Showdown in London: Wird der Ecuadorianer Julian Assange wieder politischer Häftling des „Freien Westens“?

Wikileaks Founder Julian Assange 2018

Gerd R. Rueger

London, Quito, Washington, Madrid. Seit Ecuadors sozialistischer Präsident Correa die Regierung an seinen Nachfolger Lenin Moreno übergab, ist Julian Assange von einer Auslieferung an die Briten und US-Amerikaner bedroht. Hinter den Kulissen wird fieberhaft verhandelt, wie Ecuador sein Gesicht wahren, Washington und London ihren Hass auf Wikileaks befriedigen, und Madrid an Julian Assange Rache für dessen Kritik an spanischer Polizeigewalt in Katalonien üben kann. Morenos Wackelkurs zur Auslieferung deutet auf innere Konflikte seiner Regierung um den Wikileaks-Gründer: Erst im Januar war bekannt geworden, dass Ecuador Assange eingebürgert und Diplomatenstatus für ihn beantragt hatte.

Seit sechs Wochen tönen viele Medien wieder, eine Auslieferung von Assange an die britische Justiz (und damit wohl an die rachedurstigen USA) stünde kurz bevor. Dies erstaunt: Denn im Januar wurde bekannt, dass Julian Assange bereits im Dezember 2017 durch die Moreno-Administration die Ecuadorianische Staatsbürgerschaft zuerkannt worden war. Dies teilte Morenos Außenministerin María Fernanda Espinosa mit, wie Bertelsmanns SPIEGEL berichtete. Daraufhin habe Ecuador bei der britischen Regierung sogar beantragt, Assange einen Diplomatenstatus und damit Immunität zu gewähren.

Premierministerin Theresa May hat den Antrag natürlich ablehnen lassen, schon mit Rücksicht auf Washingtons Hass gegen den Wikileaksgründer. Obwohl Schweden sein Assange-Auslieferungsgesuch an London zur Befragung wegen dubioser Beschuldigung auf „sexuellen Missbrauch“ wegen Verjährung hat zurückziehen müssen (eine Verjährung, die übrigens bei den in Hetzkampagnen deutscher „Qualitäts“-Medien von ARD bis ZDF, und SPIEGEL, gebetsmühlenartig behaupteten „Vergewaltigungsvorwürfen“ nicht so schnell erfolgt wäre). Wir erinnern uns: Es handelte sich um Beschuldigung auf „sexuellen Missbrauch“, wie etwa das angeblich mutwillige Beschädigen des Condoms vor einvernehmlichem Sex, die tatsächlich wohl auf einer CIA-Sexintrige gegen den damaligen Staatsfeind Nr.1 der USA basieren. Sogar die Organisation Women Against Rape (Frauen gegen Vergewaltigung) verteidigte Julian Assange gegen die perverse Hasskampagne, die dennoch bis heute andauert). Doch die Britische Justiz will den Freiheitskämpfer Julian Assange nun festnehmen, weil er sich ihrer Verfolgung durch Flucht ins Botschaftsasyl entzogen hatte -auch das sei strafbar.

Wikileaks wurde Ziel einer intensiven Medienkampagne

Wer wirklich für die Menschenrechte eintritt, statt wie die meisten Westmedien und NGOs dabei auf einem Auge blind zu sein, hat die übelsten Kräfte auch der Westmächte am Hals, etwa das Bertelsmann-nahe Bilderbergerblatt „Die Zeit“, wo man immer noch die wahrheitswidrige Hetze von „Vergewaltigungsvorwürfen“ gegen Julian Assange trompetet -die (höchstwahrscheinlich erfundenen) Beschuldigungen lauteten maximal auf dubiose Formen „sexuellen Missbrauchs“, die nur in Schweden existieren, etwa, Assange hätte bei einvernehmlichem Sex das Condom mutwillig beschädigt. Dass dahinter eine schmutzige, aber genau geplante und perfide eingefädelte Medienkampagne steckt, ist seit langer Zeit bekannt, auch wenn die Mainstream-Journalisten diese Information natürlich verschweigen wollen.

John Pilger

John Pilger, Journalist, Träger der Goldmedaille der United Nations Association

„Ich kenne Julian Assange gut; ich betrachte ihn als einen engen Freund, einen Menschen von außerordentlicher Belastbarkeit und Mut. Ich habe mitbekommen, wie ihn ein Tsunami von Lügen und Verleumdungen überflutet hat, unaufhörlich, rachsüchtig, hintertrieben; und ich weiß, weshalb sie ihn verleumden. 2008 wurde in einem streng geheimen Dokument, datiert vom 8. März 2008, ein Plan entworfen, sowohl WikiLeaks als auch Assange zu zerstören. Verfasst hat ihn die Cyber-Spionageabwehr, eine Abteilung des US-Verteidigungsministeriums. Die Autoren beschrieben detailliert, wie wichtig es sei, das „Gefühl des Vertrauens“ zu zerstören, das den „Schwerpunkt“ von WikiLeaks ausmacht. Dies, schrieben sie, würde man mit der Androhung von „Entblößung“, „Strafverfolgung“ und einem unerbittlichen Angriff auf den guten Ruf erreichen. Ziel war es, WikiLeaks und seinen Herausgeber zum Schweigen zu bringen und zu kriminalisieren. Es war, als ob sie einen Krieg gegen einen einzelnen Menschen und das Prinzip der Redefreiheit planten. Ihre Hauptwaffe sollte die persönliche Verleumdung werden. Ihre Schocktruppen sollten in den Medien eingesetzt werden…“ John Pilger, Rubikon

