Battlefield Bielefeld: Der große System-Leak

Nina Scholz 21.Mai 2013 http://kalafudra.files.wordpress.com/2008/09/bielefeld3.jpg

„Bielefeldverschwörung“: Die Story ist nur Tarnung für die Sozionik der Neuen Weltordnung. Das Reichsflugscheiben-Hauptamt, die NASA, John F. Kennedy: Wer will uns die Existenz oder Inexistenz von Bielefeld glauben machen? Alles falsch! Dahinter steckt eine Gruppe von akademischen Sektierern, die Niklas Luhmanns sogenannte „Systemtheorie“ in ihrer Sozionik umsetzen wollen -einer technokratischen Steuerungsmethodik für moderne Mediengesellschaften.

Die „Bielefeldverschwörung“, belahrt uns altklug wie immer Tante Wickipedia, ist eine Satire, die die Existenz der Stadt Bielefeld anzweifelt, um die in sich geschlossene unangreifbare Argumentationsstruktur von Verschwörungstheorien auf humorvolle Weise herauszustellen. Sie wurde erstmals 1994 im deutschsprachigen Usenet veröffentlicht, kursiert seither als Dauerwitz im Internet und wurde so Teil der Internet-Folklore, die zur Netzkultur gehört.

Wie so oft, findet sich bei Wikipedia nur das, was interessierte Kreise dort hinterlistig platzieren und von bezahlten Löschtroll-Rollkommandos verteidigen lassen. Wenn es doch so einfach wäre mit der Bielefeldverschwörung: „Diese Verschwörung soll die Menschheit von dem Dasein einer Stadt namens Bielefeld überzeugen. Die Anhänger dieser Verschwörungstheorie sollen in Bezug auf die Urheber der Verschwörung grundsätzlich nur von IHNEN oder SIE sprechen. Einige würden als Urheber der Bielefeldverschwörung die CIA, den Mossad oder Außerirdische unter der Führung eines gewissen Ashtar Sheran vermuten, die ihr Raumschiff als Universität getarnt haben. Eine andere Version dieser Verschwörung argwöhnt, dass sich in Bielefeld der Eingang zu Atlantis befindet. Um SIE nicht aufmerksam zu machen, würden statt Bielefeld oft die Termini B*e*e*e*d, B**l*f*ld, Blfd oder Bielefake verwendet, oder es wird schlicht von dem B-Wort gesprochen. Auch Lachen bei Berichten in Nachrichtensendungen über Ereignisse in Bielefeld gehöre zum Verhaltens-Repertoire der Anhänger der Theorie.“

Alles gelogen: Dahinter steckt ein System

Doch all das ist gelogen. Zum Teil zumindest. Es war schon ein Bielefelder Studentenulk, aber mit einem sehr ernsten Hintergrund: Bielefeld ist die Weltzentrale der deutschen Sektion der Sozionik, bekanntlich eine Bewegung, die Gesellschaften technokratischer Steuerung zugänglich machen will. Kopf und theoretischer Guru war ein Bielefelder Professor namens Niklas Luhmann (1927-1998), Begründer der deutschen Systemtheorie. Weil ihm die US-Version dieser Theorieschule, der sog. „Strukturfunktionalismus“ nicht abstrakt und theoretisch genug war, entwickelte Luhmann daraus die Systemtheorie selbstreferentieller Systeme. Seine juristische Grundbildung verhalf ihm dazu, seine wild-biologistische Einbindung von Biokybernetik in eine Soziologie, die gänzlich ohne jede Gesellschaftskritik funktioniert, begrifflich so wasserdicht zu theoretisieren wie einen Microsoft-Lizenzvertrag. Seine sektenartig an soziologischen Fachbereichen zahlreicher Universitäten organisierten Jünger reden gern von „Sozionik“ und geben sich betont unpolitisch. Kritiker reden von einer technokratischen Theoriemonstrosität, die dazu dienen soll, die Übernahme der globalen Macht durch eine „Neue Weltordnung“ zu verschleiern.

