -außer, wenn man ihnen angebliche Verfehlungen anhängen will. Das Handelsabkommen ALBA ist ARD-Konsumenten daher ebenso unbekannt wie das Forum Sao Paulo, das bedeutendste Treffen sozialistischer Parteien Lateinamerikas. Seit 1990 treffen sich dort progressive Parteien und Organisationen, Gründerväter waren Fidel Castro und Lula da Silva, damals noch Gewerkschafter, später Präsident Brasiliens. Auf dem Forum 2015 in Mexikos Hauptstadt diskutierten diese Woche Vertreter von 104 progressiven Parteien und Organisationen aus 23 Ländern Lateinamerikas und der Karibik über Konzepte zur Stärkung der fortschrittlichen Kräfte in der Region. Gastgeber waren die mexikanischen Oppositionsparteien PRD (Partido de la Revolución Democrática) und PT (Partido del Trabajo).

In den Debatten ging es vor allem um gemeinsame Strategien zur Abwehr der neoliberalen imperialistischen Gegenoffensive mit der versucht werde, die sozialistischen (oder auch nur sozialen) Regierungen des Neuen Lateinamerika gewaltsam zu stürzen. In Venezuela wurde etwa jüngst das Vorgehen Washingtons, im März große Militärmanöver auf Puerto Rico abzuhalten, als Kriegserklärung verstanden, die als Reaktion auf die bislang abgewehrten Putschversuche gilt. Obama zürnt offenbar Caracas, weil es sich erfolgreich gegen den andauernden Terrorismus durch CIA-Agenten verteidigen kann, der von wirtschaftlicher Sabotage über Propaganda für Pro-USA-Gruppen bis zu Gewalt und Morden alles umfasst, was ein Land destabilisieren kann. Der frühe Tod des Revolutionsführers Chavez an Krebs konnte die USA nicht befriedigen. Jüngst scheiterte sogar ein US-Komplott zum Militärputsch gegen Maduro.

Obamas extrem aggressive Außenpolitik gegenüber dem wichtigsten Ölförderland der Region, Venezuela, ist aber nur ein Beispiel unter vielen.  Jahrzehntelang hätte die Bevölkerung Lateinamerikas unter der neoliberalen Politik rechter Regierungen und unter Militärdiktaturen gelitten, so der PRD-Vorsitzende Carlos Navarrete Ruiz auf der Pressekonferenz zur Eröffnung des Forums. Die Zukunft Lateinamerikas hänge davon ab, ob die sozialistischen Länder des Kontinents es schaffen, sich gegen die Angriffe der Rechten zu behaupten, so José Ramón Balaguer, Chef der Abteilung für Auswärtige Angelegenheiten beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Kubas (PCC). Balaguer rief die Vertreter der Region zu größter Wachsamkeit und zur Geschlossenheit auf, denn was in einem Land geschehe, „wirkt sich auf uns alle aus“. Balaguer begründete seine Warnung damit, dass der Imperialismus Länder wie den Irak und Libyen zerstört habe und ähnliches für Syrien plane. Dort wie in Lateinamerika ginge es um Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und Gerechtigkeit. Und Erdöl, könnte man hinzufügen -oder wie in Syrien, um Pipeline-Routen, um das Erdöl schnellst- und billigmöglichst massenhaft in den Westblock zu pumpen.

Nach Venezuela wird nun Ecuador CIA-Ziel Nr.1

Alarmiert ist die Linke Lateinamerikas vor allem wegen der von Washington auch unter Obama unterstützten und oft sogar initiierten Destabilisierungsversuche gegen die demokratisch gewählten Regierungen Venezuelas, Ecuadors, Boliviens, Brasiliens und anderer Länder der Region. Nachdem jahrelang Venezuela Hauptziel der verdeckten US-Aggressionen wurde, zahllose Putschversuche und terroristische Gewalttaten abwehren musste, scheint seit Anfang 2015 auch Ecuador ins Visier immer brutalerer Infiltration zu werden.

Bombenanschläge auf die Partei des Präsidenten Rafael Correa häufen sich, rechte und rechtsextreme Parteien mit ecuador_flagwie üblich prall gefüllten Dollar-Kassen organisieren gewalttätige Demonstrationen und erkaufen sich Alliierte gegen Correa bei Indigenen (die, wie praktisch für die USA, unter Rohstoffnutzung von Quito in Zusammenarbeit mit Peking leiden könnten) und sogar linken Gruppen. Die so operierende „Nationale Befreiungsfront“ hat sich seit April 2015 zwei neue Gesetze Correas als Ziel ihrer Angriffe erwählt: Die nach Höhe des Erbes gestaffelte Erbschaftssteuererhöhung und eine neue Immobiliensteuer, die Spekulationsgewinne abschöpfen soll. Aufgrund der Protestwelle vertagte Präsident Correa Mitte Juni die Einführung der neuen Gesetze und seine Regierung startete einen Bürgerdialog. In deutschen Medien wird Ecuador selten erwähnt, seit dort Sozialisten regieren kaum anders als negativ; gebetsmühlenartig wird von ARD & Co. die angebliche Einschränkung der Pressefreiheit durch Correa behauptet, die aber reine US-Propaganda ist -wie auch der rechtslibertäre US-Intellektuelle P.C.Roberts, unter Reagan in der US-Regierung tätig, meint (und den ARD & Co. natürlich nicht kennen wollen):