Doch Medienkampagnen, von der CIA hier genau so betrieben, wie es z.B. auch Scientology vorgeworfen wird, haben ihre Wirkung und nur wenige Journalisten haben das Rückgrat eines John Pilger, preisgekrönter Dokumentarfilmer, zweimal „Journalist of the Year“ (höchste Auszeichnung im britischen Journalismus). Zugleich sollen sie politische Machenschaften in Lateinamerika flankieren, die im Fall Ecuadors sicher auch auf Julian Assange zielten. Die neue Regierung in Quito vollführte seit Mai 2017 unter Lenin Moreno einen Rechtsruck, warf sich Washington zu Füßen und drängt nun darauf, den WikiLeaks-Mitgründer aus ihrer Londoner Botschaft zu komplementieren. Im Juli sagte Präsident Moreno in Madrid, Assange müsse eventuell nunmehr die Botschaft verlassen, das aber solle sich in einem Dialog vollziehen.

Correas Nachfolger steht offenbar unter massivem Druck der USA, die sein kleines Land ihrer neoliberalen Rollback-Aggression unterworfen haben. Nachdem die CIA durch brutalen Terror, heimtückische Sabotage sowie langjährige Wirtschafts- und Propagandakriege das ölreiche Venezuela ruiniert haben, bekommt Washington seinen „Hinterhof“, wie US-Machteliten Lateinamerika nennen, immer stärker in den Griff. Der Lawfare-Justizputsch in Brasilien gegen die Sozialdemokraten Dilma Rouseff und Lula da Silva haben Südamerikas größte Demokratie nahezu zurück in die Militärdiktatur geschmettert. Zahllose versteckte Intrigen und Putsche, wie etwa in Honduras und Argentinien, brachten den Kontinent auf Kurs. Allein in Mexiko scheint derzeit ein nicht US-Gesteuerter Präsident an die Regierung zu kommen -falls es ihm nicht so geht wie Moreno, bei dem nicht ganz klar ist, wie er von der CIA auf Rechtskurs gebracht wurde.

Dazu kommt für Ecuador noch Druck aus Spanien, das als alte Kolonialmacht großen Einfluss in Lateinamerika besitzt. Moreno muss aber auch auf seine linke Regierungspartei Rücksicht nehmen, die Wikileaks freundlich gesinnt ist. Mit der Argumentation, es grenze an eine Verletzung der Menschenrechte, wenn „eine Person zu lange Zeit permanent asyliert“ ist, laviert Moreno unbeholfen zwischen diesen diversen Einflussfaktoren. Moreno war vor Madrid zunächst nach London gereist, will aber dort mit Regierungsvertretern nicht über Assange gesprochen haben. In Madrid erklärte er jedoch, man spreche „permanent“ mit der britischen Regierung darüber, wie man die Situation lösen könne. Offenbar Washington beschwichtigend beteuerte Moreno, nie mit dem Gott-sei-bei-uns der CIA, Julian Assange, persönlich gesprochen zu haben, sondern immer nur mit den Anwälten von Wikileaks. Kritische Beobachter halten es nicht für ausgeschlossen, dass die CIA Morenos Familie bedroht: Ecuadors Präsident ist verheiratet mit Rocío González und hat drei Töchter.

Washington jubelt: Freiheitskämpfer Assange in Gefahr

Fakt ist: Im siebten Jahr seines Asyls in den Räumen der ecuadorianischen Botschaft in London könnte Julian Assange, nunmehr in absehbarer Zeit an Großbritannien ausgeliefert werden. Entsprechende Gerüchte aus dem WikiLeaks-Umfeld bestätigte der wegen Drangsalierungen und Bedrohungen durch US-Justiz und Geheimdienste im Brasilianischen Exil lebende US-Journalist Greenwald: Bei einer Auslieferung an Großbritannien bestünde die reale Gefahr, dass die US-Regierung unter Präsident Donald Trump versucht, des Australiers habhaft zu werden.

Die US-Justiz will den Wikileaksgründer in ihre Gewalt bringen, um ihn wegen Publikation von Geheimdokumenten u.a. zu US-Kriegsverbrechen in Irak- und Afghanistan-Krieg wegen „Geheimnisverrat“anzuklagen. Dafür droht in den USA unbegrenzte Folterhaft, wie die Wikileaks-Informantin Chelsea Manning sie erleben musste, und sogar die von den meisten Westmächten geächtete Todesstrafe. Für die Enthüllung von Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen vorwiegend der USA wurde Julian Assange mit mit zahlreichen Preisen belohnt -auch in westlichen Ländern, wo sogar die Soros-nahe NGO Reporter ohne Grenzen ihm die Anerkennung als „Information Hero“ nicht verweigern konnte -dort wurde ihm aber hinterfotzig die Beschuldigung „some see him as an advocate of transparency, others as a terrorist“ untergeschoben: „einige“ würden ihn „als Terroristen sehen“. Wären die von „Finanzgenie“ und Multimilliardär Soros-finanzierten NGOler ehrlich: Genau das Gleiche gilt für fast alle ihrer dort aufgezählten „Information Heros“, dass diejenigen, deren Verbrechen sie bloßstellen, sie hinterher als „Terroristen“ beschimpfen -nur sind dies im Fall Assange die USA, CIA & Co., deren mutmaßliche (besonders raffiniert platzierte) Finanz-Marionette Soros und seine NGO Reporter ohne Grenzen womöglich sind.

