
Flagge Georgiens
Gilbert Perry
Tiflis (Tbilisi). Die georgische Regierungskrise bringt prowestliche Machteliten durcheinander, die sich jetzt gegenseitig der Korruption beschuldigen. Tiflis hatte unter Regierungschef Irakli Garibaschwili noch im Juni 2014, mitten in der Ukraine-Konfrontation, ein Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet – in treuer Nachfolge des prowestlichen Diktators Michail Saakaschwili. Jetzt herrscht in Nato-Kreisen Panik.
Jetzt herrscht in Nato-Kreisen Panik, die Regierung des vom georgischen Oligarchen und Milliardär Bidsina Iraschwili gegründeten Bündnis „Georgischer Traum“ könne den unter Saakaschwili eingeschlagenen West-Kurs aufgeben und das Land zurück in Richtung Russland führen, jammert die „Welt„.
Nachdem Garibaschwili den Verteidigungsminister Irakli Alasania wegen Korruption entlassen hatte, trat Alexi Petriaschwili, der Minister für Euro-Atlantische Integration, aus Protest zurück. Garibaschwili hatte seinen Minister Alasania abberufen und durch den 36-jährigen Mindja Dschanelidse ersetzt, der bisher als Sekretär des Rats für Staatssicherheit und Krisenmanagement fungierte. Alasania verkündete aus Rache den Austritt seiner Partei, der „Freien Demokraten“, aus der Koalition von Garibaschwili, die damit ihre Parlamentsmehrheit einbüßte: Alasanias Truppe, das „Bollwerk des Westens“ im georgischen Parlament, so germanru, stellt zehn der 150 Abgeordneten. Nach ihrem Rückzug verfügt Garibaschwilis „Georgischer Traum“ nur noch über 73 Sitze und verliert damit seine Mehrheit.
Noch beim Nato-Gipfel am 5.9.2014 in Wales war ein Maßnahmen-Paket verabschiedet worden, das Georgien bei seinem Streben nach einer Nato-Mitgliedschaft unterstützen soll. In Georgien soll demnach ein Nato-Übungszentrum eingerichtet werden, in dem Militärs der Mitgliedsländer des Bündnisses und dessen Partner ausgebildet werden. Zudem wurde Georgien der Status eines Sonderpartners zuteil, so ria.
Euromadianer in Tiflis: Korrupt und verschwägert

Kaukasusland Georgien
Dann folgte auch noch der Rücktritt von Außenministerin Maja Pandschikidse, die unter Diktator Saakaschwili zur Botschafterin in Berlin gemacht wurde. Saakaschwili lebt im Exil in den USA, weil in Georgien wegen Unterschlagung und Amtsmissbrauchs gegen ihn ermittelt wird. Ex-Außenministerin Pandschikidse ist die Schwägerin des von Garibaschwili wegen Korruption entlassenen Ex-Verteidigungsminister Alasania. Pandschikidse warf Garibaschwili vor, mit der Entlassung Alasanias die Anbindung Georgiens an den Westen zu gefährden. „Die Entscheidung für Europa wurde vom georgischen Volk getroffen“, behauptete die Schwägerin des Korrupiosverdächtigen in bester „Euromaidan“-Rhetorik. Garibaschwili hielt dieser Darstellung entgegen, wenn Mitglieder der Regierung wechselten, ändere dies nichts an Georgiens EU/Nato-Integration. Die Westorientierung Georgiens sei „unumkehrbar“, beruhigte der Regierungschef von Natos Gnaden seine Freunde und Gönner im Westen, so die SZ.
Hintergrund der Entlassung Alasanias sind das Vorgehen der Justiz bei der Korruptionsbekämpfung und insbesondere Ermittlungsverfahren gegen ranghohe Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums. Während einer Auslandsreise des Verteidigungsministers hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen seine Mitarbeiter aufgenommen. Als Alasania nach seiner Rückkehr das Vorgehen der Justiz als Versuch hinstellen wollte, Verhandlungen mit der Nato zu blockieren, wurde er entlassen. Auslöser für den Streit in der Regierung war demnach vermutlich nicht die Ausrichtung der Erben von Diktator Saakaschwili nach Europa, sondern der Versuch korrupter West-Marionetten, sich gegenseitig bei der Nato anzuschwärzen.