„Correa ist es gelungen, Washington und seinen Komplizen in der kleinen reichen Elite Ecuadors die Kontrolle über die Medien und die Ressourcen des Landes zu entziehen. Er hat wie David gegen Goliath gekämpft. Mit anderen Worten, Correa gehört wie (der verstorbene) Chavez in Venezuela zu den wenigen ausländischen Staatsmännern, denen die Interessen ihrer eigenen Staaten wichtiger als die Interessen Washingtons sind.PCRoberts

Evo Morales, Präsident Boliviens

Das Forum Sao Paulo begrüßte zwar die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Kuba und den USA und den begonnenen Normalisierungsprozess, warnte aber vor Illusionen über die neue Politik Obamas in Lateinamerika. Die noch immer gegenüber Kuba aufrechterhaltene Blockade und die Weigerung der USA, das illegal besetzte Gebiet in der Bucht von Guantánamo an Kuba zurückzugeben, seien Belege für den aggressiven Charakter der US-Außenpolitik. Gleiches gilt für die zahllosen verdeckten Angriffe auf progressive Regierungen der Region, denen die Parteien des Forums Soa Paulo Widerstand leisten. Das sozialistische Bolivien kann dabei als Vorreiter der neuen Bewegung gegen die Finanzdiktatur der Wallstreet gelten: Sein Präsident Evo Morales forderte 2014 vom IWF Wiedergutmachung. Der IWF habe jahrzehntelang ökonomische Unterdrückung im Sinne neoliberaler Finanzherrschaft ausgeübt und damit viele Länder und Völker in Armut gehalten. Für die so angerichteten Schäden soll der IWF nun Entschädigung an seine Opfer zahlen, so Morales.

Bolivien hat sich seit seiner Befreiung von dieser Herrschaft bestens entwickelt und kann als Beweis für diese Beurteilung des IWF aus neokoloniales Ausbeutungsinstrument gelten. Kuba dagegen leidet seit Jahrzehnten an der US-Blockade und hat sich dennoch tapfer gehalten, trotz Sabotage, Mordanschlägen, Bombenterror aus Florida -und trotz des von den USA besetzten Guantánamo, wo die USA das bekannteste Folter-KZ der Welt unterhalten, vermutlich um nicht lügen zu müssen, wenn sie behaupten, auf Kuba würden die Menschenrechte verletzt.

Mit US-Hilfe und von Washingtons Gnaden an die Macht geputschte Diktatoren Lateinamerikas verschulden ihre Länder und geben sie der Plünderung durch Westkonzerne und die Finanzdiktatur von Weltbank und IWF preis. Das Forum Sao Paulo, die Wirtschaftsallianz ALBA und die ALBA verbundene neue BRICS-Weltbank unter chinesisch-russischer Führung haben viel Arbeit vor sich, das globale Trümmerfeld, das die Westblock-Geldeliten hinterlassen haben, wieder aufzubauen.

Mónica Valente, Generalsekretärin des Forums und Vertreterin der brasilianischen Arbeiterpartei PT, wies laut jw darauf hin, dass das Forum Sao Paulo in den 25 Jahren seines Bestehens dazu beigetragen habe, den Neoliberalismus auf dem Kontinent zurückzudrängen. Die progressiven Regierungen hätten die soziale Entwicklung der Bevölkerungsmehrheit, ihre Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben, den Kampf gegen die Armut und mehr soziale Gerechtigkeit zum Ziel.

 

Wie funktioniert Bilderberger-Propaganda? Beispiel: Stefan Kornelius (SZ)

Theodor Marloth BilderbergerClubLogo

Am Beispiel des SZ-Meinungsschreibers Stefan Kornelius, einer der „Transatlantiker“ unter den deutschen Mainstreamern, wird die Technik der Propaganda für die Machteliten des Westblocks und das Hasspredigen gegen ihre Feinde gezeigt. Der Schurke des Tages heißt Putin und der Weiße Ritter, der ihm mutig entgegentritt, ist Ober-Bilderberger Henry Kissinger. Dass Kissinger ein verurteilter Kriegsverbrecher ist, weiß Stefan Kornelius nicht. Er wird für Lobhudelei bezahlt, nicht für Recherche.

