USA: Fracking-Land ist abgebrannt

 Gilbert Perry USAflag

Das angeblich gigantische Monterey-Schieferölfeld in Kalifornien erwies sich als mutmaßlicher Fall von Anlegerbetrug: Dem eingesammelten Geld von hoffnungsfrohen Investoren steht nur ein fragwürdiges Gutachten gegenüber. Die Einschätzung der Reserven mussten nun drastisch nach unten korrigiert werden –sie stammten von der privaten Ingenieurs- und Public Relationsfirma Intek Inc., deren Job es war, Risikokapital anzulocken. Die staatliche US-Energieinformationsagentur EIA hatte sie kritiklos übernommen. Fracking bringt Multi-Milliarden an Kapitalanlagen, zwar nur wenig Öl, aber dafür vergiftet man gleich ein paar nutzlose Proleten.

Die USA sind von der viel beschworenen Energieunabhängigkeit wohl genausoweit entfernt, wie vom nächsten Industrieboom. Dabei hatte Washington im Zuge des Ukraine-Putsches sogar den Westeuropäern versprochen, sie mit Gas und Öl versorgen zu wollen, um die Abhängigkeit von den Russen beim Sanktionsspielchen zu kompensieren. Nebenbei planten West-Multis auch Fracking in der Ukraine selbst. Bekanntlich erwies sich dies schon allein wegen der fehlenden Transportmöglichkeiten als heiße Luft. Die Gesundheits- und Umweltgefahren werden sowieso beiseite gelassen: Nach neoliberaler Ideologie ist das alles nicht so schlimm. Öko-Gesetze sind bürokratischer Unsinn, schnell zu deregulieren. Wenn das Land verseucht und das Wasser vergiftet sind, zieht man eben in seine Villa in der Karibik, wo das ergaunerte Geld auch schon wartet. Wer sich das nicht leisten kann, ist nicht erwähnenswert, wenn nicht gleich lebensunwertes Leben. Nun wurde einigen der Ideologen, die wie der deutsche Rechtsintellektuelle Peter Sloterdijk, ein Wachstum der Grenzen anstelle der Grenzen des Wachstums postulieren, die heiße Luft abgelassen. Ausgerechnet im Goldrausch-Land Kalifornien.

Halbvolles Glas war nicht halb leer, sondern zu 96 Prozent

Voller Stolz hatten US-Medien das mächtige Fracking-Feld Monterey in den vergangenen Jahren bejubelt. 2,8 Millionen neue Arbeitsplätze und 24,6 Milliarden Dollar zusätzlicher Steuereinnahmen allein für Kalifornien wurden prognostiziert. Im Zug einer kritischen Neubewertung der Daten wurden nur noch vier Prozent als technisch förderbar bewertet: Statt ursprünglich testierten 13,6 Milliarden nur 0,6 Milliarden Faß. Nicht alle Reserven seien nun mal vergleichbar, sagte Adam Sieminski von der US-Energieinformationsagentur (EIA) zur Financial Times und dem Informationsdienst Energy Intelligence Oil & Gas am Mittwoch in New York. Es habe sich als viel schwieriger als bisher angenommen erwiesen, diese Ölreserven aus dem Boden zu fracken.

Viele Erdbeben und Verschiebungen der Erdplatten machen Kalifornien geologisch labil. So sei die bisher angewandte Fördermethode nur selten geeignet, dem Boden das Erdöl zu entreißen. Dazu ist Fracking nicht nur sehr teuer, sondern stellt auch eine enorme Belastung für die Infrastruktur und Umwelt dar. Die hochgiftigen Chemikalien, die unter hohem Druck in den Boden gepumpt werden, sind ein ökologisches Risiko, dazu geht die Gewinnung von Schieferöl mit einem gigantischen Wasserbedarf einher. Bei den häufigen Dürren im ganzen Südwesten der USA sind so Wasserbeschaffung und -preis ein weiteres Problem für das Fracking.

Intek Inc.: Von Peak Oil zu Peak Fraud

Warum hatte die staatliche EIA bei ihren Ölreserveschätzungen für die Monterey-Formation so falsch gelegen? Eine Antwort versuchte Chris Martenson, Analyst der Öl- und Gasindustrie bei „Peak Prosperity“: Die EIA habe sich völlig auf die technischen Angaben der privaten Ingenieurs- und Public Relationsfirma Intek Inc. verlassen. Die hatte die Messungen vorgenommen und war dann von interessierten Finanzkreisen dafür bezahlt worden, Monterey als riesige und profitable Öl-Bonanza zu vermarkten. Das große Geschäft wurde also nicht mit der Ölförderung via Fracking gemacht, sondern mit den Milliarden-Dollar-Inestitionen, die den neu aus dem Boden gestampften Explorationsfirmen von Anlegern in der Hoffnung auf Riesengewinne als Risikokapital oder als Anleihen „hinterher geworfen“ wurden. Nach Publikation betrügerisch überhöhter Gewinnerwartungen natürlich.

Analysten der britischen Barclays Bank weisen darauf hin, dass sich seit Ende 2004 das Volumen der Anleihen von zweifelhaften Explorations- und Produktionsunternehmen aus der Fracking-Branche um 8.000 Prozent erhöht hat. Das neoliberale Wirtschaftsprinzip „Mehr scheinen als sein“, die Dominanz der PR-Präsentation über tatsächliche Kompetenz, zahlt sich aus, wenn man unwissend gehaltene Kunden, Partner, Anleger abzocken will. So entstehen Börsenblasen wie die „New-Economy“ der IT-Branche oder der Subprime-Schwindel, der mit der Lehman-Pleite in die schlimmste Finanzkrise der Geschichte mündete. Die Zeche zahlen jetzt die Griechen und anderen Südeuropäer, auf die Banken und Politik die Hauptlast abwälzten.

Die Finanz-Bonanza hält offensichtlich die Fracking-Revolution am Leben, denn dieDollarPyramid Unternehmen können weiterhin Geld schneller ausgeben, als sie es einnehmen, so Rainer Rupp in der jw. Rupp führt dafür das gerade drei Jahre alte, so gut wie unbekannte Gas- und Ölunternehmen Rice Energy Inc. An. Die Fracking-Firma sei ein aktuelles Beispiel dafür, dass US-Anleger angesichts der Nullzinspolitik ihrer Notenbank Fed so gierig auf Profite sind, dass sie jede Vorsicht verloren haben. Seit Gründung vor drei Jahren habe Rice Energy nur Geld verloren und insgesamt weniger als 50 Bohrlöcher niedergebracht, aber jede dieser Bohrungen war PR-genial nach einem Superhelden oder einem Monstertruck benannt worden. Da spielte es kaum eine Rolle, dass die Fördermengen mickrig waren. Für 2014 hatte Rice Energy dreist zugegeben, dass man für jeden Dollar, den man verdient, 4,09 Dollar ausgeben werde. Trotzdem sei es der Firma diesen Monat gelungen, innerhalb von nur drei Tagen gutverzinste Anleihen von 900 Millionen Dollar am US-Finanzmarkt zu platzieren, 150 Millionen Dollar mehr als die Firma ursprünglich wollte, so Rupp. Die Angst vor dem Ende der Erdöl-Fahnenstange, Peak Oil, und die wilde Pyramidensystem-Jagd machen es möglich. Sage niemand, er habe es nicht wissen können: Auf jedem Dollar-Schein sieht man die Pyramide.