Venezuela: Paramilitärs der Rechten Opposition provozierten Krawalle am Parlament

Galindo Gaznate

Caracas. Mittwoch kam es um das Parlamentsgebäude Venezuelas, des Landes mit den reichsten Erdölreserven der Welt, zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Anhängern der Regierung Maduro. Was genau geschah berichtete die ARD Flagge Venezuelasnatürlich wieder einmal nicht: Paramilitärs im Dienste der rechten Opposition hatten einen Demonstranten, der 19jährige Cris­thian José Palma Ramos, schwer verletzt -erst danach stürmte die zornige Menge das Parlament. Die Rechtsparteien des MUD wurden für die Gewalttat verantwortlich gemacht und mit Stockschlägen aus dem Parlament getrieben.

Rund um das Gebäude im Zentrum der Metropole hatten sich zuvor Regierungsanhänger versammelt, es herrschte Partystimmung. Im Parlament hatte die traditionelle Feier zum Nationalfeiertag am 5. Juli stattgefunden. Als Abgeordnete der rechten Oppositionsparteien das Gebäude mit ihren Leibwächter verließen, eskalierte draußen die Stimmung. Bezahlte Paramilitärs eines privaten, von den Politikern angeheuerten Sicherheitsdienstes bedrohten die versammelten Regierungsanhänger. »Als sie die Türen öffneten, sahen wir, wie uns die Maskierten mit ihren Langwaffen bedrohten und Sprengkörper auf uns warfen«, berichtete ein junger Mann, der die Ereignisse verfolgen konnte. Durch das Vorgehen des Sicherheitsdienstes der Nationalversammlung sei der 19jährige Cris­thian José Palma Ramos, ein Mitglied der regierenden sozialistischen Partei PSUV, schwer verletzt worden. Er befindet sich aber inzwischen außer Lebensgefahr. Venezuelas Jugendminister Pedro Infante machte über Twitter die Abgeordneten der Opposition für den Angriff auf die Chavistas verantwortlich und forderte ein Ende von Terrorismus und Gewalt.

Offenbar als Reaktion darauf drangen militante Unterstützer der Regierung in das Parlamentsgebäude ein und riefen Parolen gegen die »Mörder und Terroristen«. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete, sollen sie mit Stöcken bewaffnet gewesen sein. Einigen sei es gelungen, bis auf die Flure des Parlaments vorzudringen. Dort sollen sie auf Politiker der Rechtsparteien eingeschlagen haben. Im Internet wurden Fotos von blutüberströmten Oppositionellen verbreitet, ohne die Vorgeschichte des fast getöteten Cris­thian José Palma Ramos zu erwähnen. Wie der Fernsehsender Globovisión berichtete, konnten die Abgeordneten erst nach rund sieben Stunden das Gebäude verlassen, nachdem Maduros Polizei und Nationalgarde für Ordnung gesorgt hatten. Die rechtsradikalen und Rechtsextremen Parteien des MUD-Bündnisses, die auf Hilfe der USA und ihres Geheimdienstes CIA setzen, trifft zumindest eine Mitschuld an dieser Eskalation der Gewalt. Die ständigen gewaltsamen Proteste ihrer Anhänger bzw. bezahlter Provokatuere sollen im Sinne eines Regime Change das Land destabilisieren.

