Offshore-Leaks: Wunder in Vatikan und Liechtenstein

Galindo Gaznate 13.05.2013

Die Offshore-Leaks haben die Notwendigkeit von Transparenz im Finanzsystem deutlich gemacht –Wikileaks hatte die Mainstream-Journaille in diese Richtung vor sich hergetrieben. Nach Österreich schleppt sich Liechtenstein in Richtung etwas mehr Ehrbarkeit und selbst der Vatikan zieht nach: Die Vatikanbank IOR geriet immer wieder ins Visier der italienischen Staatsanwaltschaft -jetzt soll auch sie transparenter werden. Ein schwerer Schock für viele Schwarzgeld-Anleger, wie zu vermuten ist. Werden die Bankster ehrlich?

Die Offshore-Leaks haben Billionen an Schwarzgeld enthüllt und damit die Notwendigkeit von Transparenz im Finanzsystem mehr als deutlich gemacht. Nach Österreich schleppt sich nun auch die letzte Alpen-Schwarzgeldoase Liechtenstein in Richtung etwas mehr Ehrbarkeit und selbst der Vatikan zieht nach: Die Vatikanbank IOR geriet immer wieder wegen schwarzer Konten und Geldwäscheverdacht ins Visier der italienischen Staatsanwaltschaft -jetzt soll auch sie transparenter werden. Ein schwerer Schock für viele Schwarzgeld-Anleger, wie zu vermuten ist. Und sogar Liechtenstein gibt dem Druck aus der EU im Streit um sein Bankgeheimnis nach. Werden die Bankster ehrlich?

Sogar Liechtenstein gibt dem Druck aus der EU im Streit um sein Bankgeheimnis nach.Das Land, dessen spezielle hochanonymisierte Schwarzgeld-Stiftungsmodelle in keinem Lehrbuch über Finanzkriminalität fehlen, will sich dem automatischen Informationsaustausch mit der EU öffnen, wenn auch nur unter Bedingungen, wie Regierungschef Hasler ankündigte. Man wird im Fürstentum wohl noch etwas mit sich ringen lassen, der Vatikan unter seinem neuen Papst dagegen könnte jetzt ernst machen mit der Transparenz -ein schwerer Schock für viele Schwarzgeld-Anleger, wie zu vermuten ist.

Das Istituto per le Opere di Religione (IOR) (Institut für die religiösen Werke), allgemein bekannt als die Vatikanbank, ist eine Bank im Besitz des Heiligen Stuhles, offiziell aber keine Staatsbank der Vatikanstadt. Vermögen wird auf ca. 6 Milliarden Euro geschätzt – genaue Angaben sind aber nicht bekannt, weil die Vatikanbank ihre Bilanz nicht veröffentlicht. Die Vatikanbank fiel bislang weniger durch ihre „religiösen Werke“ auf, sondern vielmehr wegen der mangelnden Transparenz ihrer Bilanzen sowie zahlreicher anonymer Nummernkonten sogenannter „Stiftungen“, die der Geldwäsche für die Mafia sowie der Steuerhinterziehung dienen. Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga, Erzbischof von Tegucigalpa und Koordinator für die geplante Kurienreform, will sich für mehr Transparenz sogar in der skandalumwitterten Vatikanbank IOR bemühen. Dazu gehöre auch, dass das IOR wie jedes andere Geldinstitut seine Bilanzen veröffentliche, sagte Maradiaga der „Corriere della Sera“.

Das IOR war immer wieder wegen angeblicher schwarzer Konten und des Verdachts auf Geldwäsche ins Visier der italienischen Staatsanwaltschaft geraten. Das Geldinstitut, das in einer Art heiliger bankrechtlicher Grauzone Einlagen von sechs Milliarden Euro verwaltet, veröffentlichte bislang keine Bilanzen. Neben dem Geist des Hl.Franziskus stehen die Bankgeschäfte nun vor zwei Faktoren: 1.Seit Mitte Februar hat die Bank einen neuen Chef, den deutschen Finanzexperten Ernst von Freyberg. 2.Der Vatikan steht unter Beobachtung des Anti-Geldwäsche-Ausschusses „Moneyval“ des Europarates, der zuletzt  bemängelte, dass die bankrechtliche Kontrolle unzureichend sei. Die Europäischen Union hatte ab 2010 ein Währungsabkommen mit dem Vatikan durchgesetzt, das  die Währungsvereinbarung zwischen dem Vatikan und dem italienischen Staat aus dem Jahr 2000 ergänzt. Darin verpflichtete sich der Vatikan, EU-Gesetze gegen Geldwäsche zu übernehmen -jetzt kam vermutlich der frische Wind der Offshore-Leaks den Vatikan-Reformern zu Hilfe.