Am Beispiel des Meinungsschreibers Stefan Kornelius von der SZ (Süddeutsche Zeitung), einer der „Transatlantiker“ unter den deutschen Mainstreamern, wird die Technik der Propaganda für die Machteliten des Westblocks und das Hasspredigen gegen ihre Feinde gezeigt. Als „Transatlantiker“ werden die Mainstream-Schreiber Kai Diekmann (BILD), Günter Nonnenmacher und Klaus-Dieter Frankenberger (FAZ), Josef Joffe und Jochen Bittner (ZEIT) sowie Stefan Kornelius (SZ) bezeichnet. Reibungslos läuft ihre Agitation derzeit nicht mehr, nachdem sie allesamt im ZDF-Kabarett Die Anstalt satirisch auf’s Korn genommen wurden und Joffe und Bittner so dumm waren, dagegen zu klagen. Kornelius ist schlauer, stellt sich taub und macht ungerührt weiter im Propaganda-Geschäft.

Stefan Kornelius‘ Globale Ordnung

In seiner SZ-Kolumne donnert Stefan Kornelius am 18.8.14 unter dem pompösen Titel „Globale Ordnung: Die Welt-Erschütterer“ gegen Putin und für seine Helden, die Machthaber des Westens. Deren Untaten werden verschwiegen, vertuscht oder reingewaschen, Putin aber mit diversen rhetorischen Tricks allerlei Bosheiten und Gräueltaten angehängt- vom Shitstorm (womöglich gar gegen Edelfedern wie ihn, Kornelius?) bis zum Kopfabschlagen. Denn der Schurke des Tages heißt Putin und der Weiße Ritter von edler Gestalt, der ihm im Namen von Frieden und Demokratie mutig entgegentritt, ist für den Bilderberger-Schreiberling Kornelius der Chef-Bilderberger Henry Kissinger.

Dass Kissinger ein verurteilter Kriegsverbrecher ist, verschweigt Stefan Kornelius oder er weiß es nicht. Das kann gut sein, denn sein Metier ist Lobhudelei für die Führer der „Freien Welt“ (wie sich der Westblock ganz bescheiden nennen lässt), nicht Recherche oder kritisches Denken. Das Leserpublikum der ehemals links- jetzt eher neoliberalen SZ hat sich satt im Wohlstand eingerichtet und lässt sich im Plauderton zwischen wichtigtuerisch-welthistorischen Betrachtungen und Infotainment Kornelius‘ üble Kriegspropaganda unterschieben.

Damit liegt Stefan Kornelius auf Linie der „Transatlantiker“. Die „Schmierigen Sechs“ trompeten in ihren Zeitungen von stramm-reaktionär bis halbrechts-liberal in verschiedenen Stimmlagen für Interessen der reichen Westoligarchen rund um Wallstreet und Pentagon –und für den Krieg, denn der bringt diesen Kreisen sicheren Profit und Ausweitung ihrer Macht. Kornelius ist eher für gedämpfte Tonlagen zuständig, die den in jungen Jahren vielleicht linken, heute gesetzten SZ-Lesern bekömmlich sind.

Furcht einflößend: Kornelius‘ Kriegstrommel

Stefan Kornelius

Die Propaganda-Methode von Kornelius ist simpel: Erst aufpeitschen, dann Angst und Hass gegen die Feinde seiner Herren lenken (hier Putin), dann abwiegeln, beruhigen und einlullen. Und immer den Westen lobpreisen. Seine Kolumne beginnt mit Kriegsangst. Die sei von Statistik nicht zu beruhigen, obschon doch im Kalten Krieg jährlich viel mehr Kriegstote auf der Strecke blieben:

Stets die Ukraine, nun das Kurdengebiet im Irak neben Syrien, gerade noch Nahost, immer wieder Libyen, Pakistan, Nigeria –seit Monaten schlägt die Kriegstrommel ihren Furcht einflößenden Takt.“ Stefan Kornelius (SZ 17.8.2014)

Dass der Kriegstrommler der SZ Stefan Kornelius heißt, kommt ihm nicht in den Sinn. Und seinen mit Statistik eingelullten Lesern wohl auch nicht. Die haben natürlich keine Ahnung davon, dass in der Ukraine der Westen hinter dem Bürgerkrieg steckt, dass in Pakistan US-Drohnen Terror verbreiten und haben längst vergessen, dass in Libyen Nato-Jets die mit Westgeld und -Waffen aufgerüsteten Islamisten an die Macht bombten. Und dass es ebensolche Dollar-Islamisten sind, die in Syrien und jüngst im Irak Hunderttausende abschlachteten.

