Wieviel Goldman Sachs steckt in der Süddeutschen Zeitung?

Daniela Lobmueh bilderbergerclublogo

Beim Panama-Leak über Steuerbetrüger stellten deutsche Medien unter Führung der SZ   (Süddeutsche Zeitung) den Erzfeind der Westmachthaber, Vladimir Putin, ins Zentrum ihrer Empörung. Obwohl Putins Name in den Dateien nicht vorkam. Putin wehrte sich mit Kritik an den Enthüllern, sie seien von Westmachthabern gesteuert. Was teilweise stimmte. Putin ordnete die SZ dann noch einer Medienholding von Goldman Sachs zu. Ist da was dran? Und was haben die Bilderberger damit zu tun?

Hier bei uns wird die Atlantiker- bzw. Bilderberger-Postille SZ regelmäßig kritisch beobachtet, denn sie genießt trotz neoliberal-geopolitischer Tendenzen (nicht nur beim Qualitätsbellizisten Stefan Kornelius)  immer noch einen enormen Ruf im sogenannten Qualitätsjournalismus. Bei den Panama-Papers war sie wieder einmal in diesem Sinne tätig: Offensichtlich haben sich deutsche Medien unter Führung der SZ monatelang ins Zeug gelegt, um bei ihrer Empörung über Steuerbetrüger mit dem Finger nicht auf Westeliten, sondern mal wieder auf Putin zeigen zu können (nicht, dass der es nicht verdient hätte -aber andere sollten auch mal dran kommen und hätten hier näher gelegen, wäre die SZ nicht tendenziös). Um drei Ecken herum gelang ihnen dies auch: Über Putins Freund Sergei Roldugin. Ob der Starmusiker Roldugin sein Geld aber von Putin hatte konnte die SZ nicht belegen. Wahrscheinlich ist vielmehr, dass es von jenen russischen Oligarchen stammte, die auch Putin fördern. Sie werden dafür bekanntlich von Putins Politik gegen den gierigen Zugriff der global dominierenden Westoligarchen geschützt, die scharf auf russische Öl- und Gasfirmen sind. Darum hassen die Westoligarchen Putin, die auch (z.B. über ihren feinen Bilderbergerclub) zutiefst mit allen Westmedien verflochten sind. Auch mit der SZ -was deren unbelegtes Alarmgeschrei in Richtung Putin erklärt. Ob und wie tief jedoch speziell Goldman Sachs in der SZ steckt ist unklar. Die SZ behauptet, dies sei eine von Putins Propagandalügen, was bei Putins Äußerung nicht ganz falsch zu sein scheint:

„Wo ist der Bericht zum ersten Mal erschienen? In der Süddeutschen Zeitung, die zu einer Medienholding gehört. Und diese Medienholding gehört zum amerikanischen Finanzunternehmen Goldman Sachs, also sind überall die Ohren des Auftraggebers zu sehen, die noch nicht einmal rot werden. Und wir brauchen keine Reue von ihnen erwarten. Sie werden so weitermachen.“ So Putin laut telepolis; der Geschäftsführer der SZ, Stefan Hilscher, reagierte empört:

„Die Süddeutsche Zeitung gehört allerdings weder direkt noch indirekt Goldman Sachs. Die Süddeutsche Zeitung ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des Süddeutschen Verlags. Dieser wiederum gehört zu 81,25 Prozent der Südwestdeutschen Medienholding und zu 18,75 Prozent der Münchner Verlegerfamilie Friedmann.“ Die Südwestdeutsche Medienholding habe „keine gesellschaftsrechtlichen Verbindungen zu Goldman Sachs.“

Aber Putins Leute scheinen die Verbindung aus dem (angeblich selbstorganisierten, aber auch hier bei uns oft genug bei tendenziöser Westpropaganda erwischten) Wikipedia gehabt zu haben, dessen Quelle Burdas Bilderberger-Gazette Focus war (muss denen durch die Zensur gerutscht sein bzw. man wollte unter dem Tisch dem kleinen Konkurrenten SZ mal vors Schienenbein treten, zumal Goldman Sachs 2007 noch nicht im Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit existierte -dies war erst uns kritischen Blogs, einer bemerkenswerten ARTE-Doku 2015 und der Schmunzelversion davon im Kabarett DIE ANSTALT zu verdanken).

