Gerd R. Rueger
Die Androhung von 26 Jahren Haft brachten LulzSec-Hacker Hector Xavier Monsegur alias „Sabu“ zum Auspacken. Nun schrumpft seine Haft wohl wegen Zusammenarbeit mit dem FBI auf einige Monate. Nach Bradley Manning wird ein weiterer Wikileaks-Informant von der US-Justiz in die Mangel genommen und hohe Haftstrafen verhängt.
Mit seiner Hackergruppe LulzSec knackte Sabu 2011 unter anderem die Datenbanken von Sony und Stratfor und leakte die kopierten Daten. Nach der Verhaftung des Gründers der LulzSec-Gruppe, wurde er jetzt zum Informanten des FBI und soll nach seiner Verhaftung unter anderem mehrere seiner vormaligen Mitstreiter verraten haben. Wie seinerzeit in den Hexenprozessen sehen Inquisitoren auch heute besonders gern solchen Verrat, da er ihnen neue Opfer zuführt und ihre Arbeitsplätze sichert.
Die neoliberale US-Regierung Bush-Junior hatte wie besessen Militär- und Sicherheitsaufgaben privatisiert. Firmen wie Halliburton (Bush-Kumpel Cheney freute sich) und Blackwater profitierten kräftig. Sogar bei den Geheimdiensten wurde outgesourced, CIA-Beamte wurden scharenweise zur finanziell attraktiveren Sicherheitsindustrie gelockt. Die Sicherheitsfirma STRATFOR war 1996 von George Friedman als eine Art private Intelligence-Agency ins Leben gerufen worden. Friedmans Firma strebte insgeheim eine Rolle als privater CIA an, spielte seine Aktivitäten jedoch nach außen herunter, man sei nur ein harmloser Informationsbeschaffer für politische Entscheidungsträger. Wikileaks blamierte „die Firma“ durch die Publikation im Web. Wie Wikileaks enthüllte, werden die Mitarbeiter und IM‘s über eine Art Geldwäschesystem diskret u.a. über Konten auf den Bahamas, in der Schweiz oder mit Prepaid Kreditkarten bezahlt und agieren als freischaffend. Ihr Geheimnisverrat an US-Behörden bleibt natürlich straffrei.
Geleakt wurde die sagenhafte Anzahl von 5 Millionen digitalen Dokumenten aus den Bereichen Kunden (z.B.US Airforce, US Marines, Privatfirmen), Auftragsstellung und Arbeitsmethoden von Stratfor. Die Petroindustrie zeigt etwa besonderes Interesse für politische Informationen aus dem Ausland, aber auch Chemie- und Rüstungsfirmen, die Bank ofAmerica und Coca Cola, der von Strafor die Olympiade bespitzeln ließ. Ca. 4.000 der geleakten Mails sollen sich mit WikiLeaks selbst beschäftigen. Bestechung, Anwerben von Spitzeln bzw. Insidern und Unterwanderung durch Einschleusen von IM. Sogar in den staatlichen US-Organisationen wie etwa dem State-Department hat man Informanten –kein Wunder bei der politiknahen Herkunft der Firma.
Anarchaos bekam zehn Jahre für Stratfor
Wie es aktuell in einer Stellungnahme des New Yorker Staatsanwalts Preet Bharara laut gulli heißt, habe sich die Kooperation mit dem 31-Jährigen als extrem produktiv herausgestellt. Sabu enttarnte für den Geheimdienst alle zentralen LulzSec-Mitglieder und klärte die Behörde über rund 300 Cyber-Angriffe auf verschiedene amerikanische Firmen und Einrichtungen auf. Als Gegenleistung plädiert die Staatsanwaltschaft nun lediglich für einen Freiheitszug in Höhe von sieben Monaten. Jeremy Hammond alias Anarchaos, wurde als LulzSec-Mitglied für den Stratfor-Hack verantwortlich gemacht und trotz Geständnis zu zehn Jahren verurteilt.
Ob Monsegur als Informant tatsächlich mit einer so vergleichsweise so geringen Strafe davon kommt oder er nur mit falschen Versprechungen zum Verrat geködert wurde, wird sich in der Verhandlung ab diesem Dienstag zeigen. Eine Ruhemstat für die Transparenz auch so undurchsichtiger privater Sicherheitsfirmen wie Strafor ist dieses brutale Durchgreifen der US-Justiz nicht. Während die Welt nach Snowden eine Reduzierung der Macht solcher Firmen und Dienste debattiert marschieren die USA zurück in den Kalten Krieg –diesmal nicht nur gegen den Kommunismus und die Russen, sondern gegen jeden, der Wert auf seine (angeblich auch von den USA garantierten) Menschenrechte auf Freiheit und Privacy legt.
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