Alasanias Freie Demokraten waren Juniorpartner in der Regierungskoalition mit dem „Georgischen Traum“ von Garibaschwili. Spannungen zwischen dem im Westen beliebten Alasania und dem Gründer des Georgischen Traums, Bidsina Iwanischwili, gab es schon, seit die Koalition 2012 Saakaschwilis Nationale Bewegung an der Macht beerbte. Bei der Parlamentswahl 2012 und der Präsidentenwahl 2013 war die Vereinte Nationale Bewegung des ehemaligen Staatschefs Michail Saakaschwili dem „Georgischen Traum“ unterlegen. Dessen Gründer, der Oligarch Iraschwili, übergab 2013 seinen Posten als Regierungschef an einen Vertrauten, den 31-jährigen Nachwuchs-Karrieristen Garibaschwili. Milliardär Iraschwili gilt in Georgien als prowestlicher Strippenzieher einer durch und durch korrupten Regierungspolitik.
Somit entpuppt sich die Streiterei in Tiflis vermutlich als Gerangel verschiedener korrupter Prowest-Clans um Pfründe des kleinen verarmten Landes an der „weichen Südflanke“ Russlands (Brzezinski). Der neue georgische Verteidigungsminister, Mindija Dschanelidse, will den dank Oligarchen-Geldsegen und West-Milliarden lukrativen Kurs auf eine Integration in die Nato-Militärstrukturen weiter fortsetzen. Der Geldregen wird jedoch, wie auch in der Ukraine zu erwarten ist, an der Bevölkerung vorbei nur auf den korrupten Machteliten des Landes niedergehen. Sollte selbige Bevölkerung damit nicht einverstanden sein, droht ihr ein Westputsch nach dem Muster des „Euromaidan“, aber wohl um etliche Nummern kleiner –dem minderen Ausbeutungswert des kleinen Staates entsprechend.
Historischer Hintergrund: Georgien-Krieg und Nato-Sturm Kaukasus
Georgien hat rund 4,5 Millionen Einwohner (2006). Seit der staatlichen Unabhängigkeit 1991 haben rund eine Million Menschen das Land verlassen. Zwischen 2000 und 2005 ging die georgische Bevölkerung jährlich um etwa ein Prozent zurück. Vor allem Einwohner mit hohem Bildungsgrad fanden Arbeitsplätze zunächst in Russland, später auch in Westeuropa und den USA und verließen Georgien. Die größte georgische Gemeinschaft außerhalb des Landes existiert mit ca. 300.000 Menschen in Moskau, wo demnach 6-8% der Georgier leben. Die Gründe dafür sind vielschichtig.
Der Zerfall der Sowjetunion führte Anfang der 90er Jahre fast zur Aufteilung Georgiens, nur das Eingreifen russischer Truppen verhinderte den Sieg von Separatisten in Abchasien. Als sich 1991 der Georgische Oberste Sowjet für unabhängig erklärte, widersetzte sich das Parlament Abchasiens diesem Beschluss. 1994 standen abchasische Einheiten schon kurz davor, die georgische Hafenstadt Poti einzunehmen. Wäre das geschehen, hätte Georgien vor dem endgültigen Zerfall in Abchasien, Adscharien, Südossetien, Dschawachetien und Kerngeorgien gestanden. Um das zu verhindern, ließ der damalige russische Präsident Boris Jelzin russische Marineinfanteristen der Schwarzmeerflotte nach Poti entsenden, womit er quasi die territoriale Integrität Georgiens rettete. Für Jelzin galt die Unantastbarkeit der postsowjetischen Grenzen als oberstes politisches Gebot. Ein Waffenstillstand unter Aufsicht der GUS garantierte den Frieden in der Region, so D.X.Noack.