Bertelsmann sprang der SZ zu Hilfe als Benjamin Bidder vom Spiegel spekulierte, dass womöglich die englische Version von Wikipedia den Kreml auf eine falsche Fährte gelockt haben könnte. Dort stand mit Verweis auf einen angeblich „nicht genau gelesenen Focus-Artikel“, am Kauf sei neben der SMWH Holtzbrinck „mit Unterstützung durch das Investmenthaus Goldman Sachs“ gewesen. Holtzbrinck war allerdings nur ein Interessent. Daraufhin wurde dieser Eintrag von Wikipedia schnell entfernt und ein von unangenehmen Verdachtsmomenten „gesäuberter“ SZ-Eintrag präsentiert, „was auch die Glaubwürdigkeit von Wikipedia in ein schlechtes Licht rückt“ wie selbst das sonst eher wenig Wikipedia-kritische Telepolis in seinem (gleichwohl Putin heftig attackierenden) Artikel „Stammt Putins peinliche Verschwörungstheorie über die Panama Papers aus Wikipedia?“ (telepolis) zugeben muss.

Nicht Telepolis selbst, sondern ein Telepolis-Leser hat genauer nachrecherchiert: Laut einem SZ-Organigramm aus infografik-suedeutsche-zeitungder Konkurrenz FAZ sind die Besitzverhältnisse wie folgt aufgeteilt: 18,75% des süddeutschen Verlags werden von der Familie Friedmann gehalten, was diesen keine Entscheidungsgewalt gibt. 81,25% werden von der Südwestdeutschen Medienholding GmbH (SWMH) gehalten, die also beim süddeutschen Verlag die Macht haben. Die SWMH wird wiederum mit 44,4% von der Gruppe Württembergischer Verleger (GWV) gehalten, weitere 44,4% besitzt die Medien Union GmbH (beherrscht von Familie Dieter Schaub mit 50,7%), die übrigen 11,2% gehören diversen kleineren Gesellschaftern.

Bei der Württembergischen Verleger Gruppe ist laut Wikipedia die Neue Pressegesellschaft mbH & Co. KG von Eberhard Ebner mit 9,5% der größte Anteilshalter. Insgesamt sind jedoch 18 Verlage beteiligt, von denen ja rechnerisch z.B. schon 4 Anteilshalter á 8,1 % ausreichen würden, um die Entscheidungen zu treffen. Wenn Verleger Ebner laut Wikipedia Sprecher der Gruppe ist, kann, muss das aber nichts heißen.

Die Südwestdeutsche Medienholding GmbH (SWMH) ist also eine ziemlich undurchsichtige Sache, genau nach dem Geschmack von Bilderbergern und Goldman Sachs. Bei diesem komplizierten Konstrukt zweier mit 44,4% gleich großer Löwenanteile kann es folglich darauf ankommen, wer bei den 11,2% Kleineignern der SWMH mit wem kooperiert bzw. Strohmann ist. Es könnte genügen wenn z.B. ein Dieter von Holtzbrinck Minderheitenanteile an der SWMH halten würde: Wenn er damit das Zünglein an der Waage bei Entscheidungen der SWMH spielen würde. Und damit wäre möglicherweise auch Goldman Sachs im Spiel der SZ, ob als stiller Teilhaber oder heimlicher Geldgeber, wie der verräterische Focus-Artikel, den Wikipedia offenbar voller Panik löschte, nahelegte.

Außerdem bleibt unklar wer die Anteilshalter der 18 Verleger der Württembergischen Gruppe (GWV) sind. Es reichen u.U. vier Parteien der GWV und eine Partei der SWMH-Kleineigner aus, um beim süddeutschen Verlag und damit über die SZ-Redaktionsarbeit zu bestimmen. Der Telepolis-Leser: „Hier wäre mal investigativer Journalismus angebracht… Denn einfach zu behaupten, dass Goldman Sachs im Hintergrund nicht doch die Fäden zieht, ist bei einem solch komplizierten Anteilseigner-Konstrukt einfach nur lächerlich.“

Der bei Wikipedia zitierte Focusartikel, der eine Beteiligung von Dieter von Holtzbrinck in den Raum stellte sei ja nicht frei erfunden. (Focus-Verleger und Milliardär Burda ist freilich ein Bilderberger des engeren Kreises). Wenn man nach der Überschrift des Artikels suche, finde man auch viele andere deutsche Zeitungen die sich genau auf diesen Artikel vom Focus berufen haben.