Washingtons Machthaber hatte Venezuela vor zwei Jahren zu einer „außergewöhnlichen Bedrohung für die nationale Sicherheit und die Außenpolitik der Vereinigten Staaten“ erklärt. West-Mainstreammedien hetzen gegen Venezuelas Sozialisten und schweigen verbissen zu Obamas Aggressionspolitik, die ARD weiß nichts von der CIA in Lateinamerika, terroristische Gewalt gegen die Chavez-Partei und Gesundheitszentren mit Ärzten aus Cuba wurde von deutschen Lügenmedien verschwiegen, Chavez vorbildliche Sozial- und Bildungspolitik rückblickend als “populistisch” und “ruinös” diffamiert, nur die junge welt berichtete. Basierend auf einem 1976 erlassenen US-Bundesgesetz, dem National Emergencies Act, hat der mächtigste Präsident der Welt jetzt einen sogenannten „nationalen Ausnahmezustand“ seiner (atom-) waffenstarrenden Supermacht ausgerufen. Die Maßnahmen gegen Venezuela ähneln nun den seit 1979 gegen den Iran verhängten, nur dass gegen Caracas die Ausrede einer angeblichen atomaren Bedrohung fehlt. Bedrohlich scheint Obama offenbar eine Verweigerung des Landes, sich von US-Ölkonzernen ausbeuten zu lassen und stattdessen Geld in Krankenhäuser und Schulen zu investieren. Was macht dem US-Militär Angst? Ein Latino, der ein Buch lesen kann.

Die rechte Opposition versucht seit Monaten, durch Brandanschläge die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrung und Medikamenten zu sabotieren. Die Schuld für versorgungsengpässe geben die rechts dominierten Medien dann Maduro. Einar Tysken berichtet: Zwei venezolanische Demonstranten griffen ein staatliches Warenhaus am Donnerstag an, steckten es in Brand und zerstörten die dort gelagerten Nahrungsreserven. Der Gouverneur des Staates Anzoategui, Nelson Morena, berichtete, dass gegen 19 Uhr zwei Männer mit Molotow-Cocktails bewaffnet, über den Zaun des Lagers kletterten und ein Feuer entzündeten, wodurch die Halle stark beschädigt wurde.

Etwa 40 Tonnen Nahrungsmittel, die für die staatlich subventionierten Supermärkte Mercal bestimmt waren, wurden von den Flammen vernichtet. Beamte meinten, die Zerstörung des Lagerhauses sei ein strategischer Schachzug der Opposition wegen der strategischen Lage der Städte Barcelona, Puerto la Cruz und Lecherias. Infolgedessen werden 40 000 Familien durch das Feuer betroffen sein; das Lager beliefert auch 399 örtliche Auslieferungs- und Produktions-Komitees, 278 Schulen, 31 Diagnose-Zentren, ein Alten-Zentrum sowie 52 Speisehäuser [die von Chávez für arme alte Menschen eingerichtet wurden, damit jeder wenigstens eine warme Mahlzeit am Tage bekommt. D. Ü.]

Gender-Parität in den Parlamenten wird ausgebaut

Ophelia Orkana tunisia-flag-svg

Tunis. Das nationale Parlament verabschiedete letzte Woche mit überwältigender Mehrheit einen Gesetzentwurf, der die Vertretung der Frauen bei den nächsten Kommunalwahlen im März 2017 im ganzen Land deutlich erhöhen wird. Die neuen Gesetze werden Parteien oder Blöcke dazu verpflichten, eine gleiche Anzahl von männlichen und weiblichen Kandidatinnen in ihren Listen auf Platz 1 zu setzen.

Während das bisherige Recht sich in Richtung Parität der Geschlechter bewegte, bemängelten Kritiker, dass in der Praxis der erste Kandidat fast immer ein Mann war: 68 von 217. Dadurch fielen bislang nur 31 Prozent aller Sitze im tunesischen Parlament an Frauen. Das jetzt verabschiedete Gesetz wurde von 127 Abgeordneten unterstützt wird, mit drei Gegenstimmen und vier Enthaltungen. Die so in Aussicht genommene Wahlrechtsänderung, sagen Befürworter, wird für Tunesien einen deutlichen Fortschritt bringen. Das Land hat bereits jetzt einen der höchsten Sitzanteile von Frauen in nationalen Parlamenten im Vergleich zu anderen Ländern in der Region hat. Es wird den Politikerinnen des Landes noch mehr Einfluss bescheren. Aber nicht nur das Verhältnis der Geschlechter, auch der Straßenverkehr liegt der tunesischen Politik am Herzen: Ab morgen müssen alle Kraftfahrzeuge häufiger zur technischen Überprüfung.