Für die Abchasier war dies eine herbe Enttäuschung durch die Russen. Denn noch 1991 hatten knapp 90 % der Abchasier in einem Referendum für den Fortbestand der UdSSR ausgesprochen. Im Juli 1992 beschloss das Parlament Abchasiens die Wiederinkraftsetzung der Verfassung von 1925, als das Gebiet den Status einer „souveränen Sowjetrepublik“ hatte. Einen Monat später begann der Georgisch-Abchasische Krieg. Auf abchasischer Seite kämpften dabei circa 1.500 Freiwillige der Konföderation der Völker des Kaukasus, auf georgischer Seite auch ukrainische Faschisten der UNA-UNSO -und damit Leute, die später den „Euromaidan“ bevölkern sollten. Mehrere Waffenstillstandsabkommen scheiterten.
Von Schewardnadse zu Saakaschwili
Georgiens erster Präsident nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit, Swiad Gamsachurdia, wurde durch einen Putsch abgelöst. Sein Nachfolger wurde der frühere georgische KP-Chef und sowjetische Außenminister Eduard Schewardnadse. Er leitete demokratische Reformen ein. Die Wirtschaft stagnierte jedoch auf niedrigem Niveau. Hinzu kamen schon damals eine weitverzweigte Korruption und regelmäßige Wahlfälschungen.
Der Westen kümmerte sich bis 1995 wenig um Georgien. Verstärkte Ölförderungen in Turkmenistan und Aserbaidschan rückten den Staat im südlichen Kaukasus als Transitland Mitte der 1990er Jahre aber wieder in den Blickpunkt. Die NATO schloss mit Georgien eine strategische Partnerschaft ab. Die USA haben sich 1999 im „Silk Road Strategy Act“ einen Plan zu verfolgen, der starke politische, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Bindungen zwischen den Ländern des Südkaukasus und dem Westen vorsieht. Dies soll als Basis dienen, Russland langfristig zu destabilisieren und möglichst in drei vom Westen leicht kontrollierbare Teile zu zerschlagen (Brzezinski).
Seit 1994 erhält Georgien US-amerikanische Militärhilfe. Im November 2003 wurde Schewardnadse durch die Rosenrevolution aus dem Amt geputscht und im Januar 2004 Micheil Saakaschwili mit sagenhaften 96 Prozent der Stimmen zum neuen Präsidenten „gewählt“. Nach dieser „Rosenrevolution“ folgten 8 Jahre, in denen Saakaschwili die Korruption auf prowestliche Kriminelle verlagerte, einen Polizeistaat errichtete und rund 60.000 Menschen inhaftieren ließ. Am 7. November ließ Saakaschwili eine friedliche Demonstration in Tbilisi mit Gewalt niederschlagen. Seit 2004 ist Georgien mit der NATO durch einen Individual Partnership Action Plan (IPAP) verbunden.
Saakaschwili: Neoliberalismus und Diktatur
Die neoliberale Privatisierung des staatlichen Sektors wurde vom prowestlichen Diktator Saakaschwili vorangetrieben, der dafür eine Führungsmanschaft von Auslandsgeorgiern um sich scharte. Diese aus der Diaspora zurückgekehrte Machtelite verfügte über erstaunliche Kontakte zu westlichen Großkonzernen und Finanzkonglomeraten wie Blackwater durch deren Investitonsprojekte sie sich auch extrem bereichern konnte, aber jeden Verdacht der Korruption von sich wies.
Es gelang Saakaschwili mit westlicher Hilfe, den adscharischen Machthaber Aslan Abaschidse zu vertreiben und Adscharien Georgien wieder einzuverleiben. Die Unzufriedenheit der georgischen Bevölkerung mit der neuen Regierung nahm jedoch bald ähnliche Formen an wie 2003. 2006 wechselte Georgien auf eine neue Stufe der Zusammenarbeit mit der NATO, den Intensiven Dialog (ID).
Nach Massenprotesten gegen die Regierung vom 2. bis 7. November 2007 wurde Lado Gurgenidse neuer Premier. Präsident Saakaschwili trat am 25. November zurück, um den Weg für Präsidentschafts-Neuwahlen am 5. Januar 2008 frei zu machen. Das amtliche Endergebnis dieser Wahlen erklärte den bisherigen Amtsinhaber Saakaschwili mit glaubwürdigen 53,47 Prozent der ausgezählten Wählerstimmen zum Wahlsieger, was auf geschicktere Wahlfälschung hinweisen könnte.