„Das rasante Tempo der Krisen, die Unmittelbarkeit der Information, das Grauen der Bilder berühren die Menschen überall… Aber die demokratisch verfasste Politik, die westlichen Staaten, sind weitgehend hilflos…“ Kornelius (SZ 17.8.2014)

Warum eigentlich, wo der Westblock bzw. seine Marionetten in den Golfemiraten doch hinter den Islamisten stecken? Geld und Waffen dieser Killertruppen sind für Kornelius wohl vom Himmel gefallen, wichtig ist ihm nur, dass der angeblich hilflose, in naiver Friedlichkeit schlummernde Westen endlich zuschlagen muss, gegen die „gefährliche, zerstörerische Kraft“ und die hat einen Namen: Putin.

„Ethnische Splittersaaten wie Russland retten sich in Nationalismus und gebärden sich autoritär, um sich zu behaupten.“ Kornelius (SZ 17.8.2014)

Hier verkaspert sich Kornelius fast, denn ein aufmerksamer Leser könnte fast fragen: Sich zu behaupten –gegen wen? Gegen den ach so friedfertigen, nur immerzu in Demokratie und Freiheit schwelgenden Westen etwa? Aber nein! Denn leider ist der Westblock viel zu schwach, insbesondere die EU, die dringend aufgerüstet und militarisiert werden sollte:

„Die westlichen Ordnungsmächte, vor allem die USA, ziehen sich aus der Welt zurück oder Scheitern wie die EU an ihrer eigenen Schwäche. Und die Kräfte der Globalisierung –der weltumspannende Handel und die allgegenwärtige Kommunikation im Netz– schwingen die Peitsche dazu…“ Kornelius (SZ 17.8.2014)

Dass die angeblich so weltabgewandten USA die globalen Netze bis in die letzten Winkel durchdringen und ausspionieren weiß Kornelius angeblich nichts. Von US-Drohnen, die von Libyen bis Pakistan täglich ausfliegen zum Töten auf Verdacht will er vermutlich gar nichts wissen. Das weltumspannende System von US-Militärstützpunkten, insbesondere rund um Russland von Alaska über Kanada und Europa, Nahost und Zentralasien bis Korea und Japan, übersieht Kornelius, obwohl es achtmal mehr Dollars verschlingt als Russlands „autoritäre Gebärden“.

Kornelius über Putin und abgeschlagene Köpfe

Im zweiten Teil peitscht Kornelius seine Leser gegen Putin auf: Seit Tagen läuft das diplomatisch-propagandistische Hickhack in den Westmedien, täglich spekulieren Journalisten wie Kornelius über die „weißen Lastwagen“ Putins. In keiner Tagesschau fehlen Bilder der weißen Lastwagen und Fragen, ob sie wirklich Hilfsgüter enthalten für die vom westorientierten Regime zusammengeschossene Opposition in der Ostukraine (Westmedien: „prorussische Separatisten“). Kornelius knüpft hier schlau an:

„Noch nie war es so einfach, mithilfe weißer Lastwagen, abgeschlagener Köpfe oder Troll-Kommentare Furcht und Schrecken zu verbreiten. Russland steht als Beispiel…“ Kornelius (SZ 17.8.2014)

Als Beispiel für Irgendwas, Hauptsache Putins weiße Lastwagen stehen neben abgeschlagenen Köpfen, Furcht und Schrecken. Und das Gejammer der Journaille über die Trolle und ihren Shitstorm gegen Westmedien-Lügen bringt der gewiefte Propaganda-Schreiber auch gleich mit Russland in Verbindung.

„Russland steht als Beispiel für den Zerfall von Splitterstaaten, die der Kalte Krieg zurück gelassen hat. Die Balkankriege haben gezeigt, wie brutal sich dieser Zerfall abspielen kann.“ Kornelius (SZ 17.8.2014)

Dass der ach so friedfertige, nur immerzu in Demokratie und Freiheit schwelgenden Westen irgend etwas mit dem brutalen Zerfall Jugoslawiens zu tun gehabt haben könnte, fällt Kornelius nicht ein. Die CIA-BND-UCK-Connection? Nie gehört. Nato-Bomben auf Belgrad? Nur eine humanitäre Aktion für die „prowestlichen Separatisten“ (damals nur „Opfer serbischer Gewalt“ genannt) im Kosovo. Neben dieser Reinwaschung der Nato von der Verantwortung für eines der finstersten Kapitel europäischer Geschichte, hetzt Kornelius gegen Putin und wirbt für einen der feuchtesten Träume der transtalantischen Bilderberger-Gang: die Aufsplitterung Russlands, die ein gewisser Brzezinski –neben Kissinger Chefstratege der Westmachthaber– seit den 90ern forderte.

