Ronald „NSA hört nicht ab“ Pofalla wird Datenschützer der Bahn

Gilbert Perry NSA-LauschLogo

Ronald Pofalla, Merkels früherer Kanzleramtschef, soll künftig im Vorstand der Deutschen Bahn für Datenschutz zuständig sein. Schon der Wechsel von Politik in Industrie ist anrüchig: Gestank von Ämterpatronage und Schmiergeld liegt in der Luft -solche Drehtür-Karrieren sind laut Anti-Korruptionsgesetzen weltweit verboten, in Berlin aber erst demnächst. Und dann auch noch Datenschutz? Pofalla hatte 2013 vorschnell die NSA-Affäre für beendet erklärt, die Mainstream-Medien hatten ihm geglaubt. Erst die Snowden-Enthüllung, dass auch Merkels Handy abgehört wurde, weckte unsere Journaille wieder aus dem NSA-Totschweige-Schlaf. Da hatte Merkel die Kanzlerwahl aber schon gewonnen.

Mit dem Thema Datenschutz machte der frühere CDU-Spitzenpolitiker Ronald Pofalla schon so seine Schlagzeilen. Ganz zu Beginn der NSA-Affäre, im August 2013, hatte er dreist behauptet: „Der Vorwurf der vermeintlichen Totalausspähung in Deutschland ist nach den Angaben der NSA, des britischen Dienstes und unserer Nachrichtendienste vom Tisch.“

Nun soll Merkels früherer Kanzleramtschef im Vorstand der Deutschen Bahn für Datenschutz, Recht und Regeltreue zuständig sein. Bahnchef Rüdiger Grube will den Umbau der Unternehmensspitze demnach schon Ende Juli vom Aufsichtsrat genehmigen lassen. Zugleich soll Pofalla sich bei der Bahn wie bisher um die politischen und internationalen Beziehungen kümmern. Diesen Posten als Generalbevollmächtigter hat er zu Beginn des Jahres übernommen.

Pofalla2002.jpg

Ronald Pofalla

Mit Pofallas NSA-macht-ja-gar-nichts-Lüge schaffte Merkel es, das Thema NSA aus dem Wahlkampf 2013 zu eliminieren und die Wahl fett zu gewinnen -auch die Piraten, von den Medien fertiggemacht und von U-Booten intern zersetzt, die Daten-Spionage nicht in die Debatte einbringen konnten; sie gingen darüber in der Wählergunst unter. Erst nach der Bundestagswahl griffen die Medien die globale NSA-Bespitzelung wieder auf. Pofalla blieb noch Merkels Boy im Kanzleramt, sackte dann aber in ihrer Gunst ab.

Zuletzt fand sich auch die Handy-Nummer des studierten Juristen und Sozialpädagogen Pofalla selbst auf NSA-Abhörlisten. Bei seiner Vernehmung zog der Merkel-Bubi noch Berichte in Zweifel, wonach die NSA das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört haben soll. Aber inzwischen veröffentlichte Wikileaks weitere Abhörprotokolle mit Gesprächen der Kanzlerin.

Pofalla wurden wiederholt verbale Entgleisungen (!!) beim Kläffen für seine geliebte Merkel zugeschrieben.  Im Juni 2010 soll er Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg als „Rumpelstilzchen“ verspottet haben. Im September 2011 pöbelte Pofalla seinen Parteikollegen Wolfgang Bosbach an, da dieser nicht der CDU-Parteilinie folgen wollte: „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen“ und, nachdem Bosbach Pofalla auf die im Grundgesetz garantierte Entscheidungsfreiheit von Abgeordneten hingewiesen habe, erwidert: „Ich kann den Scheiß nicht mehr hören.“ Ein wahrer Gentleman also, dieser Pofalla, wie wir es von Bahnschaffnern gewohnt sind.

Beim Datenschutz lag bei der Deutschen Bahn schon immer vieles im Argen. Die Bahn soll jahrelang die E-Mails von Mitarbeitern systematisch gefiltert und durchsucht haben. Damit wollte die Bahn angeblich Hinweisen auf Bestechung und Bestechlichkeit nachgehen. Die Bahnchefs wollten Kontakte der Beschäftigten zu Konzernkritikern und Journalisten ausspionieren, um ihre schmutzigen Machenschaften weiter vor der Öffentlichkeit verbergen zu können. Im Zusammenhang mit verschiedenen Datenschutzskandalen bot Bahnchef Hartmut Mehdorn im März 2009 sogar seinen Rücktritt an. Auf diesem schmierigen Parkett ist ein aalglatter Politadept wie Pofalla bestimmt der Richtige, um das Porzellan durch den Elefantenzirkus der Top-Manager zu tragen.