Ende der 1970er Jahre gab es einen Skandal um undurchsichtige Geschäfte, in die Vatikanbank und die dabei Pleite gegangene Banco Ambrosiano nebst Mafia verwickelt waren. Der Mord an Roberto Calvi und seiner Sekretärin und Vertrauten Graziella Corrocher (1982) wurde dabei auch dem Vatikan angelastet. In den Skandal verwickelt war der damaligen Leiters der Vatikanbank, Erzbischof Paul Casimir Marcinkus, dem Verbindungen zur italienischen Mafia nachgesagt wurden. Angesichts dieser mafiösen Vergangenheit ist die neue Transparenz eine echte Überraschung.

Sprach der alte Papst aus deutschen Landen mehr Latein und überraschte erst mit seiner Abdankung, weckte der Neue schon mit seiner Namenswahl antikapitalistische Hoffnungen. Der neue Papst Franziskus macht mit dem franziskanischen Umdenken scheinbar ernst und wirft wie einst Jesus Christus die Geldschneider aus dem Tempel. Erzbischof Maradiaga war von Papst Franziskus zum Koordinator eines achtköpfigen Kardinalsdirektorium berufen worden, das Vorschläge für eine Kurien-Reform erarbeiten soll. Die Kommission, der Kardinäle aus allen fünf Kontinenten angehören, soll ab Oktober an der Reform der Verfassung der römischen Kurie mitwirken.

Bank-Whistleblower: Offshore-Leaks-Daten nicht an Justiz übergeben!

Gerd R. Rueger 10.05.2013 

Rudolf Elmer ist der Mann, der als Wikileaks-Whistleblower das Steueroasen-Imperium der Schweizer Großbank Julius Bär aufdeckte. Er sprach jetzt über die Offshore-Leaks und seine bitteren Erfahrungen mit der Schweizer Justiz nach der Enthüllung der Finanzkriminalität auf den Caymans. Elmer unterstützt die umstrittene Strategie des Tax Justice Network bzw. der Enthüllergruppe, die Bankdaten NICHT einfach den Justizbehörden zu übergeben. Seine Erfahrungen sprechen dagegen.

Rudolf Elmer ist der Mann, der 2008 als Wikileaks-Whistleblower das Steueroasen-Imperium der Schweizer Großbank Julius Bär aufgedeckt hat: Bloodmoney und Bankgeheimnis. Er sprach jetzt über die Offshore-Leaks, den Druck kleiner Steuerzahler auf die Politik und seine bitteren Erfahrungen mit der Schweizer Justiz nach der Enthüllung von Milliarden-Schwarzgeldgeschäften auf den Caymans. Elmer ist für die Strategie des Tax Justice Network, die Bankdaten nicht einfach den Steuer- und Justizbehörden der betroffenen Länder zu übergeben. Seine Erfahrungen sprechen dagegen.

Österreich steht unter Druck. Nach dem die Offshore-Leaks immer mehr kriminelle Schwarzgeldgeschäfte und einen globalen Sumpf von Korruption und Steuerhinterziehung ans Licht brachten, machte auch der EU-Alpenstaat Zugeständnisse. Wien will nicht als letzte Schwarzgeldoase im Euroraum gelten. Im Rahmen der daraus resultierenden Debatte wurde der Enthüller eines großen Schweizer Bankskandals über seine Erfahrungen und seine Sicht der Offshore-Leaks befragt.

WL_LogoIn einem Interview von Rainer Himmelfreundpointner von format.trend.at mit Wikileaks-Whistleblower Rudolf Elmer ging es um die Offshore-Leaks, die Macht der Finanzkonzerne und die Tendenz von Staat und Justiz, sie zu decken (nicht nur in der Schweiz). Wie Julian Assange von den USA wurde auch Elmer, aber von seinem Schweizer Heimatland, zum Staatsfeind erklärt -obwohl er nichts anderes getan hatte als die Kriminalität der Mächtigen aufzudecken.