„Einem Bericht des Nachrichtenmagazins FOCUS plant der Verleger Dieter Schaub von der Südwestdeutschen Medien Holding (SWMH) zusammen mit den südwestdeutschen Verlegern Eberhard Ebner (SÜDWEST PRESSE) und Dieter von Holtzbrinck den Kauf der Mehrheitsanteile. Dem Magazin zufolge liegt der Gesamtpreis für den Süddeutschen Verlag bei mindestens einer Mrd. Euro. Schaubs SWMH ist mit 18,75 Prozent am Süddeutschen Verlag, Ebner hält 44,4 Prozent an der SWMH. Dieter von Holtzbrinck, 66, der frühere Chef der Holtzbrinck-Gruppe (u.a. ZEIT, HANDELSBLATT) und bis 2006 auch deren Mitgesellschafter, wird laut FOCUS beim Werben um den SZ von Investmentbank Goldman Sachs unterstützt. Laut der österreichischen Tageszeitung DER STANDARD war von den genannten Verlagshäusern und Verlegern niemand zu einer Stellungnahme erreichbar.“ DNVonline 21.12.2007

Holtzbrinck und auch sonst keiner in der Westoligarchie wollte die mutmaßliche Verbindung Goldman-GoldmanHoltzbrinck-SZ öffentlich machen, so kann man annehmen: Ohne Geheimhaltung ist die Medien-Beherrschung schließlich nur die Hälfte wert. Eine Tilgung von Spuren einer Strohmann-Beteiligung wäre also hoch wahrscheinlich, aber schwer beweisbar.

Das Fazit des Telepolislesers: „Also für mich bleibt das Thema genauso offen wie vor Putin oder Rötzer… Ohne weitere Informationen kann man dort keine Aussagen tätigen ob Goldman-Sachs hintenrum Strippen zieht oder nicht. Ob da der SZ-Geschäftsführer Stefan Hilscher überhaupt weiß von wem er eigentlich gelenkt wird, ist meiner Meinung nach – soweit unten in der Nahrungskette – sehr fraglich.“ Dem kann man sich nur anschließen und sollte es auch -so lange bis die SZ vielleicht doch einmal über das Bilderberger-Jahrestreffen (2016 in Ostdeutschland) so ausgiebig berichtet wie über Davos, G7 oder die Sockenfarbe irgendeines Opernsängers.

Quellenverweis:

„Stammt Putins peinliche Verschwörungstheorie über die Panama Papers aus Wikipedia?“ telepolis

ELone-Leserbrief dazu

Machtmaschine Bertelsmann

Wie Bertelsmann funktioniert: Bertelsmann ist ein milliardenschwerer Konzern, der anderen Playern der Kapitalseite seine Medienplattformen und zugleich Lösungen bei IT-basierten Dienstleistungen und Kundenkontakten offeriert. Haupteigentümerin der AG ist die öffentlich subventionierte Bertelsmann Stiftung. Konzerne wie Bertelsmann spinnen, von den Mainstream-Medien unbeachtet, in Netzwerken der Macht an einer „Post-Demokratie“, in der die Bürger nichts, die Konsumenten dagegen alles sind.