Tsipras bringt faulen Kompromiss durch Parlament

Prometheus

Nach einer hitzigen Debatte hat das griechische Parlament in der Nacht auf Donnerstag die von den internationalen Gläubigern erpressten Spar- und Reformgesetze gebilligt. Tsipras hatte dafür geworben, wenn auch unter Hinweis auf die Erpressung durch Merkel, Troika und EU. Mit 229 Ja-Stimmen erzielte Tsipras deutlich mehr als die nötigen 151, aber nur mithilfe der Opposition: Viele Abgeordnete seiner eigenen Partei stimmten dagegen, wie der Ex-Finanzminister Varoufakis, oder enthielten sich. Syriza steht eine Zerreißprobe bevor. Vor dem Parlament gab es Proteste und Ausschreitungen, viele Gewerkschaften hatten zum Streik aufgerufen.

Am Mittwoch hatte Tsipras die Vereinbarung mit den Gläubigern zwar im griechischen Fernsehen verteidigt, aber die Art ihres Zustandekommens kritisiert. Die Vereinbarung sei nur mit Druck starker Staaten auf Griechenland durchgesetzt worden, was wohl Deutschland und Großbritannien meinte. Als Unterstützer Athens lobte Tsipras Frankreich, Italien, Zypern und Österreich. Scharfe Kritik übte er an Wolfgang Schäuble (CDU), der sogar schon einen Plan für das Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro aus der Tasche gezogen hatte. Damit sei das Berlin von Angela Merkel jedoch gescheitert: „Dieses Europa gehört nicht Herrn Schäuble.“

Tsipras betonte, dass für Griechenland auch Positives zu verbuchen sei: Noch 2015 werde es eine Diskussion über die Umstrukturierung des Schuldenbergs (sprich: den von Merkel mit Gift und Galle abgewehrten, aber wie alle Ökonomen sagen, unvermeidlichen Schuldenschnitt) und ein Investitionsprogramm in Höhe von 35 Milliarden Euro geben. Diese Maßnahmen würden „einen ‚Grexit‘ endgültig abwenden und die Voraussetzungen für Wachstum“ in Griechenland schaffen. Das gefürchtete 4-Milliarden-Sparpaket umfasst immerhin auch Zusatzabgaben für Besitzer von Luxusautos, Häusern und Jachten sowie Freiberufler wie Anwälte, Architekten und Ärzte. Die Kröten, die Athen schlucken musste, sind vor allem die höhere Mehrwertsteuer und ein Stopp aller Frühpensionierungen.

Griechenland soll noch bis Mitte August rund zwölf Milliarden Euro aufbringen, um laufende Rechnungen und fällige Kredite zu bedienen. Schon am Montag soll Athen 3,5 Mrd. Euro an die EZB zahlen, beim IWF ist die Regierung bereits im Zahlungsrückstand. Bei weiter verzögerter Rückzahlung droht die EZB, ihre Notkredite für Griechenlands derzeit geschlossene Banken einzustellen, das geschädigte Finanzsystem des Landes würde dann endgültig kollabieren.

Proteste vor dem Parlament

Mit Streiks und Protestveranstaltungen machte am Mittwoch die griechische Bevölkerung ihrem Unmut gegen den hellasgold-demoReformkurs Luft. Tausende Griechen demonstrierten gestern Nachmittag gegen die Vereinbarungen mit den Gläubigern. Apotheker und Beamte gingen im Zentrum der Hauptstadt Athen mit Plaketen „Kippt das Rettungspaket“ und „Nein zur Politik von EU, EZB und IWF“ auf die Straße. Aus Protest gegen neue Einsparungen traten die griechischen Staatsbediensteten in einen 24-stündigen Streik. Dem Streik schloss sich das Personal der staatlichen Krankenhäuser an, das nur noch Notfallpatienten behandeln wollte. Auch die griechische Eisenbahn (OSE) wurde für 24 Stunden bestreikt. Einige U-Bahn-Linien in Athen ruhten am Vormittag für drei Stunden, auch zahlreiche Apotheken blieben geschlossen. Noch mehr Menschen beteiligten sich am Abend an Protesten, in der Nähe des Parlamentsgebäudes kam es zu Ausschreitungen. Demonstranten warfen Brandsätze, die Polizei setzte Tränengas ein und Motorisierte Einheiten jagten Menschen mit Schlagstöcken durch die Innenstadt von Athen, ein TV-Übertragungswagen brannte aus.