Luhmann vertrat in seinem Werk „Die Realität der Massenmedien“ die These, dass nur das real sei, was in den Massenmedien erwähnt würde. Er soll die seltene massenmediale Erwähnung Bielfelds stets beklagt haben und so schufen seine ergebensten Studenten die besagte Bielefeld-Verschwörungstheorie, die den Lehrort Luhmanns (Bielfeld) erstmals bekannter machte.

Zu Luhmanns ideologischen Hintergrund ist wenig bekannt. Wie erst 2007 enthüllt wurde (Luhmann-Leak), war Niklas Luhmann Mitglied der NSDAP; von 1944 bis September 1945 war Luhmann zudem in amerikanischer Kriegsgefangenschaft, zu der er in einem Interview einmal sagte: „…die Behandlung war –gelinde gesagt– nicht nach den Regeln der internationalen Konventionen.“ Luhmann versuchte vergeblich, sich der CDU als Politikberater anzudienen, aber dort konnte niemand die langatmigen Schriften verstehen, weil dort die wenigen, die entsprechende juristische Ausdauer und Zähköpfigkeit besaßen, etwa Friedrich Merz, mit Wichtigerem befasst waren. Z.B. Gesetzestexte ausbrüten, denen nicht mal Juristen anmerken können, dass sie unter dem Deckmantel der Deregulierung etwa des Bilanzrechts, die großzügige Legalisierung von Betrug, Untreue und Steuerhinterziehung für die Finanzindustrie ermöglichen. So blieb die Luhmannistik eine eher akademische Sekte (soweit man weiß), aber die Bielefeld-Verschwörung setzte zum medialen Höhenflug an. Poesie, Romane, Filme kreisten um sie, sogar ein ZDF-Fernsehkrimi der Wilsberg-Reihe nahm die Thematik dankbar auf: Ein dominantes Mem zirkuliert als virale Information die Sozionik durch unsere Diskurskultur -bis hin zu den berühmten Bielefelder Big Brother Awards.

Bielefeldverschwörung: Storyboard zum Film zum Buch

Bielefeld wird überwacht und kontrolliert. Dahinter steckt der ‚Städtische bielefeldInteressenverband Energie und Kommunikation’, kurz SIEkom. Allen voran Somo Bishi, ein machtbesessener, im Hintergrund agiereder Fiesling, dem kein Weg zu unmoralisch ist, um an seine Ziele zu kommen. Er plant eine Superwaffe, die jede biochemische Struktur zu Staub zerfallen lassen kann. Es fehlt nur noch ein einziger Gegenstand, der die Superwaffe komplett machen würde: ein antikes Artefakt aus der versunkenen Stadt Atlantis.

Bielefeld – Wo es begann: usegr-de.talk.bizarre. (heute Google Groups)

Sanfte Gruesse!

Ich kann es heute nicht mehr fuer mich behalten, ich muss endlichhttps://i0.wp.com/www.verdi-das-bunte-haus.de/upload/strip_0251.jpg
unter Einsatz meines Lebens an die Oeffentlichkeit gehen, die
Menschheit muss aufgeklaert werden ueber DIE BIELEFELD-VERSCHWOERUNG! Es begann ganz harmlos, als uns, einer kleinen Gruppe von Unerschrockenen, auffiel, dass zwar ab und zu mal von einer Stadt namens Bielefeld die Rede sei, aber keiner von uns jemanden kannte, der schon einmal dort war, geschweige denn selbst schon einmal in Bielefeld war. Das brachte uns auf die Idee, dass es Bielefeld gar nicht gibt. Von da an waren unsere Sinne natuerlich geschaerft, und wir entdeckten nach und nach das Ausmass der Verschwoerung: Autos mit gefaelschten ‚BI‘-Kennzeichen, eine mysterioese Fussballmannschaft, die vorgab, aus Bielefeld zu kommen, kurz: SIE haben keine Kosten und Muehen gescheut, um uns glauben zu machen, dass es Bielefeld wirklich gibt.

