Zypern: Geldwäsche, BND und Oligarchen

Prometheus 18.01.2013

Mit  Steuerflucht im allgemeinen  und mit Kapitalflucht im Besonderen hat der Westen eigentlich kein Problem, man redet dann von Investoren. Doch gestern in der Tagesschau waren sie wieder da: Die bösen „russischen Oligarchen“, eingeblendet als aufgetakelte junge Russinnen auf Zypern, hinter teuren Sonnenbrillen mit protzigem Goldschmuck, den sie den ARD-Zuschauern entgegenstreckten. Ein Bericht über Geldwäsche auf Zypern, im Zusammenhang mit der anstehenden Pleite des Landes via Bankenrettung.

Zyprioten sehen sich derzeit im Schuldturm der Finanzmafia gefangen, angewiesen auf die „Barbaren“ der Troika (EU, IWF & Co.). Doch unsere Mainstream-Journalisten sehen das ganz anders. Seit Monaten stellen die deutschen Medien mögliche Krediten des ESM an Zypern als Absicherungen russischen Schwarzgelds dar: »EU-Hilfe für Zypern könnte Schwarzgelder sichern« titelte am 4. November 2012 Die Welt; drastischer das Handelsblatt vom 10. Januar 2013: »Retter für russische Milliarden gesucht«. Quelle dieser Kampagne war ein über den Spiegel lancierter Bericht des BND, so Andreas Wehr in der jW. Der BND will wissen, dass an ESM-Hilfskrediten in erster Linie Inhaber russischer Schwarzgeldkonten profitieren, auf solchen Konten würden nicht weniger als 26 Milliarden Euro liegen.

Dass mit dem deutschen BND ein Geheimdienst eines EU-Landes im Bankensystem eines anderen EU-Landes spioniert, störte dabei ebensowenig, wie die Banalität des Banken-Bösen: Bei welcher Bankenrettung wäre kein gewaschenes Schwarzgeld mitgerettet worden? Warum zeigt die ARD uns in Berichten über  Schwarzgeld nur russische Neureiche mit Golduhren auf Zypern -und nicht einmal die Multimillionärinnen Liz Mohn (Bertelsmann) oder Ehegattin Ackermann, die vermutlich auch nicht dauernd in Sack und Asche für die Heilsarmee Suppe an die Armen verteilt? Unsere Damen und Herren Journaille haben ihre Köpfe eben tief im Hintern unserer West-Oligarchen und hetzen lieber feige und wohlfeil gegen deren Konkurrenz, die Ost-Oligarchen. Von einer Analyse der Ursachen und Auswege aus der sogenannten Finanzkrise ganz zu schweigen.

Zypern: Modell Irland oder Island?

Die Lage Zyperns ähnelt jener Irlands, als der einst gerühmte „keltische Tiger“ strauchelte, so Andreas Wehr. Die Iren mussten im Herbst 2010 als Bittsteller nach Berlin, Paris und Brüssel kriechen. Wie im Fall Irlands waren auch in Zypern die offiziellen gesamtwirtschaftlichen Zahlen letzthin nicht übel gewesen. Zypern hatte sogar über Jahre das höchste Wachstum in der Euro-Zone und die Schuldenquote ist mit 83 Prozent des BIP derzeit noch relativ gering, denn in den ruinierten Ländern haben korrupte Regierungen das Geld der Bürger bereits in die Taschen gieriger Bankster geschoben. In Zypern scheint bislang alles halb so wild, wäre da nicht der gigantomanische Bankensektor. Dessen Bilanzsumme beläuft sich nach Angaben der Ratingagentur Fitch auf 141 Milliarden Euro, achtmal mehr als das BIP des Landes. Westliche Oligarchen wollen eine Lösung a la Athen: Hungernde Kinder (jedes dritte griechische Kind leidet inzwischen unter Nahrungsmangel) statt Pleitebanken. In 13 der 27 Länder der Europäischen Union übersteigt die Jugendarbeitslosigkeit 25%, wobei Griechenland mit einer Arbeitslosenquote der 15- bis 24-Jährigen von über 60% einen traurigen Rekord in der EU hält: Ergebnis der rechtspopulistischen Sparorgie, die auch Zypern drohen könnte.

Für Zypern (ebenso für Irland) wäre es aber das Beste, man würde dem Beispiel Islands folgen. Das hatte 2008 seine völlig überdimensionierten Banken kurzerhand verstaatlicht und pleite gehen lassen -statt sie auf Kosten der Staatskasse zu retten. Dieses rationale Regieren war nur möglich durch eine umfassende Information der Bevölkerung über die Machenschaften ihrer Bankster: Wikileaks hatte hier eine erste Sternstunde. Julian Assange trat im isländischen TV vor die Kameras, eine Regierung stürzte, Banken krachten zusammen. Und die skandinavische Inselrepublik erklärte sich zur künftigen Informations-Oase (statt Finanzoase für Geldwäscher und Wirtschaftskriminelle zu bleiben) -sehr zum Ärger von CIA und FBI, die dort Jagd auf Assange machen wollten.  Die isländische Wirtschaft befindet sich heute längst wieder auf Wachstumskurs, ohne dass der Bevölkerung eine asoziale Sparorgie aufgezwungen wurde, wie in den Mittelmeerstaaten und Irland. Eine neue Verfassung gaben sich die Isländer per Volksabstimmung.