Whistleblower Rudolf Elmer

„Ich selbst habe ja der Bundesstaatsanwaltschaft der Schweiz die kompletten Cayman-Islands-Unterlagen aus meiner Zeit beim Bankhaus Julius Bär übergeben – und die Bank angezeigt. Aber das wurde nur gegen mich verwendet. Ich bin einer Art ’systemischen Korruption‘ gegenübergestanden. 2008 bin ich aus Notwehr zu Julian Assange gegangen und habe die schlimmsten Julius-Bär-Fälle auf Wikileaks veröffentlicht. Aber in der Schweiz hängt man mich als ‚Staatsfeind‘ am höchsten Baum am Paradeplatz. Es geht immer um Staats- und Wirtschaftsinteressen, und die Justiz schützt das System und nicht den braven Bürger.“ (Rudolf Elmers)

Verdunkelungs- und Verschleierungsoasen

Rudolf Elmers Einschätzung der Offshore-Leaks kommt von einem echten Cayman IslandsExperten der Materie -im „Steuerparadies“ der Cayman Islands flossen die Schwarzgelder von J.Baer durch seine Hände. Er war nicht nur lange auf der Täterseite aktiv, er musste sich auch gegen Justiz, Behörden und ein Schweigekartell der Mainstream-Medien durchsetzen. Dazu kommt noch: Sein US-Anwalt Jack A. Blum ist -wohl nicht zufällig- Präsident des Tax Justice Network. In dieser Funktion berät er als Experte auch das Netzwerk der investigativen Journalisten, welche die Offshore-Leaks aufgedeckt haben. Weil dort Daten von Banken, Treuhändern, Steueranwälten oder Prüfgesellschaften stammen, so Elmers, stelle deren außerordentlicher Informationsgehalt eine völlig neue Dimension dar. Offshore-Leaks würde bald enormen Druck auf die Verdunkelungs- und Verschleierungsoasen ausüben, denn nun würden endlich die verschleierten Besitzverhältnisse transparent.

Nun wird aus Sicht von Elmers endlich transparent, wer der wirtschaftlich Berechtigte und Nutzer eines Trusts wären, sogar die Namen von prominenten Persönlichkeiten oder Unternehmen würden bekannt. Die Menschen der betroffenen Länder sollten nun öffentlichen Druck auf die Politik ausüben, meinte Elmer, vor allem angesichts der Schuldenkrise, bei der ja bislang nur die kleinen Steuerzahler zur Kasse gebeten wurden. Die Enthüllung der Offshore-Leaks diene dem ehrlichen Bürger und zwinge die Politik, das Übel der sogenannten „Steueroasen“ grundsätzlich, systematisch und öffentlich zu bekämpfen. Die empörte Bevölkerung beginne zu verstehen, wem diese Oasen dienen -daher sollte der Druck anhalten, bis die Daten an die Steuerbehörden übergeben werden.

Empörung muss Druck auf Politik verstärken

Die investigativen Journalisten würden die Daten nicht übergeben, wenigstens DollarPyramidPrisonjetzt noch nicht, das gebiete der Quellenschutz. Für das Journalisten-Netzwerk sei das zwar auch Teil ihres Geschäftsmodells, aber die Staaten hätten ohnehin offizielle Wege, um an die Daten ranzukommen, wenn sie nur wollten. Wenn die Offshore-Leaks-Daten den Behörden ohne Umschweife übergeben würden, so Elmer, würden die einzelnen Staaten nur jene Fälle untersuchen, die ihren Interessen dienen und der Politik nicht schaden. Die Justiz schütze eben „das System“ und nicht den einfachen Bürger, wie er als Whistleblower in der Schweiz am eigenen Leibe erfahren musste.

Bevor er Wikileaks-Whistleblower wurde organisierte der Ex-Banker Rudolf Elmer auf den Cayman Islands für die Schweizer Privatbank Julius Bär Offshore-Transaktionen in großem Stil. Kunden von J.Baer waren etwa mexikanische Drogenbarone oder russische Oligarchen wie der frühere Yukos-Magnat Michail Chodorkowski.

Rudolf Elmer, Wikileaks und der Julius-Baer-Leak

Vor etwa zehn Jahren übergab Elmer aus Gewissensgründen ein Konvolut brisanter Bankkundendaten der Schweizer Bundesstaatsanwaltschaft und zeigte die Bank an. Das Resultat zeigte, dass die Finanzkonzerne von der Justiz nichts zu befürchten hatten: Elmer wurde wegen Verrats des Bankgeheimnisses 220 Tage inhaftiert, und die Bank zahlte 50 Millionen Euro Bußgeld. Warum die Schweizer Justiz so handelte ist ungeklärt. Elmer wurde juristisch gehindert, sich zu äußern. Mainstream-Medien, denen er die Fakten zuspielte, reagierten nicht (eine Erfahrung, die auch Bradley Manning machen musste).