Dann passierte Bedrohliches: Zunaechst nichts Boeses ahnend, erzaehlten
einige von uns dritten ueber unsere Entdeckungen. Wenig spaeter teilten sie
uns mit – im Nachhinein muss ich sagen, dass uns schon damals ihr leerer
Blick haette auffallen muessen -, sie haetten jemanden aus Bielefeld
getroffen oder seien gar selbst dort gewesen — SIE hatten die armen
Teufel einer Gehirnwaesche unterzogen. Natuerlich haben wir uns Gedanken gemacht, wer dahinter steckt: Haengt die Verschwoerung mit der vorgetaeuschten Mondlandung der NASA zusammen? Hat gar John F. Kennedy aus seinem von der CIA geschuetzten Exil heraus seine Finger im Spiel? Oder versuchen Ausserirdische unter Fuehrung der Venusianerin Omnec Onec uns die Existenz von Bielefeld glauben zu machen? Hat das Ganze etwas mit der schlechten Star Trek-Synchronisation zu tun? Dient das ganze dazu, eine Basis der Reichsflugscheibenmacht zu verbergen?

Gluecklicherweise entdeckte ich im Magazin 2000, dem Magazin fuer neues
Bewusstsein, eine Anzeige fuer Programmiertes Wasser, das auch
prophylaktisch gegen ausserirdische Implatate bis zur Stufe drei hilft.
Natuerlich habe ich gleich mehrere Flaschen zum Preis von 87 Schweizer
Franken pro Liter bestellt und in einem Zug ausgetrunken – mich kriegen
SIE also nicht so leicht! Dann, vor einiger Zeit, der Lichtblick: Als wir auf der Autobahn an der Stelle vorbeifuhren, an der sich dieses Bielefeld angeblich befinden soll, war auf einem Schild, das auf ein Autobahnkreuz hinwies, der Name ‚Bielefeld‘ (ja, sogar Schilder haben SIE aufgestellt) mit leuchtend orangem Klebeband durchgestrichen worden. Das war fuer uns ein Zeichen: Es gibt noch andere im Untergrund arbeitende Gruppen, deren Ziel es ist, die Bielefeld-Taeuschung aufzudecken. Derart ermuntert, muss ich jetzt einfach an die Oeffentlichkeit gehen und alle ueber die ungeheuerliche Scharade, die in unserem Land stattfindet, informieren… Mir bleibt nur die Hoffnung, genug Leuten die Augen geoeffnet zu haben, so dass SIE merken, dass ihr Manoever gescheitert ist und die Nichtexistenz von Bielefeld zugeben.

Solidarische Gruesse,
Achim (Held)

—weitere bekannte Anhänger Luhmanns sind:

Dirk Baecker, Theodor M. Bardmann, Michael B. Buchholz, Peter Fuchs, Joachim Hesse, Heinz Kersting, Rudolf Klein, Jürgen Kriz, Verena Kuttenreiter, Tom Levold, Wolfgang Loth, Kurt Ludewig, Haja Molter, Armin Nassehi, Roland Schleiffer, Fritz B. Simon, Rudolf Stichweh, Helmut Willke, Theodor M. Bardmann.

vgl. auch Kritik am Lumannismus:

Die subjektlose Weltgesellschaft der Technokraten

Technokratische Systementwerfer wie Talcott Parsons und Niklas Luhmann haben in den Sozialwissenschaften einen Begriff von Weltgesellschaft vorbereitet, wie er subjektloser und indifferenter nicht sein könnte. Dieser Begriff erlaubt Handlungsorientierungen allenfalls noch denjenigen, die das System praktisch beherrschen –Technokraten, CEOs und Experten. Diese reaktionäre Systemtheorie wird von all jenen begierig aufgesaugt, die eine New World Order […]

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Wissenskultur, Neoliberalismus und Wikipedia-Halbwissensgesellschaft

Gerd R. Rueger 15.November 2008 Wir leben in einer Informations- und Wissensgesellschaft -wie man sagt.  Aber gesucht ist heute meist nur leicht konsumierbares Wissen, also eher Halbwissen, das den größten Teil seiner Intelligenz auf die Präsentation verwendet. Die Menschen möchten den Experten glauben. Leider übersehen sie dabei die Übersetzungsprobleme zwischen Denkkollektiven und so ist das  […]

Die subjektlose Weltgesellschaft der Technokraten

Parsons

Gerd R. Rueger, 23.Januar 2009

Technokratische Systementwerfer wie Talcott Parsons und Niklas Luhmann haben in den Sozialwissenschaften einen Begriff von Weltgesellschaft vorbereitet, wie er subjektloser und indifferenter nicht sein könnte. Dieser Begriff erlaubt Handlungsorientierungen allenfalls noch denjenigen, die das System praktisch beherrschen –Technokraten, CEOs und Experten.