Kornelius und Kissinger: Putin = Hitler!

So lamentiert Kornelius weiter gegen Putin, der wolle doch nur zurück in den Kreis der Großmächte, aber legitimiere das „Aggressivität gegen souveräne Staaten“? Natürlich nicht. Der unverschämte Putin habe seine Unzufriedenheit schon auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 „herausgepoltert“ poltert Kornelius.

„Und der Altmeister der Gleichgewichtspolitik, Henry Kissinger, hatte schon 1994 davor gewarnt, dass eine unkluge Abwertung Russlands zu innerer Radikalisierung führen kann –ähnlich dem demokratischen Deutschland in den frühen 1930er-Jahren“. Kornelius (SZ 17.8.2014)

Aha. Putin gleich Hitler, wie subtil. Wie dumm, dass nicht Putin, sondern Kissinger der verurteilte Kriegsverbrecher ist. Aber das werden die Leser der SZ vermutlich nie erfahren. Ob die USA mit ihrem aggressiven Vorgehen in Lateinamerika, Afrika, Asien legitimer seien als Putins behauptete Aggressionen in der Ukraine, fragt Kornelius nicht. Das große Abschlachten in Irak, Libyen, Syrien? Für Kornelius nur ein „Trend“ zur „Auflösung postkolonialer Staaten unter dem Druck junger, religiöser und gewaltbereiter Männer“, quasi eine Art sozio-religöser Naturprozess. „Starke-Mann-Politik“, russischer Nationalismus, autoritärer Regierungsstil Putins sind die wahren Weltprobleme.

„Der starke Mann ist aus der Phantasie der Schwachen und zu kurz Gekommenen nicht zu löschen“, psychologisiert Kornelius die dummen Putin-Anhänger –intellektuell etwas schwächlich. Kornelius‘ starker Mann heißt jedenfalls Kissinger und dass sich stets nach mehr Geld, Macht und Einfluss gierende Alpha-Männchen auch unter Medienleuten meist zu kurz gekommen glauben, ist auch kein Geheimnis. Hofft Kornelius auf reiche Belohnung, wenn er der reichsten und mächtigsten Herrschaftselite der Welt, den Westoligarchen hinter den Bilderbergern, nur schmierig genug nach dem Munde redet? Wie der Gipfelpunkt kritischen Journalismus liest sich der Schlussabsatz seiner Kolumne jedenfalls nicht:

„Im ewigen Ringen um eine gerechte und stabile Ordnung hat trotz all seinen Unzulänglichkeiten das westliche System –Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Marktfreiheit– eine nicht zu schlagende Attraktivität entwickelt. Wer dieses System festigt und beschützt, der wird die friedliebende Welt an seiner Seite wissen.“ Kornelius (SZ 17.8.2014)

Dass seine sogenannte Marktfreiheit als Diktatur der Konzerne im TTIP gerade Demokratie und Rechtsstaat spottet, TPP_TTIPhindert Kornelius nicht an seiner Lobhudelei an den Bonzen im Westen. Und ob „die friedliebende Welt“ sich wirklich von ein paar tendenziösen Schreiberlingen im Auftrag der Bilderberger über US-Kriegsverbrechen, Folterlager wie Guantanamo, völkerrechtswidrigen Drohnenterror, die Verwüstung eines Staates nach dem anderen (von Jugoslawien bis Syrien) hinweg täuschen lässt? Vielleicht überschätzt Stefan Kornelius die „nicht zu schlagende Attraktivität“ seiner „Gobalen Ordnung“, die wohl mit der „Neuen Weltordnung“ der Bilderberger bzw. der Machtclique des PNAC („Project New American Century) identisch ist.

Siehe auch:

Kissinger-Files auf Wikileaks

Kissinger-Leak

Krim-Krise: Wie glaubwürdig ist der Westen?

Gilbert Perry SvobodaProtesters

In einem haben die Westmedien recht: Einseitig erklärte Sezessionen sind unzulässig. Volksaufstände und Sezessionswünsche setzen das Völkerrecht nicht außer Kraft, internationale Streitigkeiten sind friedlich beizulegen. Doch kann der Westen hier als Weltpolizist und Patron des Guten auftreten? Unter Führung von Obamas USA, die mit der globalen Gestapo der NSA weltweit Bespitzelung praktizieren, Völkerrecht brechen mit Drohnen, JSOC-Morden, Folter-Lagern wie Guantanamo?