In seinen weiteren neuen Arbeitsbereichen bei der Bahn, „Recht und Regeltreue“, sammelte Pofalla schon einschlägige Erfahrungen. Pofalla hatte damals seinem Glauben an die Rechtschaffenheit unserer amerikanischen Freunde ungehemmt Ausdruck verliehen:

Freiheit statt Angst Berlin 07.09.2013.jpg

Aktivisten mit Pofalla-Maske

„Die NSA hat uns schriftlich versichert, dass sie Recht und Gesetz in Deutschland einhält… Das bedeutet, unsere zentrale Forderung, dass auf deutschem Boden deutsches Recht eingehalten werden muss, wird demnach durch die NSA erfüllt. Das haben wir jetzt nicht nur mündlich, sondern auch noch einmal schriftlich bestätigt bekommen.“

Na dann ist ja alles bestens in Ordnung. Künftig wird es somit wohl bei der Deutschen Bahn kurz nach dem nächsten Crash heißen:

„Der Bremsbackenhersteller hat uns schriftlich versichert, dass er Recht und Gesetz in Deutschland einhält… Das bedeutet, unsere zentrale Forderung, dass auf deutschem Boden deutsches Recht eingehalten werden muss, wird demnach durch die Bremsbackenindustrie erfüllt. Das haben wir jetzt nicht nur mündlich, sondern auch noch einmal schriftlich bestätigt bekommen.“

 

Nazi-Vergangenheit: Wikileaks-Aktivist will Journalisten-Preis nicht

Daniela Lobmueh

Merkel wird abgehört! Das war für etablierte Medien der größte Skandal bei der NSA. Ein Wikileaks-Aktivist der ersten Stunde, Jacob Appelbaum, bekam dafür von Bertelsmann den (unter Mainstream-Journalisten) renommierten Nannen-Preis, will ihn aber nicht –wegen der Nazi-Vergangenheit des „Stern“-Gründers Henri Nannens. Die Nazi-Vergangenheit des Bertelsmann-Konzerns selbst kannte Appelbaum wohl nicht.

Wikileaks-Unterstützer Jacob Appelbaum hat von Bertelsmann den Henri Nannen Preis bekommen, will ihn aber nicht wirklich. Die überreichte Nannen-Skulptur will er zu „Anonymous“ umschmelzen –wegen der Nazi-Vergangenheit Nannens. Dies sagte Appelbaum gestern in einer vom TV-Magazin Zapp dokumentierten Rede beim Festival „Theater der Welt“. Direkt bei der Preisvergabe hatte er sich inmitten der pompösen Nannen-Glorifizierung nicht überwinden können, seinen Protest zu äußern. Anlass der Bepreisung war nicht Appelbaums mutiges Eintreten für Julian Assange, das ihm Verhöre und Schikanierung durch US-Behörden einbrachte. Es war die läppische, aber in deutschen Medien hochgespielte Enthüllung des Ausspionierens von Merkel durch die NSA. Nannen ist für Appelbaum mit seiner jüdisch-amerikanischen Herkunft kein Vorbild, wie er sagte, das Preisgeld wolle er zwei antifaschistischen Gruppen spenden. Dann rief er noch dazu auf, Snowden in Deutschland Asyl zu gewähren.
Nannen, Nazis, Bertelsmann
Der Nannen-Preis wird vom zur Bertelsmann AG gehörenden Verlag Gruner+Jahr vergeben sowie von Bertelsmanns Illustrierter „Stern“ (Gründer: H.Nannen). Appelbaum, der Vertraute von NSA-Enthüller Edward Snowden und Wikileaks-Gründer Julian Assange, hatte den Preis gemeinsam mit „Spiegel“-Redakteuren in der Kategorie Investigation erhalten. Anlass war die vergleichsweise läppische Enthüllung, dass die NSA nicht nur uns alle, sondern auch das Handy von Angela Merkel abgehört hatte. Da der „Spiegel“ ebenfalls zu Bertelsmann gehört, war die Preisvergabe auch ein pompöses Spektakel des Eigenlobes -das gründlich daneben ging durch die Eigenwilligkeit des offenbar als Statisten eingeplanten Applebaum. Dabei ahnte Appelbaum scheinbar nichts von der viel übleren Nazi-Vergangenheit des ganzen Bertelsmann-Konzerns als Helfer der Nazi-Wehrmacht, der via Bepreisung sich Appelbaums investigativen Rufs bemächtigen wollte.
Bertelsmann steht als Konzern in der Kritik, der seine eigene Nazi-Vergangenheit zum Widerstands-Mythos schönte und heute mit seiner Konzernstiftung, einem neoliberalen Think Tank, und seiner Medienmacht für viele üble Dinge (u.a. Hartz IV) trommelt.
Der Wahl-Berliner Appelbaum lehnte aber den Preis allein wegen Nannens Nazi-Vergangenheit in einer Propaganda-Kompanie der Wehrmacht ab, aber auch wegen des Hitler-Tagebuch-Skandals von Nannens Zeitschrift „Stern“. Dabei sei Henri Nannen an dem Versuch beteiligt gewesen, „der Öffentlichkeit die Hitler-Tagebücher als echt zu präsentieren“ und sei somit „für den Versuch, einen der größten faschistischen Massenmörder der Geschichte als unschuldig darzustellen, mitverantwortlich.“ Er sei stolz darauf, sagte Jacob Appelbaum, dass seine Arbeit von vielen großen deutschen Journalisten gewürdigt wird. Gleichzeitig jedoch schäme ich mich dafür, eine Auszeichnung anzunehmen, die den Namen Henri Nannens trägt. Mit der Hilfe eines Metallarbeiters in Berlin will Appelbaum den Nannen-Kopf nun einschmelzen und zu einem anderen Antlitz formen: Vermutlich die des Anonymous-Helden Guy Fawkes. Der Kopf werde dann, so Appelbaum, „die wichtigste Figur des investigativen Journalismus darstellen: die anonyme Quelle“.