Reaktionäre Systemtheorie

N.Luhmann

Diese reaktionäre Systemtheorie wird von all jenen begierig aufgegriffen, die sich den Machteliten als ‚Experten‘ andienen wollen, um am Reichtum bzw. seiner immer ungerechteren Verteilung zu partizipieren. Wobei gelegentlich mit der einen oder anderen Rechtfertigung moralischer Art kokettiert wird, zunehmend aber ohne eine solche, was sich als Ehrlichkeit glorifizierend von der, soweit keine Heuchelei zu Unrecht, gescholtenen ‚political correctness‘ abgrenzt.

Die Widersprüche sind enorm, unsere Internet- und Medien-dominierte Realität spiegelt sie und multipliziert sie noch. Viel soziologische Imagination (Mills 1959) ist nötig, die ‚Realitätsbrüche‘, die uns täglich umgeben –und die den lebensweltlichen Alltagsperspektiven eine disziplinierte und normierte Mainstream-Mediensicht geradezu aufnötigen– zu überbrücken und ‚den Daten Sinn abzuringen‘. Cholera und Kommunikation –haben sie wirklich nichts miteinander zu tun? ‚Virales Marketing‘ setzt heute auf die der Selbstunterwerfung vorangehende Selbstmanipulation der Massen, deren medial geförderter Hedonismus sie sich gegenseitig mit Botschaften der Mächtigen berieseln lässt: Power Structure als Pandemie, die etwa über vermeintlich sensationelle oder auch nur lustige Videoclips ihre virale Ausbreitung den Medienkonsumenten und deren via Tk-Infrastruktur enorm gesteigerten Kommunikativität überlässt. Luhmann sah die sozialen Systeme als Karteikästen der Mächtigen, die er als schlauer Technokrat für sie systematisieren wollte. Heute systematisieren sich die Netzuser selbst, stürzen sich scheinbar freiwillig in ihre Karteischuber -aber sie gewinnen auch an Aktionsradius: Eine Schwachstelle der Netz-Technokratie?

Digitale Netz-Seuchen

Die Technologie schafft neue informationale Seuchen, wird selbst zur Seuche, die den Menschen befällt –freilich nicht ohne ihm Genuss zu verschaffen. Das Biopolitische, vom Standpunkt des Begehrens aus betrachtet, ist nichts anderes als konkrete Produktion, ist menschliche Kollektivität in Aktion in konkreten Politikfeldern. Begehren, auch etwa das Begehren nach Gesundheit im Angesicht einer schrecklichen Seuche, erscheint hier als produktiver Raum, als die Aktualisierung menschlicher Kooperation bei der Gestaltung der Geschichte. Bezeichnend ist, dass die Macht der Erzeugung und des Begehrens (Foucault) unter dem Regime der privaten Enteignung eine Beute der systemischen Korruption wird.

Wo Korruption in der Antike und in der Moderne immer wieder, da moralisch verwerflich, Anlass für Reformen war, kann Korruption heute bei der Transformation von Regierungsformen gar keine Rolle spielen, weil sie selbst ja Substanz und Totalität des Politikfeldes ist. Ablenkung und Angstkulisse schaffen dabei Bedrohungsszenarien, Seuchen sind ebenso willkommen wie Wirtschaftskrisen, die dem Globalisierungsdiskurs wieder durchschlagende Wirkung verleihen sollen. Angst vor Marginalisierung, vor Niederlagen im Standortwettbewerb, tritt neben Angst vor natur- und menschengemachten Katastrophen sowie vor dem Anderen, derzeit vorwiegend den Kopftuch-, Bart- und Turbanträgern.