Wikileaks bzw. Assange wurden sogar für den Friedensnobelpreis ins Gespräch gebracht. Wikileaks bekämpfte auch, wie hier auf Jasminrevolution dokumentiert, zahlreiche Milliardenschwere Wirtschaftsverbrecher: Großbanken, finanzkriminell-korrupte Verschwörungen, wie etwa das deutsche Autobahn-Mautkomplott, und Umweltverbrecher (was vom Nobelkommitee eher nicht gern gesehen wird). Es hätte aber aus Sicht der Menschen mehr als genug gute Gründe gegeben, Wikileaks den Friedensnobelpreis zu verleihen -und weit mehr Gründe als bei vielen tatsächlichen Preisempfängern vorlagen, wie etwa dem Drohnen-Killer Obama oder dem halbfaschistischen Führer Kolumbiens, der mit einem betrügerischen Friedensabkommen die linken Guerilleros über den Tisch gezogen hatte. Doch soweit zu gehen, konnte das Bilderberger-nahe Nobelpreis-Kommitee denn doch gerade noch abwenden. Auch wegen der schmutzigen Sex-Intrige, mit der die CIA das Ansehen von Julian Assange und Wikileaks in den gleichgeschalteten Westmedien ruinieren konnten.

Laut Snowden-Enthüller Glenn Greenwald von The Intercept hatte Moreno bereits vor seinen Antrittsbesuchen in London und Madrid eine bilaterale Vereinbarung mit der Regierung von Premierministerin Theresa May verhandeln lassen, um die Übergabe Assanges zu regeln. Der Bericht von Greenwald beruft sich auf eine Quelle, die dem ecuadorianischen Außenministerium nahestehen soll.

Morenos Regierung hatte Julian Assange nach einer CIA-Intrige nebst einer Medienkampagne gegen ihn („Assange hört uns ab!“) bereits alle Kommunikationskanäle gesperrt. Im Januar dieses Jahres bezeichnete Moreno, schon merklich unter US-Einfluss, den Wikileaks-Gründer als „Stein im Schuh“ für die neue, US-orientierte Außenpolitik seines Landes. Die Internetsperrung erfolgte wenig später dann offenbar auf Druck auch der spanischen Regierung, nachdem Julian Assange die brutale Gewalt der paramilitärischen Guardia Civil (ein faschistoider Hort der Franco-Verehrung) gegen Demonstranten der Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien kritisiert hatte.

Grund für die verweigerte Solidarität Ecuadors kann eigentlich kaum der Führungswechsel in Quito im Mai 2017 sein: Obwohl Moreno seinem Vorgänger Rafael Correa nahestand und als Gründungsmitglied von Correas sozialistisch-liberaler Partei Alianza País (Friedensallianz) die Wahlen gewann, vollführte er eine mysteriöse Kehrtwende. Er stoppte sogar das progressive Projekt von Correas „Bürgerrevolution“ und agierte urplötzlich wie eine Marionette der USA, dabei bekleidete er schon von 2007 bis 2013 das Amt des Vizepräsidenten unter Correa. Moreno ist in einer linksorientierten Mittelschichtsfamilie aufgewachsen und sein voller Name lautet Lenín Voltaire Moreno Garcés – eine Hommage seiner Eltern an den russischen Revolutionär und den französischen Philosophen. Soziales Engagement wurde ihm von den Eltern, beide Lehrkräfte, vorgelebt, die sich dafür einsetzten, dass Kinder ärmerer Familien eine Schulbildung bekommen und sowohl in spanisch als auch in ihren indigenen Sprachen unterrichtet werden. Und nun holt er die USA und den IWF ins Land?

Moreno ist ein Kenner des Yasuní und bestens informiert über die politischen Kämpfe um die Ölförderung in dem Biosphärenreservat: Correa scheiterte bekanntlich damit, internationale Finanzierung eines Ökoprojektes zu organisieren. Reiche NGOs und Mäzene wie Bill Gates, Liz Mohn, Angela Merkel oder Greenpeace und die deutschen Grünen hatten anderes zu tun als bettelarmen Latinos zu helfen, zwecks Ökologie auf Ölförderung zu verzichten. Nachdem Rafael Correa nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten durfte, kandidierte Lenín Moreno als Kandidat der Regierungsallianz PAÍS. In der ersten Wahlrunde am 19. Februar 2017 erhielt er 39% und verpasste somit nur knapp den direkten Wahlsieg. In der Stichwahl am 2. April 2017 gegen Guillermo Lasso vom Bündnis CREO erhielt Moreno 51,14% der abgegebenen Stimmen und wurde damit Präsident Ecuadors ab dem 24. Mai 2017. Vom Fernsehen live übertragen waren am 18. April 2017 elf Prozent der Stimmen nachgezählt worden. Die Nachzählung zeigte nur minimale Abweichungen, weder die Wahlbehörde noch das Wahlgericht gingen auf die Forderungen der Opposition nach einer kompletten Nachzählung ein.

