Bilderberger im Spiegel der Wissenschaft: Ungleichheit führt bei Reichen zu mehr Geiz

Theodor Marloth bilderbergerclublogo

Studien haben oft ergeben, dass Menschen mit höheren Einkommen weniger großzügig als Ärmere sind. Diese Arbeiten erregten Aufmerksamkeit, sind aber in ihrer Fragestellung vereinfachend, weil sie die Rolle der Ungleichheit vernachlässigen. Eine Studie fand jetzt heraus, dass Reiche gerade dann geizig sind, wenn sie hohe Ungleichheit wahrnehmen. Was folgt daraus für die Allgemeinheit? Erklärt dies die Explosion des Reichtums einiger Weniger auf Kosten aller anderen im Neoliberalismus?

Jüngste Untersuchungen haben immer wieder festgestellt, dass Menschen mit höheren Einkommen weniger großzügig als Ärmere sind. Diese Arbeiten haben viel akademische und mediale Aufmerksamkeit erhalten. Sie sind aber in ihrer Fragestellung vereinfachend, weil sie die Rolle der wirtschaftlichen Ungleichheit vernachlässigen. Côté, House und Willer nehmen dagegen eine neue, mehrstufige Perspektive auf die Beziehung zwischen Einkommen und Großzügigkeit ein, die besagte wirtschaftlichen Ungleichheit berücksichtigt. In einer Studie mit repräsentativer Umfrage unter 1500 repräsentative ausgewählten Personen fanden sie heraus, dass Menschen mit höheren Einkommen nur dann weniger großzügig sind, wenn sie in einer Gegend wohnen, wo hohe Ungleichheit herrscht.

Reiche können nett sein -zu anderen Reichen

Reiche Leute können also ihren Geiz gegenüber der Allgemeinheit zuweilen überwinden -wenn sie mit anderen Reichen zu tun haben. Da ist man unter sich und will in großtuerischer Angeberei sogar den Nachbarn übertreffen. Darum brauchen die Millionäre auf Millionärspartys nichts für ihre Hummerhäppchen zum Champagner bezahlen -zum Glück für Politiker und Journalisten, die sich dort Einschleichen dürfen und mit konsumieren, was der Allgemeinheit vorenthalten wird. Dafür müssen sie sich den Reichen jedoch andienen und in Medien und Gesetzgebung deren Interessen vertreten: Etwa, die Steuern für Reiche immer wieder senken und in den Medien behaupten, das würde Arbeitsplätze für alle schaffen. Tatsächlich tut es das aber nicht für alle, sondern nur für Lakeien der Reichen (Butler, Chauffeure, Edelprostituierte, Journalisten, Politiker etwa). So kommt es zu einer Abwärtsspirale der öffentlichen Wohlfahrt, der Schulen, Krankenhäuser usw. und zu einer Aufwärtsspirale der Millionärseinkommen, Yachten, Luxuskliniken, Privatschulen usw. Kurz: Zu unserer immer unfairer werdenden Welt unter dem Joch des Neoliberalismus.

Ein sozialpsychologisches Experiment des Forschertrios Côté, House und Willer untermauerte ihre Ergebnisse und führte die Forscher zu der bahnbrechenden Erkenntnis, dass ungerechte Ressourcenverteilung das kollektiven Wohlergehen untergräbt. Zur Forderung nach Steuererhöhung für Reiche und schnellen drastischen Umkehrung der Fehlentwicklung konnten sich die akademischen Genies jedoch nicht durchringen, ebensowenig zur Schlussfolgerung, dass sie gerade eine Studie zur Entstehung von Korruption vorgelegt haben könnten: Vielleicht weil sie selbst aus jener reichen Klassen stammen, deren zerstörerischen Geiz sie wissenschaftlich nachgewiesen haben. Die Banalität der Studie liegt auf der Hand: Ein Blick in Walt Disneys Propaganda für den Kapitalismus, Stichwort Dagobert Duck im Milliardärsclub, hätte die gleichen Erkenntnisse gebracht. Auch dort werden die Geizhälse plötzlich zu Verschwendern, wenn sie sich gegenseitig ausstechen wollen. Aber es ist schön, dies einmal wissenschaftlich bestätigt zu bekommen.

Ob sich in den reichen Schichten der Gesellschaft nicht ohnehin die geizigen, habgierigen und psychopathischen Charaktere ansammeln, hat die Studie leider nicht berücksichtigt. Manager, die bekanntlich zu den Spitzenverdienern gehören, weisen nach anderen Studien weit öfter als der Durchschnitt Züge von Psychopathen auf: Gefühlskälte, Geiz, Egoismus und Rücksichtslosigkeit. Die daraus resultierende Ausbeutung ihrer Untergebenen führt zur weiteren Anhäufung von Reichtum für wenige Geizhälse und Entmenschlichung der Arbeitswelt und im Endeffekt unserer ganzen Gesellschaft.

Wissenschaftliche Studie aus PNAS

Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America

High economic inequality leads higher-income individuals to be less generous

Generousity