Er habe seine Bedenken, so Appelbaum, eigentlich schon am Abend der Preisverleihung vor einer Woche in Hamburg äußern wollen, aber angesichts des Rahmens voller Glanz und Gloria (in eigener Bertelsmann-Sache, wie Appelbaum aber wohl nicht klar war) sei er davor zurück geschreckt. Die Preisverleihung habe in der pompösen Kulisse eines Zirkus stattgefunden, so Appelbaum. Selbst er, der mutige Netzaktivist, erlag momentan der psychologisch und propagandistisch ausgefeilten Bertelsmann-Show:
„Henri Nannens Name erstrahlte in großen Lettern im Saal. Als ich zusammen mit meinen Koautoren im Smoking die Bühne betrat, überkam mich das Gefühl, dass das Verlesen meines vorbereiteten Statements eine Beleidigung wäre, und dass ich besser schweigen sollte. Ich spürte den sozialen Druck des Konformismus. Ich hatte gedacht, dass ich nicht im Schweigen gefangen sein würde, doch ich hatte mich getäuscht. In diesem Zirkus spielte auch ich meine Rolle. Ich griff nicht nach dem Mikrofon. Ich schäme mich dafür, aber ich brachte auf der Bühne kein Wort hervor. Ich spürte, dass ich eine begehrte Auszeichnung erhalten hatte, und gleichzeitig ein Stück von mir dabei verlor.“

Bertelsmann zur Nazi-Zeit: Papier von der Wehrmacht (Bezugsschein)
Jacob Appelbaum und Wikileaks
Appelbaum, ein US-Programmierer, der für den Internet-Anonymisierungsdienst „Tor“ arbeitete, war einer der frühen Unterstützer von WikiLeaks. Bereits Anfang 2010 war er der Gruppe bei der Vorbereitung der Isländischen Initiative zu modernen Medien behilflich. Bekannt wurde das Wikileaks-Mitglied dadurch, dass er auf der Hacker-Konferenz Hope den Gründer der Organisation Julian Assange vertrat. Kurz nach seinem Auftritt ließ Appelbaum sich blitzschnell durch ein Double ersetzen und verschwand durch einen Hinterausgang, fuhr zum nächstgelegenen Flughafen und flüchtete nach Deutschland, so gulli.
Am 29. Juli 2010 wurde Appelbaum bei der Wiedereinreise in die USA von einem Mitarbeiter der U.S. Immigration and Customs Enforcement, einer dem Ministerium für Innere Sicherheit unterstellten Behörde, und einem Mitglied der US Army festgesetzt und verhört. Sein Laptop wurde zunächst beschlagnahmt. Da dieser aber anscheinend keine unverschlüsselte, durchsuchbare Festplatte enthielt, bekam er diesen kurze Zeit später wieder zurück. Als Grund für die Festsetzung wurde die Teilnahme an der Hackerkonferenz „H.O.P.E.“ genannt. Die Vernehmung dauerte drei Stunden, bei der sich die US-Behördenvertreter unter anderem über den aktuellen Aufenthaltsort von Assange erkundigten. Seinen Anwalt durfte Appelbaum in dieser Zeit nicht anrufen. Bei seinem Vortrag auf der DEF CON am 31. Juli 2010 erwähnte er, dass seine Mobiltelefone beschlagnahmt wurden. Nach dem Vortrag wurde er von FBI-Agenten vernommen.
Appelbaum gehört zu den Personen, die von einem Auskunftsersuchen der US-Regierung an Twitter betroffen waren. Seit Dezember 2010 bemüht sich das amerikanische Justizministerium, von Twitter persönliche Daten über Unterstützer von WikiLeaks zu erhalten. Dabei blieb es bis Oktober 2011 erfolglos, im November entschied ein Bundesbezirksgericht in Virginia jedoch, dass Twitter die Daten herausgeben müsse. Der Internetprovider Sonic.net Inc. gab auf Druck der US-Regierung Informationen über Appelbaum preis, so Wikipedia. Nach Drangsalierung und verschärfter Bespitzelung durch den Staatsapparat der USA, der mittels des Ermächtigungsgesetzes AUMF („Authorization for Use of Military Force“ 2001) in ein maskiertes, aber permanentes Kriegsrecht versetzt wurde, suchte Appelbaum informelles Asyl in Deutschland und lebt als prominenter Publizist und Netzaktivist in Berlin.