Ecuadors mysteriöser Rechtsruck in Washingtons Arme

Am 2. April 2017 wurde Moreno so zum Nachfolger Correas gewählt, seither hat sich Ecuador mysteriöser Weise im Eiltempo an die USA, EU und denen Finanzterroristischen Arm, den IWF angenähert. Damit ist Quito ins Lager der „neoliberalen“, also rechtskonservativen bzw. faschistischen US-hörigen Staaten Lateinamerikas gewechselt. Assange befindet sich somit seit dem Regierungswechsel in Ecuador quasi auf feindlichem Gebiet. Einfach ausliefern kann Moreno den Freiheitskämpfer Assange aber (noch) nicht. Er suche nach Wegen, um zu garantieren, dass sein Leben nicht in Gefahr gerät. Damit scheint Moreno auf die britische Regierung zu zielen, wenn sie Assange in die USA ausliefern würde: „In Ecuador gibt es die Todesstrafe nicht. Wir wissen, dass es diese Möglichkeit gibt. Das einzige, was wir wollen, ist die Garantie, dass sein Leben nicht in Gefahr geraten wird.“ Das könnte aber auch heißen, dass Assange durchaus in die USA ausgeliefert werden könnte, wenn dort versichert würde, dass er dort nicht zum Tod verurteilt wird. Man weiß zwar, was von solchen US-Zusicherungen zu halten ist, aber für tendenziöse Westmedien ist solche Propaganda natürlich der Honig der Götter:

US-Justizminister Jeff Sessions bekräftigte die Vorwürfe gegen Assange. Dennoch ist unklar, ob die USA eine Auslieferung des WikiLeaks-Gründers fordern würden. Medien haben sich in den USA große Freiheiten beim Veröffentlichen von geheimen Dokumenten erkämpft. DIE ZEIT

Wenngleich man den Jubel über die eigenen Herrscher in den USA dieses Tendenzblattes nicht teilen kann, gibt es doch Hoffnun: Eine Auslieferung würde die scheinbar US-hörige Moreno-Regierung ins moralische Zwielicht rücken. Denn die UNO-Menschenrechtsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen verurteilte bereits jetzt die verschiedenen Formen der Freiheitsberaubung, denen Julian Assange ausgesetzt wurde, wie wir berichteten -während der westliche Medienmainstream dazu in betretenes Schweigen verfiel. Zum anderen erklärte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte unlängst, dass Ecuador zum Schutz der Sicherheit von politischen Flüchtlingen verpflichtet sei, die sich in die diplomatischen Vertretungen des Landes geflüchtet haben. Auch dazu schwiegen ARD, Bertelsmann & Co ebenso verbissen, wie sie sich gierig auf die CIA-Lügen über „Assange beschuldigt als Vergewaltiger“ gestürzt hatten; tatsächlich lauteten die (falschen) Beschuldigungen vor schwedischen Gerichten immer nur auf dubiose Formen angeblichen „sexuellen Missbrauchs“ (hatte vor einvernehmlichem Sex Condom beschädigt etc.) und Anwälte von Wikileaks gewannen zahlreiche Verleumdungsklagen gegen die Diffamierung „beschuldigt als Vergewaltiger“ vor britischen Gerichten. Die deutschen Journalisten, die bei der mutmaßlich CIA-gesteuerten Schmutzkampagne mitmachten, hatten Glück, dass hierzulande nicht auch geklagt werden konnte.

Selbst das als links verschrieene Blog Telepolis stimmt heute in den Chor der Mainstreamer ein und schwadroniert von „Vergewaltigungsvorwürfen“ (wenn oft genug wiederholt, wird jede Lüge für wahr gehalten, sagt das kleine Einmaleins der Propaganda), auch wenn man sich bei Telepolis immerhin noch um etwas mehr Sachlichkeit bemüht als bei ARD, Bertelsmann & Co.:

Lange Zeit bestand gegen Assange ein Haftbefehl der schwedischen Staatsanwaltschaft wegen Vergewaltigungsvorwürfen. Dieser Haftbefehl wurde im Mai vergangenen Jahres fallengelassen. Im Februar dieses Jahres wollte die Verteidigung des Internetaktivisten erreichen, dass auch die britische Justiz von der Festnahme ihres Mandanten absieht. Dies lehnte die Richterin jedoch ab: Indem Assange sich 2012 in die Botschaft des südamerikanischen Staates geflüchtet hat, habe er gegen die damaligen Kautionsauflagen verstoßen und damit ein eigenständiges Delikt begangen. Ihm drohe dafür Haft in Großbritannien – von wo er an die alliierten USA ausgeliefert werden könnte. Telepolis

In unseren gleichgeschalteten Mainstreammedien sind Verteidiger von Julian Assange rar geworden, und man muss lange suchen um eine Stimme zu finden wie das kritische Blog Rubikon hier:

Assange verlangt keine Sonderbehandlung. Die Regierung hat die klare diplomatische und moralische Verpflichtung, australische Bürger vor schwerem Unrecht zu schützen: In Julians Fall vor einem krassen Justizirrtum und der außerordentlichen Gefahr, die ihn erwartet, sollte er die ecuadorianische Botschaft in London ohne Schutz verlassen. Wir wissen vom Fall Chelsea Manning, was er zu erwarten hat, wenn der US-Auslieferungsbefehl Erfolg hat – ein UN-Sonderberichterstatter nannte es Folter. John Pilger, Rubikon