Die Stimmung im Parlament selbst war ebenfalls hitzig: 64 Abgeordnete stimmten gegen die Reformauflagen, 32 davon gehören der linken SYRIZA an. Der Ex-Finanzminister Varoufakis stimmte gegen das Paket, ebenso der amtierende Energieminister Panagiotis Lafazanis und Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou, die im Vorfeld engagiert gegen das Reformpaket argumentiert hatte. Lafazanis, der Sprecher des linken Flügels von Syriza, sagte nach der Abstimmung, er biete seinen Rücktritt an, wenn Tsipras das wolle, unterstütze die Regierung aber weiter: „Wir werden gemeinsam weitermachen. Wir stützen die Regierung, sind aber gegen die Sparprogramme.“ Sechs der insgesamt 300 Abgeordneten enthielten sich der Stimme, alles SYRIZA-Abgeordnete. SYRIZA hat derzeit 149 Mandate. 13 Abgeordnete stellt der nationalistische Koalitionspartner „Unabhängige Griechen“, eine Abspaltung der Samaras-Konservativen, die gegen deren Korruption opponierte und deshalb von deutschen Medien „populistisch“ genannt wurde.

Der Abstimmung war im Parlament eine lange und erregte Debatte vorangegangen. Darin hatte Tsipras abschließend für Zustimmung zu dem Paket geworben: Zwar glaube er nicht an die für sein Land förderliche Wirkung meisten der Maßnahmen, plädierte aber dennoch dafür, sie umzusetzen. „Ich bin stolz auf den Kampf, den wir in den vergangenen fünf Monaten geführt haben“, sagte er vor der Abstimmung im Parlament. Tsipras warf den hinter Merkel und Schäuble versammelten Mitte-rechts-Kräften in Europa vor, die Argumente des griechischen Volkes totschweigen zu wollen und die Griechen stattdessen als faul darzustellen: Eine Kritik vor allem an den deutschen Hetzkampagnen. Athen sei bei den Verhandlungen hinter verschlossenen Türen erpresst worden, das Sparpaket anzunehmen, so Tsipras weiter. Griechenland habe letztlich leider keine andere Wahl gehabt, um noch gravierenderes Leid von seiner Bevölkerung abzuwenden.

Tsipras stellte immerhin einen Schuldenschnitt in Aussicht, die Troika-Mächte würden die Notwendigkeit dazu langsam einsehen -die neueste Fürsprache sogar des IWF gibt ihm hier Recht. Hauptsächlich Merkel und Schäuble haben sich gegen eine für Athen erträglichere Lösung quer gestellt. In Richtung Berlin erinnerte Tsipras daran, dass das „kleine Griechenland“ nach dem Zweiten Weltkrieg seinen Beitrag geleistet habe, als man Deutschland „seine gesamten Schulden“ erlassen habe. Auf den griechischen Hinweis auf 278 Milliarden Euro noch ausstehender Reparationen für deutsche Verbrechen in Griechenland hatte die deutsche Politik unisono mit den Mainstream-Medien mit Empörung reagiert. Die Zustimmung zu den ersten Reformen war Voraussetzung für die offizielle Aufnahme von Verhandlungen über neue Hilfen von den Euro-Partnern. Der zweite Teil des Reformprogramms soll bis Mittwoch kommender Woche verabschiedet werden.