Gastbeitrag von Steffen Roski: Wie Bertelsmann funktioniert
Der Blogger Steffen Roski ist Kritiker des Medien- und Dienstleistungsimperiums Bertelsmann, Mitglied im Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi), der Bildungsgemeinschaft SALZ e.V., der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Piratenpartei und bei Attac
Wie Bertelsmann funktioniert
Dass inzwischen das Wirken der Bertelsmann Stiftung auf eine kritische Öffentlichkeit stößt, finde ich sehr erfreulich, zeigt dies doch, dass in dieser Republik Beobachtungen jenseits des Mainstream angestellt werden.
Ich selbst habe mich seit Jahren politisch-wissenschaftlich mit der Bertelsmann Stiftung beschäftigt und rechne mir zu, einen Beitrag zur notwendigen Aufklärungsarbeit geleistet zu haben. Dabei hat sich für mich in letzter Zeit – angeregt nicht zuletzt durch Fragen, die mich entweder per Mail erreicht haben oder die mir im Rahmen von Veranstaltungen gestellt wurden – eine einfache, aber um so grundlegendere Frage herauskristallisiert: Wie funktioniert eigentlich das „System Bertelsmann“? Und: Wie kann diese Funktionsweise in einer möglichst einfachen, verständlichen Form und Sprache vermittelt werden? Tatsächlich kommt es im Kontext politisch-wissenschaftlicher Aufklärung darauf an, einen zugegebenermaßen komplizierten Sachzusammenhang so zu vereinfachen, dass er begriffen werden kann. Es gilt also zu vereinfachen, ohne dabei Falsches zu formulieren.
Dieser kleine Beitrag möchte diese Vereinfachung leisten. Ich verstehe diesen Text als einen offenen Kontext, der von anderen verändert oder erweitert werden mag. Dazu fordere ich ausdrücklich auf. Vielleicht findet sich ja eine Illustratorin / ein Illustrator, die / der die Sachverhalte grafisch veranschaulichen mag …
I. RTL, Gruner+Jahr, Penguin-Buchverlag
Fangen wir also mit der Bertelsmann AG an. Bei Wikipedia heißt es knapp: „Die Bertelsmann SE & Co. KGaA mit Hauptsitz in Gütersloh ist ein internationaler Medienkonzern. Gemessen am Gesamtumsatz ist Bertelsmann eines der größten Medienunternehmen weltweit und wurde vom Institut für Medien- und Kommunikationspolitik (IfM) im internationalen Ranking für 2013 auf Platz 8 geführt.“ Ich möchte präzisieren: „Die Bertelsmann SE & Co. KGaA mit Hauptsitz in Gütersloh ist ein internationaler Medien- und Informationsdienstleistungskonzern.“ Beginnen wir mit den Medien:
  • Über 250 Millionen Menschen hören, schauen, konsumieren täglich Sendungen der RTL Group.
  • Wikipedia: „In Deutschland ist Gruner + Jahr außerdem am Dresdner Druck- und Verlagshaus (u.a. Sächsische Zeitung (60%)), an der Motor Presse Stuttgart (u.a. Auto, Motor und Sport (56,5%)), an der Financial Times Deutschland (100%), am Spiegel Verlag (25,5%), an xx-well.com (100%), chefkoch.de (100%), Ligatus GmbH (100%) und an der Henri-Nannen-Schule (95%) beteiligt.“
  • Wikipedia: „Im Oktober 2012 wurde bekannt, dass Penguin Books, ein Verlag im Besitz von Pearson PLC, und Random House unter dem Namen Penguin Random House zum weltgrößten Publikumsverlag fusionieren werden. Bertelsmann wird 53 Prozent und Pearson 47 Prozent der Anteile am neuen Verlag halten.“
Was folgt daraus? Der Bertelsmann-Konzern stellt für andere Konzerne eine wirkmächtige Werbe- und Marketingplattform zur Verfügung. Wer in der BRD ein Produkt an die Frau / den Mann oder das Kind bringen will, kommt an den Medienplattformen und -portalen des Hauses Bertelsmann nicht vorbei. Der Medienmulti Bertelsmann ist also auf das Innigste mit der globalen Konzernwirtschaft verbunden. Bertelsmann lebt von anderen Konzernen; die Konzerne wiederum nutzen seine Medienangebote zur Steigerung ihrer Wertschöpfung.