Hintergrundinformationen? Bei ARD, ZDF, Bertelsmann usw.: Fehlanzeige. Dafür hier:

Buch zu Wikileaks von Gerd R. Rueger

Filmkritik von Anti-Assange-Propagandafilm von Gerd R. Rueger

Sex-Intrige gegen Assange

Assange zum Sexskandal umgelogen

Propagandafilm mit Assange-Hetze

Politik der Einkerkerung: Die Detainee Policies

Wikileaks und Anonymous

Assange kritisiert Obama

Hexenjagd auf Assange -London im Abseits

Kritik an Anti-Assange-Hetzfilm

Whistleblower in Folterhaft: Bradley Manning

Finanz-Terror gegen Wikileaks

Mainstream-Propaganda: Top-Thema für kritische Leser

Ukraine-Propaganda, Bilderberger-Medienkontrolle, ARD, 3sat und Phoenix verfehlen ihren Programm-Auftrag (objektiv zu medienluegen-iaberichten) sind die Top-Themen für unsere Leser.

Aber auch Harz IV-Terror gegen die Ausgegrenzten,  Bolivien-Krise, Griechenland-Hetze, Gladio-Skandal, Scientology und die Grüne Böll-Stiftung mit ihrer großen Liebe für die Maidan-Faschisten bewegten das Netzpublikum.

Der heute aufgedeckte Skandal-Bericht des ARD-Programmbeirats zeigt uns, dass unsere Arbeit erfolgreich war. Weiter so. Lassen Sie sich keinen öffentlich-rechtlichen Bären aufbinden.

Aber trauen Sie auch den Kommerz- und Konzern-Medien nicht, allen voran Bertelsmann, dem EU-Medienmonopolisten, dessen Einfluss bis weit in ARD & ZDF hineinreicht, wie unsere Autoren nachweisen konnten.

 

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Google: BGH-Urteil im Scientology-Betrug-Fall

Nora Drenalin 14.Mai 2013

Karlsruhe.  Der BGH verurteilte Google dazu, die Autocomplete-Wortkombination „Scientology/Betrug“ vom Namen eines Klägers zu entfernen. Die Ausrede, dies sei eben Ergebnis der automatischen Suchmaschinen-Vervollständigung und somit Schuld aller Google-Nutzer, ließen die Richter nicht gelten.

Generell werden Suchmaschinen künftig alle Vorschläge meiden müssen, die Persönlichkeitsrechte verletzen (Beleidigung, üble Nachrede). Der Kläger war ein Unternehmer aus Speyer, der seine Rechte durch die beleidigenden Google-Vorschläge verletzt sah.

BGH entschied: Google-Autocomplete verletzte Persönlichkeitsrechte

 Google muss laut Urteil künftig  bestimmte Wortkombinationen unterdrücken, wenn dadurch die Persönlichkeitsrechte Betroffener verletzt werden -aber erst auf Aufforderung durch die Betroffenen. Eine generelle Zensur bzw. Filterung der Suchfunktion nach „bösen“ Worten wird dafür wohl nicht nötig werden (Az: VI ZR 269/12).

Eine ähnliche Klage der Ex-Präsidenten-Ex-Gattin Bettina Wulff ist vor dem Landgericht Hamburg anhängig. Bei Eingabe des Namens „Bettina Wulff“ machte  Google Ergänzungsvorschläge wie „Rotlicht“ oder „Escort“ (Escortservice wird mit Prostitution in Zusammenhang gebracht). Wegen des vergleichbaren Sachverhalts  hatte das Landgericht Hamburg die Klage  ausgesetzt, um vorerst die Klage vor dem BGH abzuwarten.

Bei der Eingabe von Suchbegriffen werden von Google automatische Ergänzungen vorgeschlagen („Autocomplete“). Dabei wählt die Google-Software nach eigenen Angaben Stichwortverbindungen aus, die bislang von anderen Google-Usern häufig eingegeben wurden. Ihre genauen Algoritmen behält der US-Internetgigant jedoch als Betriebsgeheimnis für sich.

Kosmetik-Fitness-Vertrieb und Scientology?

Im jetzt vom BGH entschiedenen Fall hatte die PM-International AG geklagt, ein Unternehmen, das sich auf den Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetik für „Gesundheit, Schönheit und Wohlbefinden“ spezialisiert hat. Unternehmer Rolf Sorg hatte 2010 entsetzt bemerkt, dass bei Eingabe seines Namens in die Suchmaske von Google die Stichworte „Betrug/Scientology“ als Ergänzung vorgeschlagen wurden. Sorg klagte durch alle Instanzen auf Unterlassung wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte gegen den Multinationalen Internetkonzern. Bislang hatte die deutsche Justiz sich nicht sehr kritisch gegen Google gezeigt: Landgericht und Oberlandesgericht (OLG) Köln hatten die Klage zunächst abgewiesen. Der BGH hob diese Urteile nun aber auf und gab dem Unternehmer Recht. Google muss seine arrogante Haltung jetzt überdenken und künftig mehr Rücksicht walten lassen.