In einem haben die Westmedien recht: Einseitig erklärte Sezessionen sind unzulässig. Volksaufstände und Sezessionswünsche setzen das Völkerrecht nicht außer Kraft, internationale Streitigkeiten sind friedlich beizulegen. Ein Anschluss der Krim an Russland wäre demnach nur mit Zustimmung aus Kiew rechtmäßig, die jedoch kaum zu erwarten ist. Genauso völkerrechtswidrig war aber auch die vom Westen und den Westmedien bejubelte einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo, die gegen den Willen Serbiens erfolgte. Wenn Faschisten und ausländische Mächte in der Ukraine ihr Unwesen treiben, stärkt auch das nicht die Glaubwürdigkeit westlicher Empörung über Putin.

Klar ist dabei selbstverständlich: Auch zum Schutz der Russen in der Ukraine bewaffnete Truppen einzusetzen, wäre völkerrechtswidrig. Genauso völkerrechtswidrig sind aber auch die vom Westen und den Westmedien wahlweise verschwiegenen oder bejubelten eigenen Militärinterventionen, oft in ehemaligen Kolonien. Erst recht gilt dies für die unter Obama extrem ausgeweitete blutige Praxis des Drohnenkrieges und der geheimen Killer-Kommandos des JSOC  (Joint Special Operation Command), die Jeremy Scahill jüngst in seinem gut recherchierten und umfangreich dokumentierenden Buch „Schmutzige Kriege: Amerikas geheime Kommandoaktionen“enthüllte. Demnach führen die USA monatlich tausende militärische Geheimoperationen in allen Regionen der Welt durch, meist gegen verdächtige Moslems in Pakistan und Jemen, aber auch in vielen anderen Ländern, darunter auch die Ukraine.

Im JSOC hatte die Regierung Bush nach den 9/11-Anschlägen ab 2002 die Spezialtruppen von Heer, Marine und JSOCLuftwaffe (Ranger, Navy Seals und Deltaforce) zusammengefasst. Damit wurde neben entsprechenden Kräften der CIA eine zweite Geheimtruppe für paramilitärische illegale Mord- und Entführungsaufträge geschaffen, die der Kontrolle durch den Geheimausschuss des US-Kongresses vollkommen entzogen war. So konnte die US-Geopolitik aber auch egoistische Interessen derBush-Cheney-Halliburton-Mafia durch geheime Kommandoaktionen durchgesetzt werden.

Das JSOC operierte offenbar auch in der Ukraine: Wollen die USA auch dort ihre politischen und ökonomischen Interessen paramilitärisch durchsetzen? Schon US-Präsident G.W.Bush II. investierte laut Foxnews Schmutzige Kriegeab 2004 bereits 65 Millionen Dollar in die „Orangene Revolution“, um in der Ukraine ein US-orientiertes Regime zu installieren. Obama schickte später die geheimen JSOC-Kommandos in die Ukraine, die US-Kritiker Jeremy Scahill in seinem neuen Buch „Die schmutzigen Kriege der USA“ ausführlich beschreibt (zur Ukraine siehe dort S.440). Ihr Auftrag war natürlich geheim. Die JSOC-Kernkompetenz ist dank Scahill jetzt bekannt: Leute aus dem Hinterhalt erschießen und die Morde anderen anhängen bzw. lokale Killer dafür ausbilden. Wer erschoss wirklich die Demonstranten und Polizisten in Kiew? Für ARD&Co ist das keine Frage: Putin und Janukovich sind schuld.

Jeremy Scahill erzählt in dieser packenden investigativen Reportage, wie es dazu kam, dass Mord zu einem zentralen Instrument der U.S.-Sicherheitspolitik geworden ist, und welche Konsequenzen diese Entscheidung hat – für unzählige Menschen in den unterschiedlichsten Ländern und für die Zukunft der amerikanischen Demokratie… Das neue Paradigma der amerikanischen Kriegsführung: Gekämpft wird überall, von Spezialkräften, die offiziell gar nicht existieren, aber weltweit unzählige Einsätze durchführen, die nie ans Licht der Öffentlichkeit geraten. Scahill enthüllt das erschreckende Bild einer geheimen U.S.-Mordmaschinerie, die mächtiger geworden ist als jeder Präsident, der ins Weiße Haus einzieht.  /Verlagswerbung

Bastarde erschießen

Nun unterstützten diese Kräfte womöglich auch die Faschisten der Ukraine, einer von ihnen ist Aleksandr Muzychko, der zu den Anführern des „Rechten Sektors“ gehört und gern zu Lynchjustiz greift: „Ich warne Euch, wenn jemand in dieser Stadt und Region für Gesetzlosigkeit und Plünderungen sorgt, werden Abteilungen des Rechten Sektors diese Bastarde auf der Stelle erschießen. Dann wird wieder Ordnung und Disziplin einkehren“, hatte Muzychko gedroht, der in Russland wegen seiner Kriegsverbrechen im Tschetschenien-Krieg gesucht wird.