Bis hier hin mag man sagen: So what? Wo ist das Problem? Ist es nicht völlig normal, dass andere Konzerne Bertelsmann-Plattformen für ihre Produktwerbung nutzen?
II. Bertelsmann-Arvato
Bertelsmann ist als arvato AG auch Informationsdienstleister. Was macht Arvato? Ich greife aus dem Wikipedia-Artikel zwei Bereiche heraus:
  • „Finance mit Dienstleistungen eines effizienten Risiko- und Forderungsmanagement ist ein weiterer Leistungsbaustein bei arvato. Dieser beinhaltet Risikoprüfung, Rechnungsstellung und -abwicklung, Forderungsabsicherung und Vorfinanzierung bis hin zur Buchung der Zahlung oder der weiteren Betreibung einer Forderung. Die kaufmännische Kundenbetreuung betreibt arvato für die Branchen Versandhandel, E-Commerce, Kreditwirtschaft, Versicherungen, Energie, Verkehr, IT und Telekommunikation, Gesundheit und öffentliche Hand. Des Weiteren betreibt arvato mit dem Tochterunternehmen informa Insurance Risk and Fraud Prevention GmbH mit Sitz in Baden-Baden die Warn- und Hinweisdatenbank Uniwagnis für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Bei der Datenbank handelt es sich um eine „schwarze Liste“ von Versicherungsnehmern, die beispielsweise drei Sachschäden innerhalb von zwei Jahren oder den Totalschaden eines Fahrzeugs melden.“
  • „IT-Dienstleistungen von arvato beinhalten die Planung, Entwicklung, Implementierung und den Betrieb und die Betreuung von Standard-Software und branchenspezifischen und individuell entwickelten IT-Systemen, die Geschäftsprozesse miteinander vernetzen und die Steuerung von Abläufen verbessern. Unter anderem ist die Unternehmenseinheit arvato Systems in diesem Bereich tätig. Der IT-Systemintegrator bietet neben der Implementierung von Standard-Software individuell entwickelte Lösungen an. Den Schwerpunkt setzt arvato Systems dabei auf die Branchen Handel, Logistik und Transport, Manufacturing, Medien sowie Versorgung und Verwaltung. Zusätzlich werden auch Rechenzentrumsdienstleistungen, sogenannte „Infrastructure Services“, angeboten.“
Was folgt daraus? Bertelsmann bietet also nicht nur Medienplattformen an, das Unternehmen sammelt über die Tochter Arvato Konsumentendaten. Von Bonuspunkt- und Rabattsystemen über Inkassodienstleistungen bis hin zu IT-Lösungen für öffentliche Verwaltungen: Arvato bietet die gleichsam schlüsselfertigen Lösungen an.
Bis hier hin mag man sagen: So what? Wo ist das Problem? Ist es nicht völlig normal, dass andere Konzerne und öffentliche Verwaltungen sich vom Informationsdienstleister Bertelsmann Lösungen für ihre Probleme erhoffen?
III Die Bertelsmann-Stifung
Ich komme nun auf die Bertelsmann Stiftung zu sprechen und möchte eine Person zitieren, der man wohl kaum unterstellen kann, „linke Verschwörungstheorien“ zu verbreiten oder schwulstigen Ideologien anzuhängen. Josef Kraus ist Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL) und hat im Dezember 2012 auf der Homepage der Standesorganisation einen bemerkenswerten Beitrag abgeliefert: „Über den Wert von Bertelsmann-,Studien’“. Dort heißt es:
„Die Bertelsmann Stiftung verfügt über enorme Ressourcen. 1977 gegründet, hält sie mittelbar rund 77 Prozent der Aktien der Bertelsmann SE & Co. KGaA. Das erlaubt ihr nicht nur die Beschäftigung von über 300 Mitarbeitern, sondern größte mediale Verbreitung über die in ihrer Hand befindlichen Sender und Printmedien. Weil die Bertelsmann-Familie Mohn rund drei Viertel der Bertelsmann-Aktien auf die Stiftung übertragen hat, sparte sie obendrein vermutlich gut zwei Milliarden Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die Bertelsmann Stiftung mit ihrem Jahresetat von rund 60 Millionen Euro und mit einem Gesamtvolumen aller ihrer Projekte seit 1977 in der Höhe von rund 800 Millionen Euro arbeitet so gesehen also de facto mit öffentlichem Geld, ohne dafür gegenüber einer Exekutive oder Judikative Rechenschaft ablegen zu müssen … Geadelt wird die Bertelsmann Stiftung bei ihren Auftritten und Kongressen von ehemaligen Bundespräsidenten sowie von amtierenden Regierungschefs und Ministern.“