Rolf Sorg war durch kritische Anmerkungen zur Scientology-Organisation in das Google-Raster geraten, bei denen er sich von Scientologen abgrenzen wollte. Er vermutete gegenüber der Website SunZu Art of Business, dass sein Vertrieb von böswilligen Konkurrenten mit Scientology in Verbindung gebracht wurde, um seine Geschäfte zu schädigen:

Frage: 
Sie sprechen das Thema Toleranz an. Schließt diese auch Toleranz gegenüber Mitgliedern der Scientology-Organisation ein?
Antwort (Rolf Sorg): 
Nein, denn hierbei handelt es sich keinesfalls um eine religiöse Einstellung, sondern aus meiner Sicht ist die Scientology-Organisation eine Sekte. Und Sekten haben im Direktvertrieb nichts verloren, schon gar nicht wenn sie versuchen dieses wertvolle Geschäftsmodell für ihre Zwecke zu missbrauchen, das ist dann ganz klar ein unethischer Betrug. Aus meiner Sicht also ein ganz klares „nein“. Bedauerlich finde ich auch, dass bereits versucht wurde erfolgreichen Unternehmen zu unterstellen, sie würden Scientology unterstützen, nachdem Mitbewerber auf „normalem Wege“ nicht gegen diese Unternehmen bestehen konnten.

Thomas S. Szasz: Tod einer Legende der Psychiatrie-Kritik

Ludwig Virchow und G.R. Rueger 21.September 2012

Szasz ließ in seinen 92 Jahren kaum eine Kontroverse der Medizinaus: Psychiatriekritik, Drogenfreigabe, Suizid, Beschneidung -Verbindungen zu Scientology brachten ihn in Misskredit

Am 8. September 2012 starb der Psychiatriekritiker Thomas Stephen Szasz in New York. Szasz wurde 1920 in Budapest geboren und emigrierte 1938 in die USA.  Dort studierte er Medizin und absolvierte eine Ausbildung zum Psychoanalytiker am Chicagoer Psychoanalytischen Institut, dessen Lehrkörper er von 1951 bis 1956 angehörte. 1956 wurde er Professor für Psychiatrie der University of New York. In Deutschland wurde er durch seine Bücher „Geisteskrankheit: Ein moderner Mythos“ (1972) und „Die Fabrikation des Wahnsinns“ (1974) bekannt. Die Scientology-Organisation gewann ihn als Mitgründer ihrer „Citizens Commission on Human Rights“ (CCHR), weshalb Szasz sich später genötigt, sah sich offiziell von den Scientologen zu distanzieren.

Während in Deutschland noch keine Notiz vom Tod des Pioniers der Psychiatrie-Kritik genommen wurde, erweckte das Ereignis international Aufsehen z.B. in den USA, Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich, Italien und Ungarn.

Oft wurde Szasz  als ein Nestor der Anti-Psychiatrie wahrgenommen, von deren Bewegung er sich jedoch nicht vereinnahmen lassen wollte. Trotz seiner radikalen Kritik war Szasz ein anerkannter Wissenschaftler der mit Ehrungen bedacht wurde. Sein Engagement für die Rechte von Psychiatrie-Patienten stand hierzulande im Schatten des bekannteren Michel Foucault. So war es ein “Foucault-Tribunal” zur Lage der Psychiatrie, wo die These von Szasz verhandelt wurde, dass Verrückt-Sein keine Krankheit, sondern einfach nur anderes Leben ist –Szasz trat als einer der Ankläger auf.

Medizin und Erkenntnis

Wie Foucault gelangte Szasz von der Medizin zu Fragen von Recht und Unrecht, aber auch zur historischen und philosophischen Betrachtung von Mensch, Gesellschaft und Politik. Damit folgten beide der Einsicht des Wissenschaftstheoretikers und Typhusforsches Ludwik Fleck, dass medizinisch-wissenschaftliche Tatsachen sich besonders zur anthropologische Selbstreflexion eignen, da sie “historisch wie inhaltlich sehr reich gestaltet und erkenntnistheoretisch noch nicht abgenützt seien”.Am Körper des Menschen setzen neben der Medizin auch das Recht und andere gesellschaftliche Sanktionen an, die dabei ihre Sicht des Menschen zur Rechtfertigung benötigen –so fokussieren sich Politik und Ideologie dort wie in einem Brennglas.

Szasz tat sich durch kontroverse Reflexion des „Denkkollektivs“ (Fleck) der Psychiatrie und Psychoanalyse hervor, in deren Paradigmen sah er unethische Kräfte an einer Entmündigung des Menschen am Werk. Er zog sogar Parallelen von der Psychiatrie zur Hexenverfolgung im Mittelalter und wurde heftig von Kollegen seiner Zunft angegriffen. In der Wahl von Verbündeten war Szasz zuweilen nicht wählerisch, was ihn in die Nähe einer umstrittenen Organisation brachte, von der er sich später distanzieren musste:

“Ich bin kein Scientologe und war es nie. Scientology ist eine Religion, und ich bin ein überzeugter, bekennender Atheist. Ich habe die CCHR aus denselben Motiven mitgegründet, wie ich Jahre davor zusammen mit dem Soziologen Erving Goffman und dem Juraprofessor George Alexander die American Association for the Abolition of Involontary Mental Hospitalization (AAAIMH) ins Leben gerufen habe. Die CCHR ist auf mich zu gekommen, weil sie sich meinem Kampf gegen die Institution Psychiatrie anschließen wollte, nicht umgekehrt.”