Web2.0 als Zuckerbrot

Doch zur Peitsche von Terrorkrieg und Überwachung gibt es auch das Zuckerbrot: Geködert wird die Masse mit beschränkter Teilhabe am zumeist nur virtuellen Bereich gesellschaftlichen Reichtums. Angesprochen ist dabei durchaus das einzelne Individuum und seine Neigung, den Angstnachrichten im privaten Eskapismus zu entfliehen –Telekommunikation direkt von den PR- und Kulturpropaganda-Agenturen der Machteliten zum einfachen Untertanen als Form entsubjektivierter Machtausübung. Seit dem 17. Jh. hatten sich neue Formen der Macht auf die Disziplinierung des Körpers gerichtet, um seine Kräfte im Sinne der Produktion und Profitabilität zugleich effektiv zu nutzen und optimal zu kontrollieren (Foucault 1976). Die Reaktion staatlicher Akteure auf Seuchen wie Pest oder Lepra war dabei stets bedeutsam und richtungsweisend. Diese neuen politischen Technologien der Disziplin förderten nicht nur staatliche Institutionen wie das Krankenhaus, die Psychiatrie und das Gefängniswesen, sondern trugen in sich auch das Potential privater, privatisierter Herrschaftstechniken. Die sichtbar gemachte Delinquenz der Unterschichten lenkte nicht nur von den lukrativen, aber unsichtbaren Gesetzwidrigkeiten der Herrschenden ab (Waffenhandel, Prostitution, Drogenhandel usw.); sie ermöglichte auch die ‚Moralisierung des Proletariats‘ (Foucault) und damit private, individuelle Zwangsformen in den Betrieben, in Dienstverhältnissen usw. Auf Seiten der Herrschenden befördert die scheinbare Unsichtbarkeit ihrer Handlungen einerseits zunächst das Entstehen korporativer Akteure, die nur in einem fiktiven, juristischen Sinne ‘Personen’ sind und in Wirklichkeit unpersönliche, z.T. zentral geleitete Organisationen darstellen.

Indem so die Anstrengungen vieler einander fremder Personen ‘gepoolt’ werden, beginnt eine Verschiebung der Rechtschancen zugunsten korporativer Akteure. Die Machtchancen derjenigen, die solche Organisationen leiten, steigt. Auf der anderen Seite wirkt in diesem Korporatismus immer auch das Prinzip der Privatisierung und speist Gegentendenzen der Steigerung subjektiver bzw. personaler Macht und Geldmacht. Dies bleibt allerdings einem kleinen Kreis von Privilegierten vorbehalten. So sind etwa die Reproduktionsbedingungen personal geregelter Sozialsysteme (z.B. Familien und ihr Vermögen) nur im Bereich des Superreichtums gewährleistet. Zudem entstehen, geeicht auf das korporative System, neue Gruppen Herrschaftshandelnder wie power broker, fixer, superlawyer –unabdingbar für die Dynamik von interorganisationellen Beziehungen–, welche ‘anonymer Herrschaft’ ein Gesicht geben (Krysmanski 2004, S.88ff.). Soweit die pessimistische Sichtweise Krysmanskis, bleibt zu hoffen, dass der Kampf auch nicht superreicher Individuen und Familien usw. weiterhin erfolgreich bleibt. Das Web2.0 kann dabei nützlich sein –man darf nur nicht vergessen, dass dort alles direkt unter den wachsamen Augen der Machteliten geschieht. Und vor allem nicht, dass sie dort ihr Potential an Lügen, Intrigen und subtiler Desinformation immer leichter unters Volk bringen können. Dabei dient die Beobachtung der Web2.0-Kommunikation vermutlich in erster Linie einer Feinabstimmung der Propagandakanäle, die den Input liefern: Umso mehr gilt es, die Mainstream-Massenmedien wachsam zu beobachten, denn sie sind immer noch das Haupteinfallstor der Machteliten in die Köpfe der Menschen.

Systemleckage WikiLeaks

Die Whistleblower-Plattform Wikileaks mit ihrem charismatischen Begründer Julian Assange weist vielleicht einen Weg in eine Netzkultur, die so einfach nicht in Kontrollmechanismen der Herrschaftseliten integriert werden kann. Die Leaks (Enthüllungen) von Skandalen, Wirtschafts- und Kriegsverbrechen der Herrschenden lassen sich nicht so leicht verschweigen oder medial durch die Mühle drehen wie andere Netzaktivitäten. Es bleibt uns nur, vorsichtig, aber optimistisch abzuwarten, wie sich diese neue Hacktivistengruppe weiterentwickeln wird.