Jetzt sagt mir mein Verstand: Moment einmal, da stimmt doch etwas nicht. Eine Stiftung hält den größten Teil der Anteile an einem Konzern, der weltweit zu den Global Playern in Sachen Medien und Informationsdienstleistungen zählt. Warum dieses?
Vor einigen Jahren (28.10.2009) habe ich in einem Beitrag für die NachDenkSeiten dies hier geschrieben:
„Und hier kommt die Stiftung ins Spiel. Mit ihr, einer Art gemeinnützig gestellten Forschungs- und Entwicklungsabteilung, gelingt dem Konzern das Kunststück, im Sinne einer der Zivilgesellschaft gegenüber als verantwortungsbewusster, dem Gemeinwohl verpflichteter Eigentümer zu erscheinen, der ohne Beanstandungen „regelmäßig vom Finanzamt geprüft“ wird, von der AG unabhängig und parteipolitisch neutral sei. (Neue Westfälische vom 6. Januar 2009) Dass es der Bertelsmann Stiftung gelingt, gleichsam als idealer Gesamtdemokrat zu erscheinen, gehört zu den Eigenheiten eines politischen Regimes, in dem es einer Konzernstiftung gelungen ist, das „Politische“ betriebswissenschaftlich zu neutralisieren und damit in einer perfiden Uminterpretation der Artikel 14 und 15 GG („Eigentum verpflichtet“ und die Möglichkeit zur Überführung in „Gemeineigentum“) im Gewand der Stiftung als Sachwalter des „Demokratischen“ schlechthin zu erscheinen und als Dienstleister an der stiftungsseitig inszenierten Vertriebswirtschaftlichung politisch-staatlicher Prozesse – an Private Public Partnerships und New Public Management – kräftig zu verdienen.“
Fazit
Bertelsmann ist ein mächtiger, milliardenschwerer Konzern, der anderen Playern der Kapitalseite seine Medienplattformen offeriert und diesen zugleich zu Lösungen bei der Abwicklung informationstechnologisch basierter Dienstleistungen und Kundenkontakte verhilft. Haupteigentümerin der AG ist die öffentlich subventionierte Bertelsmann Stiftung. Die Bertelsmann Stiftung ist für die AG das, was einem Chemiekonzern beispielsweise eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung ist. Dem Gütersloher Medien- und Dienstleistungskonzern dient sie vor allem dazu, Gegenwartstrends zu erspüren und auf der Grundlage wissenschaftlicher Expertisen mittel- und langfristig selbst gesellschaftlich-politische Entwicklungen mitzubestimmen.
Ich hoffe verständlich gemacht zu haben, warum die kritische Begleitung der Aktivitäten der Bertelsmann Stiftung ein demokratisches Gebot darstellt. Wenn die Stiftung in ihren Expertisen etwa die Privatisierung öffentlichen Eigentums (im Bildungswesen etwa) fordert, arbeitet sie dem Konzern unmittelbar zu, denn dieser ist über seine Medien- und Informationsdienstleistungssparten daran interessiert, seine Wertschöpfungsketten überall dorthin auszudehnen, wo sich Profite erzielen lassen. Viele Bürger beschleicht das Gefühl, demokratisch entmündigt zu sein. Viele Bürger sind deshalb beunruhigt und wütend. Konzerne wie Bertelsmann spinnen, von den Mainstream-Medien weitgehend unbeachtet, in Netzwerken der Macht und des Einflusses an einer „Post-Demokratie“, in der die Bürger nichts, die Konsumenten dagegen alles sind.
 Mein Blog befasst sich in einem umfassenden Sinn mit dem Verhältnis von Wissen, Wissenschaft und Gesellschaft. Ein besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Aktivitäten des Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung.
(Grafiken von JasminTeam eingefügt)
Bislang zu Bertelsmann erschienene Artikel:
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