Erzfeind einer biologistischen Sicht

Für Szasz konnten Krankheiten grundsätzlich nur den Körper affizieren; daher kann es keine Geisteskrankheit geben.  „Geisteskrankheit“ ist demnach vielmehr eine Metapher, denn ein Geist kann nur in dem Sinne ,,krank“ sein wie schwarzer Humor ,,krank“ ist oder die Wirtschaft ,,krank“ ist. Psychiatrische „Diagnosen“ sind folglich nur stigmatisierende Etiketten; sie sollen an die medizinische Diagnosepraxis erinnern und werden Menschen angehängt, deren Verhalten andere ärgert oder verletzt. Gewöhnlich werden Menschen, so Szasz, die unter ihrem eigenen Verhalten leiden und darüber klagen, als ,,neurotisch“ bezeichnet und jene, unter deren Verhalten andere Leiden und über die sich andere beklagen, nennt man ,,psychotisch“ (sie zeigen daher auch keine „Krankheitseinsicht“).

Szasz steht damit in krassem Gegensatz zu einer in den USA populären Sicht geistiger Krankheit, die auf Neurowissenschaften und Hirnforschung setzt, um die Gesellschaft zu behandeln. Die US-Kampagne „One Mind for Research“  will innerhalb eines Jahrzehnts Geisteskrankheiten und psychische Störungen abgeschafft haben -mit Genomsequenzierung, neuen bildgebenden Verfahren und Computertechnik, was fehle, sei nur das nötige Geld und der nötige Wille. Prominente wie der Schauspieler Martin Sheen oder Joe Biden, Obamas Vizepräsident, außerdem der Politiker Patrick Kennedy, Neffe des ermordeten John F. Kennedy, unterstützten die Kampagne, hinter der sowohl militärische wie kommerzielle Interessen vermutet werden können:

„Vor dem Hintergrund der massenhaften Traumatisierung von Veteranen des Irak – und Afghanistankriegs hat die Frage nach den biologischen Grundlagen von PTSD (Posttraumatic Stress Disorder, GRR) in den USA eine besondere Bedeutung. Von den konkreten Erfahrungen, die die Soldaten im Krieg gemacht haben, ist allerdings nicht die Rede – wohl aber von ihren Gehirnen. (…) Die treibende Kraft hinter One Mind ist Garen Staglin. Der Besitzer einer Venture Capital-Gesellschaft hat sein umfangreiches Vermögen unter anderem in der Pharmaindustrie gemacht.“  Matthias Becker (Telepolis)

Psychisch labile Menschen sind vielleicht nicht als krank im üblichen medizinischen Sinne zu betrachten, aber sie gelten als leichte Opfer für Geschäftemacher. Firmen wollten daher, ganz im Sinne der 1Mind4Research-Kampagne, schon Gentests zur angeblichen Feststellung eines erhöhten Risikos für Depressionen oder Schizophrenie verhökern,  etwa die von Google mitfinanzierte Firma 23andme.

Recht, Freiheit und Psychiatrie

Die Beziehung der Medizin zu Recht und Freiheit des Einzelnen war für Szasz Dreh- und Angelpunkt seines Wirkens. So sehr er für die Rechte des Individuums eintrat, über den eigenen Körper frei zu verfügen, etwa beim Gebrauch von Drogen oder beim Suizid, so sehr kämpfte er gegen jeden fremden Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Die in den USA weit verbreitete Routine-Beschneidung Neugeborener sah Szasz als ein barbarisches medizinisches Ritual:

„Wie und wann wurde aus der rituellen Beschneidung eine prophylaktische Beschneidung und warum wurde sie besonders in den Vereinigten Staaten so populär? Warum ist die Routine-Beschneidung Neugeborener legal? Weil sie als präventive medizinische Maßnahme definiert ist. Warum ist sie als präventive medizinische Maßnahme definiert? Um ihr Verbot als männliche Genitalverstümmelung zu verhindern. Wenn sie aber medizinisch nicht zu rechtfertigen ist, handelt es sich dann dabei um eine Form der Kindesmisshandlung? Personen, die nicht an die religiösen Regeln des Judentums oder des Islam gebunden sind, könnten zu dieser Schlussfolgerung gelangen. Sollte die Beschneidung illegal sein? Hierin liegt unser ethisches Dilemma.“

In diesem Aufsatz wies Szasz auch daraufhin, dass die weibliche Genitalverstümmelung (Klitoridektomie) in den USA noch bis 1977 durch die Krankenversicherung Blue Cross Blue Shield bezahlt wurde. So weit, wie manch ein Zeitgenosse glaubt, der sich heute gegen den Islam empört, ist der Westen von grausamen Sitten einiger Regionen Afrikas noch nicht entfernt.