Georgien: Wie Wikipedia prowestliche Propaganda macht
Am 8. August 2008 begann Saakaschwiil durch seinen völkerrechtswidrigen Angriff auf Südossetien einen Krieg mit Russland, der zur russischen Besetzung der Teilrepubliken Abchasien und Südossetien führte. Diese Tatsache wird in westlichen Mainstream-Medien totgeschwiegen und durch antirussische Legenden ersetzt; Wikipedia schreibt etwa: „Im August 2008 eskalierte der Südossetien-Konflikt und es kam zum Kaukasus-Krieg mit Russland“. Wikipedia verschweigt die Kriegsschuld des prowestlichen Diktators Saakaschwili, um die Geschichte zugunsten von Nato, USA und EU zu verdrehen.
Am 26. Mai 2011 ließ Saakaschwili eine Demonstration in Tiflis niederschlagen, dabei gab es 22 Tote. Die Information sucht man bei Wikipedia natürlich ebenfalls vergebens, dort bejubeln die angeblich selbstorganisierten „Wikipedianer“ stattdessen die Rolle des Westens und seines Diktators Saakaschwili, der fröhlich grinsend die Website ziert: „Für wichtige Reformfelder wurden erfolgreiche Auslandsgeorgier als Minister ins Land geholt,“ jubelt Wikipedia über Saakaschwilis westorientierte Korruption.
Nach dem Wahlsieg des „Georgischen Traums“ bei den Parlamentswahlen am 1. Oktober 2012 wurde dessen Vorsitzender, der Milliardär Bidsina Iwanischwili, von Präsident Saakaschwili mit der Regierungsbildung betraut. Nach zwei Amtszeiten durfte Saakaschwili 2013 nicht mehr zu den Präsidentschaftswahlen antreten, Nachfolger wurde im November 2013 Giorgi Margwelaschwili. Im November 2013 trat Iwanischwili zugunsten seines Innenministers Irakli Gharibaschwili vom Posten des Regierungschefs zurück.
Nato-Vormarsch im Kaukasus
Georgien und die Ukraine sind die Einfallstore der Nato nach Russland. Doch ihre Erstürmung lief nicht völlig reibungslos ab. Die von Juschtschenko angestrebte NATO-Mitgliedschaft der Ukraine scheiterte zunächst: Beim Gipfel der Atlantischen Allianz 2008 in Bukarest gab es keinen Konsens über die Aufnahme der Ukraine und Georgiens in den “Membership action plan”. Während die US-Regierung darauf drängte, wurde dies vor allem von Frankreich und Deutschland abgelehnt.
Der militärisch gestützte Regimewechsel ist zwar seit 1995 „zu einem Kennzeichen westlicher Außenpolitik geworden“ (Pradetto 2014, S.73). Doch der siegreiche Krieg Russlands gegen Georgien im August 2008 machte eine unverzügliche NATO-Erweiterung im postsowjetischen Raum zunächst unmöglich. Dagegen sei die Geopolitik Moskaus recht bescheiden auf kleine Gebiete wie Abchasien, Südossetien und jetzt die Krim begrenzt geblieben, so Pradetto. Reinhard Mutz vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg (IFSH) hatte im April darauf hingewiesen, dass der Einfall russischer Truppen ins georgische Südossietien sogar rechtskonform zur damaligen Mandatslage war. Westliche Medienpropaganda habe Putins Aktion schlicht falsch dargestellt und die blutigen Verbrechen Georgiens an Südossetiern sowie die damalige KSZE-Mission unter russischem Kommando weitgehend verschwiegen. Ganz anders übrigens, so müsste man Mutz ergänzen, als bei der nur vorgetäuschten „OSZE-Mission“ in der Ostukraine, die ihre „Beobachter“ nur mit dem Wunsch der Putsch-Regierung in Kiew begründet hatte.

Georgien nur kleiner Baustein in US-Strategie zur Umzingelung Russlands