Muzychko ist laut HINTERGRUND nicht allein. Seine Organisation ist ein autonomer Zusammenschluss nationalchauvinistischer und faschistischer Gruppierungen. Dazu zählt Tryzub (Dreizack), der die bereits 1929 gegründete Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) – deren Chef, Dmytro Yarosh, wurde auch zum obersten Anführer des Rechten Sektors ernannt – und viele kleine rechte Splittergruppen angehören. Mit dabei auch die ursprünglich aus der rechtspopulistischen Partei Swoboda hervorgegangenen Patrioten der Ukraine. Auch die 1990 in Lwiw gegründete Partei Ukrainische Nationalversammlung (UNA) und ihr paramilitärischer Arm Ukrainische Nationale Selbstverteidigung (UNSO) und der militante Belyj Molot (Weißer Hammer).

Die Junge Welt ehrte Muzychko jüngst ironisch:

Friedlicher Demonstrant des Tages: Alexandr Musitschko

Der Herr (englisch Muzychko) ist Chef des »Rechten Sektors« in der West­ukraine. Sein Bekenntnis lautet: »Ich Muzychkowerde Juden, Kommunisten und russischen Abschaum bekämpfen, bis ich sterbe.« Faul war er in dieser Hinsicht nicht. 1991 betätigte er sich auf seiten Aserbaidschans im Krieg um die armenische Enklave Nagorny Karabach – als Mitglied der paramilitärischen »Ukrainischen Nationalversammlung – Ukrainische Nationale Selbstverteidigung« (UNA-UNSO). Als deren Ausbilder drillte er ab 1993 ukrainische Freiheitskämpfer in einem Lager bei Ivano-Frankivsk. Im Dezember 1994 brachte ihn und andere eine Militärmaschine über Georgien in den Kaukasus, um russische Streitkräfte zu bekämpfen. Musitschko war Kommandant der UNA-UNSO in Tschetschenien, sprengte nach eigenen Angaben mehrere Militärfahrzeuge in die Luft und erwarb sich einen Ruf als Folterer. Nach Aussage eines Zeugen brach er russischen Gefangenen systematisch die Finger, stach Augen aus, riß Zähne und Nägel aus, bevor er sie erschoß. Der tschetschenische Präsident Dschochar Dudajew, der u.a. Russisch aus Schullehrplänen strich, ehrte ihn dafür als »Held der Nation«. Zurück in der Ukraine setzte Musitschko seine politische Karriere fort, kandidierte für das Parlament und trat zuletzt als »friedlicher Demonstrant« auf. Ein Internetvideo zeigt ihn auf einer Kundgebung in Rowno als Kalaschnikow schwingenden Aufmunterer zum Morden. Dieser Drang in die Öffentlichkeit machte nun russische Ermittler aufmerksam. Am Freitag schrieben sie ihn international zur Fahndung aus.

(Vollständiger Text: Junge Welt )

Siehe auch:

Kiew-Lügen bröckeln: Und die grün-braune Querfront?

Politik der Einkerkerung: Die Wikileaks ‚Detainee Policies‘

Gerd R. Rueger 26.10.2012

WikiLeaks hat damit begonnen, die “Detainee Policies” freizugeben: mehr als 100 als vertraulich eingestufte oder anderweitig geheimgehaltene US-Dateien des Department of Defense (DoD) über Verfahren für den Umgang mit Häftlingen in Militär-Gewahrsam. Standard Operating Procedures der Gefangenenlager, etwa Camp Bucca im Irak und auch Dokumente, die im Zusammenhang mit europäischen US-Army-Gefängnissen sowie Abu Ghraib und Guantanamo gelten.
WikiLeaks hat damit begonnen, die  „Detainee Policies“ freizugeben: mehr als 100 als vertraulich eingestufte oder anderweitig geheimgehaltene Dateien  der United States Department of Defense (DoD) über Regeln und Verfahren für den Umgang mit Häftlingen in militärischem US-Gewahrsam. Im Laufe der nächsten Monate wird WikiLeaks in chronologischer Reihenfolge Dateien freigeben, welche die Politik der USA bezüglich militärischer Inhaftierung über mehr als einem Jahrzehnt dokumentieren. Die Dokumente enthalten die Standardarbeitsanweisungen (Standard Operating Procedures, SOP) der Gefangenenlager in Irak und Kuba, Verhör-Handbücher und Fragmentary Orders (FRAGOs), also Änderungen an Richtlinien und Verfahren. Eine Reihe der Inhaftierungs-Richtlinien beziehen sich auf Camp Bucca im Irak, aber es gibt auch generell gültige DoD-Richtlinien und -Dokumente, die im Zusammenhang mit europäischen US-Army-Gefängnissen, Abu Ghraib und Guantanamo gelten.