Als herausragenden Missstand unserer Gesellschaft sah Szasz, dass bestimmten Menschen die Freiheitsrechte entzogen werden, nur weil man sie für psychisch krank erklärt. Wenn sie anderen Schaden zugefügt haben, seien sie strafrechtlich zu verurteilen, wer nur sich selbst Schaden zufüge, sei deshalb aber nicht rechtlos zu machen. Konsequent trat er auch für das Recht auf Suizid und freien Drogengebrauch ein. Staat und Gesellschaft hätten die freie Entscheidung des Individuums zu respektieren und sich auf Hilfsangebote zu beschränken. Dabei stand Szasz voll hinter dem angelsächsischen Staatsmodell –weniger wohl hinter der konkreten Politik:

Aus meiner Sicht liegt der springende Punkt unseres Problems in folgendem: wenn wir den Staat als den Vater und die Staatsbürger als die Kinder ansehen, gibt es drei Möglichkeiten.  Erstens kann der Vater böse und despotisch sein: diese Situation bestand, wie die meisten zugeben werden, im zaristischen Russland. Zweitens kann der Vater gut, aber etwas tyrannisch sein: in diesem Licht sehen sich die kommunistischen Regierungen in Russland und China. Drittens kann der Vater auf seine Vaterrolle gänzlich verzichten, weil die Kinder erwachsen sind; man zeigt Respekt füreinander und unterwirft sich denselben Verhaltensregeln (Gesetzen): das ist das angloamerikanische Konzept eines nichtpaternalistischen Humanismus und einer gesetzlich geregelten Freiheit.“ Thomas Szasz Law, Liberty, and Psychiatry: An Inquiry into the Social Uses of Mental Health Practices, New York 1963, S. 289; (dt.: Recht, Freiheit und Psychiatrie, Wien 1978)

Später scheinen Szasz Zweifel an Regierungen generell gekommen zu sein und er näherte sich einem misstrauischen Blick auf die Machteliten an, der heute von vielen geteilt wird -aktuell vielleicht fortsetzt im Wikileaks-Manifest „Regierung als Verschwörungshandeln“. Szasz schrieb schon 1970:

„Immer haben Herrscher gegen ihre Untertanen sich verschworen und sie in Banden zu halten gesucht und um ihrer eigenen Ziele willen noch stets auf Gewalt und Betrug zurückgegriffen. Wo die Rechtfertigungsrhetorik, mit der der Unterdrücker seine wahren Absichten und Methoden bemäntelt und falsch darstellt, am effektivsten ist, wie sie es früher in einer theologisch gerechtfertigten Tyrannei war, dort gelingt es dem Unterdrücker nicht nur, sein Opfer zu knechten, sondern auch, ihm das Vokabular zu nehmen, mit dem es seinen Leidensweg hätte ausdrücken können.“  Szasz, T.S., Psychiatrie: Die verschleierte Macht, Fischer Verlag 1978 (Original: „Ideology and Insanity“ 1970), S.13.

Das Reden von „Reife, Geistesgesundheit, Normalität“ versus „Unreife, Geisteskrankheit, Wahnsinn“ lehnte Szasz daher ab und strebte an, die Sprache der Psychiatrie „…wieder ethisch zu machen und zu repolitisieren.“ (ebenda S.9)

Die Konvention zum Schutz der Rechte von Behinderten

Teilweise ist Szasz und der anti-psychiatrischen Bewegung diese Repolitisierung wohl gelungen, denn die rechtliche Situation von Psychiatriepatienten hat sich gerade in den letzten Jahren deutlich verbessert: Der UN-Konvention zum Schutz der Rechte von Behinderten (in Deutschland in Kraft seit 2009) Menschen liegt ein Verständnis von Behinderung zugrunde, das jede Form körperlicher, seelischer, geistiger oder Sinnesbeeinträchtigung als normalen Bestandteil menschlichen Lebens und menschlicher Gesellschaft ausdrücklich bejaht.

Viele Betroffenen- und Interessenvertretungen, wie der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe, begrüßen die UN-Konvention und sehen dringenden Umsetzungsbedarf in folgenden Bereichen:

Gleiche Anerkennung vor dem Recht, Zugang zur Justiz, Freiheit und Sicherheit der Person. Dies heißt insbesondere, dass keine Rechtfertigung von Freiheitsentziehung zulässig ist, was die deutschen Psychisch-Krankengesetze der Bundesländer in Widerspruch zu dieser UN-Konvention bringt.

Auch das Bundesverfassungsgericht setzte mit seinem Beschluss des Zweiten Senats vom 23. März 2011 der psychiatrischen Zwangsbehandlung juristische Grenzen, die aber noch nicht den hohen Status an Rechtsschutz der UN-Konvention erreichen. Obwohl das Gericht die Zwangsbehandlung nicht generell aufgehoben hat, bleibt Betroffenen jedoch der Weg über eine Patientenverfügung: In einem dokumentiert einwilligungsfähigen Zustand erklärt eine Person, dass ihre Zwangsbehandlung zu keinen Zeitpunkt erfolgen darf.  Dies wäre sicher im Sinne von Thomas S. Szasz gewesen.

Gerd R. Rueger ist Autor von „Julian Assange: Die Zerstörung von WikiLeaks?

Quellen:

Matthias Becker: Die Abschaffung der Geisteskrankheit mit den Mitteln der Hirnforschung, Telepolis, 23.07.2012

Ludwik Fleck (1934), Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache: Einführung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollektiv

Szasz, T.S., Die Fabrikation des Wahnsinns, Freiburg i.Br. 1974 (Original: The Manufacture of Madness, A Comparative Study oft he Inquisition and the Mental Health Movement, 1970)

Szasz, T.S., Law, Liberty, and Psychiatry: An Inquiry into the Social Uses of Mental Health Practices, New York 1963, S. 289; (dt.: Recht, Freiheit und Psychiatrie, Wien 1978)

Szasz, T.S., Psychiatrie: Die verschleierte Macht, Fischer Verlag 1978 (Original: „Ideology and Insanity“ 1970)

Szasz, Thomas S., Mythos Geisteskrankheit