So wurde Rudolf Elmer Whistleblower von Wikileaks und brachte der Gruppe um Julian Assange erstmals größere Aufmerksamkeit: Anwälte der Schweizer Bank versuchten Wikileaks juristisch zum Löschen der Information zu zwingen. Das löste vor allem in den USA eine Solidarisierungswelle aus, die von den Medien nicht mehr totgeschwiegen werden konnte. Dennoch dauerte es noch lange, bis Wikileaks über die Aufdeckung von Korruption in der Finanzkrise in Island bekannter wurde und von dort aus schließlich mit Collateral Murder den Sprung zur echten weltweiten Bekanntheit schaffte.

WikiLeaks machte sich mit dem J.Baer-Leak um den Kampf gegen die globale Finanzmafia ganz im Sinne von Attac verdient. Das globalisierungs-kritische Netzwerk Attac befasst sich seit längerer Zeit mit dem Problem der Steueroasen und hat in ihnen einen Hauptmotor globaler Verelendung ausgemacht –und eine Gefahr für die Demokratie. Der Offshore-Leak hat die Dimension des Problems erneut ins Bewusstsein gerückt: 30 Billionen Dollar Schwarzgeld wurden den Wirtschaftssystemen entzogen und beiseite geschafft –mit hoher finanzkrimineller Energie. Die Wirtschaft saugte ihrerseits Geld aus Staat, Gesellschaft und Sozialsystemen und sang dabei ihr Klagelied von den angeblich viel zu hohen Steuern. Attac hat das Problem lange erkannt, Wikileaks enthüllte Bankster-Methoden. Aber Medien und Politik fanden andere Dinge wichtiger, obwohl spätestens seit der Finanzkrise 2008 und in der aktuellen Eurokrise klar ist, dass die Finanzkonzerne Leben und Demokratie bedrohen. An Initiativen hat es nicht gefehlt. Aber die heimliche politische Macht von Finanzkonzernen wie BlackRock und Geldeliten, für die der Begriff “Bilderberger” exemplarisch stehen mag, hat es immer wieder geschafft, die Projekte zu hintertreiben.

Hintergrund: Schwarzgeld auf den Caymans

Am 14.01.2008 machten interne Dokumente die Runde. Die Julius Baer Bank & Trust Company waren geleakt worden (hatten ein Info-Leck), also das Schweizer Bankhaus Julius Bär, bzw. seine Filiale im Steuerparadies der Cayman Inseln. In Deutschland war mit dem umstrittenen Kauf einer Daten-CD durch den Geheimdienst BND das Fürstentum Liechtenstein als Paradies für Steuerhinterziehung in die Schlagzeilen gekommen. Die Polizei führte Razzien gegen Steuersünder durch, die Beihilfe durch Banken wurde angeprangert.

DollarPyramidAber in der Schweiz hatte eine Bank sich in einem anderen Fall der Strafverfolgung unter Berufung auf das Bankgeheimnis entzogen. Doch nun erschienen die Dokumente, auf welche der Staatsanwaltschaft der Zugriff juristisch untersagt war, auf der Whistleblower-Plattform WikiLeaks.

Ein kriminelles System aus Untergesellschaften und Finanztransaktionen sorgte dafür, dass das Schwarzgeld auf den Cayman Islands gut versteckt war. Julius Baer verwaltet ein Kundenvermögen von ca. 400 Milliarden Schweizer Franken, gut zehn Prozent des in der Schweiz gelagerten Kapitals: Gute Geschäfte, aber ihr Mann auf den Cayman Islands, Rudolf Elmer, war unzufrieden und es  war beunruhigend, dass Akten in Elmers Verantwortungsbereich verschwanden.

1994 versetzte man Rudolf Elmer als Chefbuchhalter zu Julius Baer Bank and Trust Company (JBBT) auf die Caymans. JBBT brachte bis zu 30 Prozent der Konzerngewinne von Julius Bär ein. Es ist lukrativ, Schwarzgeld auf Karibikurlaub zu schicken. Aber auch riskant: Elmer musste sich 2002 zusammen mit anderen verdächtigen Mitarbeitern einem Lügendetektortest unterziehen und brach ihn ab, da er unter Schmerzen litt und Tabletten genommen hatte. Seine Abneigung gegen die schmutzigen Geschäfte wuchs, sein Gewissen regte sich, er wurde Whistleblower. Bald eskalierten seine Probleme mit der Großbank aus den Alpen, die ihm bald mit ihren Anwälten zusetzen sollte und seine Famile von Privatdetektiven bespitzeln ließ. Doch der Fall brach der neuen Plattform Wikileaks die Bahn in die Öffentlichkeit und leitete eine neue Ära der Transparenz ein. Die Offshore-Leaks sind unter anderem auch Folge dieser Entwicklung und des Bewusstseinswandels, der mit ihr verbunden ist.

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