Die ersten fünf Dokumente stellte Wikileaks am Donnerstagabend online. Mit ihren Richtlinien zum Umgang mit Gefangenen haben die   USA einen rechtsfreien Raum geschaffen, in dem das amerikanische Militär Verdächtige von der Bildfläche habe verschwinden lassen kann -oft ohne weitere Spuren zu hinterlassen, so Julian Assange. Es sei inhaftierten Verdächtigen oft absichtlich keine Gefangenennummer zugewiesen worden, damit sie in keinem offiziellen Dokument auftauchen können. Solche Praktiken stellen eklatante Verletzungen der international und auch für die USA geltenden Menschenrechte dar.

Die USA scheinen darüber hinaus ihre Gewalt über die angeblich freien westlichen Medien heimtückisch ausgenutzt zu haben, um diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verbergen und die Medienkonsumenten im Glauben zu lassen, alles sei in bester Ordnung. Die Menschenrechte sind in den westlichen Medien fast immer nur bei anderen in Gefahr -vorzugsweise bei Ländern, deren Regime westlichen Geldeliten den finanziellen Zugriff auf Rohstoffe, Arbeitskräfte oder Märkte erschweren, wie etwa Russland, China, Libyen oder Iran.

Doch die Realität der Menschenrechte im Westen sieht anders aus: Zum Beispiel im Gefangenenlager Guantanamo, dem US-Militärstützpunkt auf Kuba, hielten die USA bis zu 780 mutmaßliche Taliban und Al-Qaida-Mitglieder in rechtswidriger Haft. Zuletzt waren dort immer noch 167 Menschen in Gefangenschaft, obgleich  Obama im Wahlkampf die Schließung des Lagers versprochen hatte. Neben Guantanamo betrieben die USA mehrere Verhörzentren in befreundeten Staaten, in denen Verdächtige nach Angaben von Menschenrechtsgruppen auch gefoltert wurden. G.W.Bush gab im September 2006 selbst die Existenz eines solchen CIA-Verhörprogrammes zu -oder brüstete sich damit, schließlich hatte er die US-Bevölkerung durch Terror-Krieg und Islamisten-Hysterie in einen Zustand permanenter Panik versetzt, in deren Schutz er seine Politik der unverschämten Bereicherung der Öl- und Rüstungsmafia betrieb. Einzelheiten zu geheimen CIA-Gefängnissen wird man jetzt hoffentlich endlich von Wikileaks erfahren können.

Bislang stehen auf der Website wikileaks.org unter dem Titel „Detainee Policies“ neun Dokumente aus der Ära des Halliburton und Pentagon-freundlichen US-Präsidenten George W. Bush, sog. SOP (Standard Operating Procedures) zur Behandlung von Militärgefangenen.

Main SOP for Camp Bucca (working draft)
SOP for Rules of Engagement at Camp Bucca
References for urban operations manual
MOU between U.S. U.K. And Australia for transfer of detainees
Main SOP for Camp Delta, Guantanamo
SOP for conducting visits to confined inmates and detainees
SOP for disorder emergency plan
SOP for apprehending and returning escaped detainees
DoD directive for program for enemy prisoners of war and other detainees (reissued 2004)

Wikileaks  verfügt auch über ein Handbuch, das kurz nach der Gründung des Lagers Guantánamo im Jahr 2002 herausgegeben wurden. „Dieses Dokument ist von großer historischer Bedeutung. Guantánamo Bay wurde zu Recht zu einem Symbol für die systematische Verletzung der Menschenrechte im Westen“, erklärte Julian Assange dazu. Bei der Lektüre der SOPs darf selbstverständlich nicht vergessen werden, dass dies nur die bürokratische theorie der Folter darstellt und dass die tatsächliche Behandlung der Gefangenen weit inhumaner abgelaufen sein könnte -oder bis heute abläuft. Die Enthüllung rechtswidriger Machenschaften selbst ist den verantwortlichen Machthabern in US-Eliten natürlich ein weit größeres Verbrechen als ihre eigenen Schandtaten gegen die Menschlichkeit: Wikileaks wird daher verfolgt, Julian Assange gilt als Staatsfeind Nr.1 und der mutmaßliche Whistleblower Bradley Manning macht seit Jahren die leidvolle Erfahrung der Menschenrechtsverletzung in US-Militärhaft.

Siehe auch zu Wikileaks/Assange:

Wikileaks und Anonymous

Assange kritisiert Obama

Hexenjagd auf Assange -London im Abseits

Kritik an Anti-Assange-Hetzfilm

Whistleblower in Folterhaft: Bradley Manning

Finanz-Terror gegen Wikileaks